Logitech Ergo K860 im Test: Praxiserfahrungen und Fazit
2/2Der erste Kontakt mit der K860 befremdet. Intuitiv geht der Griff unter die Tastatur, um vermeintlich aufgeklappte Stellfüße in ihren Ursprungszustand zurückzuversetzen. Sie sind es allerdings schon, denn die steile Anstellung der Front und das leicht nach hinten abfallende Tastenfeld hat Logitech zur Entlastung von Gelenken als Normalzustand definiert. Handballen liegen daher minimal über dem Tastenfeld. Diese abfallende Anstellung lässt sich lediglich weiter verstärken: Die beiden Stellfüße heben nur die fest in das Konzept integrierte und deshalb nicht demontierbare Auflage, nicht aber das Tastenfeld an, damit auch im Stehen gearbeitet werden kann.
Von einer normalen Tastatur auf ein Ergo-Modell umzusteigen, fällt erst aus anderen Gründen kurzzeitig schwer. Als Hindernis wirft sich das geteilte Tastenfeld zwischen die Finger, denn die Aufteilung in zwei räumlich getrennte Hälften zwingt zum strikten Einhalten des Zehn-Finger-Systems. Bis sich die Disziplin (wieder) eingeschliffen hat, vergeht etwas Zeit, zumal sich das Muskelgedächtnis leicht anders stehende Tasten einspeichern muss. Die absinkende Schreibgeschwindigkeit erholt sich aber nie zur Gänze, zumindest in subjektiver Wahrnehmung: Auf einer mechanischen Tastatur kann subjektiv schneller getippt werden. danach fühlt sich das Schreiben nicht ganz so schnell wie auf den normalen Eingabegeräten an, dafür bleibt es sicherer. Vertipper blieben eine absolute Seltenheit, jeder Anschlag sitzt.
Bequem ist die Tastatur obendrein, was aufgrund der Gewöhnungsphase mit anderen Schwerpunkten gar nicht so sehr unmittelbar, sondern erst bei Rückgriff auf eine normale Tastatur deutlicher wird. Effekte hat die K860 nicht nur auf die Hände, sie legte im Selbstversuch auch das Einnehmen einer korrekten Sitzposition nahe. Was Logitech auf Basis von Forschung und Feldversuchen verspricht, hat definitiv positive Auswirkungen.
Hervorzuheben sind für diese Effekte die flache Konzeption, die taktilen, angenehmen Taster und die ausreichend große Handballenauflage. Mit ihr trifft Logitech ins Schwarze. Der offenbar aufwändige, dreilagige Aufbau, eine Mischung aus Textiloberfläche, festem Schaumstoff und Memory-Schaumstoff, erzeugt eine feste, aber nicht harte Unterlage. Selbst die Oberfläche punktet, fühlt sich weniger künstlich als diverse Kunstleder-Alternativen der Konkurrenz an und lässt sich obendrein einfach reinigen.
Zum reinen Schreiben mit beiden Händen eignet sich die K860 insofern ganz ausgezeichnet. Anders stellt sich die Situation dar, wenn die Maus regelmäßig benutzt wird, also auch in Spielen. Das liegt nicht etwa daran, dass die Tastatur keine der für Spieler vorgeblich wichtigen Poster-Features – etwa Tastenbeleuchtung, ein hohes Key-Rollover und Makro-Funktionen – besitzt, sondern an ihrer Breite.
Aufgrund der Abmessungen ist eine zulaufende Haltung der Arme, die das Tastenfeld aus ergonomischen Gründen fördert, nicht mehr gegeben, wenn die Maus gegriffen wird, da Funktions- und Nummernblock im Weg stehen. Darüber hinaus wurde die Form der Tastatur auf eine Zehn-Finger-Haltung ausgerichtet. Auf der WASD-Kombination liegt die Hand nicht mehr bequem und droht permanent vom Tastenfeld zu rutschen. In der Summe erscheint für Spiele eine kompakte Tenkeyless- oder Hacker-Tastatur wie die Ducky One 2 SF (Test) geeigneter und letztlich, so seltsam das klingen mag, ergonomischer.
Als reines Arbeitsgerät ist diese Einschränkung weniger relevant, hier ist der Nummernblock aus Gewohnheitsgründen und für Zahlenakrobaten von größerer Bedeutung. Auch sonst passt die Konzeption auf dieses Szenario wie Politik in die Schlagzeilen. Wechselbare AAA-Batterien etwa minimieren Ausfallzeiten und erleichtern die Handhabung. Zusatzfunktionen zum Sperren des Nutzers, für den Taschenrechner oder zum dauerhaften Wechsel auf die FN-Ebene dienen dem gleichen Zweck.
Wie selbsterklärend und damit gelungen Sonderfunktionen angeordnet wurden, verrät übrigens die Anleitung – es gibt keine. Ebenfalls sparen können hätte sich Logitech auch die „Options“ genannte Software. Eine solche ist sie nicht, weil sie kaum sinnvollen Mehrwert schafft. Neu belegen lassen sich lediglich ausgewählte Tasten, und das nur in eingeschränktem Umfang.
Fazit
Als Universaltalent, als großes Entspannungsmittel für jede Situation darf man die K860 nicht bezeichnen. Vor allem Spieler machen besser einen Bogen um das Modell, denn die ihm inhärente Ergonomie wird mit steigendem Mauseinsatz zunehmend durch den Nummernblock untergraben. Hier ist eine Kompakttastatur herkömmlicher Machart oder ein spezielleres Design, etwa von Truly Egonomic, Matias oder ErgoDox eine bessere Wahl.
Aber eine Spieletastatur will die K860 ohnehin nicht sein. Ihre Rolle ist die eines Arbeitsgeräts – dafür wurde sie konsequent konzipiert. Form und Layout sind zum Schreiben im Office-Betrieb ausgelegt und dort tatsächlich eine erfühlte Erleichterung. Nur Wunderdinge sollten nicht erwartet werden, auf der Tastatur entwickelt sich kein revolutionär besseres Tippen. Für ein ausgenommen rundes Gesamtpaket ohne größere Schwächeren muss allerdings ein Preis gezahlt werden.
Gemeint ist tatsächlich der Kaufpreis. Rund 100 Euro sind im Vergleich zwar wenig, wenn der Blick auf mechanische, weit radikaler ausgelegte Ergo-Tastaturen fällt, aber viel im Vergleich mit ähnlichen Rubberdome-Tastaturen. Ergonomisch geformte Tastaturen von Microsoft starten zu Preisen von rund 40 Euro. Verzichtet werden muss nur auf die besonders flachen Tasten und den kabellosen Betrieb. Erst wenn beides unverzichtbar erscheint, wirkt der Preis in Gänze gerechtfertigt.
- Entlastendes Design
- Scissor-Tasten
- Sinnvoll angelegtes Layout
- Betrieb mit AAA-Batterien
- Software bietet wenig Mehrwert
- Abnehmende Ergonomie mit Maus
ComputerBase hat die Ergo K860 von Logitech zum Testen erhalten. Eine Einflussnahme seitens des Herstellers auf den Testbericht fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand nicht.
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