Amazon Alexa: Mitarbeiter hörten im Home-Office Sprachaufnahmen
Dass Amazon die mit dem Sprachassistenten Alexa aufgenommenen Konversationen unbegrenzt speichert und für eigene Zwecke aufarbeitet, ist unlängst bekannt. Dass die Aufzeichnungen mit teils sehr privaten Informationen von Zeitarbeitern in Heimarbeit transkribiert werden, sorgte für neue Aufregung. Amazon hat nun reagiert.
Auf diesen Umstand ist die Welt am Sonntag durch eigene Recherchen gestoßen, deren Ergebnisse von Amazon bestätigt worden seien.
Zeitarbeiter in Polen hören Sprachaufzeichnungen in Heimarbeit
Die umfassende und ohne Nutzereingriff auch zeitlich unbegrenzte Speicherung von Sprachaufnahmen mit dem Alexa-Assistenten sorgte bereits für Diskussionen um Privatsphäre und Datenschutz. Dass Amazon die Aufzeichnungen angeblich zur Verbesserung der Spracherkennung von Mitarbeitern anhören und in Textform übertragen lässt, war bekannt. Dass dies jedoch nicht nur in Amazon-Büros, sondern auch bei Zeitarbeitern in Heimarbeit geschieht, sorgt für neuen Brennstoff unter Kritikern.
Laut Welt am Sonntag wurden Zeitarbeiter über die Firma Randstad in Polen für diese Aufgabe rekrutiert. Über Online-Stellenanzeigen seien „polnische Mitarbeiter mit Deutschkenntnissen auf Muttersprachniveau“ gesucht worden. Diese sollen bei Anstellung zwar in einer Amazon-Niederlassung in Danzig geschult worden sein, im Anschluss sei ihnen jedoch die Heimarbeit möglich gewesen. Entsprechend bestand die Möglichkeit, dass nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch deren Angehörige die Sprachaufzeichnungen der Alexa-Nutzer mithören konnten.
Einer der polnischen Zeitarbeiter beschreibt gegenüber WELT AM SONNTAG den Job als „ideale Hausfrauentätigkeit“. Viele Kollegen würden die Arbeit vom Küchentisch aus per Laptop erledigen und nebenher etwa auf ihre Kinder aufpassen. Teilweise seien in diesen Aufzeichnungen durchaus Details wie etwa Namen oder Ortsbezeichnungen zu hören, die Rückschlüsse auf die Identität von Alexa-Nutzern ermöglichen könnten.
Amazon bestätigt Heimarbeit
Auf Anfrage der Welt am Sonntag habe Amazon sowohl die Beschäftigung der Zeitarbeiter in Polen als auch deren Möglichkeit zur Telearbeit bestätigt. „Einigen Mitarbeitern ist es gestattet, von anderen Orten aus zu arbeiten; dabei gelten strenge Sicherheitsmaßnahmen und Richtlinien, an die sich jeder Mitarbeiter halten muss“, wird ein Amazon-Sprecher zitiert. Die Arbeit an öffentlichen Orten sei aber untersagt.
Stellenanzeigen gelöscht
Augenscheinlich hat die Medienarbeit Wirkung gezeigt. Denn im Anschluss an die Anfrage der Welt am Sonntag an Amazon am vergangenen Freitag seien „noch am Abend desselben Tages“ die besagten Stellenanzeigen auf der Website von Randstad verschwunden. Zur Frage, ob Amazon das eigene Transkribier-Programm umstellen würde, habe das Unternehmen zunächst keinen Kommentar geben wollen.
Amazon reagiert mit neuer Datenschutz-Option
Eine zweite, weitaus sichtbarere Reaktion sei aber direkt in der Nacht von Freitag auf Samstag mit der Ankündigung einer neuen Datenschutz-Funktion für Alexa-Nutzer erfolgt. „Künftig können die Nutzer explizit widersprechen und ihre Sprachbefehle für die menschliche Nachbearbeitung sperren“, schrieb die Welt am Sonntag. Über die neue Option für Alexa-Nutzer haben am Wochenende auch englischsprachige Medien berichtet. Der folgende Screenshot zeigt die Schaltflächen in der iOS-App. Die zweite Option für die Erlaubnis zur Verarbeitung der Mitschnitte ist standardmäßig deaktiviert.
Auch Google nutzt(e) externe Mitarbeiter
Auch Google hat teilweise Sprachaufzeichnungen mit dem Google Assistant durch menschliche Mitarbeiter bei externen Dienstleistern verarbeiten lassen. Auf ein von der Hamburger Datenschutzbehörde initiiertes Verwaltungsverfahren hatte Google aber reagiert und versichert, zunächst auf eine menschliche Auswertung von Mitschnitten des Google Assistant zu verzichten.
Apple stoppte Auswertung der Siri-Aufnahmen
Ende Juli war bekannt geworden, dass sich auf Apples iOS-Geräten die serverseitige Speicherung der Anfragen an Siri deaktivieren lässt. Allerdings ist die entsprechende Option nicht über die Einstellungen im Betriebssystem zugänglich, sondern kann nur über ein selbst erstelltes oder heruntergeladenes Konfigurationsprofil vorgenommen werden.
Wenig später hatte Apple angekündigt die Auswertung der Siri-Aufnahmen auszusetzen und Nutzer künftig um Erlaubnis zu fragen, ob Mitarbeiter Mitschnitte nachträglich anhören dürfen.