C:\B_retro\Ausgabe_21\: Aus einer Zeit, in der nicht nur die Maus mausgrau war
tl;dr Heute ist der PC mitunter Designerstück und Einrichtungsgegenstand, doch seit wann ist das so und wie sah ein PC eigentlich früher aus? Und, viel wichtiger noch, was steckte eigentlich drin? Heute wirft C:\B_retro\ einen Blick auf die unterschiedlichsten Epochen verschiedenster Case Designs und die darin verbaute Hardware.
Jeden Sonntag wirft C:\B_retro\ einen unterhaltsamen Blick zurück auf drei Jahrzehnte voller bewegter Geschichten und die Entwicklung der Computerszene: Was geschah in den letzten 30 Jahren zwischen 1980 und 2010 in der Informationstechnik? Geschichten von Mythen, Meilensteinen und Meisterwerken: C:\B_retro\.
C:\B_retro\Ausgabe_21\
Heute sind Gehäuse oftmals kleine Kunstwerke. Ganz nach dem Geschmack des jeweiligen Anwenders und nicht selten mit äußerst großzügig bemessenen Glasflächen oder luftigem Mesh, bunter RGB-Beleuchtung und kompakten All-in-One- oder ausladenden Custom-Wasserkühlungen aufgewertet, sind Computergehäuse heute mehr als eine einfache Behausung der Hardware. Ganz nach dem Motto „Früher war alles anders!“, wirft die Redaktion heute einen Blick darauf, was die 1980er, 90er und frühen 2000er an Cases zu bieten hatten und welche Hardware sie beheimateten. Case History.
C:\B_retro\Ausgabe_21\Case_History\
C:\B_retro\...\1983\Olivetti M24\
Den Anfang macht das Gehäuse des Olivetti M24 (Titelbild), ein Desktop-PC auf Basis eines im 3.000-nm-Verfahren von MOS Technology gefertigten Prozessors vom Typ Intel 8086 mit 8 MHz und 128 kB Arbeitsspeicher.
Gerade zu Beginn der 1980er waren horizontal ausgerichtete Gehäuse vom Typ „Desktop“ weit verbreitet und dienten nicht selten als Standort für einen Monitor. Mindestens ebenso obligatorisch wie stilprägend war die lange Zeit dominierende Farbgebung, die irgendwo zwischen Grau und Beige eingeordnet werden kann. Natürlich darf auch ein 5,25-Zoll-Diskettenlaufwerk nicht fehlen, aber hierzu mehr in Ausgabe 16: Die Geschichte der Diskette.
Die Abmessungen des Gehäuses des Olivetti M24 betrugen 160 mm × 380 mm × 415 mm (B×H×T), was in etwa dem damaligen Standard für Desktop-Gehäuse entsprach.
Der oder besser die Olivetti M24 war lange Zeit der Standard-PC für Datev und besaß 1983 folgende Hardware:
- Intel 8086 16-Bit x86-Prozessor mit 8 MHz
- 128 oder 256 kB Arbeitsspeicher mit 150 ns
- 14-Zoll-Monitor mit 640 × 400 Pixeln und 16 Farben
- 5,25-Zoll Panasonic JU-455 Diskettenlaufwerk mit 360 kB
- Festplatte mit 20 MB Speicherplatz
- MS-DOS 2.0 Betriebssystem
Die Hardware reichte aus, um eines der damaligen AAA-Spiele „Grand Prix“ zu spielen, wie das folgende Video des französischen Retro-Channels „le-grenier-informatique“ zeigt:
C:\B_retro\...\1989\IBM Ps/2 Model 70\
Auch zwischen 1989 und 1991 setzten viel OEMs und Gehäusehersteller auf Cases vom Typ „Desktop“, wenngleich die Abmessungen ein wenig kompakter wurden. Die IBMs Ps/2-Serie basierte damals auf einem Intel i486 in der DX-Variante mit 25 MHz sowie dem für die Zeit üppigen 6 MB großen Arbeitsspeicher aus SIMM-Riegeln.
Langsam kamen aber auch in den heimischen vier Wänden die Tower-Gehäuse mehr und mehr in Mode, weshalb IBM seinen Personal Computer auch in einer Variante im Midi-Tower anbot. Alles in allem blieben die Gehäuse aber auch Anfang der 1990er eher dezent und vor allem „beige“.
Während sich die Ps/1-Serie noch größtenteils im kompakten Desktop-Gehäuse verkaufte, wurde die Ps/2-Reihe mehrheitlich im Format Midi-Tower ausgeliefert, welche die folgende Hardware beheimatete:
- Intel i486 DX mit 25 MHz
- 6 MB Arbeitsspeicher auf 72-Pin SIMM-Modulen
- 3,5-Zoll-Diskettenlaufwerk mit 1,44 MB
- Festplatte mit 120 MB Speicherplatz
- VGA-Grafikkarte mit 640 × 480 Pixeln
- MS-DOS 5.0.0 und IBM OS/2 2.1.3
Eine der Besonderheiten der PCs von IBM war sicherlich das OS/2-Betriebssystem, das C:\B_retro\ in einer der kommenden Ausgaben genauer vorstellen wird.
Der YouTube-Kanal „LGR“ präsentiert in seinem Video das IBM Ps/2 Modell 60 im noch einmal großzügigeren Big-Tower und zeigt, wie sich damit Anfang der 1990er Spiele wie der beliebte Jump'n'Run-Klassiker Commander Keen spielen ließen.
Auch die sogenannten „Denkzettel“, Werbeflyer des damals zeitweise größten und erfolgreichsten deutschen Hardware-Verkäufers Vobis, geben einen schönen Überblick über die Gehäuse der frühen 1990er.
C:\B_retro\...\1994\Vobis SkyTower\
Das deutsche Unternehmen Vobis war es auch, das ab 1994 nicht nur seine Komplettsysteme im sogenannten SkyTower anbot, sondern auch das Case als solches.
Mit Designelementen in der Front und einer beweglichen Klappe um die bis zu vier Laufwerke abzudecken zu können war der riesige Big-Tower eines der ersten Cases mit frischen Ideen. Besonders Systeme auf Basis von x86-Prozessoren der 4. Generation und später die ersten Intel Pentium verrichteten ihre Arbeit im Vobis SkyTower.
Mit dem Sky Mini war es erneut Vobis, der einen Midi-Tower mit speziellen Designelementen und einer der ersten Stromspartasten vorstellte, die dabei half, nach EPA-Standard (Energy Star) im Standby-Betrieb bis zu 80 Prozent Strom zu sparen.
Auch die Quick-Release-Funktion für Erweiterungskarten, Schnittstellen an der Front und die zum Teil werkzeugfreie Montage waren zu der Zeit ein Alleinstellungsmerkmal. Aber auch der geräumige SkyTower verkaufte sich weiterhin bestens und konnte sich schon bald über neue Hardware in Form des Pentium II freuen.
C:\B_retro\...\2000\Chieftec CS 601\
Nachdem bereits unter anderem Compaq mit seinen Presario-Serien mit anderen Formen und Farben experimentiert hatte, war es in erster Linie das Chieftec CS 601 (Test), auch bekannt unter der Bezeichnung Dragon DX, das in den frühen 2000er Jahren den Schritt weg vom eintönigen Grau/Beige der 1980er und 90er macht und auch dynamischere und aggressivere Designs einführt.
Das Chieftec CS 601 sollte sich zur Grundlage zahlreicher Mods entwickeln und hat noch heute eine große Zahl von Anhängern. Auch im ComputerBase-Test wusste der 13,1 kg schwere Midi-Tower zu überzeugen und wurde seinerzeit mit Pentium 4 und Athlon XP bestückt.
Das ComputerBase Testsystem entsprach in etwa der Hardware, die zwischen 2000 und 2003 in einem Chieftec CS 601 verbaut wurde und sah wie folgt aus:
- AMD Athlon (K7) mit 1.333 MHz
- EPoX 8KHA+ (Test) mit KT266A-Chipsatz
- 256 MB DDR-PC2100 Arbeitsspeicher
- Nvidia GeForce 2 Ultra (Test)
- Western Digital WD600AB
- Western Digital Caviar AC310100B
- Windows 2000 Professional mit SP2
Das Chieftec CS 601 darf getrost als einer der Wendepunkte im Design der Gehäuse angesehen werden, an dem sich das Aussehen von PCs deutlich verändert hat. Die Moddingszene wuchs ab diesem Zeitpunkt schneller und auch andere Hersteller adaptierten den Stil des Dragon DX.
Auch auffällige Farben und die ersten Seitenfenster fanden mit dem CS 601 ihren Weg in den Alltag der Anwender und kommen am ehesten dem nahe, was heute im Bereich der Gehäuse Standard ist.
In seinem Retro-Review schaut sich „Bill Owen“ das Dragon DX noch einmal ganz genau an.
Obgleich es zahlreiche legendäre Cases gibt, hat sich die Redaktion mit dem Chieftec CS 601 ganz bewusst nur für ein Gehäuse entschieden, welches einen Zeitenwechsel und eine Art Zäsur darstellt.
In den Kommentaren sind weitere Fotos, Fakten und Anekdoten aus der Community und deren Erfahrungen mit der Entwicklung der Gehäuse hingegen gerne gesehen.
C:\B_retro\Ausgabe_21\Community-Umfrage\
Wie hält es die ComputerBase Community mit dem Case Design? Eher dezent und gediegen oder doch lieber auffällig mit massig RGB, Seitenfenster und bunten Farben? Wie kommt das Case Design der 1980er und 90er heute an?
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Ja, dieses traditionelle Beige ist einfach toll
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Nein, dieses langweilige Design geht gar nicht
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Mir egal, für mich zählen innere Werte
C:\B_retro\Review\
An dieser Stelle finden sich die bisherigen Themen der vorangegangenen Ausgaben von C:\B_retro\ in chronologischer Reihenfolge.
- C:\B_retro\Ausgabe_1\: Intel i486, Sound Blaster 1.0 und Cebit 1999
- C:\B_retro\Ausgabe_2\: Windows 1.0, Pentium II und GeForce 8800 GTX
- C:\B_retro\Ausgabe_3\: Commodore 64, 3dfx Voodoo Graphics und Voodoo²
- C:\B_retro\Ausgabe_4\: Die Amiga Story
- C:\B_retro\Ausgabe_5\: Der legendäre AMD Athlon (K7)
- C:\B_retro\Ausgabe_6\: Die legendären Mainboards von Abit
- C:\B_retro}Ausgabe_7\: Die Anfänge von World of Warcraft
- C:\B_retro\Ausgabe_8\: Historische Multi-GPU-Grafikkarten
- C:\B_retro\Ausgabe_9\: Legendäre GPUs v2.0
- C:\B_retro\Ausgabe_10\: Der legendäre Atari 2600
- C:\B_retro\Ausgabe_11\: Der Nintendo Game Boy
- C:\B_retro\Ausgabe_12\: Der erste Intel Pentium
- C:\B_retro\Ausgabe_13\: Microsoft Windows 95
- C:\B_retro\Ausgabe_14\: Microsoft Windows XP
- C:\B_retro\Ausgabe_15\: Der Super Nintendo
- C:\B_retro\Ausgabe_16\: Die Geschichte der Diskette als Datenträger
- C:\B_retro\Ausgabe_17\: Hardware für Half-Life und Half-Life 2
- C:\B_retro\Ausgabe_18\: Der Nintendo Virtual Boy
- C:\B_retro\Ausgabe_19\: Die Anfänge des modernen Internets (WWW)
- C:\B_retro\Ausgabe_20\: Das Sega Mega Drive
C:\B_retro\Feedback\
Was haltet ihr von C:\B_retro\ und welche Themen wünscht ihr euch in der nächsten Ausgabe? Die Redaktion freut sich über konstruktive Kritik, Lob, aber auch Vorschläge, um die neue Serie zukünftig noch stärker an den Wünschen der Leserschaft ausrichten zu können. Mit diesem Lesestoff im Gepäck wünscht die Redaktion einen erholsamen Sonntag.
C:\B_retro\Links\
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Community-Notes
Hinweise und Ergänzungen aus unserer Community
Die Community des ComputerBase Forums ist immer sehr hilfsbereit und liefert nach jeder Ausgabe dieser Serie ihren Beitrag, in Form der Community-Notes. Auch dieses Mal wollten wir die Zeitzeugen wieder zu Wort kommen lassen und haben nach bekannten und relevanten Modellen in der Entwicklung der Gehäuse gefragen.
Die Community hat geliefert
Erneut hat sich die Community sehr hilfsbereit und kreativ gezeigt und in der Regel die ersten eigenen Cases präsentiert. Den Anfang machen doe Retro-Cases der ComputerBase Community:
Das Avance B031 im Test
Community-Mitglied „Zeto16“ besaß ein Avance B031 (Test), welches sich auch bei ComputerBase im Test beweisen durfte.
Autoexec.bat und Config.sys
Auch „adius“ erinnert an zwei alte Bekannte, die zwar mit der Entwicklung der Gehäuse eher weniger zu tun haben, aber so prägend waren, dass sie ihren Weg in die Community-Notes gefunden haben.
Autoexec.bat und Config.sys dürften wohl noch jedem Zeitzeugen in Erinnerung geblieben sein.
Oder um es mit den Worten von Community-Mitglied „bensel32“
Wenn ich an die Preise zurückdenke. Aber eine schöne Zeit war es.
bensel32, Community-Mitglied
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