Snapdragon 865 im Detail: Qualcomm schmeißt das Modem raus

Nicolas La Rocco
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Snapdragon 865 im Detail: Qualcomm schmeißt das Modem raus

Der Qualcomm Snapdragon 865 ist mit Cortex-A77-CPU und Adreno-650-GPU eine logische Weiterentwicklung des Snapdragon 855 und wird High-End-Smartphones des kommenden Jahres antreiben. Überraschender ist die Aufteilung der Plattform in zwei Komponenten: AP und Modem. Außerdem ist der ISP deutlich aufgebohrt worden.

Anders als im Verlauf des Jahres erwartet hat Qualcomm heute den Snapdragon 865 nicht mit integriertem 5G-Modem vorgestellt. Stattdessen ist der Snapdragon 765(G) für die obere Mittelklasse der erste entsprechend ausgestattete Chip. Warum das beim Snapdragon 865 nicht der Fall ist, hat Qualcomm zufolge vor allem einen Grund: die Leistung des Modems. Das an den Snapdragon 865 gekoppelte Snapdragon-X55-Modem mit Multi-Mode-Unterstützung für alle Standards von 5G bis 2G hätte in das SoC integriert nicht die gleiche Leistung liefern können wie als separater Chip. Das verdeutlicht der Direktvergleich zum integrierten Snapdragon-X52-Modem des Snapdragon 765(G), das nicht die hohen Datenraten des Snapdragon X55 erreicht.

Snapdragon 865 (ist in Serie nicht gold)
Snapdragon 865 (ist in Serie nicht gold)
Snapdragon 865 Rückseite
Snapdragon 865 Rückseite

Snapdragon 865, 855, Exynos 990 und Kirin 990 5G im Vergleich

Dass Qualcomm erstmals seit sechs Jahren wieder einen reinen AP (Application Processor) anbietet, lässt sich aber auch über andere Bereiche des Chips begründen, die dieses Jahr mehr Die-Fläche einnehmen und damit dem Snapdragon X55 Raum nehmen. Welche Features der Snapdragon 865 bietet, erklärt ComputerBase nach der gestrigen rudimentären Ankündigung heute im Detail. Die nachfolgende Tabelle beschreibt die wichtigsten Eigenschaften des SoCs im Vergleich zum Vorgänger Snapdragon 855(+) sowie zum Samsung Exynos 990 und HiSilicon Kirin 990 5G.

Qualcomm
Snapdragon 865
Qualcomm
Snapdragon 855+
Qualcomm
Snapdragon 855
Samsung
Exynos 990
HiSilicon
Kirin 990 5G
Prozess TSMC N7P TSMC N7 TSMC N7 Samsung 7LPP TSMC N7+
Core-Design 1 + 3 + 4 1 + 3 + 4 1 + 3 + 4 2 + 2 + 4 2 + 2 + 4
CPU 1 × Kryo 585 Gold
(Cortex-A77) @ 2,84 GHz
3 × Kryo 585 Gold
(Cortex-A77) @ 2,42 GHz
4 × Kryo 585 Silver
(Cortex-A55) @ 1,80 GHz
1 × Kryo 485 Gold
(Cortex-A76) @ 2,96 GHz
3 × Kryo 485 Gold
(Cortex-A76) @ 2,42 GHz
4 × Kryo 485 Silver
(Cortex-A55) @ 1,80 GHz
1 × Kryo 485 Gold
(Cortex-A76) @ 2,84 GHz
3 × Kryo 485 Gold
(Cortex-A76) @ 2,42 GHz
4 × Kryo 485 Silver
(Cortex-A55) @ 1,80 GHz
2 × Exynos M5
2 × Cortex-A76
4 × Cortex-A55
2 × Cortex-A76 @ 2,86 GHz
2 × Cortex-A76 @ 2,36 GHz
4 × Cortex-A55 @ 1,95 GHz
Cache 1 × 512 KB L2
3 × 256 KB L2
4 × 128 KB L2
4 MB L3
1 × 512 KB L2
3 × 256 KB L2
4 × 128 KB L2
2 MB L3
1 × 512 KB L2
3 × 256 KB L2
4 × 128 KB L2
2 MB L3
? 4 MB L3
GPU Adreno 650 @ 587 MHz Adreno 640 @ 675 MHz Adreno 640 @ 585 MHz Mali-G77 MP11 Mali-G76 MP16 @ 600 MHz
Speicher LPDDR5 @ 2.750 MHz
LPDDR4X @ 2.133 MHz
LPDDR4X @ 2.133 MHz LPDDR4X @ 2.133 MHz LPDDR5 @ 2.750 MHz LPDDR4X @ 2.133 MHz
System-Cache 3 MB 3 MB 3 MB ? 3 MB
ISP Spectra 480 Spectra 380 Spectra 380 ? ?
Modem Integriert × Snapdragon X24 Snapdragon X24 × Balong 5000
Extern Snapdragon X55 Snapdragon X50 Snapdragon X50 Exynos 5123 ×

ARM Cortex-A77 hält Einzug

Im Bereich der CPU setzt Qualcomm auf den neuen Cortex-A77 von ARM, der im Vergleich zum direkten Vorgänger mit überarbeitetem Frontend und neuem L0-Cache eine 20 Prozent höhere Leistung liefern soll. ARM zufolge nimmt der Cortex-A77 bei gleichem Fertigungsverfahren 17 Prozent mehr Fläche auf dem Die ein. Im Snapdragon 865 hört der Cortex-A77 auf den Namen Kryo 585. Den eigenen Namen sollen Veränderungen wie der Prime-Core mit 2,84 GHz und der verdoppelte L2-Cache rechtfertigen. Das 1+3+4-Core-Design setzt sich darüber hinaus aus drei weiteren Kryo 585 Gold auf Basis des Cortex-A77, die mit gleichen Taktraten und Caches wie im letzten Jahr arbeiten, sowie vier Kryo 585 Silver auf Basis des Cortex-A55 zusammen. Die kleineren Kerne arbeiten erneut mit 1,80 GHz und bieten 128 KB L2-Cache.

Zwei Speicherinterfaces für LPDDR5 und LPDDR4X

Als nicht gerade platzsparend erweist sich zudem das doppelt ausgelegte Speicherinterface, mit dem Qualcomm zum einen den neuen LPDDR5-Standard sowie den bislang genutzten LPDDR4X abdeckt. Die JEDEC hat den neuen Standard, der bis zu 50 Prozent mehr Durchsatz liefert, im Februar dieses Jahres verabschiedet, zugehörige Chips nach LPDDR5-5500 gibt es zum Beispiel von Samsung. Eben diesen LPDDR5 mit 2.750 MHz unterstützt Qualcomm im Snapdragon 865, beim älteren LPDDR4X bleibt es bei den bekannten 2.133 MHz.

Adreno 650 geht in die Breite

Auch die Grafikeinheit soll 20 Prozent mehr Leistung gegenüber der Adreno 640 des Snapdragon 855 bieten. Da Qualcomm die GPU nach aktuellem Wissensstand mit praktisch unveränderten Taktraten betreibt, um die Effizienz auf hohem Niveau zu halten, muss das Design mit mehr Ausführungseinheiten in die Breite gehen, um abseits von Architekturverbesserungen mehr Leistung zu erzielen. Auch die GPU ist damit eine Komponente, die mehr Die-Fläche als zuvor in dem SoC einnimmt.

Über die Grafikeinheit lassen sich Displays mit bis zu 4K-Auflösung bei 60 Hz oder mit der häufiger genutzten QHD+-Auflösung bei 144 Hz ansteuern. Qualcomm hat zudem neue Gaming-Features integriert, die es zum Beispiel erlauben, SDR-Content segmentiert in Richtung HDR zu optimieren. Dabei wird von der GPU eine Pro-Frame-Analyse durchgeführt, um nur einzelne Bereiche des Bildes für HDR anzupassen, aber unter anderem Hauttöne nicht zu verfälschen. Mit den Machern der Unreal Engine 4 hat Qualcomm zusammengearbeitet, um vom Desktop bekannte Features wie dynamische Schatten, Planar Reflections, Motion Blur und die Verarbeitung von mehr multiplen Lichtquellen auch mobil auf der Adreno-650-GPU anbieten zu können.