AMD Radeon RX 5700 (XT) im Test: Lautstärke, Temperatur, Leistungsaufnahme und das Übertakten
3/5Lautstärke & Kühlung
AMD lässt den Lüfter des Referenzdesigns der Radeon RX 5700 auf dem Windows-Desktop mit 730 Umdrehungen in der Minute arbeiten, bei der Radeon RX 5700 XT sind es 640 Umdrehungen. Das ist leise, unhörbar sind die Grafikkarten aber nicht. Beide Modelle erzeugen ein für Radiallüfter übliches Brummen, das aus einem geschlossenen Gehäuse leicht zu hören ist. Für die meisten Nutzer wird das aber kein Problem sein.
Unter Last arbeiten beide Grafikkarten mit 2.100 Umdrehungen, was einen Messwert von 46,5 Dezibel (RX 5700 XT) respektive 46,0 Dezibel entspricht (RX 5700). Damit ist das Referenzdesign durchaus als laut zu bezeichnen, die Radeon RX Vega 64 spielt aber in einer völlig anderen Liga. Da die Lüfter keine nervigen Geräusche von sich geben, ist nur das Luftrauschen zu hören. Wer einen leisen PC haben möchte, muss sich aber nach einem anderen Modell umsehen beziehungsweise noch bis voraussichtlich August gedulden, wenn die Boardpartner eigene Designs anbieten.
Die Lüftersteuerung der zwei Navi-Grafikkarten funktioniert ähnlich wie bei der Radeon VII. So richtet sich auch bei der Radeon RX 5700 (XT) die Lüfterdrehzahl nach der Junction-Temperatur, die die Temperatur an einer besonders heißen Stelle auf der GPU misst. Weil die bei Navi 10 unter Last aber nicht so sprunghaft wie bei bei der Radeon VII mit Vega 20 ansteigt, dreht das Kühlsystem in diesem Fall nicht binnen Sekunden auf über 3.000 U/min hoch. In der Praxis drehen die Lüfter auf beiden Grafikkarten bei voller Last zunächst relativ genügsam auf die maximalen 2.100 Umdrehungen hoch. Daraufhin ist es das Ziel der Lüftersteuerung, eine Junction-Temperatur von 90 Grad Celsius zu halten.
Bei dem Lüfter gibt es ein auf und ab
Die Steuerung ist so konfiguriert, dass höhere Drehzahlen nicht erreicht werden. Die Radeon RX 5700 XT verbleibt dann bei diesem Wert. Da die Radeon RX 5700 die Junction-Temperatur bei voller Drehzahl im geschlossenen Testsystem immer wieder unter 90 Grad fallen lässt, fällt deren Drehzahl immer wieder auf etwa 1.800 Umdrehungen ab und so weiter und so fort. Immerhin passiert das langsam und ist deshalb nur beim genauen Hinhören wahrnehmbar.
Die XT wird deutlich wärmer als „die Kleine“
Die Wärmeentwicklung der kleinen Navi-Karte ist gering. Die GPU-Temperatur der Radeon RX 5700 beträgt beim Spielen maximal 76 Grad Celsius, die Junction-Temperatur liegt bei 89 Grad. Der GDDR6-Speicher wird mit 74 Grad Celsius angegeben, während die Kartenrückseite 55 Grad warm wird.
Da die Radeon RX 5700 XT mehr Energie umsetzt, sind bei identischem Kühlsystem die Temperaturen höher. Der Messwert für die GPU steigt auf bis zu 85 Grad an, während die Junction-Temperatur mit 103 Grad dreistellig wird, aber noch unter den kritischen 110 Grad Celsius bleibt – erst ab da würde die GPU heruntertakten. Der GDDR6-Speicher wird 90 Grad warm. Die Kartenrückseite wird mit 55 Grad aufgrund der Heatpipe nicht wärmer. Bei dem Navi-Flaggschiff läuft der Kühler mit den maximal erlaubten 2.100 Umdrehungen am Limit.
Messung der Leistungsaufnahme
An die Beispiellosen 7 Watt der GeForce RTX 2070 Super im Leerlauf kommen die zwei Navi-Grafikkarten zwar nicht heran, aber mit jeweils neun Watt benötigen die Radeon RX 5700 und die Radeon RX 5700 XT ebenso nur wenig Energie auf dem Windows-Desktop. Bei der Radeon RX Vega 64 waren für die Darstellung der Benutzeroberfläche von Windows 10 noch 13 Watt notwendig, bei der Radeon RX 590 gar 20 Watt.
Der Stromhunger auf YouTube
Für die Wiedergabe eines UHD-Videos auf YouTube benötigen die neuen Grafikkarten mit 31 Watt (RX 5700 XT) respektive 31 Watt (RX 5700) dagegen verhältnismäßig viel Energie. Damit liegt Navi in dieser Disziplin nur auf Polaris-Niveau, während Vega weniger Strom benötigt. Das gilt vor allem im Vergleich zur Radeon VII, die sich bereits mit 16 Watt zufriedengibt. Auch die versammelte Turing-Riege ist sparsamer, wobei dies primär für die Super-Modelle gilt. Die Differenz zu den „alten“ Turing-Karten ist dagegen nur gering.
Der Stromhunger im Spielen
Beim Spielen haben AMD-Grafikkarten bereits seit langer Zeit deutlich mehr Energie als vergleichbar schnelle Nvidia-Beschleuniger benötigt. Mit Navi 10 in Verbindung mit der neuen RDNA-Architektur und der 7-nm-Fertigung gibt es nun eine deutliche Verbesserung. Beim Spielen benötigt die Radeon RX 5700 im Durchschnitt 176 Watt, die Radeon RX 5700 XT 210 Watt. Das ist weniger als eine 40 Prozent langsamere Radeon RX 590. Die vergleichbar schnelle Radeon RX Vega 64 benötigt mit 299 Watt mal eben 123 Watt mehr als die Radeon RX 5700.
Damit rücken die Navi-Grafikkarten nahe an die Konkurrenzmodelle von Nvidias Turing-Generation heran. Wie eng es wird, zeigt aber deutlicher das Performance-pro-Watt-Verhältnis.
Die Energieeffizienz als Performance pro Watt
Hier liefert die Radeon RX 5700 in Full HD beinahe doppelt so viele FPS pro Watt wie der Mittelklasse-Vorgänger, die Radeon RX 590. Doch auch gegenüber der Vega-Generation sind die Fortschritte groß. In WQHD ist die Radeon RX 5700 XT 40 Prozent effizienter als die Radeon RX Vega 56 und gar 63 Prozent effizienter als die Radeon RX Vega 64.
Die Verbesserung kommt dabei nicht alleine durch die Fertigung zu Stande, was die ebenso im 7-nm-Prozess gefertigte Radeon VII zeigt: Die Radeon RX 5700 XT liefert noch einmal 15 (UHD) bis 21 Prozent (WQHD) mehr Bilder in der Sekunde pro Watt als AMDs Vega-Flaggschiff.
Darüber hinaus zeigt sich, dass AMD – anders als bei Vega – die Grafikkarten nicht außerhalb des „Sweet-Spots“ aus Performance und Leistungsaufnahme betreibt. In Full HD ist die Radeon RX Vega 64 14 Prozent ineffizienter als die Radeon RX Vega 56, die Radeon RX 5700 XT aber nur sieben Prozent ineffizienter als die Radeon RX 5700.
RX 5700 liegt auf Turing-, RX 5700 XT auf Pascal-Niveau
Spannend ist auch der Vergleich zu Nvidias Turing-Grafikkarten. Die Radeon RX 5700 schafft es erstmals, mit Turing gleichzuziehen. Die GeForce RTX 2060 ist in Full HD nur ein Prozent effizienter als AMDs Navi-Einstieg, der Abstand zur GeForce RTX 2060 Super ist mit fünf Prozent gering. Die Radeon RX 5700 XT schafft es nicht ganz in die Turing-Welt, liegt aber recht nahe dahinter. Die GeForce RTX 2060 Super ist zwölf Prozent effizienter, die GeForce RTX 2070 18 Prozent. Auf Turing-Niveau ist die XT-Karte nicht, an die Pascal-Generation kommt die Grafikkarte aber heran.
Erwähnenswert ist noch, dass beide Hersteller die Effizienz auf andere Art und Weise erreichen. AMD hat zwar auch die RDNA-Architektur an sich effizienter gestaltet, der größte Schub kommt aber durch die 7-nm-Fertigung zu Stande. Nvidia muss sich dagegen beim Prozess geschlagen geben, holt die Effizienz aber aus der Architektur selber heraus. Den Schritt auf 7 nm hat Nvidia noch offen.
AMD Navi übertaktet
Für das Übertakten gibt AMD bei Navi dem Käufer wieder die flexiblen Einstellmöglichkeiten der Radeon VII in die Hand. Es lassen sich zwei verschiedene Punkte frei konfigurieren, die jeweils einen festen Spannungs- und Taktwert haben. Eine von AMD vorgegebene Kurve fährt die zwei Punkte ab, sodass jeder Takt eine eigene Spannung hat. Mit diesem Hilfsmittel kann man die Navi-Grafikkarten einfach unter- oder übertakten. Genauso lässt sich bequem die Spannung erhöhen oder verringern. Noch flexibler geht es nicht.
Die Radeon RX 5700 ist standardmäßig so konfiguriert, dass sie bei den maximal möglichen 1.850 MHz mit 1,054 Volt arbeitet. Da die Grafikkarte meistens mit um die 1.650 bis 1.700 MHz arbeitet, liegen 0,943 Volt bis 0,978 Volt an.
Das Testsample der Radeon RX 5700 arbeitet fehlerfrei mit den maximal einstellbaren 1.850 MHz, wobei dann die höheren Spannungen genutzt werden – alles andere wäre Undervoltage. Die Grafikkarte arbeitet unter Last mit etwa 1.800 MHz und 1,1 Volt. Bei der Frequenz sind auch niedrigere Spannungen möglich, was die Redaktion aber nicht ausgelotet hat – das wird später nachgeholt. Um die Junction-Temperatur nicht zu hoch ansteigen zu lassen, ist es ratsam, die Lüfter schneller drehen zu lassen, denn ab 110 Grad Celsius beginnt die GPU herunterzutakten. Der Speicher ließ maximal 7.440 MHz zu.
Die Radeon RX 5700 XT knackt die 2,0-GHz-Marke
Die Radeon RX 5700 XT lässt sich um ziemlich genau 100 MHz übertakten, bevor der Rechner abstürzt. Das ist nicht viel, aber damit knackt die schnellste Navi als erste AMD-Grafikkarte überhaupt die 2,0-GHz-Marke. Das Rezept: Im WattMan wird der Takt von 2.014 MHz bei 1,192 Volt auf 2.050 MHz bei 1,2 Volt und damit auf die maximal zulässige Spannung angehoben. In Verbindung mit dem maximierten Power Limit sind so 2,0 GHz zu erreichen, was aber nur in wenigen Spielen gelingt. Bei der Radeon RX 5700 XT ermöglicht der Speicher ein Plus von 600 MHz und damit eine Frequenz von 7.600 MHz. Mehr lässt WattMan nicht zu.