Kindle Oasis 2019 im Test: Geringe Formatunterstützung, exzellente Darstellung und gute Anpassungsmöglichkeiten
2/3Epub muss weiterhin draußen bleiben
Auch mit dem neuen Reader ändert Amazon nichts an den Gewohnheiten, nur das eigene AZW-Format sowie PDF in sehr einfacher Form und Mobi zu unterstützen. Konnte der Online-Händler bis vor ein paar Jahren damit noch den einen oder anderen Nutzer an seine Verkaufsplattform binden, ist es um den Verbraucher zumindest von anderer Seite aus mittlerweile besser bestellt: Bereits vor geraumer Zeit sind viele Verkäufer von digitalen Büchern sowie Verlage dazu übergegangen, ihre Inhalte nicht mehr mit dem sogenannten „harten DRM“, also dem Rechtemanagement von Adobe, zu versehen, sondern das „weiche DRM“ zu nutzen, bei dem lediglich ein Wasserzeichen in das Buch eingearbeitet wird, das Rückschlüsse auf den Käufer zulässt.
Dadurch lassen sich seit Längerem diese Formate über Konvertierungsprogramme wie dem kostenlos erhältlichen Calibre für die Kindles umwandeln. Somit ist der Anwender schon länger nicht mehr von Amazon abhängig. Lediglich bei der Nutzung des Verleihdienstes der öffentlichen Bibliotheken Onleihe stehen Kindle-Nutzer nach wie vor auf verlorenem Posten. Hier bietet Amazon zwar eigene Dienste an, die jedoch in Sachen Auswahl nicht mithalten können.
Inhalte auf den Oasis bringen
Auch an den Möglichkeiten, die gewünschten Inhalte auf den Reader zu bringen, hat sich nichts geändert. Nach wie vor stellt die einfachste Möglichkeit das Kaufen der E-Books direkt über den Onlineshop von Amazon dar. Diese werden bei bestehender Online-Verbindung in der Bibliothek aufgelistet und mit einem Tipp heruntergeladen. Hat sich der Nutzer für die 4G-Variante entschieden, können auch mobil digitale Bücher geladen werden – Hörbücher sind dagegen nur per WLAN übertragbar.
Alternativ können auch Inhalte per USB-Verbindung auf den Reader gebracht werden. Gleiches gilt für das Übertragen von Inhalten per E-Mail.
Handhabung nach wie vor gewöhnungsbedürftig
Einmal heruntergeladen, können die jeweiligen Inhalte direkt über die Bibliothek ausgewählt werden. Bereits im Test zur zweiten Generation des Oasis wurden die Cover der sich in der Sammlung befindlichen Hörbücher nicht dargestellt – diesen Bug hat Amazon rund zwei Jahre später noch immer nicht beseitigt.
Organisation ist alles
Die Bibliothek des Oasis gibt dem Nutzer verschiedene Filter- und Sortiermöglichkeiten an die Hand, um vor allem bei größeren Sammlungen nicht den Überblick zu verlieren. Mit diesen lassen sich unter anderem Bücher, Audiobooks, Zeitschriften sowie Inhalte von Prime Reading auseinanderhalten. Eine anschließende Sortierung nach zuletzt gelesenen beziehungsweise gehörten Inhalten, dem Titel oder dem Autor ist ebenfalls möglich. Auch lassen sich bereits gelesene Inhalte ausblenden. Eine weitere Möglichkeit zur Organisation vieler Titel stellen die Sammlungen dar, bei denen Inhalte nach frei wählbaren Kriterien zusammengefasst werden können.
Eine halbrunde Sache
Das Lesen mit dem Oasis ist nach wie vor gewöhnungsbedürftig und spaltet immer noch die Nutzerschaft. Auf der einen Seite stehen das geringe Gewicht und die kompakten Abmessungen, auf der anderen aber das Gefühl, nicht wirklich etwas in der Hand zu haben oder fest zupacken zu können.
Bei den meisten anderen Readern kann das Lesegerät zudem sowohl mit der linken wie auch mit der rechten Hand gehalten werden. Ein ständiges Wechseln beim Lesen ist also unproblematisch und stört den Lesefluss nicht. Bei vielen Nutzern geschieht dies zudem vollkommen automatisch und unbemerkt. Anders beim Oasis: Beim normalen Handwechsel ist der Reader schon alleine wegen der geringen Dicke schwer zu greifen, zudem zieht die auf der anderen Seite untergebrachte Technik den Reader nach unten. Daher muss dieser mit jedem Wechsel um 180 Grad gedreht werden, sollte die eine Hand mal müde werden. Die Neuausrichtung der Seite dauert dabei zwar nur knapp eine Sekunde, reicht aber aus, um den Lesefluss zu unterbrechen.
Exzellente Textdarstellung
Bei der Qualität des dargestellten Textes gibt es dagegen nichts zu beanstanden, hier gibt sich Amazon auch dieses Mal keine Blöße und zeigt, dass seine Render-Engine nicht ohne Grund die beste aktuell erhältliche darstellt. Diese sorgt in Kombination mit der eigenen Schriftart Bookerly für eine sehr gleichmäßige Textdarstellung und einen homogenen Abstand zwischen den einzelnen Buchstaben.
Gegenüber dem Vorgänger hat Amazon auch das Kontrastverhalten der Schrift beim neuen Oasis verbessert, die sich nun besser vom Hintergrund absetzt. Sollte dies manchem Nutzer immer noch zu wenig sein, kann mit der Erhöhung der Textstärke die Darstellung nochmals verbessert werden.
Ghosting, also das Durchscheinen vorangegangener Seiten nach dem Umblättern, ist für die nun zehnte Kindle-Generation in den meisten Fällen kein Problem. Nur selten sind vorherige Informationen schemenhaft zu erkennen. Hier hilft es, in den Einstellungen die Aktualisierung und somit die Neuausrichtung aller Pixel für jede Seite zu wählen. Dies soll zwar die Geschwindigkeit beim Umblättern verlangsamen sowie den Stromverbrauch erhöhen, in der Praxis fällt der Unterschied jedoch marginal aus.
PDF findet nach wie vor kaum Unterstützung
Neben den eigenen Formaten unterstützt Amazon zwar auch PDF-Dateien, die jedoch nur mit dem Nötigsten versorgt werden. Das bedeutet in der Praxis, dass entsprechende Dokumente lediglich vergrößert werden können, was aber ab einer gewissen Größe schnell zu einer Schiebeorgie werden kann. Auch wenn der Oasis bei normalen E-Books neue Seiten recht zügig aufbaut, dauert es hier sehr lange, bis neue Inhalte angezeigt werden. Einfluss auf die Darstellung kann der Nutzer nur in Form des Kontrastes nehmen, andere Funktionen wie PDF-Reflow sind nicht vorhanden.
Bekannte Möglichkeiten zur Anpassung
Weiterhin können Nutzer zur Anpassung der Darstellung an die eigenen Bedürfnisse aus neun Schriftarten wählen, darunter auch erneut die freie Schriftart OpenDyslexic, die Menschen mit Leseschwächen helfen will, Texte besser zu erkennen. Dies soll vor allem dadurch ermöglicht werden, dass kein Buchstabe dem anderen gleicht, denn oftmals liegt das Problem der Zielgruppe in der Erkennung des Geschriebenen. So sieht bei dieser Schriftart ein „d“ nicht einfach wie ein gespiegeltes „b“ aus. Auch das kleine und große „O“ unterscheiden sich sichtbar. Gleichzeitig sorgt die Schriftart für größere Abstände zwischen den einzelnen Buchstaben und Zahlen, was die Unterscheidbarkeit nochmals erhöhen soll.
Alle Schriften lassen sich in 14 Größen darstellen, was auch Menschen mit Sehschwäche einen Vorteil bietet, die nun nicht mehr auf Bücher im Großdruck angewiesen sind. Gleichzeitig lassen sich der Zeilen- und der Randabstand in den bekannten drei Stufen einstellen. Gleiches gilt für die Ausrichtung des Readers sowie die linksbündige oder Blockdarstellung des Textes. Ebenfalls mit an Bord sind Funktionen wie X-Ray, diverse Wörterbücher, Notizen, der bekannte Vokabeltrainer sowie eine gut konfigurierbare Kindersicherung und Amazons FreeTime.
Die Barrierefreiheit unterstützt Amazon zudem mit dem VoiceView-Screenreader, der nach dem Berühren einer Schaltfläche eine entsprechende gesprochene Rückmeldung gibt – jedoch auch nach zwei Jahren lediglich in englischer Sprache. Zudem muss zur Nutzung der Funktion die Gerätesprache des Readers geändert werden. Die Ausgabe erfolgt dann wahlweise über einen angeschlossenen Bluetooth-Lautsprecher oder über den nach wie vor nicht in Deutschland erhältlichen USB-Adapter.
Ebenfalls möglich ist eine Invertierung der Darstellung, bei der der Hintergrund eingeschwärzt und die Schrift weiß dargestellt wird.