Ryzen 4000: AMD startet Großangriff auf Intel im Notebook
2020 ist es so weit: AMD Renoir bringt Zen 2 in 7 nm ins Notebook. Schon in der 15-Watt-Klasse sind damit in Zukunft 8-Kern-Prozessoren verfügbar, bei Intel gibt es bisher nur eine 6-Kern-CPU in diesem Segment, die aber kaum zum Einsatz kommt. ComputerBase liefert alle Details aus einem umfangreichen NDA-Briefing.
Sonntagabend, 20:30 Uhr Ortszeit in Las Vegas. AMD hat kaum mehr als eine Handvoll Pressevertreter kurzfristig vorab in die Details zur neuen AMD-Notebook-Prozessor-Generation mit dem Codenamen Renoir eingeweiht. Ein kleiner exklusiver Kreis, um mögliche Leaks vor der großen Pressekonferenz zu verhindern. Grobe Informationen pfiffen die Spatzen bereits seit Wochen von den Dächern, doch echte Details waren bis heute Mangelware und einige Gerüchte auch falsch – obwohl im Hintergrund bereits ein großer Start mit vielen Partnern vorbereitet wird.
2020 startet mit einem Knall im mobilen Segment
Mit dem großen Erfolg von Ryzen im Desktop und dem stetig wachsenden Marktanteil auch bei Epyc konnte das Notebook-Segment bei AMD bisher nicht mithalten. Die in diesem Fall wesentlichen APUs wurden eher stiefmütterlich behandelt und waren immer eine Generation hinten dran, sowohl bei der Technik als auch beim Termin. Doch Anfang 2020 ist damit Schluss. „Nur“ ein halbes Jahr ist es her, dass Zen 2 in 7 nm als Ryzen 3000 im Desktop das Licht der Welt erblickte, in Kürze soll die Technik auch im Notebook zum Einsatz kommen – kombiniert mit einem Vega-Grafikchip. Bisher hatte Intel in diesem Bereich nichts zu fürchten, doch dieses Jahr schickt sich AMD dazu an, daran etwas zu ändern.
Renoir bietet zwei Mal mehr Leistung pro Watt
Zen 2 und die 7-nm-Fertigung bilden wie bei Ryzen 3000 das Fundament der Ryzen-4000-Produktpalette auf Basis von Renoir. Die Mischung lässt diese Serie eine zwei Mal höhere Leistung pro Watt als beim Vorgänger abrufen, wobei 30 Prozent von der höheren IPC von Zen 2 sowie Designänderungen kommen, während weitere 70 Prozent durch die 7-nm-Fertigung von TSMC ermöglicht werden, die laut AMD-CEO Lisa Su derzeit die beste der Welt sei.
Ein Kritikpunkt bei Raven Ridge und Picasso war die stets zu hohe Leistungsaufnahme im Vergleich zu Intel. Renoir geht dieses Problem nicht nur mit Zen 2 an. Auch Unterstützung für den stromsparenden LPDDR4X-4266-Arbeitsspeicher ist erstmals mit dabei. Der gesamte Komplex rund um die Power States wurde gegenüber dem Vorgänger zudem komplett überarbeitet, viel schnellere und aggressivere Wechsel in niedrige States sollen zusammen mit weiteren Änderungen für eine deutlich geringere Leistungsaufnahme sorgen.
Ein monolithischer Chip mit 8 Kernen und 8 Vega-CUs
Renoir ist dabei am Ende noch einmal ein klassischer Prozessor geworden, der CPU (maximal 8 Kerne mit SMT) und GPU mit vielen weiteren I/O-Komponenten und dem Speichercontroller in einem einzigen Die vereint. Das mit Zen 2 bei Ryzen 3000 und Epyc 2 eingeführte Chiplet-Design dürfte sich AMD im Notebook also für den Nachfolger aufheben.
Interessanterweise hat AMD die Grafikeinheit in dieser Generation geschrumpft: Nur noch 8 statt der möglichen 11 Compute Units (CUs) der überarbeiteten Vega-Lösung sind mit von der Partie – hier lagen die Gerüchte falsch. Dafür takten die Shader mitunter deutlich höher.
AMDs Entscheidung passt letztendlich aber zum Markt: Im U-Segment (15 Watt) der dünnen Notebooks reicht in der Regel jede integrierte Lösung, oder aus Marketing-Gründen wird eh eine winzige GeForce verbaut, während in der H-Serie (45 Watt) für Gaming-Laptops die dedizierte GPU gesetzt ist. Richtig viel GPU-Power von der APU will der Kunde also selten.
SmartShift ist dabei so etwas wie Optimus, welches bei Nvidia seit Jahren verfügbar ist. Ein gemeinsames Powermanagement soll die zur Verfügung stehende Gesamtleistung je nach Bedarf der CPU, integrierten GPU oder auch der diskreten Lösung zur Verfügung stellen. SmartShift wird als erstes im Dell G5 ab Anfang Q2 erhältlich sein, das die H-Serie mit einer RX 5600M kombiniert.
Erstmals 15-Watt-CPU mit 16 Threads
Das Aushängeschild bei Ryzen 4000 ist die U-Serie. Bei 15 Watt nomineller TDP, die von OEMs wie üblich auch im Bereich von 12 bis 25 Watt konfiguriert werden kann, gibt es nun erstmals eine CPU, die acht Kerne und 16 Threads bietet. Die Aufteilung der zum Start im ersten Quartal verfügbaren fünf Produkte ist logisch und klar differenziert, etwas, das AMD im Desktop vermissen ließ. Und so erklärte AMD gegenüber ComputerBase, dass es deshalb einen Ryzen 9 als APU erst einmal nicht gibt, da er sich zu wenig von den anderen Varianten abheben würde.
Modell | Kerne/Threads | Basistakt | Turbotakt | Grafik | Grafiktakt | TDP |
---|---|---|---|---|---|---|
Ryzen 7 4800U | 8/16 | 1,8 GHz | 4,2 GHz | Vega8 | 1.750 MHz | 15 Watt |
Ryzen 7 4700U | 8/8 | 2,0 GHz | 4,1 GHz | Vega7 | 1.600 MHz | 15 Watt |
Ryzen 5 4600U | 6/12 | 2,1 GHz | 4,0 GHz | Vega6 | 1.500 MHz | 15 Watt |
Ryzen 5 4500U | 6/6 | 2,3 GHz | 4,0 GHz | Vega6 | 1.500 MHz | 15 Watt |
Ryzen 3 4300U | 4/4 | 2,7 GHz | 3,7 GHz | Vega5 | 1.400 MHz | 15 Watt |
Das U-Flaggschiff nimmt es mit Intel Ice Lake auf
16 Threads und bis zu 4,2 GHz lassen AMD schnellsten Prozessor Ryzen 7 4800U auch gegenüber Intels aktuellster CPU Ice Lake gut dastehen. Laut AMD-Benchmarks hilft der etwas höhere Takt zu einem Gewinn auch im Single-Thread-Bereich, im Multi-Core-Test bietet AMD 90 Prozent mehr Leistung. Viele Anwendungsbereiche liegen dazwischen, oft sind es 30, 40 oder auch 50 Prozent Leistungszuwachs im Vergleich Intel Core i7-1065G7 zu AMD Ryzen 7 4800U – in Hersteller-Benchmarks, wohlgemerkt. Die unabhängige Gegenprobe steht noch aus.
Die integrierte Grafik ist trotz der Streichung von zwei CUs schneller geworden, das bessere Zusammenspiel mit den modernen Zen-2-Kernen und der höhere Takt zahlen sich offensichtlich aus. AMD sieht die eigene integrierte Grafik je nach Test in Spielen zwischen fünf und 30 Prozent vor Intels bester integrierter Ice-Lake-Grafik Iris Plus.
H-Serie mit 35 und 45 Watt für Gaming-Notebooks
Renoir ist aber nicht nur für 15 Watt gedacht, sondern auch für große Notebooks und TDP-Klassen von 35, 45 und, wenn es der Kunde denn wünscht, mit spezieller maximaler Konfiguration auch bis zu 55 Watt. Die Basis sind jedoch 45 Watt, der gängige Standard in der Branche. Die dreimal höhere maximale Verlustleistung für die H-Klasse zeigt sich dann in erster Linie beim Basistakt, der deutlich über den 15-Watt-Modellen rangiert. Auch der Mehr-Kern-Turbo unter Last wird deutlich höher liegen. AMD verzichtet in dieser Klasse auf ein Modell mit vier Kernen oder Varianten ohne SMT, sodass es zum Start sehr übersichtlich wird – mit einer Ausnahme.
Zusammen mit Asus bietet AMD einen „Spezial-Ryzen“ an, der nahezu die gleichen Spezifikationen wie das Flaggschiff aufweist, aber vorkonfiguriert auf 35 Watt ist. Dieser wird exklusiv 6 Monate lang nur für Asus zur Verfügung stehen, danach aber auch anderen Partnern. Eine solche Exklusivvereinbarung gibt es bei Intel des Öfteren, beispielsweise sind viele CPUs mit anderen Spezifikationen in MacBooks zuerst und eine Weile nur dort zu finden, bis auch andere darauf Zugriff haben.
Modell | Kerne/Threads | Basistakt | Turbotakt | Grafik | Grafiktakt | TDP |
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Ryzen 7 4800H | 8/16 | 2,9 GHz | 4,2 GHz | Vega7 | 1.600 MHz | 45 Watt |
Ryzen 7 4800HS* | 8/16 | ? GHz | 4,2 GHz | Vega7 | 1.600 MHz | 35 Watt |
Ryzen 5 4600H | 6/12 | 3,0 GHz | 4,0 GHz | Vega6 | 1.500 MHz | 45 Watt |
* Für sechs Monate exklusiv bei Asus |
Acht Kerne von AMD schlagen sechs von Intel
Erst kürzlich hatte Intel die 6-Kern-CPU Core i7-9750H mit 45 Watt TDP als überlegen gegenüber dem Angebot der Konkurrenz gezeigt, gegen AMDs neuen Spieler auf dem Platz sieht das aber ganz anders aus. Am Ende werden zwar erst unabhängige Benchmarks handfeste Resultate liefern, aber wie Intel sieht sich heute AMD auf Basis eigener Messungen vorne. Denen zufolge fällt nicht nur Intels Vormachtstellung in Multi-Core-Benchmarks, sondern auch die Single-Core-Dominanz, denn ein Ryzen 7 4800H mit maximal 4,2 GHz ist in Cinebench R20 1T fünf Prozent schneller als ein Core i7-9750H mit 4,5 GHz – dass das durchaus realistisch ist, hat Zen 2 bereits im Desktop gezeigt. Im Multi-Core-Betrieb wächst der Vorsprung auf 46 Prozent, in 3DMark FireStrike Physics sind es noch 39 Prozent. In vielen weiteren Anwendungen sind es um die 30 Prozent mehr Leistung. Die Ergebnisse können, anders als im Desktop, allerdings von Notebook zu Notebook stark abweichen.
AMD betont, dass sich die verglichenen Modelle preislich im Markt begegnen werden, Intel natürlich aber auch noch teurere Acht-Kern-CPUs hat. Dort dürfte es in einigen Bereichen eher auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen hinauslaufen oder Intel je nach Szenario auch der Platzhirsch bleiben. Dies ist sicherlich ein Grund, weshalb Intel vor wenigen Stunden bereits explizit mehr Acht-Kern-CPUs in der H-Serie mit Comet Lake-H für die nahe Zukunft angekündigt hat.
Noch einige Details bis zum Start offen
Offizieller Starttermin für die Renoir-Produkte ist das erste Quartal. AMD nannte auf der Showbühne Februar als Termin der ersten Geräte, das Gros dürfte aber erst zum Frühjahr verfügbar werden. Über 100 Designs sollen es bis Ende 2020 sein.
Auch gibt es zur Präsentation noch offene Punkte, die AMD erst später klären will. Zum Beispiel wie es um die Plattform-Ausstattung bestellt ist, oder was es für native Schnittstellen gibt. PCI Express 4.0 gibt es bei Renoir definitiv nicht, verriet AMD schon einmal, im Notebook ist das im Jahr 2020 aber sicherlich kein großer Verlust.
ComputerBase hat Informationen zu diesem Artikel von AMD auf einem Event in Las Vegas unter NDA erhalten. Die einzige Vorgabe war der frühestmögliche Veröffentlichungszeitpunkt.