Rechtsextremismus im Netz: Innenminister will Spieler stärker in den Blick nehmen
Nach dem Anschlag von Halle und der daraus resultierenden Debatte um wachsenden Rechtsextremismus im Netz rücken Spieler auf das Radar von Innenminister Horst Seehofer. Der CSU-Politiker sagte gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio: „Wir müssen die Gamer-Szene stärker in den Blick nehmen“.
Obwohl der ehemalige bayrische Ministerpräsident gegenüber dem Fernsehmagazin Bericht aus Berlin in der ARD nicht begründen konnte, weshalb Spieler nun in diese Diskussion involviert werden, führte er weiter aus: „Das Problem ist sehr hoch. Viele von den Tätern und potenziellen Tätern kommen aus der Gamer-Szene. Manche nehmen sich Simulationen geradezu zum Vorbild.“ Woher Seehofer diese Erkenntnisse nimmt, bleibt bisher sein Geheimnis und so sagte er weiter: „Man muss genau hinschauen, ob es noch ein Computerspiel ist, eine Simulation – oder eine verdeckte Planung für einen Anschlag.“
Am Sonntag um 18:30 Uhr verspricht die nächste Ausgabe von Berichte aus Berlin im Ersten Deutschen Fernsehen (ARD) und im Live Stream, neue Erkenntnisse und Antworten zu diesen zum jetzigen Zeitpunkt noch unbelegten Anschuldigungen und Vorverurteilungen des Bundesinnenministers zu geben. Rechtsextremismus im Netz und wie gut Sicherheitsbehörden dagegen vorgehen können ist dann nämlich Thema und auch Horst Seehofer wird zu Wort kommen.
Eine erneute Diskussion um vermeintliche „Killerspiele“ ist wahrscheinlich das Letzte, was nach dem Anschlag von Halle zur Klärung der Situation beiträgt, aber offensichtlich ein immer wiederkehrender Reflex. Erst im letzten Jahr setzte Pro7 auf Killerspiel-Panikmache und stellte Fortnite und dessen Battle Royale an den Pranger. In den sozialen Medien haben bereits zahlreiche Spieler und Influencer ihr Unverständnis für die Äußerungen des Bundesinnenministers zum Ausdruck gebracht.
Bereits am Donnerstag forderte Seehofer im ZDF, nach dem Anschlag in Halle eine Neuordnung von Bundeskriminalamt und Verfassungsschutz und „auch das Internet zu überwachen“.
Kritik aus Kultur und Verbänden
Spieler, YouTuber und Politiker, die Aussagen von Bundesinnenminister Horst Seehofer, Spieler nach dem Anschlag von Halle stärker in den Blick nehmen zu wollen, stoßen vielerorts auf deutliche Kritik und lösen Unverständnis aus. So äußerte sich Felix Falk, Geschäftsführer des Bundesverbands Game: „Eigentlich müsste jedem längst klar sein: So wenig, wie man Filme oder Bücher für Hass und Gewalt verantwortlich machen kann, so wenig sind Games und ihre Community hierfür die Ursache.“ Auch Olaf Zimmermann vom Deutschen Kulturrat fand ebenfalls deutliche Worte: „Nicht Games, sondern der Rechtsextremismus ist das Problem.“
Hohn und Spott aus der Politik
Auch von seinen Berufskollegen aus der Politik erhält Horst Seehofer ein deutliches Echo und erntet zuweilen Hohn und Spott. So schrieb der FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle auf Twitter, „Die Neunzigerjahre haben angerufen und wollen ihre Killerspieldebatte zurück.“ und machte sich indirekt über die Forderungen des Bundesinnenministers lustig. Auch die Grünenpolitikerin Renate Künast sagte, man solle sich in Ruhe mit dem Problem beschäftigen und „sich nicht über das Wort Gamerszene von Seehofer in die Irre leiten lassen. Um die geht es nämlich nicht.“
Breitseite für Seehofer auf YouTube
Die deutlichste Reaktion auf die Aussagen von Horst Seehofer kamen von dem YouTuber Rezo, der bereits mit seinem Video „Die Zerstörung der CDU.“ Bekanntheit erlangte, welches rund 16 Millionen Aufrufe auf sich vereinen konnte. „Wie kann man seinen Job immer und immer wieder so sehr verkacken? Er und seine Crew sind echt so krass inkompetent.“, so Rezo via Twitter und fügte noch hinzu, „Klärt eure Eltern und Großeltern auf, dass niemand mehr diese Partei wählt. Sonst geht es immer weiter mit solchen Doofies in Machtpositionen.“
Horst Seehofer präzisiert seine Aussage
Die Kritik an seiner Aussage scheint Horst Seehofer mittlerweile erreicht zu haben und so präzisiert er seine Aussage in einem Posting des Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, welchem er als Bundesinnenminister vorsteht, wie folgt: „Wir prüfen derzeit alle Facetten, wie Rechtsextremismus besser bekämpft werden kann. Wir sehen, dass Rechtsextremisten das Internet und auch Gaming-Plattformen als Bühne für ihre rechtswidrigen Inhalte missbrauchen. Ob analog oder digital: Wir wollen Rechtsextremisten überall dort bekämpfen, wo sie aktiv sind.“
Seine Aussagen, Spieler stärker in den Blick zu nehmen, revidiert Seehofer nicht, fügte aber hinzu, das Problem sei eine „Unterwanderung“ der Szene.