Breitbandausbau: Doppelausbau und staatliche Förderung als Hemmnis
Der Breitbandausbau geht voran, doch Hemmnisse bestehen nach wie vor – das ist die zentrale Erkenntnis aus der Marktanalyse19 des alternativen Provider-Verbands Breko. Eines der Probleme ist etwa der Doppelausbau, ebenso bereiten die staatlichen Förderprogramme nach wie vor Ärger.
Doppelausbau heißt: Die jeweiligen Haushalte verfügen nicht nur etwa über einen Kupfer-Anschluss, der 50 Mbit/s schafft, sondern können zusätzlich noch zwischen Kabel- oder Glasfaser (FTTB/H) wählen. Gut für die einzelnen Haushalte, die Auswahl haben. Mit Blick auf einen flächendeckenden Ausbau aber problematisch, weil auf diese Weise Ressourcen verbraucht werden, die an anderer Stelle fehlen – also vor allem bei den Haushalten, die nach wie vor keine schnelle Internetanbindung haben. Und der Anteil der doppelt ausgebauten Haushalte wächst. Während der Anteil bei den Haushalten mit 50-Mbit/s-Anschlüssen im Jahr 2014 noch bei 30 Prozent lag, sind es mittlerweile 67 Prozent.
Dementsprechend erklärt auch Breko-Geschäftsführer Stephan Albers: „Bevor wir nun mit einem weiteren Förderprogramm über die Schließung so genannter ‚grauer Flecken‘, also Gebieten, in denen noch keine gigabitfähigen Netze vorhanden sind, nachdenken, sollten zunächst die ‚weißen Flecken‘ geschlossen werden – erst recht vor dem Hintergrund äußerst knapper Kapazitäten beim Tiefbau.“ Das gelte insbesondere mit Blick auf das Ziel, sowohl in der Stadt als auch auf dem Land gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen.
Für die Marktanalyse 2019 hat der Breko zunächst die Mitglieder befragt. Ergänzt wurden die Antworten von 183 Netzbetreibern mit öffentlich zugänglichen Informationen. Ausgewertet und präsentiert wurden die Ergebnisse von Telekommunikationsexperten und Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Jens Böcker.
Von Pontius bis Pilatus: Probleme bei staatlicher Förderung
Was die Studie ebenso verrät, sind die weiterhin bestehenden Probleme bei den staatlichen Förderprogrammen. So geben die Breko-Mitglieder an, dass der Ausbau aktuell zu knapp 80 Prozent in Eigenregie erfolgt. Nur etwa 20 Prozent aller Projekte wurden und werden mit Hilfe von Fördermitteln umgesetzt. Gerade in den ländlichen Regionen, die bis dato noch hinterherhinken, ist das bedenklich. Denn die Förderprogramme sollen den Ausbau vor allem dort beschleunigen, wo es für Netzbetreiber ansonsten nicht rentabel ist.
Bisweilen ist es aber nicht einfach, an die Fördertöpfe zu gelangen. „Das hängt mit der Komplexität der Prozesse und Entscheidungsdauer zusammen“, so Professor Böcker. Insbesondere die kleinen Anbieter sind demnach mit den Anforderungen überfordert, solche Firmen könnten es sich nicht leisten, ein bis zwei Mitarbeiter dafür abzustellen. Dementsprechend sind es vor allem die großen Anbieter, die profitieren.
Der Handlungsbedarf lässt sich auch aus der Anzahl der bewilligten Förderprojekte ablesen. Zwar ist der Anteil von 2017 zu 2018 um 6,4 Prozent gestiegen. Insgesamt bewilligt wurden 2018 aber nur 164 von 760 Projekten. Ebenso überschaubar bleibt die Auszahlungsquote: 4,5 Milliarden Euro stellt der Bund für den Breitbandausbau bereit, etwa 150 Millionen Euro wurden davon ausgeschüttet – viel hat sich also noch nicht geändert.
Ursachen für die trägen Abläufe sind die oftmals komplexen Verwaltungsprozesse und Genehmigungsverfahren, so Breko-Geschäftsführer Stephan Albers. Je nachdem, wo die Glasfaser-Kabel langlaufen sollen, müssen sich die Netzbetreiber mit einer Vielzahl von Ansprechpartnern auseinandersetzen. Bei einem einzelnen Ausbauprojekt können sowohl die Kommune und der Kreis als auch weitere Vertreter aus Behörden wie dem Umweltamt und dem Denkmalschutz involviert sein. Das Resultat: Bevor der erste Spatenstich erfolgt, muss ein Netzbetreiber von „Pontius bis Pilatus laufen“, so Albers. Was der Breko daher fordert, ist ein Glasfaser-Ansprechpartner in den Kommunen. Eine Person soll innerhalb der Verwaltung zuständig sein und den Genehmigungsprozess koordinieren.
Breitbandausbau schreitet voran – mehr Gigabit in den Haushalten
Trotz aller Schwierigkeiten schreitet der Breitbandausbau voran. Sowohl der Anteil von Haushalten mit 50-Mbit/s-Anschlüssen als auch die Anzahl von direkten Glasfaseranschlüssen (FTTB/H) wächst stetig – selbst wenn die Bundesregierung das alte 50-Mbit/s-Ziel verpasst hat. So konnten 2018 rund fünf Millionen Haushalte einen FTTB/H-Anschluss buchen: Rund 4,1 Millionen stammen dabei von den Wettbewerbern der Deutschen Telekom, rund 0,9 Millionen Anschlüsse schaltet der Bonner Konzern. Bis 2022 soll die Anzahl der FTTB/H-Anschlüsse auf rund 17 Millionen anwachsen, so die Prognose des Breko.
Nötig sind die höheren Bandbreiten für das erwartete Datenvolumen. Das im Festnetz übertragene Datenvolumen hat sich von 39 Milliarden GB im Jahr 2017 auf 52 Milliarden GB im Jahr 2018 erhöht. Pro Anschluss und Monat stieg das Datenvolumen von 98 GB auf 128 GB. Bis 2025 erwartet der Breko eine deutliche Steigerung, pro Anschluss soll der Verbrauch dann bei durchschnittlich 825 GB pro Monat liegen.
Wichtig ist der Glasfaserausbau zudem für die 5G-Zukunft. „Heute sind nur gut 20 Prozent aller Mobilfunkantennen an Glas angebunden“, so Böcker. Das muss sich ändern, künftig müssten es rund 80 Prozent sein.
Was ebenso noch zunimmt, sind die Investitionen in die Netze. Laut den Zahlen des Breko sind es rund 9 Milliarden Euro, die 2018 in den Ausbau der Netze flossen. 4,4 Milliarden Euro stammen von der Deutschen Telekom, die Wettbewerber investierten mit 4,6 Milliarden Euro etwas mehr. Überwunden wurde damit laut Böcker die „Vectoring-Delle“. Der Vectoring-Beschluss der Bundesnetzagentur habe zu Unsicherheit bei den Wettbewerbern geführt, die Konsequenzen waren rückläufige beziehungsweise stagnierende Investitionen in den letzten beiden Jahren.