Internet-Überwachung: Verfassungsgericht befasst sich mit BND-Gesetz
Ein Erfolg für Bürgerrechtler: Am 14. und 15. Januar verhandelt das Bundesverfassungsgericht über das BND-Gesetz, das die Bundesregierung im Jahr 2016 beschlossen hatte. Klagende Organisationen erhoffen sich ein Grundsatzurteil, das neue Grenzen für Geheimdienste im digitalen Zeitalter setzt.
Eingereicht wurde die Verfassungsbeschwerde Ende 2017 von einem Bündnis aus sechs Medienorganisationen wie Reporter Ohne Grenzen sowie der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF). Im Kern geht es bei der Verhandlung um die Frage, ob der Bundesnachrichtendienst (BND) im Ausland massenhaft Daten erfassen und auswerten kann. Denn rechtlich beschränkt ist die Überwachung des BND nur in Deutschland sowie in Europa.
So lautet der konkrete Vorwurf: Wenn der BND bei der strategischen Fernmeldeaufklärung – also dem Anzapfen von Datenkabeln – eine massenhafte Überwachung im Ausland betreibt, ist das ein Verstoß gegen die Pressefreiheit. So könne etwa der Quellenschutz ausgehebelt werden, wenn Redaktionen im Ausland überwacht werden.
Besonders heikel ist das, wenn der BND diese Daten womöglich noch mit Partnerdiensten aus dem jeweiligen Land teilt. Daher sollen die Karlsruher Richter auch entscheiden, inwieweit der BND die erfassten Informationen mit Partnerdiensten wie der NSA teilen kann.
Urteil zur Überwachung im digitalen Zeitalter
Dass das Bundesverfassungsgericht eine mündliche Verhandlung mit Zeugen einberuft, bewerten die klagenden Organisationen bereits als Erfolg. Denn das passiert nur äußerst selten. Laut der Gesellschaft für Freiheitsrechte fanden 2018 im ersten Senat des Bundesverfassungsgerichts bei über 3.000 eingegangen Verfassungsbeschwerden nur zwei mündliche Verhandlungen statt.
Die Hoffnungen bei den Organisationen sind groß. So heißt es in der Mitteilung der Gesellschaft für Freiheitsrechte: „Das erwartete Grundsatzurteil wird das erste zur BND-Überwachung seit über 20 Jahren sein. Damit äußert sich das Bundesverfassungsgericht erstmals im Lichte der durch die Digitalisierung massiv angestiegenen Überwachungsmöglichkeiten zu dem Thema.“
BND-Gesetz als Konsequenz der NSA-Enthüllungen
Auslöser für das BND-Gesetz war der NSA-Ausschuss im Bundestag, der infolge der Enthüllungen von Edward Snowden einberufen wurde. Im Laufe der Zeit rückte allerdings der Bundesnachrichtendienst (BND) in den Fokus. Heraus kam, dass der BND etwa Suchbegriffe von der NSA nutzte, die auf deutsche oder europäische Grundrechtsträger abzielten – und die Filterprogramme des BND nicht ausreichten. Besonders kritisiert wurden zudem fragwürdigen Rechtskonstrukte, die der deutsche Geheimdienst nutzte, um die Massenüberwachung zu legitimieren.
Was folgte, war das BND-Gesetz. Die Große Koalition feierte es als großen Wurf. Erstmals würden etwa EU-Bürger rechtlich besser geschützt, außerdem gebe es ein explizites Verbot von Wirtschaftsspionage. Kritiker und Vertreter der Opposition bezeichneten das Gesetz hingegen als verfassungswidrig. Fragwürdige Vorgehensweisen des BND seien schlicht legitimiert wurden, der Geheimdienst habe etwa die Erlaubnis erhalten, legal den Internetknotenpunkt DE-CIX anzuzapfen.
Deswegen läuft auch noch ein weiteres Verfahren, das von den DE-CIX-Betreibern ausgeht. In diesem Fall geht es um die Frage, wie der BND mit dem innerdeutschen Datenverkehr umgeht. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind die DE-CIX-Betreiber mit der Klage gescheitert, daher liegt das Verfahren nun ebenfalls beim Bundesverfassungsgericht.