C:\B_retro\Ausgabe_4\: Die Amiga Story
tl;dr: C:\B_retro\ widmet sich auf besonderen Wunsch der Leser in einem Special der Geschichte eines der beliebtesten Heimcomputer aller Zeiten: Dem Commodore Amiga. Der Amiga, von vielen Anwendern auch die Amiga (Spanisch la amiga: ‚die Freundin‘) genannt, war dem PC in Sachen Multimedia, gerade Mitte der 1980er, weit voraus.
Jeden Sonntag wirft C:\B_retro\ einen unterhaltsamen Blick zurück auf drei Jahrzehnte voller bewegter Geschichten und die Entwicklung der Computerszene: Was geschah zwischen 1980 und 2010? Geschichten von Mythen, Meilensteinen und Meisterwerken.
C:\B_retro\Ausgabe_4\
Das erste Special gebührt dem Amiga
Das Feedback der Community zur C:\B_retro\Ausgabe_1\ hat deutlich gemacht, dass sich ein Großteil der Leser mehr Inhalt durch weniger Inhalte wünscht. Diesem Wunsch trug C:\B_retro\Ausgabe_2\ bereits Rechnung und konzentrierte sich auf zwei Themen und einen Leserwunsch. C:\B_retro\Ausgabe_3\ war mit dem 3dx Voodoo Graphics und 3dfx Voodoo² sowie dem legendären Heimcomputer Commodore 64 schlussendlich das Destillat an Themen, welches sich die Leser gewünscht haben.
C:\B_retro\Ausgabe_4\ geht nun noch einen Schritt weiter und führt erstmals die Kategorie „Special“ ein, welche zukünftig unregelmäßig für besonders prägende historische Produkte und Themen in Entwicklungen in der Computerszene zum Einsatz kommt.
Dem Commodore Amiga und seiner Geschichte gebührt das erste Special von C:\B_retro\, denn offensichtlich hat kein Thema die Leser mehr geprägt. Kein Thema wurde von den Lesern häufiger gewünscht als der legendäre Heimcomputer.
C:\B_retro\Ausgabe_4\Die_Amiga_Story\
Die Anfänge (1981)
In den Anfängen lieferte Amiga hauptsächlich Spielmodule und Controller für das Atari Video Computer System (kurz: Atari VCS), eine Spielekonsole, welche ab 1982 unter dem Namen Atari 2600 bekannt werden sollte. Kurz darauf plante das Unternehmen eine eigene Spielkonsole, aus der in den Köpfen der Entwickler rund um Jay Miner, dem geistigen Vater des Amiga, ein Computer entstehen sollte.
Der damalige Besitzer der Marke Atari, Warner Communications, der auch die Marke Atari kontrollierte, wollte den ersten Amiga Heimcomputer („Lorraine“) als Nachfolger der mittlerweile veralteten XL-Computer-Serie von Atari auf den Markt bringen.
Im Juli 1984 kam es zur Übernahme von Amiga durch Commodore. Eine Übernahme, an der sich Commodore, das Unternehmen zahlte 4,25 US-Dollar pro Aktie, selbst beinahe überhob und zeitweise in ernste finanzielle Schwierigkeiten geriet. Ab diesem Zeitpunkt beeinflusste Commodore die Entwicklungsrichtung des ersten Amiga Heimcomputers, der zu dem Zeitpunkt noch immer nicht vorgestellt war, deutlich, was nach Ansicht von Experten und Kritikern nicht immer im Geiste der Erfinder oder zum Vorteil des Amiga war.
Der Amiga 1000 (1985)
Das erste Modell des Amiga Heimcomputers – später Amiga 1000 genannt – wurde am 23. Juli 1985 in New York vorgestellt. Während der Produktpräsentation färbte der weltbekannte Pop-Art-Künstler Andy Warhol vor den Augen der Besucher eine Zeichnung mit dem Amiga neu ein, welches er kurz zuvor erstellt hatte.
Während der Präsentation demonstrierten die Entwickler auch die besonderen Eigenschaften, die den Amiga von den zeitgenössischen Konkurrenten IBM PC, Macintosh und Atari ST abhoben:
- Vierkanal-Sample-Sound
- farbige grafische Oberfläche
- Hardwareunterstützung für Grafik-Animation
- Multitasking und 32-Bit-Hardware- und -Softwarestruktur
Bei seiner Einführung hieß der Heimcomputer einfach „Amiga“. Mit der Einführung der darauf folgenden Modelle (Amiga 500 und Amiga 2000) wurde die Zahl „1000“ zum Namen hinzugefügt. Da der Amiga zuerst als professioneller Computer vermarktet wurde, trug er zuerst nicht den blauen Commodore-Schriftzug, da Commodore speziell in den USA als Hersteller von Spielzeug- und Heimcomputern galt.
In Deutschland wurde der Amiga 1000 auf der CeBIT 1986 offiziell vorgestellt und kam kurz darauf, mittlerweile mit dem blauen Commodore-Schriftzug, in die Läden. Zu dem Zeitpunkt besaß der Amiga 1000 jedoch noch keine deutsche Tastatur und wurde mit dem amerikanischen Tastaturlayout ausgeliefert. Später kam auch eine deutsche Version auf den Markt.
Zur Markteinführung in den USA entsprach der Neupreis des Amiga 1000 umgerechnet in etwa 5.700 DM, zum Start in Deutschland waren es 5.900 DM (ohne Steuern). Zu dem Preis wollte der erste Amiga selbstverständlich auch entsprechend beworben werden.
Wer spätestens nach diesem, für die damalige Zeit, professionellen Werbespot überzeugt war, durfte die folgende Hardware sein Eigen nennen:
- Motorola MC68000-CPU mit 7,14 MHz (7,09 MHz in der PAL-Version)
- 8 kB Bootstrap-ROM
- 256 kB Kickstartspeicher für das Betriebssystem AmigaOS
- 256 kB Arbeitsspeicher (erweiterbar auf 512 kB)
- 3,5"-Diskettenlaufwerk mit einer Kapazität von 880 kB
- Video- und Systemtakt 28,6 MHz (28,36 MHz in der PAL-Version)
- MOS 8362 „Denise“ Grafikchip (mit bis zu 64 Farben)
- MOS 8264 „Paula“ Soundchip (mit 4 Kanäle je 8 Bit)
Auch wenn der Amiga 1000 noch eine teure und vom Anwendungsgebiet her unklare (und damit schwer verkäufliche) Mischung aus Heim- und Proficomputer war, kann er den Titel als „weltweit erster ernsthaft brauchbarer Multimedia-Computer“ zu Recht für sich proklamieren.
Als besonderes Highlight hat das Commodore Online Museum den Original-Testbericht der Kollegen von der c´t zum Amiga 1000 von 1986 archiviert, deren Urteil damals wie folgt ausfiel:
Überzeugende Farbgrafik und hohe Rechenleistung sind die starken Pluspunkte des Amigas. Die 68000-CPU mit 7,14 MHz ohne Wartezyklen, wie das Test-Team mit Hilfe des Oszilloskop feststellen konnte.
c´t 01/1986
Der A500 und A2000 (1987)
Nachdem der Amiga 1000 auf Grund seines unklaren Anwendungsgebietes und der hohen Anschaffungskosten sowohl bei Heimanwendern als auch bei Unternehmen einen schweren Stand hatte, wollte Commodore mit dem Amiga 500 und dem Amiga 2000 zweigleisig fahren und aus den Fehlern des Vorgängers gelernt haben. Das kleinere der beiden Computersysteme wurde damals wie folgt beworben:
Der Amiga 500 sollte als eine Art Nachfolger des legendären Commodore 64 in dessen Fußstapfen treten und der Heimcomputer für jedermann werden, der Amiga 2000 glich den professionellen PCs seiner Zeit und sollte zu einem Preis von 3.995 DM mit eben diesen konkurrieren. Der Amiga 500 wurde der nach verkauften Einheiten erfolgreichste Amiga aller Zeiten und erreichte in der sich schnell entwickelnden Szene Kultstatus. Vor allem bei Spielern war der Amiga 500 auf Grund seiner dem PC weit überlegenen Grafik- und Soundqualität und dem vergleichsweise günstigen Anschaffungspreis von rund 1.100 DM sehr beliebt.
Mit dem Amiga 500 Plus (1991) und dem Amiga 600 (1992) erhielt der Amiga 500 darüber hinaus noch zwei kommerziell erfolglose Nachfolger, die nicht an den Erfolg des A500 anknüpfen konnten, auch weil dieser zum gleichen Zeitpunkt weiterhin (vergünstigt) angeboten wurde.
Das Commodore Online Museum hält in seinem Archiv auch zum Amiga 500 und Amiga 2000 alte Testberichte aus Fachzeitschriften der damaligen Zeit bereit. Besonders der kleine „A500“ konnte die Fachwelt damals von sich überzeugen.
Der Amiga 3000 (1990)
Dem Amiga 2000 folgte 1990 der Amiga 3000, erstmals auch in einer Tower-Variante (Amiga 3000T), der zum ersten Mal das neue Betriebssystem im modernen 3D-Look mit sich brachten. Das erstmalig mit dem Amiga 3000 ausgelieferte Betriebssystem AmigaOS 2.0 wies zahlreiche Neuerungen und Optimierungen auf, die noch heute in modernen Betriebssystemen wiederzufinden sind. Zudem besaß der A3000 bereits SCSI- und Zorro-3-Steckplätze.
Der Amiga 3000 sollte – nicht zuletzt dank des fortschrittlichen Betriebssystems – ein Erfolg werden. Er ist heute vergleichsweise selten und Sammler zahlen für einen Amiga 3000 deutlich höhere Preise als beispielsweise für dessen Nachfolger, den Amiga 4000. Auch als Neuanschaffung war der Amiga 3000 beileibe kein Schnäppchen – knapp 8.000 DM musste ein Kaufwilliger in Deutschland für den neuen Profi-Amiga berappen; laut Testberichten des Amiga-Magazins (06/1990) dennoch durchaus eine lohnenswerte Investition.
Für den stolzen Preis erhielten Käufer Anfang 1990 folgende Hardware:
- Motorola MC68030-CPU mit 25 MHz oder 16 MHz
- Motorola MC68881/68882-FPU (FPU-Takt identisch mit CPU-Takt)
- 1 MByte Chip-RAM serienmäßig (erweiterbar 2 MByte)
- bis zu 16 MByte Fast-RAM auf dem Mainboard
- 512 KByte Kickstart-ROM für das Betriebssystem Kickstart 2.0
- MOS 8373 „ECS Denise“ Grafikchip
- MOS 8264 „Paula“ Soundchip
- 4× Zorro-II/III 16/32 Bit Slots
- 1× Video Slot in Reihe mit einem Zorro III Slot
- 2× 16 Bit ISA in Reihe mit Zorro III Slots
- 1× Amiga 3000/4000 CPU Slot
Der A1200 und A4000 (1992)
Der Amiga 4000 (auch als Amiga 4000T) ist seit seiner Einführung 1992 das Flaggschiff der Amiga-Modellreihe und führte den neuen AGA-Grafikchipsatz ein. Er verfügt standardmäßig über einen MC68040-Prozessor von Motorola mit 25Mhz sowie 2 MByte Chip- und 4MByte Fast-RAM.
Der Amiga 4000T (im Tower-Gehäuse) erschien 1993 und war das letzte Modell, das Commodore vor seiner Insolvenz auf den Markt bringen konnte. Lediglich 200 Exemplare sollen damals ausgeliefert worden sein. Jedoch legte Amiga Technologies den Amiga 4000/4000T später nahezu unverändert neu auf. Der Amiga 4000/4000T ist bis heute der offiziell leistungsstärkste Amiga, den Commodore auf den Markt gebracht hat.
Durch die Zorro-3-Steckkarten ist es möglich, den RAM theoretisch auf bis 2 GB zu erweitern. In der Praxis gab es jedoch nur Erweiterungskarten mit maximal 256 MB Speicherkapazität. Über die vorhandenen vier Zorro-Slots des Amiga 4000 war somit bei einer Bestückung mit vier solcher Karten ein für die damalige Zeit enormer RAM-Ausbau von 1 GB möglich. Darüber hinaus verfügte der Amiga 4000 über folgende Hardware:
- Motorola MC68040-CPU mit 25 MHz
- 2 MByte Chip-RAM und 4 MByte Fast-RAM (erweiterbar auf 16 MByte)
- 512 KByte Kickstart-ROM für das Betriebssystem Kickstart 3.0
- neuartiger AGA-Chipsatz
- MOS 8364 „Lisa“ Grafikchip
- MOS 8264 „Paula“ Soundchip
- 4× Zorro-II/III 16/32 Bit Slots
- 1× Video Slot in Reihe mit einem Zorro III Slot
- 3× 16 Bit ISA in Reihe mit Zorro III Slots
- 1× 3000/4000 CPU Slot
Der Neupreis in Deutschland betrug damals 3.999,- DM.
Flankiert wurde der letzte große Amiga 1992 noch einmal von einem erfolgreichen „kleinen“ Amiga, dem A1200 für 899 DM. Der Amiga 1200 wurde, anders als sein Vorgänger (A600), ein großer Erfolg und verkaufte sich vor allem bei Spielern wieder sehr gut. Der als Tastaturcomputer ausgeführte A1200 wurde von Commodore mit einem auf 14 MHz getakteten Hauptprozessor vom Typ Motorola 68EC020 und einem 2 MB großen Arbeitsspeicher (Chip-RAM) sowie einem Festspeicher von 512 kB (ROM) ausgestattet und gehört wie der vielfach teurere Amiga 4000 zur dritten und letzten Generation der Amiga-Computer, die über den leistungsfähigen AGA-Chipsatz verfügen.
Bis Ende 1993 wurden allein 95.500 Exemplare des A1200 auf dem deutschen Markt verkauft.
Nach der Insolvenz von Commodore wurde der Amiga 1200 von 1995 bis 1996 in unveränderter Form von der deutschen Firma Amiga Technologies (einer Tochterfirma von Escom) neu aufgelegt. Im Zuge der Insolvenz von Escom wurde 1996 auch der zu dem Zeitpunkt letzte noch produzierte Amiga eingestellt.
Insgesamt existiert eine noch weitaus größere Anzahl an Amiga-Modellen, das AmigaWiki dient hier als geeignete Anlaufstelle.
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In der kommenden Ausgabe von C:\B_retro\ dreht sich alles um einen legendären Prozessor.
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Was haltet ihr von C:\B_retro\ und welche Themen wünscht ihr euch in der nächsten Ausgabe? Die Redaktion freut sich über konstruktive Kritik, Lob, aber auch Vorschläge, um die neue Serie zukünftig noch stärker an den Wünschen der Leserschaft ausrichten zu können.
Mit diesem Lesestoff im Gepäck wünscht die Redaktion einen erholsamen Sonntag!
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