Ryzen 4000U/H „Renoir“: Die Technik hinter AMDs erster 7-nm-APU erklärt
tl;dr: Zur CES 2020 im Januar hatte AMD einen ersten Ausblick auf die neue mobile Renoir-Architektur gegeben, jetzt stellt der Hersteller die Plattform mit Zen-2-Kernen und 7-nm-Vega-GPU im Detail vor. ComputerBase hat im Februar am Ryzen Mobile Tech Day 2020 in Austin, USA, teilgenommen und gibt einen umfassenden Überblick.
AMD erlaubt am heutigen Tag einen Blick auf die technischen Details der neuen Notebook-CPU-Produktreihe „Renoir“, die auf Zen-2-Kerne und Vega-Grafikeinheit – jeweils in 7-nm-Fertigung – setzt. Angekündigt hatte das Unternehmen die neue Plattform für Ryzen 4000U, 4000H und 4000HS bereits zur CES, damals aber noch ohne technische Details.
Geplant waren Benchmarks, dann kam das Virus
Ursprünglich sollte es heute auch erste unabhängige Tests geben, im Februar wurde ComputerBase ein Muster von Lenovo zugesagt. Doch das Coronavirus hat in Asien für Verzögerungen in der Produktion gesorgt, Ware gibt es deshalb entgegen der Planung heute nicht – und laut AMD deshalb auch noch kein Muster. Die Vorbestellungsphase für neue Notebooks startet dennoch heute.
Die heute veröffentlichten Informationen gab es für ausgewählte Journalisten im Februar. Vor vier Wochen hatte AMD dazu an den Firmenhauptsitz nach Austin, Texas, geladen und den Renoir Mobile Tech Day abgehalten. Schon allein das zeigt den Stellenwert, den der Produktstart im mobilen Segment in diesem Jahr hat, denn solche Veranstaltungen gibt es in der Regel nur bei den wichtigsten Neuvorstellungen.
Entwicklung von Renoir begann vor Zen-Marktstart
Gleich zum Auftakt überraschte AMD mit einer Aussage: Die Entwicklungen an Renoir, so der Codename der APU, begannen bereits vor dem Marktstart der zugrundeliegenden Prozessorarchitektur Zen (Ryzen 1000) und damit natürlich auch vor Zen 2 (Ryzen 3000). In die ursprünglichen Pläne flossen deshalb noch keine Erfahrungen ein, die AMD seit Februar 2017 mit Zen im Massenmarkt sammeln konnte. Aber der Hersteller habe auch in diesem Fall auf Simulationen vertraut, die Renoir mit Zen 2 als möglich erachteten.
Das macht einmal mehr deutlich, dass ein neues Design von Prozessoren und Grafikkarten auch heute rund vier Jahre Zeit in Anspruch nehmen kann. Und das, obwohl AMD bei Renoir auf einen bekannten Ansatz vertraut: Prozessor und Grafiklösung werden mit dem Speichercontroller sowie I/O-Elementen auf einem Die zusammengepackt. Das gibt es seit Llano aus dem Jahr 2011. Eine Übersicht von AMD stellt den langen Weg bis heute dar.
Renoir hat das Komplettpaket Notebook im Blick
Ein Notebook ist mehr als nur eine CPU und eine Grafikeinheit, alle Teile wie Display, Akku, Gehäuse, Kühlung und mehr müssen zusammenspielen, um ein stimmiges Gerät zu ermöglichen. AMD will mit Renoir diesen Weg noch deutlicher gehen als zuletzt. In der Vergangenheit waren AMD-Notebooks in der Leistung der CPU und GPU oft gut, doch das Drumherum war alles andere als passend. So wurden die Geräte dann letztlich oft verramscht, der Ruf eines AMD-Notebooks litt stark darunter.
Erst in letzter Zeit sorgt sich AMD mehr um das Ökosystem. Vorzeige-Notebooks wie das Surface von Microsoft waren vom Ansatz her ein Anfang, jetzt soll es auch in den Massenmarkt gehen und mit Renoir die bisher beste mobile Plattform von AMD nutzen. Dabei hilft die Entwicklung der gesamten IT-Branche. SSDs sind längst Standard, die Preise von LPDDR4 stark gefallen, 1-Watt-Displays breit verfügbar. Der Stellenwert dieser Technologien ist im Notebook groß, gepaart mit den Optimierungen und Anpassungen bei Prozessor und Grafik entsteht ein deutlich runderes Gesamtpaket. AMD nennt den Status quo bis zu 3,4 Mal effizienter, als es Kaveri im Jahr 2015 war. Ein Haken: Bereits Picasso war 2,9 Mal effizienter, die Steigerung von Renoir zu Picasso ist in der Metrik also nur so groß wie die Jahre zuvor.
Ohnehin wird Ryzen 4000 nicht gleich und überall zum Einsatz kommen (können). AMD erwarte vorsichtig erst einmal etwas mehr als ein Dutzend Lösungen mit den neuen Chips. Insgesamt 170 Produkte sollen im OEM-Umfeld auf AMD setzen, über 100 davon auf Ryzen. Ältere Lösungen von AMD werden also auch weiterhin genutzt.
Identische Zen-2-Kerne jedoch mit nur einem Viertel L3-Cache
Die zugrundeliegende Prozessorarchitektur für Renoir ist Zen 2, die mit Matisse im Juli 2019 in Form der Ryzen 3000 ihr Debüt feierte und auch bei Rzyen Threadripper 3000 sowie Epyc 2 zum Einsatz kommt. Zen 2 stellt eine massive Überarbeitung gegenüber Zen dar, das fängt bei elementaren Dingen wie der Sprungvorhersage an, wird über größere und schnellere Buffer und Caches fortgesetzt und setzt sich im „UnCore-Bereich“ wie dem Speichercontroller und dem PCI-Express-Interface fort. Alle Details zur Zen-2-Architektur hatte ComputerBase bereits im Juni 2019 im Bericht „Zen-2-Architektur: Ryzen 3000 sind AMDs stärkste Desktop-Prozessoren“ zusammengefasst.
Renoir nutzt die Zen-2-Architektur, einen großen Unterschied gibt es jedoch: Pro CCX mit vier Kernen sind nun nicht mehr 16 MByte L3-Cache in Form von vier 4-MByte-Slices verbaut, für den mobilen Markt sind es nur 4 MByte, aufgeteilt in vier 1-MByte-Stücke. Das spart Platz und Energie. Der Performance-Einfluss sei extrem gering und für das Marktumfeld vernachlässigbar, eine exakte Zahl nannte AMD jedoch nicht.
Auf die Frage, warum sich AMD bei Renoir für zwei CCX und somit acht Kerne entschied, erklärte der Hersteller die insgesamt erreichbare Leistung im von Anfang an festgesetzten, unveränderlichen Power-Budget. Denn die Devise lautet: Keine IPC wird auf Kosten einer erhöhten Leistungsaufnahme erkauft. Vier Kerne mit sehr hohem Takt hätten hier gegenüber acht Kernen mit weniger Takt im gleichen TDP-Budget das Nachsehen gehabt, weshalb AMD auf acht Kerne gegangen sei.
Die Vega-Grafik ist deutlich performanter und effizienter
Auf die Frage an AMD-CEO Dr. Lisa Su zur CES 2020, warum der Hersteller noch auf Vega und nicht den Nachfolger Navi gesetzt hat, erklärte sie im Januar, dass es zu der damaligen Zeit die logische Wahl gewesen sei – und RDNA auch noch nicht fertig war. Vega hingegen war schon zum Großteil bekannt und etabliert, die Skalierung dort der nächste Schritt. Genau dieses Vorgehen passte auch für eine APU und wurde von AMD genau so umgesetzt.
Die Skalierung der neuen Vega-Grafiklösung bei Renoir erfolgte in zwei Bereichen. Die 7-nm-Fertigung erlaubte es, dass die einzelnen Teile, die eine GPU ausmachen, viel enger zusammenrücken konnten, was automatisch die Leckströme reduzierte. Das wiederum ließ einen deutlich erhöhten Taktspielraum zu, weshalb sich AMD sogar für 20 Prozent weniger CUs auf maximal acht Einheiten entschied und dennoch mehr Leistung als die Vorgängergeneration bieten wird. Der Hersteller verspricht bis zu 59 Prozent mehr Leistung pro CU gegenüber bisherigen 12-nm-Vega-Lösungen.
Doch auch neben der reinen GPU hat AMD an Optimierungen gearbeitet, die die Unterstützung für Multimedia-Inhalte betreffen. Der Encoder soll bis zu 31 Prozent schneller arbeiten, VP9-Support ist gegeben.
Das alles zusammen ergibt eine GPU, die im Maximalausbau knapp 1,8 TFLOPS Grafikleistung bietet und dazu noch auf ein Speicherinterface zurückgreifen kann, das 77 Prozent mehr Bandbreite erzielt. Abstufungen bei der GPU – sowohl was die Anzahl der CUs als auch den Takt angeht – grenzen die Leistung natürlich deutlich ein. Welche Lösung bei welchem Modell genutzt wird, ist in der tabellarischen Übersicht auf der zweiten Seite hinterlegt.
Mehr und schnellerer Speicher
Der bereits kurz angesprochene Speicher erfährt ebenfalls eine weitere Neuerung. AMDs APUs waren schon immer auf gut funktionierenden und vor allem hoch taktenden Speicher angewiesen, da es sonst vor allem bei Nutzung der Grafik schnell zu Flaschenhälsen kam. Das war in den letzten Generationen nicht mehr so gravierend wie noch bei Kaveri und ähnlichen Probanden, dennoch wollte AMD in diesem Jahr den neuen Lösungen die beste Option mit auf den Weg geben.
Das bedeutet nicht nur die Unterstützung von DDR4-3200, wie sie bei Zen 2 auch im Desktop anzutreffen ist, sondern vor allem von LPDDR4-4266 als Speicher, der für den Einsatz im mobilen Marktumfeld prädestiniert ist. Davon profitiert insbesondere die U-Serie, die bisher nur mit DDR4-2400 unterwegs war, was an einem Dual-Channel-Speicherinterface für eine Bandbreite von 38,4 GByte pro Sekunde sorgte. Renoir kann mit LPDDR4-4266 fortan maximal 68,3 GByte pro Sekunde an Bandbreite bereitstellen – das sind 78 Prozent mehr. Die andere Option mit klassischem SDRAM bietet bei Nutzung von DDR4-3200 51,2 GByte/s.
Die aktuellste I/O (ohne PCIe 4 und Thunderbolt 3)
Renoir bietet eine leicht erweiterte Ausstattung gegenüber der Vorgängergeneration. Unterm Strich sind vor allem vier zusätzliche PCI-Express-Lanes, die vom Kunden beispielsweise für zusätzlichen Massenspeicherplatz frei genutzt werden können, zu nennen. Insgesamt verfügt Renoir über 20 PCIe-Lanes nach Gen-3-Standard.
Nicht benötigt werden die PCIe-Lanes für zusätzliche USB-Anschlüsse, denn hier bringt Renoir nativ noch zwei zusätzliche Ports mit, über natives USB-C lassen sich beispielsweise auch zwei 4K-Displays betreiben.
Wie bereits von AMD zur CES 2020 bestätigt, wird es bei der Plattform aber noch kein PCI Express der vierten Generation geben. Dies bleibt den „echten“ CPUs vorbehalten, im Notebook würden die Möglichkeiten ohnehin kaum ausgeschöpft werden können. Diesen Schritt dürfte sich das Unternehmen für die nächste Generation aufsparen.
Auch zum Thema Thunderbolt äußerte sich AMD. Der Hersteller würde das gern nutzen, doch die lizenzfrei verfügbare Lösung von Intel ist so frei am Ende dann doch wieder nicht. Das bedeutet schlichtweg, dass Intel es AMD untersagt, Thunderbolt-Chips in die Geräte einzubauen. Partner wie Lenovo werden es aber dennoch tun.
Das Komplettpaket fasst knapp 10 Mrd. Transistoren
Werden all die Einzelteile zusammengepackt, präsentiert sich Renoir wie folgt: Gefertigt in 7 nm bei TSMC, werden 13 Layer übereinandergestapelt und so insgesamt 9,8 Milliarden Transistoren verbaut. Der Die nutzt eine Fläche von 156 mm² und bietet so fast die zweifache Menge an Transistoren gegenüber dem Vorgänger Picasso auf einem sogar noch 25 Prozent kleineren Die. Um das Ökosystem nicht zu überreizen, verwendet AMD weiterhin den gleichen BGA-Sockel mit den Abmessungen 25 × 35 × 1,38 mm.
Ein Wort zur Sicherheit der APU
Bereits mit der Einführung von Zen 2 hatte AMD Anpassungen an der Hardware zur Absicherung gegen Spectre vorgenommen, die weniger Leistung benötigen als reine Software-Lösungen oder nachträglich gepatchte Microcodes.