YouTube und Amazon: Streaming standardmäßig mit reduzierter Qualität
Nachdem Netflix gestern eine Reduzierung der Streaming-Bitrate beschlossen hat, um die Belastung auf das Internet in Zeiten der COVID-19-Pandemie zu reduzieren, zieht heute YouTube nach. Der zu Alphabet gehörende Dienst geht einen Schritt weiter und reduziert die Streaming-Qualität ab heute temporär auf Standard-Auflösung (SD).
SD-Qualität „by default“
Wie Reuters exklusiv berichtet, habe EU-Kommissar Thierry Breton die Maßnahme mit Alphabet-CEO Sundar Pichai und YouTube-CEO Susan Wojcicki besprochen.
In einer offiziellen Stellungnahme sagte YouTube, dass der Anbieter seine Streaming-Qualität für Gesamteuropa temporär standardmäßig auf SD-Qualität (Standard Definition) reduzieren wird. Damit werden höhere Auflösungen als 480p (SD), darunter 720p (HD), 1080p (FHD), 2160p (UHD/4K) und 4320p (8K), vorerst nicht mehr automatisch angeboten. Das „standardmäßig“ im Statement kann so interpretiert werden, dass höhere Qualitätsstufen jetzt manuell ausgewählt werden müssen.
We are making a commitment to temporarily switch all traffic in the EU to standard definition by default.
YouTube
Netflix reduziert nur Bitrate
YouTube geht mit den Einschränkungen somit deutlich weiter als Netflix, das lediglich die Bitrate reduziert, um den in Europa durch den Dienst verursachten Traffic um 25 Prozent zu reduzieren. An den vom Kunden hinsichtlich Auflösung gebuchten Paket hat Netflix hingegen keine Veränderungen vorgenommen. Kunden erhalten weiterhin SD-, HD- oder UHD-Qualität, nun jedoch mit der minimal möglichen Bitrate, um die Auflösung zu halten.
Deutsche Netzanbieter und DE-CIX sind gelassen
Deutsche Netzbetreiber wie die Telekom, Vodafone und Telefónica haben zuletzt immer wieder die ausreichenden Kapazitäten im Netz betont. Zwar sei im Festnetz ein Anstieg des Datenverkehrs und von Telefonaten festzustellen, die verfügbaren Kapazitäten seien aber bei weitem nicht erschöpft. Auch der DE-CIX in Frankfurt am Main verzeichnet nur einen durchschnittlichen Anstieg des Datenverkehrs um derzeit 10 Prozent.
Situation außerhalb Deutschlands schwieriger
Außerhalb Deutschlands ist die Situation jedoch eine andere. Insbesondere die Schweizer Regierung hat seine Bürger deutlich dazu aufgerufen, datenintensive Dienste wie Streaming und den Download von Spielen einzuschränken. Das Regierungskabinett hatte zuvor eine mögliche Einschränkung von Streaming-Diensten durch die Politik ins Gespräch gebracht. In Italien vermeldete Telecom Italia erst vor wenigen Tagen ein um 70 Prozent gestiegenes Datenvolumen, was zu regionalen Netzüberlastungen führte
Auf Netflix und YouTube folgt Amazon Prime Video mit einer Reduzierung der Streaming-Qualität für den europäischen Raum, wie aus einer Stellungnahme gegenüber Engadget hervorgeht. Amazon wird die Bitrate des Streamings ab sofort reduzieren, will dabei aber ein gewisses Qualitätsniveau aufrechterhalten. Durch die Maßnahme soll die Belastung auf die Netze Europas reduziert werden.
Prime Video is working with local authorities and Internet Service Providers where needed to help mitigate any network congestion, including in Europe where we've already begun the effort to reduce streaming bitrates whilst maintaining a quality streaming experience for our customers.
Amazon-Sprecher für Prime Video
Auf Netflix, YouTube und Amazon Prime Video folgt jetzt auch Apple TV+ mit einer Reduzierung der Datenrate seines Streaming-Angebotes, wie 9to5Mac berichtet.
Nachdem Golem dies mit einem Apple TV und einem Samsung Q9F testen und bestätigen konnte, kann ComputerBase ebenfalls eine geringere Auflösung auf dem iPhone 11 Pro bestätigen. Zu den von 9to5Mac beobachteten Artefaktbildungen kam es jedoch weder bei den Stichproben von Golem noch bei ComputerBase.
Apple hat sich noch nicht offiziell zur Drosselung seines Streaming-Dienstes geäußert.