Shield TV (2019) im Hands-On: Nvidias Streaming-Röhre kann Dolby Vision und KI-Upscaling
tl;dr: Nvidia legt das Shield TV in dritter Generation mit stärkerem Tegra X1+, Dolby Vision und KI-Upscaling neu auf. Zwei Varianten stehen zur Auswahl: eine kompakte Röhre, die hinter dem Fernseher verschwindet, und die Konsole mit zwei USB-Anschlüssen und mehr Speicher. Der Startpreis mit Fernbedienung liegt bei 160 Euro.
Die größte sichtbare Veränderung am Shield TV ist der radikal neue Formfaktor. Wo bisher stets auf das klassische Format einer kompakten Konsole gesetzt wurde, kommt nun ein Gehäuse in zylindrischer Form zum Einsatz. Die kleine Röhre soll unsichtbar hinter dem Fernseher verschwinden. Mit 16,4 × 3,9 cm (L×D) klappt das problemlos. Trotz der kompakten Abmessungen ist das Netzteil integriert, lediglich ein 142 cm (ohne Stecker) langes Netzkabel muss angeschlossen werden. Auch einen kleinen Lüfter gibt es weiterhin, der vom Anwender aber nicht zu hören ist. Auf der Seite des Stromsteckers sitzt zudem einmal Gigabit-Ethernet. Auf der anderen Seite der Röhre sitzen der HDMI-2.0b-Ausgang und ein Steckfach für eine microSD-Karte. Über dieses Fach lässt sich der mit 8 GB statt 16 GB diesmal kleiner ausfallende interne Speicher erweitern.
Tegra X1+ ist 25 Prozent schneller
Aufseiten der technischen Ausstattung spielt der neue Tegra X1+ die wichtigste Rolle. Der Prozessor entspricht über weite Bereiche dem Tegra X1 des alten Modells, wird aber in 16 nm statt 20 nm bei TSMC gefertigt und trägt intern die Bezeichnungen T210B01 sowie Mariko. Der aufgewertete Tegra X1 kam zuletzt in der Nintendo Switch Lite (Test) sowie in der zweiten Generation der normalen Switch (HAD-CPU-01) zum Einsatz.
Das SoC zeichnet sich durch einen reduzierten Energiebedarf und eine höhere Leistung aus, indem die Maxwell-Grafikeinheit mit 256 CUDA-Kernen auf bis zu 1,267 GHz statt 1 GHz takten darf. Der CPU-Aufbau sei mit vier ARM Cortex-A57 und vier ARM Cortex-A53 beinahe identisch geblieben, erklärt Nvidia. AIDA64 gibt für die Cortex-A57 einen Maximaltakt von 2,014 GHz statt bisher 1,9 GHz aus. Laut Nvidia liegt die Leistung 25 Prozent oberhalb derer des normalen Tegra X1.
KI-gestütztes 4K-Upscaling
Die höhere Leistung nutzt Nvidia primär für einen KI-gestützten Upscaling-Prozess auf 4K-Auflösung. Ein von Nvidia trainiertes Deep Learning Neural Network soll qualitativ bessere Ergebnisse als das zuvor von Nvidia verwendete Standard-Upscaling liefern. Das Network wird von Nvidia mit regulär skaliertem und echtem 4K-Material gefüttert, um den Unterschied zwischen beiden Inhalten vorherzusagen. Nach dem Training erhält das Network nur noch das regulär skalierte Material, um eigenständig in Echtzeit auf dem Tegra X1+ die Vorhersage auszuführen.
Die Qualität des Upscalings konnte sich ComputerBase zum einen am deutschen Firmensitz von Nvidia in München ansehen, zum anderen sind Vergleiche anhand von YouTube-Trailern in der Redaktion durchgeführt worden. Nvidias KI-Upscaling sticht vor allem bei feinen Details positiv ins Auge, etwa bei Haaren, Hautporen, Mustern auf Kleidung oder Häuserfronten. Auch technische Installationen wie Kabel werden plastischer abgebildet. Für den Vergleich wurden mehrere Szenen aus den Trailern zu „Star Wars IX“ und „Bad Boys for Life“ herangezogen. Dezente Highlights, etwa am Spiegel des Autos oder Will Smiths Sonnenbrille, werden ebenso intensiver dargestellt. In der nachfolgenden Galerie ist zunächst Nvidias Standard-Upscaling der älteren Shield-Konsolen, dann die KI-Variante und schließlich ein direkter Vergleich zu sehen.
Laut Nvidia kann Quellmaterial in 480p, 720p und 1080p auf 4K skaliert werden. Die Bildwiederholrate darf allerdings maximal bei 30 FPS liegen, 60 FPS oder Interlaced-Material werden nicht unterstützt. Eine 1080p50-Zusammenfassung eines Formel-1-Rennens ließ sich nicht per KI auf 2160p50 skalieren. In den Einstellungen des KI-Upscalings lässt sich zwischen drei Intensitätsstufen der Nachbearbeitung des Bildes wählen, wobei Nvidia die mittlere Variante als Standard ausgewählt hat. Auf höchster und potenziell bester Qualitätsstufe könne es aufgrund des frühen Stadiums des Trainings des Deep Learning Neural Networks noch zu Fehlern kommen. Nvidia sieht das Training als fortlaufenden Prozess und will regelmäßig Updates für ein besseres Upscaling an die Konsole ausliefern. Der Ersteindruck fällt vielversprechend aus.
Dolby Vision und Dolby Atmos sind dabei
Die zweite größere Veränderung betrifft die Video- und Audio-Formate. Dolby Vision ist nun neben dem bisher unterstützten HDR10 an Bord. Der Dolby-Vision-Support wurde der Redaktion auf einem OLED-Fernseher von LG demonstriert. Im Vergleich zum statischen HDR10 nutzt Dolby Vision dynamische HDR-Metadaten für jeden einzelnen Frame. Das ergibt mehr Freiheiten beim Mastering für helle und dunkle Bildbereiche.
Im Bereich Audio unterstützt das neue Shield TV das Decoding von Dolby Atmos und Dolby Digital Plus, anstatt das Signal nur als encodierten Bitstream auszugeben. Dolby TrueHD, DTS, DTS-X und DTS-HD können weiterhin nicht decodiert werden und werden mittels Pass-Through durchgereicht, zum Beispiel an einen geeigneten Receiver oder eine Soundbar mit entsprechendem Codec-Support. Die hinzugekommene Decoding-Unterstützung für Dolby Atmos ist vor allem mit Hinblick auf Netflix wichtig, da der Streaming-Anbieter verlangt, dass die System-Sounds des Shield TV mit in den Dolby-Atmos-Stream gemixt werden. Das wiederum setzt voraus, dass das Decoding direkt auf dem Shield TV und nicht erst in einem entsprechend ausgestatteten Receiver oder über eine Soundbar stattfindet. Auch bei der Fernbedienung ist Nvidia Netflix entgegengekommen.