Warcraft 3: Reforged im Test: Der Grad der Enttäuschung ist eine Frage der Perspektive
tl;dr: Warcraft 3: Reforged bringt das Original in die Moderne. Doch die Kritik ist zum Start groß. ComputerBase wirft einen Blick auf die Technik und den Inhalt. Grafikvergleiche zwischen Original und Überarbeitung zeigen, was sich getan hat, und Benchmarks verdeutlichen, wie viel Leistung das kostet.
Optisch schönere Versionen von alten, aber immer noch beliebten Spielen liegen voll im Trend. Sie lassen sich grob in drei Klassen einteilen.
- Spiele, bei denen primär nur die Auflösung erhöht wurde. Der optische Gewinn ist dabei eher gering.
- Spiele, die im Vergleich zum Original kaum noch wiederzuerkennen sind. So muss sich die Grafikqualität von Age of Empires: Definitive Edition und vor allem Age of Empires II: Definitive Edition nicht vor der von neuen Titeln verstecken.
- Und dann gibt es auch noch den Mittelweg. Den ist Blizzard mit Warcraft 3: Reforged gegangen.
Warcraft 3: Reforged setzt immer noch auf die Original-Engine aus dem Jahr 2002, um eine hundertprozentige Kompatibilität der Originalversion zu behalten, sodass beide Versionen zusammen im Multiplayer-Modus gespielt werden können. Die Grafik wird daher nicht völlig umgekrempelt, aber doch aufwendig überarbeitet. Und auch wenn der erste Eindruck vielleicht täuscht: Spätestens im direkten Vergleich der beiden Versionen fällt auf, dass die Grafik von Warcraft 3: Reforged zwar längst nicht perfekt ist, das Spiel aber doch deutlich besser aussieht als das Original.
Die Grafik zeigt viele Verbesserungen
So hat Blizzard für Warcraft 3: Reforged die Modelle der Einheiten komplett ausgetauscht. Die neuen zeigen deutlich mehr Details, sehen teils aber auch völlig anders aus. Darüber hinaus besteht der Boden jetzt aus mehr als nur Einheitsbrei und Feuer sieht aus wie Feuer und nicht wie ein paar rot eingefärbte Pixel. Die Schattendarstellung wurde überarbeitet und wird nun auf viel mehr Objekte angewandt und sämtliche Elemente, von Häusern über Brücken bis hin zu den Bäumen, wirken nun deutlich dreidimensionaler, während es vorher in der Regel zweidimensionale Konstrukte waren.
Zahlreiche weitere Änderungen gibt es in Warcraft 3: Reforged, sodass die Grafik zwar anders als bei Microsofts AoE: Definitive Edition nicht wie aus einem modernen Spiel wirkt, aber durchaus ansehnlich genug ist, um sich beim Spielen nicht andauernd eine bessere Optik zu wünschen. Warcraft 3: Reforged tut dem Auge durchweg gut.
Allerdings hält nicht die gesamte Optik mit. Die Animationen der neuen Einheiten sind definitiv nicht gelungen. Es wirkt so, als würden sie mit einer festen (zu) niedrigen Framerate (möglicherweise 30 FPS) laufen, denn sie ruckeln. Das ist kein Beinbruch, passt aber nicht zum ansonsten ordentlichen Eindruck.
Wer will, kann auch die alte Grafik weiter nutzen
Wer lieber oder zu Vergleichszwecken mit der alten Optik spielen möchte, kann diese im Grafikmenü aktivieren. Wer nur Warcraft 3 besitzt, startet seit dem neuesten Patch im Endeffekt auch Warcraft 3: Reforged, aber hier ist dann die alte Grafik aktiv und die neue lässt sich nicht installieren. Es ist zu bedenken, dass trotz der Kompatibilität beide Versionen andere Spielstände benutzen. Wer also zuerst mit der neuen Grafik die Kampagne spielt, dann aber wieder umschalten möchte, muss von vorne anfangen.
Apropos alte Grafik: Wie von Blizzard gewohnt, haben die Entwickler seit dem Release auch an der Engine vom originalen Warcraft 3 herumgeschraubt, allerdings nicht an der Optik selbst. So nutzte die Technologie von Warcraft 3 ursprünglich DirectX 8.1, wurde aber mit der Zeit auf DirectX 9 und später dann auf DirectX 11 umgebaut. Warcraft 3: Reforged setzt ebenso auf DirectX 11. Darüber hinaus gibt es einen OpenGL-Renderer. Auf einem Windows-PC lässt sich aktuell aber nur DirectX 11 nutzen. Anders als bei Word of Warcraft wird kein DirectX 12 unterstützt.
Das UI tritt auf der Stelle
Die Grafik hat zwar viele Schritte nach vorne gemacht, die Benutzeroberfläche aber leider nicht. Sie sieht zu einem Großteil noch so aus wie im Original und ist damit schlicht riesig und nimmt einen großen Teil der Bildschirmfläche ein. Die UI lässt sich auch nicht kleiner schalten. Gerade am Anfang der Kampagne gibt es zudem noch einige Hilfetexte, die an demselben Problem leiden. Manchmal sieht man dann vom eigentlichen Spiel kaum noch etwas.
Die Technik der PC-Version hat beim Test keine weiteren Probleme gemacht. In den ersten Stunden nach der Freischaltung gab es noch Fehler beim Laden neuer Levels, was Blizzard aber kurze Zeit später behoben hat.
Technische Probleme liegen an anderer Stelle: Alles, was Blizzard zuerst versprochen hatte, hat es nicht ins Spiel geschafft. So gibt es keine überarbeiteten Zwischensequenzen, die Sounds sind beim Alten geblieben und auch die Levels sowie die Story wurden nicht bearbeitet. Offiziell heißt es, Blizzard wolle sich mit Warcraft 3: Reforged nahe am Original orientieren. Versprochen hat der Entwickler zuerst aber etwas anderes.
Keine Presets und ein spärliches Grafikmenü
Warcraft 3: Reforged bietet zwar mehr Grafikoptionen als das originale Warcraft 3, Presets für eine einfache Konfiguration gibt es aber immer noch nicht. Die Anzahl der Grafikoptionen ist allerdings übersichtlich, ebenso wie die verfügbaren Komfortfunktionen: Mehr als einen frei zwischen 10 und 300 FPS konfigurierbaren FPS-Limiter bietet der Titel nicht. Dieser lässt sich immerhin separat dafür einstellen, ob das Spiel im Bildschirmfokus oder im Hintergrund läuft.
Warcraft 3: Reforged bietet eine Post-Processing-Kantenglättung, die sich wahlweise an- oder ausschalten lässt. Diese glättet das Bild aber nicht vollumfänglich, vor allem in niedrigen Auflösungen wie Full HD flimmert noch so einiges. Aufgrund der starren Kameraperspektive fällt das jedoch nicht so negativ auf. Darüber hinaus produziert das Antialiasing quasi keine Unschärfe, sodass auch in 1.920 × 1.080 das Bild schön scharf bleibt.
Mit Screenshots und Videos: Warcraft 3: Reforged vs. Original
Über die grafischen Verbesserungen von Warcraft 3: Reforged zu schreiben, ist zwar interessant, doch kann man dank dem integrierten Wechsel zur Originalversion den direkten Unterschied auch in Form von Screenshots und Videos zeigen. Die Screenshots zeigen dabei richtige Spielszenen, die Videos konzentrieren sich primär auf die zahlreichen Ingame-Zwischensequenzen.
Alle Bilder und Videos wurden unabhängig von der Version in 3.840 × 2.160 mit maximalen Grafikdetails aufgenommen. Warcraft 3: Reforged kann das in den Szenen gezeigte optische Niveau durchweg halten, sodass die Eindrücke auf das gesamte Spiel übertragen werden können.
Ordentliche Texturen – aber bitte nicht zoomen
Warcraft 3: Reforged bietet ordentliche Texturen, die zudem nicht viel Grafikkartenspeicher benötigen. 4 GB sind auch in Ultra HD genug, für Full HD reichen sogar 2 GB aus. Hochauflösende Texturen gibt es demzufolge nicht, was aber zumindest so lange nicht stört, bis der Spieler heranzoomt. Dann zeigen sich schnell die niedrigen Details an den Oberflächen. Wird dagegen aus gewisser Entfernung gespielt, und alles andere ist in Warcraft 3 sehr unpraktisch, fallen die Texturen nicht negativ auf.