5G-Debatte: Die SPD will Huawei ausschließen lassen
Die SPD-Bundestagsfraktion sieht im Ausbau von 5G eine Frage der nationalen Sicherheit und möchte Huawei ausschließen – das hätte aber weitreichende Folgen. In einem Positionspapier (PDF) an den Deutschen Bundestag machen die Abgeordneten deutlich, dass für sie nur ein europäischer Ansatz ohne Huawei-Technologie in Frage kommt.
Bisher lautete die Strategie der Bundesregierung: Kein Anbieter soll beim Ausbau des 5G-Netzes ausgeschlossen werden, kritische Komponenten müssen aber durch eine Sicherheitsprüfung vom BSI zertifiziert werden – doch innerhalb des Bündnisses aus CDU/CSU und SPD wächst der Protest gegen den 5G-Kurs der Kanzlerin. Auch CDU-Abgeordnete wollen ein Huawei-Verbot durchsetzen.
Eine Frage der nationalen Sicherheit
Die SPD-Fraktion sieht laut ihrem Schreiben an den Deutschen Bundestag gar die Souveränität Europas in Gefahr und stellt die Frage nach der nationalen Sicherheit. So sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Fritz Felgentreu im Bezug auf das Positionspapier seiner Fraktion auf Twitter: „Wir fordern, die Sicherheit von Anbietern technologisch, aber auch anhand von Firmensitz und staatlichem Zugriff im Herkunftsland zu bewerten. 5G ist Frage der nationalen Sicherheit!“
Unter dem Titel „Ein digital souveränes Europa mit sicheren 5G-Netzen“ macht sich die SPD-Bundestagsfraktion für mehr Souveränität in Fragen des Netzausbaus stark. Gefordert wird, die „Hoheit über die Netzwerktechnik des Cyberraums der Europäischen Union zu behalten“.
Die Diskussion um die digitalen Netze zeigt schon heute die globalen Entwicklungen auf, die uns in Zukunft sehr intensiv beschäftigen werden. Die Beziehungen zwischen den USA und China werden zunehmend konfrontativ. Beide Länder befinden sich in einem Technologiekonflikt, bei dem 5G wohl nur der Anfang ist.
SPD-Bundestagsfraktion, Positionspapier
Laut den Abgeordneten ändere „sich die Funktionsweise der Netzarchitektur mit 5G im Vergleich zu 4G (LTE) massiv“, weshalb ehemals zentrale Funktionen deutlich dezentralisiert würden. Die Politiker der SPD sehen hier besonders bei den Softwarekomponenten Gefahren für die Sicherheit – da diese eine „deutlich höhere Komplexität aufweisen“ würden und dadurch „stärker auf die Identifizierung von Sicherheitslücken und damit auf permanente Softwareaktualisierungen angewiesen“ seien, so die SPD-Bundestagsfraktion.
Das 5G-Netz würde dadurch „auch zu einer Frage der nationalen und europäischen Sicherheit, sowie der digitalen Souveränität“ – weshalb folgende Risikokategorien zu identifizieren seien: Spionage, Manipulation und Sabotage sowie industriepolitische und technologische Abhängigkeit. Namentlich genannt wird Huawei allerdings nicht.
Beim Ausbau des 5G-Netzes sollten nicht-vertrauenswürdige Hersteller - insbesondere dann, wenn nicht-rechtstaatlich kontrollierte Einflussnahme, Manipulation oder Spionage nicht auszuschließen sind - grundsätzlich ausgeschlossen werden (sowohl im Kern- wie im peripheren Netz).
SPD-Bundestagsfraktion, Positionspapier
Huawei-Ausschluss hätte weitreichende Folgen
Sollte es tatsächlich zu einem Ausschluss von Huawei beim 5G-Ausbau kommen, müssten viele der bestehende Anlagen zurückgerüstet werden, was den Netzausbau um bis zu fünf Jahre zurückwerfen würde, wie Vodafone-Sicherheitschef Oliver Harzheim bei der öffentlichen Anhörung vor dem Ausschuss Digitale Agenda betonte. Zuvor hatte sich bereits Vodafone-Konzernchef Nick Read für eine Beteiligung von Vodafone und ZTE am 5G-Ausbau in Europa ausgesprochen. Auch Telefónica Deutschland will Huawei-Technologie nutzen und warnt vor den USA.
US-Lobby findet keine Mehrheit in der CDU/CSU
Innerhalb der CDU/CSU-Bundestagsfraktion konnten sich die Huawei-kritischen Stimmen ebenfalls nicht durchsetzen, berichtet einmal mehr der Journalist Noah Barkin via Twitter. Demnach konnten die Huawei-Gegner innerhalb der Fraktion lediglich eine vage Beschränkung der Beteiligung von Huawei auf höchstens 30 Prozent am 5G-Netzausbau in Deutschland erreichen.
Wie Golem berichtet, war es in den letzten Wochen vor allem der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen, der sich für eine gemeinsame Haltung der Großen Koalition gegen Huawei einsetzte. Er hatte demnach auch ein Positionspapier an die Medien verteilt und als fraktionsübergreifenden Entwurf beworben.
Ein möglicher Ausschluss Huaweis könnte Konsequenzen haben
Wie Business Insider berichtet, könnte ein möglicher Ausschluss Huaweis auch weitreichende Folgen für Deutschland respektive die deutsche Automobilindustrie haben. So soll der chinesische Botschafter in Deutschland, Wu Ken, gesagt haben, „Wenn Deutschland die Entscheidung trifft, Huawei vom deutschen Markt auszuschließen, dann wird das Konsequenzen haben.“ Damit spielte der Diplomat auf die deutsche Automobilhersteller an, für die China der weltweit wichtigste Absatzmarkt ist.
Könnten wir eines Tages sagen, dass deutsche Autos nicht mehr sicher sind, weil wir unsere eigenen produzieren können? Nein, das wäre sicher Protektionismus.
Wu Ken, Chinesischer Botschafter in Deutschland
Angela Merkel sieht weiterhin kein Verdachtsmoment
Vorerst abschließend äußerte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel in der heutigen Regierungsbefragung im Bundestag und sprach sich erneut gegen einen Ausschluss Huaweis vom 5G-Ausbau in Deutschland aus.
„Ich bin gegen den prinzipiellen Ausschluss eines Unternehmens“, sagte sie vor den Abgeordneten und ergänzte – das Wort an Sabine Poschmann (SPD) gerichtet –, „Ich habe erst mal Kenntnis davon - wie Sie glaube ich auch - dass Huawei in vielfältiger Weise bei den 2-, 3- und 4G- Netzen eingesetzt wurde, im Übrigen nicht nur in Deutschland, sondern auch anderswo in Europa. Dass wir - zumindest wurde mir das von keinem Telekommunikationsunternehmen gesagt - keine Verdachtsmomente geschöpft haben.“
Die Bundeskanzlerin verwies zudem darauf, dass sie „sehr stolz darauf, dass wir anders als in anderen Fällen; wo wir sehr viel abhängiger sind, durch Ericsson und Nokia zwei Unternehmen haben, die qualitativ auch sehr hochwertig Produkte anbieten.“ Vor einem prinzipiellen Vorwurf von Dumpingpreisen gegenüber Huawei riet Merkel jedoch ab.
Auch die europäischen Netzausrüster Ericsson und Nokia haben milliardenschwere 5G-Verträge mit chinesischen Telekommunikationsunternehmen wie China Mobile, China Telecom und China Unicom abgeschlossen – ein Umstand der in Europa zumeist ausgeblendet wird.
Die vollständige Regierungsbefragung im Bundestag kann noch einmal als Stream auf YouTube verfolgt werden.