AMD Ryzen 3000: AGESA 1.0.0.3ABBA und neue Firmware kurz vor dem Start
Nachdem AMD öffentlich erklärte, dass die neuen Prozessoren aus der Familie Matisse „in einigen Situationen“ nur eine reduzierte Boost-Frequenz erreichen, soll eine neue Firmware ab heute Abhilfe schaffen. Erste Tests zeigen, dass dies aber nicht immer gelingt und das Flaggschiff das Problemkind bleibt.
Nachdem Kinderkrankheiten beim BIOS und insbesondere die unklare Liefersituation des Ryzen 9 3900X den Start von Zen 2 getrübt haben, nahm die Diskussion um den beworbenen maximalen Boost-Takt mehr und mehr Fahrt auf. Auf ComputerBase gaben 65 Prozent an, den beworbenen maximalen Boost-Takt ihres Ryzen 3000 noch nie zu Gesicht bekommen zu haben, bei knapp 19 Prozent kam es zudem zu starken Abweichungen. Immerhin 25 Prozent der Teilnehmer sehen im Alltag die versprochenen maximalen Taktraten, knapp 10 Prozent erreichen – wie der Ryzen 7 3800X in der Redaktion – sogar leicht höhere Boost-Frequenzen.
AGESA 1.0.0.3ABBA mit SMU-Firmware 46.49.00
Nachdem AMD in der vergangenen Woche angekündigt hat, sich heute zur Verfügbarkeit der neuen Versionen zu äußern, sind bereits vorab erste BIOS-Varianten und somit erste Ergebnisse mit AGESA 1.0.0.3ABBA und der neuen SMU-Firmware 46.49.00 in Umlauf geraten. Das Fazit fällt gemischt aus.
Ryzen 9 3900X hat auch mit AGESA 1.0.0.3ABBA Probleme
Während die Ryzen 7 in Form des 3700X und 3800X unter Verwendung des neuen AGESA-Codes im Mittel sogar leicht zulegen, hat der Ryzen 9 3900X nach wie vor große Probleme den beworbenen Boost-Takt auch nur annähernd zu erreichen und auch der durchschnittliche Takt auf alle Kerne fällt sogar niedriger aus als mit AGESA 1.0.0.3ABB und der alten Firmware.
Der Entwickler des DRAM Calculator for Ryzen und AMD-Insider Yuri „1usmus“ Bubliy hat über seinen Twitter-Account bereits erste Ergebnisse geteilt, nach denen zu urteilen die neue SMU-Firmware 46.49.00 und AGESA 1.0.0.3ABBA nicht der von AMD erhoffte große Wurf sind. Im Cinebench R20 erreicht der 3900X nur knapp 7.000 Punkte, zum Release wurden noch 7.100 Punkte in dieser Disziplin verbucht.
Auch der beworbene Turbo-Takt auf einem Kern wird weiterhin verfehlt. Wo mit AGESA 1.0.0.3ABB und der SMU-Firmware 46.34.00 zumindest noch 4,55 GHz im Singlecore-Test des Cinebench R15 anlagen, sind es mit AGESA 1.0.0.3ABBA und der SMU-Firmware 46.49.00 nur noch durchschnittlich 4,45 GHz. Von den beworbenen 4,6 GHz des 3900X findet sich zumindest bislang keine Spur.
Ryzen 7 3800X zeichnet ein anderes Bild
Mehr und mehr zeichnet sich ab, dass sich das Problem der nicht erreichten Boost-Frequenzen zum Großteil auf den 12-Kern-Prozessor 3900X eingrenzen lässt, die 8-Kern-Prozessoren zeigen es nicht. Dies bestätigen auch die zahlreichen Rückmeldungen der ComputerBase-Leser, die AMD Ryzen 3000 mit Zen 2 selbst unter die Lupe genommen haben.
Auch ComputerBase hat einen Ryzen 7 3800X mit dem aktuellen AMD AGESA Combo-AM4 1.0.0.3ABBA und der neuen SMU-Firmware 46.49.00 getestet und konnte nochmals leicht höhere Boost-Frequenzen von 4,575 GHz bei 1,475 Volt auf einem Kern erzielen. Insgesamt drei Kerne des 3800X erreichten den genannten Boost. Mit der alten Firmware belief sich der maximale Turbo-Takt auf 4,525 GHz. Um den Singlecore-Boost zu testen, kam Cinebench R20 zum Einsatz. Neben dem neuen AGESA-Code und der neuen Firmware wurde der aktuelle AMD-Chipsatztreiber mit der Versionsnummer 1.8.19.0915 genutzt.
Offizielle Stellungnahme von AMD zu AGESA 1.0.0.3ABBA
Mittlerweile hat sich auch AMD zu AGESA 1.0.0.3ABBA und der neuen Firmware 46.49.00 für die System Management Unit (SMU) geäußert. In seiner offiziellen Stellungnahme spricht Robert Hallock, seines Zeichens Senior Technical Marketing Manager bei AMD, über die Auswirkungen des neuen AGESA-Codes auf die Boost-Frequenzen, einen ruhigeren Leerlauf („calmer idle“) und ein neues Monitoring-SDK. Ein Aktivitätsfilter für leichte Workloads soll verhindern, dass Ryzen 3000 in solchen Szenarien unnötigerweise boostet und so höhere Spannungen anlegt als nötig wären. Diese sollen sich bei leichten Lasten wie Monitoring-Tools bei etwa 1,2 Volt einpendeln.
Starting with our commitment to provide you an update on processor boost, our analysis indicates that the processor boost algorithm was affected by an issue that could cause target frequencies to be lower than expected. This has been resolved. We’ve also been exploring other opportunities to optimize performance, which can further enhance the frequency. These changes are now being implemented in flashable BIOSes from our motherboard partners. Across the stack of 3rd Gen Ryzen Processors, our internal testing shows that these changes can add approximately 25-50MHz to the current boost frequencies under various workloads.
Robert Hallock, Senior Technical Marketing Manager
Wie vorher bereits angekündigt, soll der neue AGESA-Code die Boost-Frequenzen um 25 bis 50 MHz anheben, so Hallock. Im Falle des Ryzen 9 3900X würde dies in den meisten Fällen allerdings immer noch nicht ausreichen um die beworbenen 4,6 GHz in typischen Lastszenarien auf einen Kern zu erreichen. AMD selbst hat wie folgt getestet:
- AMD Referenz-Mainboard (AGESA 1003ABBA Beta-BIOS)
- 2 × 8 GB DDR4-3600 CL16
- AMD Wraith Prism und Noctua NH-D15S
- Windows 10 May 1903
- 22°C Temperatur
- Streacom BC1 Open Benchtable
- AMD Chipset Treiber 1.8.19.xxx
- AMD Ryzen Balanced Energiesparplan
- BIOS defaults (nur XMP-Profil geladen)
In einem weiteren Blog geht AMD noch einmal gesondert und ausführlich auf die Problematik der Boost-Frequenzen ein. Spätestens mit dem Erscheinen des Ryzen 9 3950X dürfte das Thema Boost-Frequenzen erneut hochkochen, denn diesen bewirbt AMD auf dem Papier gar mit 4,7 GHz Boost-Frequenz.