Intel Core i9-10980XE im Test: Wer zu spät kommt, den bestraft Zen 2
tl;dr: Mit viel Verspätung schickt Intel Cascade Lake-X mit dem Topmodell Core i9-10980XE ins Rennen. Der 18-Kern-Prozessor bietet deutlich mehr Leistung als der Vorgänger zum halben Preis, doch der echte technische Fortschritt bleibt aus. So zieht AMD mit Zen 2 auf und davon, ist schneller, günstiger und effizienter unterwegs.
Wie versprochen wurden mit dem Fall des NDAs für AMD Ryzen Threadripper 3960X und 3970X (Test) alle bisherigen Diagramme erweitert und beherbergen nun den direkten Vergleichen von Core X gegen Threadripper in der jeweils neuesten Generation. An einigen Stellen im Text wurden zudem kleine, ergänzende Aussagen hinzugefügt, die Core X nun auch im Verhältnis zum Threadripper beschreiben.
Anmerkung: Nachdem Intel über Wochen einen zeitgleichen Start von Cascade Lake-X und AMD Ryzen Threadripper 3000 gegenüber der Presse kommuniziert hatte, entschied der Konzern quasi in letzter Minute, den Vorhang wenige Stunden früher fallen zu lassen – um dem direkten Duell dann doch zu entgehen.
Doch auch wenn dieser Artikel zum Fall des NDA jetzt noch ohne Testergebnisse der 24- und 32-Kern-CPUs mit Zen 2 auskommen muss: Mit Fall des NDA für Threadripper werden die Diagramme dieses Artikels auf den exakt gleichen Stand gehoben sowie ergänzende Aussagen hinzugefügt. Dies wird vollständig transparent mit entsprechenden Hinweisen geschehen.
Mit satter Verspätung schickt Intel in diesem Herbst die Prozessorfamilie Cascade Lake-X an den Start. Die für den bekannten Sockel LGA 2066 gedachten Prozessoren bieten abermals bis zu 18 Kerne und stellen auf dem Papier nur ein mehr oder weniger inkrementelles Update zu Skylake-X (Refresh) dar, die in der Ursprungsform bereits seit 26 Monaten verfügbar sind. Im Detail versprechen Anpassungen durchaus interessantes, aber mehr Kerne oder neue Kerne gibt es nicht.
Große Ankündigung mit Verweis auf Preis-Leistung
Intels seit der Computex 2019 Ende Mai stetig wiederholter Real-World-Performance-Workshop hatte zur IFA 2019 zumindest eine echte Neuheit im Programm: Cascade Lake-X sollte beim Preis-Leistungs-Verhältnis um den Faktor 1,74 bis 2,09 besser aufgestellt sein als der Vorgänger. Angesichts der Tatsache, dass seinerzeit bereits klar war, dass Cascade Lake-X keine Änderungen an den Prozessorkernen hinsichtlich der maximalen Menge oder große Taktsprünge in weiterhin genutzter 14-nm-Fertigung vollziehen würde, blieb eigentlich nur, dass der Preis drastisch sinkt,
Und so kam es dann zur Vorstellung auf dem Papier Anfang Oktober 2019 auch. Der Preis von Cascade Lake-X wurde gegenüber dem Vorgänger Skylake-X Refresh insbesondere bei den großen Modellen halbiert. Auch die bisherigen Vertreter wurden im Handel deutlich günstiger, einen zu bekommen, ist zuletzt jedoch nahezu unmöglich gewesen, es gab die CPUs nicht mehr. Ob das am Ende schon ein stiller und sehr früh begonnener Ausverkauf war, oder ob auch Cascade Lake-X ein ähnliches Problem haben wird, lässt sich noch nicht absehen. Doch der Handel stöhnt zumindest über die ersten Lieferungen: Sie kommen spät, sehr spät. Einige Systemintegratoren erhalten erst CPUs im neuen Jahr.
Vorgänger und Nachfolger im Vergleich
Noch einmal 14 nm heißt es im HEDT-Segment von Intel – wie fast überall im Portfolio mit einer ganz kleinen Ausnahme: Ice Lake im Notebook. Die jahrelange Verspätung bei 10 nm hat auch in diesem Markt alle Pläne durcheinander gewürfelt, Skylake soll auch hier längst durch ein 10-nm-Produkt abgelöst werden. Doch das wird bei den Server-Ablegern für den Desktop ebenfalls nicht vor Ende 2020 geschehen, dann zumindest ist Ice Lake-SP als Xeon angedacht. Doch Intels Fahrpläne sind in dem Punkt in den letzten fünf Jahren kaum etwas wert gewesen, bekanntlich sollten 10-nm-Chips ursprünglich schon 2016 verfügbar sein.
Modell | Kerne / Threads |
Takt / mit Turbo (max.) |
Turbo 3.0 | L3-Cache | RAM-Support | PCIe-Lanes | TDP | Preis |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Core i9-10980XE | 18/36 | 3,0/4,6 GHz | 4,8 GHz | 24,75 MB | DDR4-2933 | 48 | 165 W | $979 |
Core i9-9980XE | 18/36 | 3,0/4,4 GHz | 4,5 GHz | 24,75 MB | DDR4-2666 | 44 | 165 W | $1.979 |
Core i9-9960X | 16/32 | 3,1/4,4 GHz | 4,5 GHz | 22,00 MB | DDR4-2666 | 44 | 165 W | $1.684 |
Core i9-10940X | 14/28 | 3,3/4,6 GHz | 4,8 GHz | 19,25 MB | DDR4-2933 | 48 | 165 W | $784 |
Core i9-9940X | 14/28 | 3,3/4,4 GHz | 4,5 GHz | 19,25 MB | DDR4-2666 | 44 | 165 W | $1.387 |
Core i9-10920X | 12/24 | 3,5/4,6 GHz | 4,8 GHz | 19,25 MB | DDR4-2933 | 48 | 165 W | $689 |
Core i9-9920X | 12/24 | 3,5/4,4 GHz | 4,5 GHz | 19,25 MB | DDR4-2666 | 44 | 165 W | $1.189 |
Core i9-10900X | 10/20 | 3,7/4,5 GHz | 4,7 GHz | 19,25 MB | DDR4-2933 | 48 | 165 W | $590 |
Core i9-9900X | 10/20 | 3,5/4,4 GHz | 4,5 GHz | 19,25 MB | DDR4-2666 | 44 | 165 W | $989 |
Core i9-9820X | 10/20 | 3,3/4,1 GHz | 4,2 GHz | 16,50 MB | DDR4-2666 | 44 | 165 W | $889 |
Core i7-9800X | 8/16 | 3,8/4,4 GHz | 4,5 GHz | 16,50 MB | DDR4-2666 | 44 | 165 W | $589 |
Auffällig ist in der Übersicht neben den leicht gesteigerten Taktraten, zusätzlichen vier PCIe-Lanes und dem schnelleren Speicher damit in erster Linie der gesenkte Preis. Aber auch das Fehlen eines 16-Kerners sticht hervor. Dies ist auf die derzeit fehlende preisliche Lücke zurückzuführen. Dort noch ein Modell mit preislichen Abstand von unter 100 US-Dollar zu platzieren, ergibt keinen Sinn. Außerdem umgeht Intel so ein direktes Duell mit AMD, in dem 16 Kerne auf 16 Kerne treffen würden. 14 oder 18 Kerne wie Intel hat AMD hingegen nicht. Doch ob es die braucht, steht auf einem anderen Papier, denn schon gegen AMDs 16-Kerner hat Intels neues Flaggschiff einen sehr schweren Stand, wie der Test zeigt.
Neue Features im Desktop kaum relevant
Nicht auf den ersten Blick erkennbar sind die neuen Funktionen von Cascade Lake, die unter anderem bei AVX-512 sowie Int8 für Deep Learning hinzugefügt wurden. Ist die Anwendung respektive Software auf exakt diese Instruktionen abgestimmt, sind große Leistungszuwächse möglich. Im Idealfall verdoppelt sich die Performance nicht nur, sondern steigt noch deutlich weiter, selbst gegenüber dem direkten Vorgänger. Doch im Desktop-PC ist das derzeit noch immer quasi irrelevant, seit Skylake-X hat sich bei der Unterstützung für AVX-512 fast nichts getan. Nur mit Spezialtools wie Intels eigenem Open Image Denoise oder dem Theorie-Benchmark-Tool AIXPRT lässt sich das Feature überhaupt nachweisen.
Die relevanten Unterschiede zum Vorgänger sind unterm Strich am Ende im Desktop-Umfeld minimal, es bleibt beim Takt und schnellem Speicher, eventuell noch der Nutzung der zusätzlich verfügbaren PCIe-Lanes. Der Cache- und Speichertest zeigt: Alle Latenzen bleiben gleich, nur alles, was von höherem Takt profitiert, ändert sich. Mit einem übertakteten Vorgänger wären die Ergebnisse identisch.
Sicherheitslücken nur zum Teil gepatcht
Ursprünglich hatte Intel den Cascade Lake die höchste Stufe an Hardwarepatches zugeschrieben, als nahezu abgesichert galten sie – bis vor zwei Wochen. Der ganze Schwall an neuen Problemen betrifft nun auch die Flaggschiffserie und kann unter Umständen die Leistung verringern, im Desktop trifft das in der Regel aber nicht zu. Microcode-Updates mit dem BIOS sollen diese Lücken schließen, auch Windows hilft mit passenden Patches, doch aktuell sind diese noch nicht verfügbar.
Ein Mainboard-„Refresh“ im Gepäck
Erst hieß es, es komme ein ganz neuer X499-Chipsatz (oder ähnliches), später dann, es solle ein X299G werden. Doch jetzt kommt es ganz anders: Der „X299 Refresh“ macht unterm Strich noch weniger her, sodass er den Namen eigentlich nicht verdient. Denn am Ende ist es der gleiche X299-Chipsatz wie bisher, Mainboardhersteller nutzen jetzt nur die Gunst der Stunde, um noch einmal einige neue Platinen aufzulegen. Denn das eine oder andere Mainboard hat bereits zwei Jahre auf dem Buckel, weil es zum Start der ersten Skylake-X in den Handel gekommen ist. Doch vom Schein der neuen Platinen sollte man sich nicht blenden lassen, echte neue Features gibt es nicht: Der X299 entspricht dem Stand des Z270, der wiederum auch nur ein minimal angepasster Z170 war, der bereits aus dem Jahre 2015 stammt.
Im Handel könnten sich die neuen Lösungen deshalb relativ unspektakulär präsentieren – Ausnahmen werden wie üblich aber die Regel bestätigen. Das von ComputerBase bisher und auch weiterhin genutzte Asus ROG Strix X299-E Gaming wird einen Nachfolger alias Asus ROG Strix X299-E Gaming II erhalten. Der gewichtigste Unterschied ist laut Hersteller eine überarbeitete VRM, hinzu kommen Anpassungen bei den Anschlüssen und Ergänzungen wie 2,5-Gigabit-LAN.
Bei den weiteren namhaften Mainboardherstellern sieht das ganz ähnlich aus. ASRock schickte der Redaktion sein neues X299 Taichi CLX. Auch dieses setzt auf neue VRMs, viele zusätzliche Anschlüsse inklusive 2,5-Gigabit-LAN sowie viele Blenden sowie RGB und holt so das Maximum aus dem Gespann von Intels-HEDT-CPU und dem X299-Chipsatz heraus. Das kostet jedoch: 420 Euro sind es für die ASRock-Lösung derzeit im Handel. Die günstigsten Platinen für die neuen CPUs ohne „Refresh“ kosten nur die Hälfte.