HiSilicon Kirin 990: Huawei integriert 5G in das SoC des Mate 30 Pro
Huaweis Chipschmiede HiSilicon hat zur IFA das SoC des Mate 30 Pro vorgestellt. Der Kirin 990 kommt in zwei Varianten: mit und ohne 5G. Das 5G-Modem muss nicht mehr als zusätzlicher Chip verbaut werden. Das spart Platz und reduziert potenziell den Energiebedarf. Den eigenen Bluetooth-Chip Kirin A1 bietet HiSilicon ebenfalls an.
Erst das System-on-a-Chip, dann das Smartphone. In Berlin haben Huawei und HiSilicon den Kirin 990 als Nachfolger des Kirin 980 vorgestellt. Erstmals werden zwei Versionen eines neuen Chips angeboten: mit Unterstützung des neuen Mobilfunkstandards 5G sowie ohne 5G und mit etwas schwächeren Eckdaten hinsichtlich CPU und Neural Processing Unit (NPU). Am 19. September soll dann in München das dazu passende Smartphone folgen: das Huawei Mate 30 Pro.
5G-Modem sorgt für 10,3 Milliarden Transistoren
In der Ausführung mit 5G steckt im Kirin 990 ein Multi-Mode-Modem, das alle aktuellen Mobilfunkstandards vom neuen 5G über LTE und 3G bis runter zu 2G unterstützt. Im kleineren Modell des Kirin 990 ist bereits bei LTE Schluss. Die Integration des Modems direkt in das SoC ist insofern wichtig, als dass durch diesen Schritt das Design der Hauptplatine im Smartphone kompakter ausfallen kann. So hat Huawei mehr Platz zum Beispiel für einen größeren Akku oder andere Komponenten. Außerdem ist der Energiebedarf eines einzelnen Chips trotz des aufwendigen 5G-Modems geringer als beim Einsatz von zwei Chips. Bei der Kombination aus Kirin 980 und Balong 5000 lag das LTE-Modem des SoCs zudem brach. Auch beim Exynos 9820 und 9825 mit Exynos-5100-Modem ist das der Fall, nur Qualcomm stellt dem Snapdragon 855 mit dem Snapdragon X50 ein reines, wenngleich älteres Modem ausschließlich für 5G zur Seite.
Die Anzahl der Transistoren ist durch die Integration des Modems dennoch massiv gestiegen. Huawei nennt 10,3 Milliarden Transistoren. Zum Vergleich: der Kirin 980 kam noch auf 6,9 Milliarden Transistoren, beim Snapdragon 8cx, der dem Snapdragon 855 ähnelt, sind es 8,5 Milliarden Transistoren und beim Apple A12 Bionic 6,9 Milliarden Transistoren. Zur Die- oder Package-Größe macht Huawei bislang keine Angaben, allerdings soll der Kirin 990 mit 5G-Support kleiner sein als die gemeinsame Fläche von Snapdragon 855 und Snapdragon X50 oder Exynos 9825 samt Exynos 5100.
7 nm FinFET+ mit EUV von TSMC
Dass Huawei die Kombination aus Application Processor (AP) und Multi-Mode-Modem auch ohne Größenangabe offenbar vergleichsweise kompakt gelungen ist, liegt zum einen am gewählten Fertigungsverfahren. Als Partner kommt erneut die Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TSMC) zum Zug, die den Kirin 990 in 7 nm FinFET+ samt EUV vom Band laufen lässt. Samsung nutzt für den Exynos 9825 des Galaxy Note 10 einen ähnlichen eigenen Prozess. Ein Exklusivmerkmal des Kirin 990 ist diese Art der Fertigung somit nicht, sie kommt Huawei angesichts der Komplexität des Chips aber gelegen. Apple soll nach HiSilicon der zweite Kunde für 7 nm FinFET+ sein.
HiSilicon verzichtet auf 5G mmWave
Huawei profitiert in Sachen Größe davon, dass alle Features rund um WLAN, Bluetooth und globaler Navigationssatellitensysteme in einen externen Chip ausgelagert werden, während Qualcomm und Samsung diese Features über das SoC anbieten. Außerdem bietet Huawei im Kirin 990 nicht den vollständigen 5G-Funktionsumfang des im Januar vorgestellten 5G-Modems Balong 5000 an. 5G wird ausschließlich im Sub-6-GHz-Bereich unterstützt, nicht aber auch über mmWave. Das reduziert die Komplexität des Modems, bedeutet aber auch, dass Märkte wie die USA vernachlässigt werden, wenngleich das im aktuellen Handelsstreit ohnehin keine größere Rolle spielt. Stattdessen liegt der Fokus auf dem chinesischen Heimatmarkt und Europa. Doch auch in Europa wird mmWave in den kommenden Jahren vor allem in Innenstädten Einzug halten. Kunden, die ein neues Top-Smartphone mit 5G-Unterstützung für eine mehrjährige Nutzungszeit kaufen, fehlt damit potenziell ein Feature im Mate 30 Pro.
2,3 Gbit/s im Downlink bei 100 MHz Spektrum
Das integrierte 5G-Modem ist den Angaben von Huawei zufolge aber auch nicht mehr ganz so leistungsfähig wie das eigenständige Balong 5000. Carrier Aggregation über 5G gibt es den genannten Spitzengeschwindigkeiten zufolge nicht mehr. Im Downlink sind über 5G im Sub-6-GHz-Bereich bis zu 2,3 Gbit/s bei einem Frequenzblock von 100 MHz möglich, für den Uplink werden bei ebenfalls 100 MHz Spektrum 1,25 Gbit/s genannt. Beim Balong 5000 war noch von zwei Carriern mit insgesamt 200 MHz sowie Down- und Uplink-Datenraten von 4,6 Gbit/s respektive 2,5 Gbit/s die Rede. Über die Kombination aus 5G und LTE sind im Downlink in der Spitze 2,9 Gbit/s möglich. In Gegenden mit schwachem Empfang soll LTE auch im Uplink dem 5G-Signal unter die Arme greifen können.
Neue NPU hat bis zu drei Kerne
Für KI-Berechnungen etwa in den Bereichen Foto und Video steht eine neue NPU zur Verfügung, um CPU und GPU zu entlasten, die diesmal die aus dem Server-Segment von HiSilicon genutzte Da-Vinci-Architektur verwendet, die in den KI-Beschleunigern der Ascend-Baureihe zu finden ist. Hier kommen nicht näher genannte ARM-Kerne zum Einsatz, genauer gesagt zwei große (Big) und ein kleiner (Tiny) Kern, wobei in diesem Punkt zwischen dem Kirin 990 mit 5G und der Variante ohne 5G unterschieden werden muss. Im LTE-Modell bietet die NPU nur noch einen großen und einen kleinen Kern. Für den Vollausbau nennt Huawei eine 2,53-mal höhere Leistung als für die Dual-NPU des Kirin 980 sowie die 4,76-fache Leistung im Vergleich zum Kirin 970. Apple und Qualcomm will Huawei gemessen mit dem ETH AI Benchmark 3.0 schlagen können.