AMD Radeon RX 5700 (XT) im Test: Fazit

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Update Wolfgang Andermahr (+1)
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AMDs erste zwei Navi-Grafikkarten sind runde Produkte, mit Ausnahme der Referenzkühler weiß das Gesamtpaket in Kombination mit den angesetzten Preisen zu überzeugen. Gegenüber der alten Garde in Form von Polaris und Vega mit Graphics Core Next ist Navi ein Sprung, wie es ihn im Hause AMD bereits seit mehreren GPU-Generationen nicht mehr gegeben hat.

AMD Radeon RX 5700 (XT) mit Navi im Test
AMD Radeon RX 5700 (XT) mit Navi im Test

Der Star der neuen Grafikkarten ist die neue Architektur RDNA, die den Vorgänger GCN nach siebeneinhalb Jahren in den Ruhestand schickt. RDNA liefert deutlich mehr Leistung pro Shader und Takt und ist dabei noch energieeffizienter. So liefert die Radeon RX 5700 XT 14 Prozent mehr FPS als die Radeon RX Vega 64 – bei 38 Prozent weniger Ausführungseinheiten und zugleich 90 Watt geringerer Leistungsaufnahme. Das erinnert an Nvidias Maxwell-Generation.

Mit ihrem Vorsprung auf die Radeon RX Vega 64 liegt die Radeon RX 5700 XT nur sieben Prozent hinter der Radeon VII in WQHD zurück. AMDs schnellstes Navi-Modell schlägt damit auch die GeForce RTX 2070, während die (genau deshalb vorgestellte) GeForce RTX 2070 Super um zehn Prozent voraus ist.

Die neue GeForce RTX 2070 Super bleibt etwas schneller als die XT
Die neue GeForce RTX 2070 Super bleibt etwas schneller als die XT

Die Radeon RX 5700 wiederum ist zwölf Prozent langsamer als der große Bruder. Die GeForce RTX 2060 lässt die Grafikkarte damit um neun Prozent zurück, die GeForce RTX 2060 Super ist dagegen mit einem Plus von vier Prozent leicht schneller. Beide AMD-Grafikkarten eignen sich gut fürs Spielen in WQHD, mit der Radeon RX 5700 XT sind in den meisten Spielen auch die vollen Grafikdetails problemlos möglich.

Beide Grafikkarten liegen bei der Leistung dort, wo es nach Nvidias GeForce-RTX-Super-Vorstellung zu vermuten gewesen war: zwischen RTX 2060 und RTX 2060 Super respektive RTX 2070 und RTX 2070 Super.

Radeon RX 5700 liegt bei der Leistung zwischen RTX 2060 und 2060 Super
Radeon RX 5700 liegt bei der Leistung zwischen RTX 2060 und 2060 Super

RDNA ist in 7 nm ähnlich effizient wie Nvidia Turing in 12 nm

Dass AMD in der Mittelklasse die Leistung erreicht, die erreicht werden muss, ist allerdings nicht neu. Die letzten Jahre gelang das wiederholt – allerdings nur durch den massiven Einsatz elektrischer Energie. Mit Navi beziehungsweise der Kombination aus RDNA und 7 nm ändert sich das. Auf Turing-Niveau ist AMD zwar noch nicht ganz, liegt aber nur knapp dahinter. Welcher Prozess dafür verantwortlich ist, ist für den Kunden erst einmal nicht von Relevanz.

Die Unterschiede in der Effizienz im Vergleich zu den Vorgängern sind massiv. Die Radeon RX 5700 liefert beinahe doppelt so viele FPS pro Watt wie die Radeon RX Vega 64 und die Radeon RX 5700 XT schneidet noch fast zwei Drittel besser ab.

Damit ist die Radeon RX 5700 genauso effizient wie die GeForce RTX 2060, was vor wenigen Wochen noch undenkbar gewesen war. Die GeForce RTX 2070 zeigt zwar, dass Turing bei der richtigen Konfiguration immer noch eine Ecke effizienter arbeitet, doch gelingt das Nvidia längst nicht bei allen Modellen.

AMD hat die Radeon RX 5700 XT offensichtlich nicht auf maximale Leistung geprügelt. Die schnellere Navi-Grafikkarte liegt bei der Effizienz nur sieben Prozent hinter der Radeon RX 5700 zurück. Die Radeon RX Vega 64 hatte AMD dagegen mit Gewalt ans Leistungslimit gebracht.

Das Referenzdesign ist mal wieder zu laut

Radeon RX 5700 (XT) mit Navi 10 hat aber nicht nur Stärken. Die größte Schwachstelle, der Kühler des Referenzdesigns, muss durch Custom Designs in Anbetracht der Leistungsaufnahme der GPU allerdings abzustellen sein. Dennoch ist der Status quo Anfang Juli wieder einmal ein Problem. Auf dem Windows-Desktop verrichtet das auf beiden Karten identische Kühlsystem noch gute Arbeit, unter Last wird es dann aber laut. Nicht so übertrieben laut wie bei der Radeon RX Vega 64 und der Radeon VII, angenehm ist das Lüfterrauschen aber nicht. Wer Wert auf einen leisen Spiele-Rechner legt, muss sich noch gedulden. GeForce RTX Super erscheint hingegen schon in zwei Tagen mit Custom-Designs und selbst die Founders Editions sind deutlich leiser.

RDNA 1.0 kann kein Raytracing

Eine weitere Schwachstelle oder vielmehr Unsicherheit ist der Verzicht auf DXR-Raytracing. Erst mit RDNA 2 wird AMD Raytracing im Laufe des nächsten Jahres unterstützen, bis dahin können einzig die GeForce-RTX-Beschleuniger mit der Technik umgehen. Da neben den Nvidia-Grafikkarten auch die Next-Gen-Konsolen und dann eben auch Radeon-Grafikkarten Raytracing beherrschen, ist davon auszugehen, dass sich Raytracing durchsetzen wird. Die Frage ist nur, wie sehr das zu Lebzeiten in der Leistungsklasse von Navi 10 ein Problem werden könnte. Eine verlässliche Antwort gibt es nicht.

Die Preisgestaltung gegenüber Turing ist aggressiv

AMD versucht die offene Frage mit einer aggressiven Preisgestaltung in Vergessenheit geraten zu lassen. Die Radeon RX 5700 soll im Handel 369 Euro kosten, die Radeon RX 5700 XT 419 Euro. Der Aufpreis gegenüber der GeForce RTX 2060 beträgt damit nur 50 Euro. Dafür erhält der Kunde mehr Leistung und mit 8 GB einen zukunftssicheren Speicher, das ist ein faires Tauschangebot. Die neue GeForce RTX 2060 Super ist minimal schneller, kostet aber auch 50 Euro mehr – und sie kann DXR.

Preis
Nvidia GeForce RTX 2060 6 GB 320 Euro
AMD Radeon RX 5700 8 GB 369 Euro
Nvidia GeForce RTX 2060 Super 8 GB 419 Euro
Nvidia GeForce RTX 2070 8 GB 430 Euro
AMD Radeon RX 5700 XT 8 GB 419 Euro
Nvidia GeForce RTX 2070 Super 8 GB 529 Euro
Radeon RX und GeForce RTX Super UVP, Rest Marktpreis, Stand 6.7.2019

Die Radeon RX 5700 XT kostet 50 Euro mehr als die kleine Version und ist mit 419 Euro genauso teuer wie die GeForce RTX 2060 Super. Die AMD-Grafikkarte ist neun Prozent schneller und führt dies als größtes Plus gegenüber der Konkurrenz auf. Auch gegenüber der GeForce RTX 2070 bleibt es bei einem Plus bei der Geschwindigkeit, während die GeForce RTX 2070 Super sowohl bei der Performance als auch beim Preis unerreicht bleibt. Auch die Radeon RX 5700 XT bietet damit ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis als die Konkurrenzmodelle von Nvidia.

Wer rein auf die Framerate und den Preis und nicht auf DXR schaut, sollte also in beiden Fällen zur Grafikkarte von AMD greifen.

Auch bei AMD steigen die Preise

Im Vergleich zu Turing ist Navi günstiger. Im Vergleich zum Vorgänger verhält es sich bei AMD mit der neuen Mittelklasse aber nicht anders als bei Nvidia: Die Leistung gab es zum gleichen Preis schon eine Klasse höher. Die neue Mittelklasse von AMD bietet damit wie bei Nvidia zwar mehr Leistung, der Preis steigt aber quasi proportional mit an. Grafikkarten für Spieler werden auch mit der Radeon RX 5700 (XT) teurer.

Das PCB von Radeon RX 5700 (XT) mit Navi 10 und 8 GB GDDR6
Das PCB von Radeon RX 5700 (XT) mit Navi 10 und 8 GB GDDR6

AMD ist mit RDNA endlich wieder konkurrenzfähig

Während AMD mit Vega nie wettbewerbsfähig gegenüber Turing gewesen ist und nur über den Preis zum Kauf aufmuntern konnte, hat es AMD mit Navi geschafft, eine letztendlich doch erstaunlich konkurrenzfähige GPU zu entwickeln. Der aktuelle Navi 10 hat zwar noch nicht alle Features von Turing, allerdings zeigt RDNA anders als das altgediente GCN viel Potenzial im Spiele-Sektor, das AMD mit RDNA 2 nächstes Jahr weiter ausbauen möchte. Das alleine ist übergeordnet die beste Erkenntnis am Ende des Tests.

Damit wurde aus dem bereits für das Jahr 2016 anvisierten Ziel „AMD ist zurück“ im GPU-Markt zwar nichts. 2019 und vor allem 2020 liegt dies mit RDNA aber zum Greifen nahe. Und mit Ryzen 3000 (Test) zeigt AMD parallel zur Vorstellung der neuen Grafikkarten auf dem CPU-Sektor eindrucksvoll, was mit kontinuierlicher Verbesserung einer sehr guten Basis möglich ist.

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Die Benchmarks zum Nachtesten

Wer verstehen will, wie ComputerBase zu all den Messwerten und damit auch dem Fazit gekommen ist, sollte einen Blick in den Methodik-Artikel für Grafikkarten-Tests werfen. Denn dort wird genau erklärt, wie ComputerBase Grafikkarten testet – inklusive bereitgestellter Savegames der Benchmark-Sequenzen, sodass jedermann die Spiele-Tests selber nachvollziehen und ausprobieren kann.

Ursprünglich war zur neuen Grafikkarten-Generation ein noch ausführlicherer Artikel mit zahlreichen Sondertests geplant. Doch ein schwerwiegendes Treiberproblem, das sich auch mit der Hilfe von AMD nicht ohne Windows-Neuinstallation hat lösen lassen, und daraufhin ein weiteres Problem mit Windows 10 1903 haben den schon knapp bemessenen Testzeitraum um weitere drei Tage gekürzt. Die geplanten und bisher nicht umgesetzten Tests kommen aber noch. Wer spezielle Wünsche für diesen Test hat, kann sie gerne im Forum-Thread äußern.

ComputerBase hat die Radeon RX 5700 und die Radeon RX 5700 XT von AMD zum Testen erhalten. Die Grafikkarte wurde unter NDA zur Verfügung gestellt. Die einzige Vorgabe war der frühstmögliche Veröffentlichungszeitpunkt. Eine Einflussnahme des Herstellers auf den Testbericht fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand nicht.

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