Notwehr: Vivaldi 2.10 behauptet jetzt Chrome zu sein

Jan-Frederik Timm
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Notwehr: Vivaldi 2.10 behauptet jetzt Chrome zu sein
Bild: Vivaldi

Der Browser Vivaldi gibt sich in Version 2.10 für Windows ab sofort nur noch als Chrome aus. Die Bekanntgabe dieser kleinen, aber durchaus delikaten Anpassung nutzt CEO Jon von Tetzchner für eine harsche Kritik am Gebaren großer Konzerne im Internet.

Kleine haben es schwer

Fünf prominente Beispiele führt von Tetzchner auf, die zeigen sollen, dass die großen Spieler am Markt, die zum Teil selber Browser anbieten, keine Gelegenheit auslassen, um Nutzern alternativer Software deren Einsatz madig zu machen.

  1. Auf Google.com wird die Eingabe des Suchbegriffs über dem Suchfeld angezeigt
  2. Google Docs warnt vor der Nutzung mit diesem Browser und schlägt Chrome als Alternative vor
  3. WhatsApp Web (Facebook) verweigert den Zugang und verweist auf Wettbewerber
  4. Microsoft Teams blockiert den Zugang
  5. Netflix fordert zur Installation des Silverlight-DRM-Plugins auf

All diese Hinweise und Blockaden seien allerdings nicht technischer, sondern rein politischer Natur, denn schon bisher ließen sich alle Angebote nach manueller Änderung des User-Agent-Strings auf Chrome problemlos und wie in Chrome nutzen.

Vivaldi 2.9 nutzt unter Windows 10 noch den folgenden User-Agent-String, dessen Bestandteil Vivaldi/x.y ab Vivaldi 2.10 entfallen wird, sodass Websites Vivaldi und Chrome nicht mehr auseinander halten können und Vivaldi-Nutzer folglich nicht mehr diskriminieren können:

Mozilla/5.0 (Windows NT 10.0; Win64; x64) AppleWebKit/537.36 (KHTML, like Gecko) Chrome/78.0.3904.99 Safari/537.36 Vivaldi/2.9.1705.41

Vivaldi habe erwogen, bekannte Seiten dieser Art auf eine Blacklist zu setzen, um ihnen den wahren User Agent gezielt vorzuenthalten. Weil das Internet quasi endlos sei, hat man sich am Ende aber für den radikaleren Schritt entschieden: Vivaldi gibt sich bis auf wenige Seiten, von denen bekannt sei, dass sie den Browser „fair“ behandeln, als Chrome aus. Auf dem Mac meldet schon Version 2.9 nur „Chrome“.

Ein Schritt mit Risiken

Der Schritt birgt auch Risiken: Zum einen müssen die Entwickler sicherstellen, dass Vivaldi das, was Webseiten von Chrome erwarten, dann auch liefern kann – mit Chromium als Basis liegt das aber nahe. Zum anderen wird Vivaldi in Statistiken zur Browserverbreitung nicht mehr vertreten sein und stattdessen Chrome noch größer machen.

Auch eine neue Funktion ist dabei

Eine neue Funktion in Vivaldi 2.10 ist die Möglichkeit, die optisch anpassbaren UI-Themes des Browsers nicht nur nach festen Zeiten zu wechseln, sondern an Dark und Light Mode des Betriebssystems zu binden. Wer den Browser also komplett in Orange erleben will, wenn das Betriebssystem in den Dark Mode wechselt, der kann das ab sofort so konfigurieren.