Campus-Netz: Lufthansa Technik nutzt 5G bei Flugzeugwartung
Lufthansa Technik betreibt am Hamburger Flughafen ein eigenes 5G-Campus-Netz, das in Kooperation mit Vodafone und mit Hardware von Nokia errichtet wurde. Dadurch sind die Techniker bei den Arbeiten an Flugzeugen unabhängig vom öffentlichen Mobilfunk oder privaten WLAN. Sämtliche Daten werden lokal im Rechenzentrum verarbeitet.
Die sogenannten Campus-Netze sind eine Besonderheit des deutschen 5G-Ausbaus, da von der Bundesnetzagentur ein eigener Frequenzbereich von 3,7 GHz bis 3,8 GHz reserviert wurde, der nicht zur Auktion für die Mobilfunkanbieter angeboten wurde. Die Gebühren der Bundesnetzagentur für lokale Anwendungen stehen seit Ende Oktober 2019 fest, der Startschuss für Campus-Netze fiel kurz darauf Ende November.
Vodafone unterstützt jetzt doch Campus-Netze
Den Netzbetreibern sind die Campus-Netze bisher ein Dorn im Auge gewesen, da diese die 100 MHz fehlendes Spektrum als „künstliche Verknappung“ sehen, wie es Vodafone Deutschland CEO Hannes Ametsreiter noch im Juni 2019 beschrieb.
Dass die Netzbetreiber an den Campus-Netzen dennoch mitverdienen können, zeigt nun Lufthansa Technik am Hamburger Flughafen, die in Kooperation mit Vodafone ein Campus-Netz für 5G errichtet haben, das einen 8.500 Quadratmeter großen Flugzeughangar abdeckt, in dem vier Flugzeuge parken können. „Wir unterstützen unsere Partner dabei 5G so früh wie möglich in den industriellen Alltag zu bringen. In die Fabriken. In die Business-Parks. Und sogar in Flugzeug-Hangars. Mit individuellen Campus-Netzen, die wir perfekt auf den Bedarf unserer Partner zuschneiden“, sagte Hannes Ametsreiter heute.
Innenausstattung und Triebwerkswartung am Tablet
Lufthansa Technik nutzt das eigene 5G-Netz zum einen für hochauflösende Virtual- und Augmented-Reality-Anwendungen, um bei der VIP-Innenausstattung von Flugzeugrümpfen präziser arbeiten zu können. Dabei werden in den noch leeren Flugzeugrümpfen virtuell die 3D-Konstruktionsdaten der geplanten Kabineneinrichtung auf Tablets und weiteren Endgeräten visualisiert. Techniker vor Ort können so die aktuelle Position aller geplanten Bauteile prüfen und dadurch präziser arbeiten. Darüber hinaus können sich die Techniker mittels kollaborativer Video-Funktionen mit den Bauteil-Entwicklern in deren Büros und Werkstätten abstimmen.
Das Campus-Netz wird aber auch für die Wartung von Triebwerken genutzt, und das nicht nur bei Flugzeugen der Lufthansa-Gruppe. Lufthansa Technik übernimmt auch die Wartung externer Kunden, die bisher nach Hamburg fliegen mussten, um die Luftfahrzeug-Instandhaltung, wie es offiziell heißt, durchzuführen. Beim Campus-Netz wird die virtuelle Inspektion einzelner ausgebauter Triebwerksteile über einen hochauflösenden Videostream von Mechanikern und Ingenieuren getestet.
Zum anderen war es Lufthansa Technik wichtig, die Datenflüsse zu kontrollieren, da mit dem Campus-Netz auf öffentliche Mobilfunknetze und WLAN verzichtet werden kann. Zudem seien das bislang verwendete WLAN sowie das öffentliche LTE-Netz bei den Anforderungen an ihre Grenzen geraten.
5G Standalone mit lokalem Rechenzentrum
Das 5G-Campus-Netz arbeitet mit mehr als einem Gigabit/s und kommt auf Latenzzeiten von weniger als zehn Millisekunden. Die Netztechnik stammt von Nokia, wie aus einer getrennt veröffentlichten Pressemitteilung des Netzausrüsters hervorgeht. Das Campus-Netz nutzt ausschließlich 5G und entspricht damit dem Standalone-Aufbau (SA) ohne LTE-Anker. Von den 5G-Antennen im Hangar werden die Daten in einem lokalen Rechenzentrum verarbeitet (Edge Computing). Vodafone betreut das 5G-Netz bei der Aktivierung und während des laufenden Betriebs als Service- und Technologie-Partner. Die erste Testphase ist auf zunächst drei Monate angesetzt.