Radeon RX 5700 Red Devil im Test: Das Teufelchen lässt Navi 10 verstummen

Wolfgang Andermahr
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Radeon RX 5700 Red Devil im Test: Das Teufelchen lässt Navi 10 verstummen

tl;dr: Die bis jetzt beste Radeon RX 5700 XT bekommt einen kleinen Bruder: PowerColor schickt die Radeon RX 5700 Red Devil „ohne XT“ in den Test. Die „kleine“ Grafikkarte steht der „großen“ dabei in Sachen PCB und Kühlsystem in nichts nach und überzeugt deshalb sogar noch deutlicher auf ganzer Linie.

Mit der Radeon RX 5700 und der Radeon RX 5700 XT (Test) hat AMD erfolgreich das eigene Grafikkarten-Portfolio in die nächste Generation geführt. RDNA arbeitet deutlich besser als das altgediente GCN. Eines ist allerdings gleich geblieben: der laute Referenzkühler. Und so warten viele Interessenten seit dem 7. Juli auf die so genannten Custom-Designs.

Den gleichen Red Devil gibt es auch für die Radeon RX 5700 ohne XT

Die Radeon RX 5700 XT Red Devil (Test) hat sich bis jetzt als bestes Custom-Design für AMDs schnellsten Navi-Ableger gezeigt, zumindest im Vergleich zu den bereits getesteten Modellen Asus Radeon RX 5700 XT Strix (Test), Sapphire Radeon RX 5700 XT Pulse (Test) und XFX Radeon RX 5700 XT THICC2 (Test). PowerColor schickt den roten Teufel aber auch als Teufelchen Radeon RX 5700 Red Devil ins Rennen. Und die Vorzeichen für ein erneut sehr gutes Produkt stehen gut.

Die PowerColor Radeon RX 5700 Red Devil ohne XT im Test
Die PowerColor Radeon RX 5700 Red Devil ohne XT im Test

Denn PowerColor schickt die Radeon RX 5700 Red Devil mit denselben Waffen wie die teurere XT-Variante ins Gefecht: PCB und Kühlsystem sind absolut identisch und auch das OC- und das Silent-Bios sind wieder mit von der Partie. Sapphire hat bei der Pulse hingegen das Kühlsystem der kleineren Variante auch weniger stark ausgelegt.

Einzige Unterschied: Die XT hat zwei Mal 8 Pin
Einzige Unterschied: Die XT hat zwei Mal 8 Pin

Die PowerColor Radeon RX 5700 Red Devil im Detail

Anders als die Radeon RX 5700 XT Red Devil schickt PowerColor die Radeon RX 5700 Red Devil nur als Standardversion ins Rennen – eine limitierte Auflage gibt es nicht. Der Hersteller setzt als unverbindliche Preisempfehlung 389 US-Dollar an. Das sind genau 60 US-Dollar weniger als bei der Radeon RX 5700 XT Red Devil, deren UVP bei 449 US-Dollar respektive 449 Euro liegt. Um die 400 Euro erscheinen also ein realistischer Preis für die Non-XT zu sein – eine offizielle UVP gibt es aber noch nicht.

Die Radeon RX 5700 Red Devil ist bezüglich fast aller Bauteile absolut identisch zum größeren Modell. Das betrifft den kompletten Kühler, das PCB und die RGB-Beleuchtung bis hin zur Slotblende, die also auch hier mit einem auf dem Kopf stehenden Red-Devil-Schriftzug in den Verkauf geschickt wird. Genaue Unterschiede müssen mit der Lupe gesucht werden.

Nur bei den Stromsteckern gibt es einen Unterschied

Abweichungen finden sich schlussendlich nur bei den Stromsteckern. Anstatt zwei Acht-Pin- gibt es auf der Radeon RX 5700 Red Devil nur einen Acht-Pin- und einen Sechs-Pin-Stecker. Beim Rest herrscht Gleichstand. Damit ist die Grafikkarte ca. 30,3 cm lang, das PCB selbst aber nur 24 cm. Den übrigen Platz hat der Hersteller für zusätzliche Kühlfläche genutzt.

Der Kühler ist identisch zur Red Devil XT
Der Kühler ist identisch zur Red Devil XT

Apropos Kühlung: Auf der Grafikkarte sind zwei verschiedene Alu-Kühlkörper verbaut, von denen einer direkt über der Navi-10-GPU platziert ist. Beide sind über fünf im Durchmesser 6 mm messende Heatpipes miteinander verbunden. Für die notwendige Frischluft sind drei im Durchmesser 85 mm große Axiallüfter vorhanden, die bei niedrigen Temperaturen den Betrieb einstellen. Abgerundet wird das Kühlsystem durch eine Backplate. Die Backplate macht die Grafikkarte ca. 5 mm breiter, insgesamt ist sie gut 5,5 cm breit.

So viel wiegen die Navi-Grafikkarten
Gewicht in Gramm
Radeon RX 5700
AMD Radeon RX 5700 Referenz 1.020 g
PowerColor Radeon RX 5700 Red Devil 1.259 g
Sapphire Radeon RX 5700 Pulse 872 g
Radeon RX 5700 XT
AMD Radeon RX 5700 XT Referenz 1.103 g
Asus Radeon RX 5700 XT Strix OC 1.434 g
PowerColor Radeon RX 5700 XT Red Devil 1.274 g
Sapphire Radeon RX 5700 XT Pulse 925 g
XFX Radeon RX 5700 XT THICC2 1.162 g

PowerColor hat erstmals eine RGB-Beleuchtung

PowerColor verbaut auf der Radeon RX 5700 Red Devil erstmals eine RGB-Beleuchtung. Neben dem Red-Devil-Schriftzug auf der Seite des Kühlers werden auch noch weitere Elemente beleuchtet, darunter auch die Anschlussbuchsen an der Slotblende. Mit Hilfe des Tools „Devil Zone“ lässt sich die Beleuchtung umfangreich konfigurieren. Monitore können über einen HDMI-2.0b-Ausgang und drei DisplayPorts 1.4 (mit DSC) angesteuert werden.

Zwei BIOS-Versionen mit kleinen Unterschieden

Bei der Radeon RX 5700 XT Red Devil machen die zwei verschiedenen BIOS-Versionen einen großen Unterschied aus, bei der Radeon RX 5700 Red Devil ist der Effekt deutlich geringer. Das werkseitig aktive OC-BIOS sieht eine maximale GPU-Power von 190 Watt vor und daher mehr als die Radeon RX 5700 XT Red Devil im Silent-BIOS. Im Alltag wird diese Schwelle aber ohne OC nicht erreicht. Mit dem Silent-BIOS ist die GPU-Power mit 165 Watt dann noch rund 10 Watt höher eingestellt als auf dem Referenzdesign. Darüber hinaus arbeitet die Lüftersteuerung anders: Mit dem OC-BIOS drehen die Lüfter etwas schneller, während das Silent-BIOS höhere Temperaturen und damit geringere Drehzahlen erlaubt.

RX 5700 Red Devil
OC-BIOS
RX 5700 Red Devil
Silent-BIOS
GPU-Power 190 Watt 165 Watt
Optimiert für höhere Performance geringere Lautstärke
Lüfter aus im Desktop-Betrieb? Ja Ja

ComputerBase zeigt im Test die Messwerte beider Versionen. Das OC-BIOS ist mit dem Kürzel „OC“ gekennzeichnet, das Silent-BIOS mit „S“.

Es gibt ordentlich mehr Takt als bei der Referenz

Bei Navi ist es schwerer als je zuvor, von festgelegten Taktraten zu sprechen. Aus diesem Grund sollten die Angaben von PowerColor nicht als gesetzt angesehen werden. Die anliegenden Frequenzen sollen laut Hersteller aber in jedem Fall gegenüber der Referenz spürbar steigen. Der Basis-Takt der Radeon RX 5700 Red Devil liegt bei 1.610 MHz, während der Game-Takt mit 1.725 MHz und der Boost mit bis zu 1.750 MHz angegeben sind. Damit ist der maximale Boost nur 25 MHz höher als beim Referenzdesign, Basis- und Game-Takt dagegen 145 bzw. 100 MHz. Der 8 GB große GDDR6-Speicher arbeitet mit den gewöhnlichen 7.000 MHz.

Takt PowerColor RX 5700 Red Devil Sapphire RX 5700 Pulse RX 5700 XT Referenz
Basis-Takt 1.610 MHz 1.540 MHz 1.465 MHz
Game-Takt 1.725 MHz 1.700 MHz 1.625 MHz
Turbo (bis zu) 1750 MHz 1.750 MHz 1.725 MHz

Und wie unterscheidet sich die PowerColor Radeon RX 5700 Red Devil konkret von der Radeon RX 5700 im Referenzdesign und der Sapphire Radeon RX 5700 Pulse? Das zeigt die folgende Tabelle auf einen Blick.

Merkmal PowerColor RX 5700 XT
Red Devil
PowerColor RX 5700
Red Devil
Sapphire RX 5700
Pulse
AMD RX 5700
Referenz
Karte PCB-Design PowerColor PowerColor Sapphire AMD
Länge, Breite 30,5 cm, 13,0 cm 30,5 cm, 13,0 cm 25,5 cm, 13,5 cm 27,5 cm, 11,0 cm
Stromversorgung 2 × 8 Pin 1 × 6 Pin
1 × 8 Pin
1 × 6 Pin
1 × 8 Pin
1 × 6 Pin
1 × 8 Pin
Kühler Design PowerColor, 2,5 Slots PowerColor, 2,5 Slots Dual-X, 2,5 Slots Referenz, 2,0 Slots
Kühlkörper Alu-Kern
5 Heatpipes
Alu-Kern
5 Heatpipes
Kupferkern
3 Heatpipes
Vapor-Chamber
Alu-Kern/Radiator
Lüfter 3 × 85 mm (axial) 3 × 85 mm (axial) 2 × 95 mm (axial) 1 × 75 mm (radial)
Lüfter abgeschaltet (2D) Ja Ja Ja Nein
Anlaufdrehzahl 900 Umdrehungen 900 Umdrehungen 700 Umdrehungen Immer an
Takt
(Stromsparmodus)
GPU-Basis 1.770 (6) MHz 1.610 (6) MHz 1.540 (6) MHz 1.465 (6) MHz
GPU-Durchschnitt 1.905 MHz 1.725 MHz 1.700 MHz 1.625 MHz
GPU-Maximum 2.010 MHz 1.750 MHz 1.750 MHz 1.725 MHz
Speicher 7.000 (100) MHz
Speichergröße 8.192 MB GDDR6
Leistungsaufnahme GPU-Power 225 Watt
185 Watt (Silent-BIOS)
190 Watt
165 Watt (Silent-BIOS)
165 Watt
150 Watt (Alternativ-BIOS)
155 Watt
Maximales Powerlimit +50 % +20%
Anschlüsse 3 x DisplayPort 1.4 DSC
1 x HDMI 2.0b

Unabhängig vom Treiber gibt es die gleichen Lüfterdrehzahlen

AMD hat seit dem Adrenalin 19.7.3 etwas an der Lüftersteuerung geändert, was sämtliche Modelle der Radeon RX 5700 und der Radeon RX 5700 XT betrifft. Bei den Custom-Grafikkarten äußert sich die Änderung mit einer zu hohen Lüfterdrehzahl unter Last. Allerdings ist es möglich, mittels eines modifizierten BIOS die Lüftersteuerung unabhängig vom genutzten Treiber anzugleichen, was auf der PowerColor Radeon RX 5700 Red Devil im Test genau so funktionierte. Sie hat ab Werk ein angepasstes BIOS installiert.

Im Forum von ComputerBase kommt immer wieder die Frage auf, wie die Redaktion im Detail Grafikkarten testet. Da dies ein ziemlich umfangreiches Unterfangen mit diversen Benchmarks, Messungen, Tools und Methoden ist, fällt die Beantwortung umfangreich aus.

So testet ComputerBase Grafikkarten

Um dem Thema ausreichend Raum zu geben, hat die Redaktion einen separaten Artikel erstellt. Dieser widmet sich ausschließlich der Frage, wie ComputerBase Grafikkarten testet.

Der Artikel geht unter anderem ausführlich auf das genutzte Testsystem ein. Das betrifft sowohl das Gehäuse mitsamt der Lüfterbestückung – was entscheidend für Lautstärke und Temperatur ist – als auch die verbaute Hardware und wie diese konfiguriert ist. Es wird ebenfalls darauf eingegangen, welche Grafikkarten mit welchem Takt betrieben werden. Darüber hinaus wird genauer erläutert, wie sämtliche Messreihen, zum Beispiel für die Leistungsaufnahme, durchgeführt werden.

Videos und Spielstände zum Nachtesten

Der wichtigste Aspekt bei fast allen Grafikkarten-Tests sind die Spiele-Benchmarks. Der Methodik-Artikel beschäftigt sich mit den Spielen selbst, geht auf die möglichen Besonderheiten wie zum Beispiel DirectX 12 sowie Vulkan ein und beschreibt die genutzten Grafikdetails – denn nicht in jeder Auflösung testet die Redaktion mit der bestmöglichen Optik.

Darüber hinaus gibt es zu jedem Spiel die Testszene in einem Video zu sehen und – falls möglich – wird ein Spielstand bereitgestellt, sodass jeder Leser die Sequenz nachstellen und nachvollziehen kann. Abschließend klärt der Artikel, welche Tools ComputerBase für die Benchmarks einsetzt, und auch, wie die Ergebnisse in Form von Bildern pro Sekunde (FPS) und Frametimes dargestellt werden.

Die tatsächlichen Taktraten unter Last

Mit beiden BIOS-Versionen taktet die PowerColor Radeon RX 5700 Red Devil höher als AMDs Referenzdesign. In manchen Spielen beträgt das Plus an Takt mit dem OC-BIOS etwas weniger als 100 MHz, in anderen ist es etwas mehr. Mit dem Silent-BIOS liegt das Plus noch bei 50 MHz oder etwas weniger.

Interessant ist der direkte Vergleich der zwei BIOS-Versionen miteinander. So gibt es Spiele, in denen die Software kaum Unterschiede ausmacht: In Anno 1800 liegen zum Beispiel mit dem OC-BIOS 1.735 bis 1.761 MHz an, mit dem Silent-BIOS sind es quasi identische 1.735 bis 1.758 MHz. Und dann gibt es Titel, bei denen der Unterschied deutlich größer ist: In Metro: Exodus taktet die Radeon RX 5700 Red Devil mit dem OC-BIOS mit 1.676 bis 1.733 MHz, via Silent-BIOS dagegen nur mit 1.597 bis 1.672 MHz.

Die tatsächlichen Taktraten im Phanteks Enthoo Evolv X
Spiel (2.560 × 1.440) AMD RX 5700
Referenz
Sapphire RX 5700
Pulse
Standard-BIOS
PowerColor RX 5700
Red Devil
OC-BIOS
PowerColor RX 5700
Red Devil
Silent-BIOS
Maximaler Takt in Spielen ~1.906 MHz ~1.706 MHz ~1.773 MHz ~1.773 MHz
Anno 1800 1.664-1.698 MHz 1.674–1.694 MHz 1.735–1.761 MHz 1.735–1.758 MHz
Battlefield V 1.646–1.681 MHz 1.697–1.704 MHz 1.752–1.766 MHz 1.673–1.711 MHz
Hitman 2 1.698–1.705 MHz 1.686–1.704 MHz 1.747–1.770 MHz 1.746–1.766 MHz
Metro: Exodus 1.548–1.602 MHz 1.630–1.672 MHz 1.676–1.733 MHz 1.597–1.672 MHz
Shadow of the Tomb Raider 1.682–1.694 MHz 1.671–1.695 MHz 1.733–1.768 MHz 1.726–1.759 MHz

Der anliegende Takt hängt schlicht damit zusammen, wie viel Energie die Navi-10-GPU in einem Spiel benötigt um den vollen Takt zu fahren. Kann der Rechenkern diesen innerhalb der GPU-Power von 165 Watt beim Silent-BIOS liefern, bringt das OC-BIOS keinen zusätzlichen Taktvorteil mehr. Benötigt die Grafikkarte dagegen mehr Energie als erlaubt, erreicht das OC-BIOS eine höhere Frequenz.

Mit dem Silent-BIOS taktet die Red Devil im Endeffekt vergleichbar wie die Sapphire Pulse mit Standard-BIOS. In den meisten Spielen ist der Takt leicht niedriger, in anderen dagegen leicht höher. Im Schnitt gibt es kaum einen Unterschied.