Radeon RX 5500 XT im Test: Wachablösung für Polaris mit 4 oder 8 GB Speicher
tl;dr: Mit der Radeon RX 5500 XT löst AMD im Desktop die Polaris-Generation, aktuell in Form von Radeon RX 570, RX 580 und RX 590, ab. Bei Nvidia ist wenig überraschend die neue GeForce GTX 1650 Super der direkte Gegner. Die Navi-Grafikkarte zeigt zwar eine gute Leistung, der Preis liegt zum Start aber deutlich zu hoch.
Am 29. Juni 2016 vor mittlerweile knapp dreieinhalb Jahren hatte AMD die Radeon RX 480 und damit die Polaris-GPU-Generation vorgestellt. Seitdem wird dieselbe GPU – wenn auch mit einer anderen Fertigung – in AMDs Mittel- beziehungsweise Einsteigerklasse genutzt. Und die Zeit hat ihre Spuren hinterlassen. In Sachen Performance sieht es zwar noch ordentlich im Vergleich zur direkten Konkurrenz aus. In Sachen Features und Effizienz liegt Polaris aber um Meilen hinter Nvidia (Turing) zurück.
Radeon RX 5500 XT mit Navi 14 für den Einsteigermarkt
Das wird die Radeon RX 5500 XT ändern, denn mit dem Modell hält AMDs neue RDNA-Architektur Einzug in den Desktop-Markt, sodass die Navi-Generation nun aus einer Einsteiger- (RX 5500) und einer Mittelklasse (RX 5700) besteht. Der High-End-Markt wird erst nächstes Jahr bedient. Trotz des Zusatzes „XT“ ist die Radeon RX 5500 XT sehr ähnlich zur Radeon RX 5500 für den OEM-Markt, die bereits seit zwei Monaten um Kundschaft werben darf. Warum der Retail-Handel so viel länger warten musste, ist unklar.
Die Radeon RX 5500 XT wird natürlich nicht nur Polaris ablösen, sondern auch Nvidias neue GeForce GTX 1650 Super attackieren. Laut AMD soll die neue Navi-Radeon schneller sein und zudem mit 4 oder 8 GB Speicher verfügbar sein. Ob das in Verbindung mit dem Einstiegspreis von 180 (4 GB) und 210 Euro (8 GB) reicht, um ein würdiger Nachfolger der Radeon RX 580 zu werden, klärt der Test.
Sapphire und PowerColor mit 4 GB und 8 GB im Test
Für den Artikel haben sich die Sapphire Radeon RX 5500 Pulse mit 4 GB und die PowerColor Radeon RX 5500 XT Red Dragon mit 8 GB für den Vergleich eingefunden. Neben den Polaris-Modellen müssen sich beide Grafikkarten gegen die MSI GeForce GTX 1650 Super Gaming X beweisen.
Wird das Kühlsystem entfernt, geben beide Navi-Grafikkarten das gleiche PCB preis, auch wenn es bei der Spannungsversorgung und der Auswahl der verlöteten Komponenten Unterschiede gibt.
Einen vollen Navi 14 gibt es nur bei Apple
Die Radeon RX 5500 XT setzt auf die Navi-14-GPU, die damit der zweite Rechenkern nach dem Navi 10 auf der Radeon RX 5700 (XT) (Test) ist, der auf AMDs neuer RDNA-Architektur basiert. Allerdings fällt Navi 14 mit einer Größe von 158 mm² und 6,4 Milliarden Transistoren deutlich kleiner aus als der große Bruder – 37 Prozent respektive 38 Prozent sind es weniger als Navi 10. Die RDNA-Architektur an sich ist dagegen identisch, ebenso die 7-nm-Fertigung von TSMC.
Navi 14 verfügt über 24 Compute-Units und damit über 1.536 Shader- und 96 Textureinheiten. Ziemlich genau im Einklang mit der Chipgröße und den Transistoren sind das 40 Prozent weniger CUs beim Navi 14 als auf Navi 10. Allerdings greift die Radeon RX 5500 XT nicht auf den vollen Navi 14 zurück, diesen gibt es zumindest zunächst exklusiv für Apple im MacBook Pro 16 Zoll und im kommenden Jahr auch im Mac Pro. Eine vergleichbare Situation gab es im Jahr 2016 mit Polaris 11 auf der Radeon RX 460. Im Desktop-Markt wird es den Vollausbau voraussichtlich mit der nächsten Generation geben.
Mit nur 60 Prozent der ALUs schneller als eine RX 580
Auf der Radeon RX 5500 XT sind zwei Compute-Units abgeschaltet. Mit den 22 CUs stehen noch 1.408 ALUs und 88 TMUs zur Verfügung. AMD gibt für die Grafikkarte einen Basis-Takt von 1.607 MHz, einen „typischen Game-Takt“ von 1.717 MHz sowie einen Boost-Takt von bis zu 1.845 MHz an und nennt für das Produkt entsprechend eine Rechenleistung von 5,2 TFLOPS beziehungsweise 10,4 TFLOPs bei halber Präzision (FP16 anstatt FP32).
Beim Speicherinterface gibt es auf der Radeon RX 5500 XT dagegen den vollen Navi 14, der wiederum genau ein halber Navi 10 ist. Vier 32-Bit-Controller ergeben ein 128 Bit breites Speicherinterface. In Verbindung mit dem 7.000 MHz schnellen GDDR6-Speicher führt das mit 224 Gigabyte in der Sekunde zur exakt halben Speicherbandbreite im Vergleich zum großen Bruder. Für die volle Leistung darf die Radeon RX 5500 XT maximal 130 Watt verbrauchen. Die GPU genehmigt sich dann etwa 100 Watt.
Navi 14 belässt es bei PCIe 4.0 mit 8 Lanes
Erwähnenswert ist dass AMD beim Navi 14 wie damals auf Polaris 11 die Anzahl der PCIe-Lanes halbiert hat. Anstatt deren 16 gibt es auf Navi 14 nur 8 PCIe-Lanes. Das sollte auf der Einsteigergrafikkarte aber keinen negativen Einfluss haben. Erst recht nicht, wenn diese mit PCIe 4.0 betrieben wird, denn der derzeit nur von Ryzen 3000 angebotene neue PCIe-Standard wird von der GPU unterstützt.
AMD Radeon RX 580 (8 GB) | AMD Radeon RX 5500 XT | AMD Radeon RX 5700 | Nvidia GeForce GTX 1650 Super | |
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Chip: | Polaris 20 | Navi 14 | Navi 10 | TU116 |
Transistoren: | ca. 5,7 Mrd. | ca. 6,4 Mrd. | ca. 10,3 Mrd. | ca. 6,6 Mrd. |
Fertigung: | Globalfoundries 14 nm | TSMC 7 nm | TSMC 12 nm | |
Shader-Einheiten: | 2.304 | 1.408 | 2.304 | 1.280 |
Basis-Chiptakt: | 1.257 MHz | 1.607 MHz | 1.465 MHz | 1.530 MHz |
Maximaler Chiptakt: | 1.340 MHz | 1.845 MHz | 1.705 MHz | 1.920 MHz |
TFLOPs (FP32): | 6,2 TFLOPs | 5,2 TFLOPs | 7,9 TFLOPs | 4,9 TFLOPs |
TFLOPs (FP16): | 6,2 TFLOPs | 10,4 TFLOPs | 15,7 TFLOPs | 9,8 TFLOPs |
KI-Kerne: | Keine | |||
TFLOPs (FP16) mit KI: | Nein | |||
Raytracing: | Nein | |||
ROPs: | 32 | 64 | 32 | |
Pixelfüllrate: | 43 GPix/s | 45 GPix/s | 109 GPix/s | 61 GPix/s |
TMUs: | 144 | 88 | 144 | 80 |
Texelfüllrate: | 193 GTex/s | 162 GTex/s | 246 GTex/s | 154 GTex/s |
DirectX (Feature-Level): | 12_0 | 12_1 | ||
Speichergröße: | 8 GB GDDR5 | 8 GB GDDR6 | 4 GB GDDR6 | |
Speichertakt: | 4.000 MHz | 7.000 MHz | 6.000 MHz | |
Speicherinterface: | 256 Bit | 128 Bit | 256 Bit | 128 Bit |
Speicherbandbreite: | 256 GB/s | 224 GB/s | 448 GB/s | 192 GB/s |
Leistungsaufnahme Typisch/Maximal: | 185 Watt/? | 130 Watt | 185 Watt | ?/100 Watt |
Radeon RX 5500 XT wird es nur als Partner-Designs geben, wobei sich das PCB vieler Modelle mindestens ähneln dürfte.
Die Sapphire Radeon RX 5500 XT Pulse 4 GB im Detail
Von Sapphire hat sich die Pulse-Variante mit 4 GB in der Redaktion eingefunden. Es wird von Sapphire auch noch eine Radeon RX 5500 XT Nitro+ geben, die aber erst zu einem späteren Zeitpunkt erscheinen wird. Die hier getestete Radeon RX 5500 XT Pulse ist dagegen die Einstiegslösung des Herstellers, für die eine unverbindliche Preisempfehlung von 190 Euro angesetzt ist.
Die Radeon RX 5500 XT Pulse orientiert sich am Design des größeren Bruders, der Radeon RX 5700 Pulse (Test), nur ist alles eine Nummer kleiner. Der Dual-Slot-Kühler ist mit 23 cm kürzer und mit 12 cm nicht ganz so hoch. Er überragt das PCB zum Kartenende hin deutlich, denn das PCB mit den sieben Spannungswandlerkreisen misst nur 18 cm.
Die Grafikkarte setzt nicht auf mehrere kleine Kühlkörper, stattdessen gibt es nur einen einzigen großen. Dieser besteht ausschließlich aus Aluminium, einzig über der GPU findet sich ein eingelassener Kupferblock. Drei Heatpipes sollen den Wärmetransport verbessern, dasselbe gilt für die angebrachte Backplate. Zwei im Durchmesser 95 mm große Axiallüfter sind für die Frischluft zuständig. Diese schalten sich bei niedrigen Temperaturen ab.
Sapphire nennt bei der Radeon RX 5500 XT Pulse mit 1.607 MHz, 1.717 MHz und 1.845 MHz die Taktraten von AMDs Referenzvorgaben. Eine Angabe zur GPU-Power macht der Hersteller leider nicht, der Afterburner zeigt aber etwa 100 Watt an. 135 Watt darf sich die gesamte Grafikkarte genehmigen, was 5 Watt mehr als die Referenzvorgabe sind. Damit ist das Modell minimal übertaktet. Der 4 GB große GDDR6-Speicher taktet mit 7.000 MHz. Wer lieber einen 8 GB großen Speicher haben möchte, aber an der Pulse generell interessiert ist, kann beruhigt sein: Dasselbe Modell wird es ebenso mit der genannten Speichermenge geben.
Ein zweites BIOS mit minimal weniger Leistungsaufnahme
Sapphire verzichtet bei der Radeon RX 5500 XT Pulse auf den meisten Luxus wie zum Beispiel RGB. Ein zweites BIOS gibt es dann aber doch. Mit diesem soll sich die Board-Power von 135 auf 120 Watt reduzieren lassen, was in der Praxis 100 Lüfterumdrehungen weniger und damit eine marginal geringere Lautstärke zur Folge haben soll.
Mittels drei DisplayPorts 1.4 mit DSC und eines HDMI-2.0b-Anschlusses können Monitore an die Grafikkarte angeschlossen werden. Sapphire belässt es entsprechend beim Standard für teurere Grafikkarten wie den größeren Navi-Modellen.
Die PowerColor Radeon RX 5500 XT Red Dragon 8 GB im Detail
PowerColor schickt mit der Radeon RX 5500 XT Red Dragon ein Mittelklasse-Exemplar ins Rennen, eine Red Devil ist in dieser Klasse nicht geplant. Eine Preisangabe von PowerColor gibt es zu der Grafikkarte nicht, vermutlich wird aber AMDs UVP von 210 Euro anvisiert. Die Red Dragon ist optisch zu einem Großteil identisch zur hauseigenen Radeon RX 5700 Red Dragon und wirkt damit zugleich schlicht und hochwertig.
Der Dual-Slot-Kühler der Radeon RX 5500 XT Red Dragon besteht aus drei recht kleinen Alu-Kühlkörpern, die mittels dreier Heatpipes miteinander verbunden sind, und einem Kupferblock direkt über der GPU. Die Stromversorgung und die Navi-14-GPU haben ihren eigenen Kühlblock, wobei der kleinste davon direkten Kontakt mit der GPU hat. Auch wenn die Blöcke an sich klein sind, sorgen sie für die Gesamtlänge der Grafikkarte, denn das PCB an sich ist mit 18 cm deutlich kürzer. Letzteres ist übrigens fast identisch zu dem Pendant der Sapphire-Karte, sodass davon ausgegangen werden kann, dass beide Hersteller AMDs Referenz-PCB verwenden.
Für die nötige Frischluft sorgen auf der PowerColor-Grafikkarte zwei im Durchmesser 85 mm große Axiallüfter. Diese schalten sich bei niedrigen GPU-Temperaturen ab, sodass der Rote Drache dann völlig lautlos arbeitet. Das Kühlsystem wird durch eine massive Backplate abgerundet.
Die GPU-Power ist deutlich höher als bei der Referenz
PowerColor nennt für die Radeon RX 5500 Red Dragon einen Base-Takt von 1.685 MHz, einen Game-Takt von 1.737 MHz und einen Turbo von 1.845 MHz. Wie beim größeren Bruder Radeon RX 5700 haben die angegebenen Taktraten aber auch bei der Radeon RX 5500 kaum eine Aussagekraft. Primär entscheidend für den Takt ist die maximal erlaubte GPU-Power, die PowerColor bei höchstens 130 Watt festsetzt. Das sind deutlich mehr als AMDs per Afterburner ausgelesene 100 Watt auf dem Sapphire-Modell. Allerdings scheint der Wert übertrieben, zumindest im Test wollte sich die Grafikkarte laut Afterburner nicht mehr als 115 Watt genehmigen. Ein Acht-Pin-Stromstecker ist zum Betrieb notwendig.
Die getestete Radeon RX 5500 XT bietet einen 8 GB großen Speicher, PowerColor plant aber ebenso mit einer 4-GB-Variante. der Speichertakt beträgt die normalen 7.000 MHz. Die Grafikkarte kommt ohne jegliche Spielereien daher. Es gibt keine RGB-Beleuchtung und auch ein zweites BIOS ist nicht vorhanden.
Monitore können an einem DVI-, einem HDMI-2.0b- und einem DisplayPort-1.4-Ausgang mitsamt DSC-Kompression angeschlossen werden. Damit hat PowerColor die Anschlüsse auch für ältere Monitore angepasst.
Merkmal | Sapphire RX 5500 XT Pulse 4 GB |
PowerColor RX 5500 XT Red Dragon 8 GB |
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Karte | PCB-Design | Sapphire | PowerColor |
Länge, Höhe | 23,0 cm, 12,0 cm | 22,5 cm, 12,0 cm | |
Stromversorgung | 1 × 8 Pin | ||
Kühler | Design | Pulse, 2,0 Slots | Red Dragon, 2,0 Slots |
Kühlkörper | Alu-Kern/Radiator 3 Heatpipes |
||
Lüfter | 2 × 95 mm (axial) | 2 × 85 mm (axial) | |
Lüfter abgeschaltet (2D) | Ja | ||
Anlaufdrehzahl | 1.100 Umdrehungen | 1.350 Umdrehungen | |
Takt |
GPU-Basis | 1.607 MHz | |
GPU-Durchschnitt | 1.717 MHz | 1.737 MHz | |
GPU-Boost | 1.845 MHz | ||
Speicher | 7.000 (1.600) MHz | ||
Speichergröße | 4.096 MB GDDR6 auch mit 8 GB verfügbar |
8.192 MB GDDR6 auch mit 4 GB verfügbar |
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Leistungsaufnahme | Standard GPU-Power (Afterburner-Angabe) |
100 Watt | 115 Watt |
Maximale TDP | +20 % | ||
Anschlüsse | 3 x DisplayPort 1.4 DSC 1 x HDMI 2.0b |
1 × DVI 1 × DisplayPort 1.4 DSC 1 × HDMI 2.0b |