Bundesregierung: Huawei darf Technik für gesamtes 5G-Netz liefern
Die Bundesregierung hat entschieden, dass der chinesische Netzausrüster Huawei Technik für das gesamte 5G-Netz Deutschlands liefern darf. Kritische Bereiche des Netzes sollen die Netzbetreiber selbst identifizieren, anstatt Vorschriften der Bundesregierung zu unterliegen. Die Entscheidung wird teils kritisch gesehen.
Der Beschluss der Bundesregierung soll in den kommenden Tagen veröffentlicht werden. Das Handelsblatt berichtet vorab auf Basis eines aktuellen Entwurfs der Bundesnetzagentur zu den Sicherheitsanforderungen für die Telekommunikationsnetze.
Netzbetreiber identifizieren kritische Bereiche selbst
Zuvor hatte es eine monatelange Debatte darüber gegeben, ob Huawei aus potenziell kritischen Bereichen der Netzwerkarchitektur ausgeschlossen werden solle. Im Fokus stand dabei vor allem der Kern des Netzwerks. Komponenten von Huawei kommen bei allen drei großen Netzbetreibern schon jetzt im 5G-Netz zum Einsatz. Die aktuelle Entscheidung der Bundesregierung sorgt für Planungssicherheit, denn nach den Milliardeninvestitionen für die Versteigerung der 5G-Mobilfunkfrequenzen kann nun frei von den Betreibern entschieden werden, welche Komponenten von welchem Hersteller in welchem Bereich des 5G-Netzes zum Einsatz kommen sollen. Eine Intervention des Kanzleramts soll eine schärfere Fassung der Anforderungen verhindert haben.
Die Netzbetreiber sollen kritische Bereiche des Netzes selbst identifizieren und für diese ein erhöhtes Sicherheitsniveau festlegen. Dennoch kann auch hier Technik von Huawei verbaut werden, die Entscheidung der Bundesregierung sieht kein Verbot mehr vor. Dass Netzbetreiber selbst festlegen können, welche Bereiche relevant für die Sicherheit sind, soll die Zahl der kritischen Kernkomponenten überschaubar halten und die Sicherheitsprüfung praktikabel machen. Für die Sicherheitsprüfung wird das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zuständig sein, das die Produkte der Netzausrüster zertifizieren soll. Aber: Um „Monokulturen“ zu verhindern, sollen in den kritischen Netzbereichen stets auch Komponenten europäischer Hersteller wie Ericsson und Nokia verbaut werden.
Bundesregierung verlangt Vertrauenswürdigkeitserklärung
Anstatt Huawei aus gewissen Bereichen des Netzes vollständig auszuschließen, soll von Netzausrüstern nun eine Vertrauenswürdigkeitserklärung verlangt werden können. Hintergrund ist, dass im Falle der Feststellung, dass Produkte von Huawei für Spionage oder Sabotage eingesetzt wurden, die Bundesregierung ein Rechtsmittel gegen das Unternehmen in der Hand hat. Dann würde die Bundesregierung die Netzbetreiber verpflichten, die Technik von Huawei aus dem 5G-Netz zu entfernen. Die wiederum könnten daraufhin Entschädigungsansprüche bei Huawei geltend machen.
Entscheidung wird auch kritisch gesehen
Was aus wirtschaftlicher Sicht und für die Handelsbeziehungen zu China zu begrüßen ist, stößt in den Regierungsfraktionen auch auf Kritik. Norbert Röttgen (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, sagte dem Handelsblatt: „Eine Frage von solcher strategischen Bedeutung darf nicht auf Verwaltungsebene entschieden werden.“ Röttgen zufolge sei Huawei ein maßgeblich staatlich gelenktes Unternehmen. „Es ist ein schwerer Fehler, Huawei ins 5G-Netz zu integrieren“, sagte SPD-Außenpolitiker Nils Schmid. Der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar beschränkt sich bei seiner Einschätzung nicht auf Huawei: „Die Abhängigkeit von Unternehmen von anderen geopolitischen Akteuren ist gerade im Bereich der Informationstechnologie, in der Missbrauch und Manipulation nur schwer zu verhindern sind, überaus problematisch.“