Amazon Fire HD 8 (Plus) im Test: Bedingt brauchbares OS und Fazit
4/4Mit dem letztjährigen Fire HD 10 hat Amazon erstmals für seine Tablets Fire OS 7 eingeführt, was nach dem Wechsel von Android 5 zu Android 7 bei Fire OS 6 auf nun Android 9 als Basis einen weiteren großen Sprung bedeutet. Auf beiden HD-8-Vertretern ist derzeit Fire OS 7.3.1.4 installiert.
Von der geänderten Basis bekommen Nutzer jedoch nur wenig mit. Nach wie vor versieht Amazon die eigenen Geräte mit der hauseigenen Oberfläche, die eine normale und von anderen Tablets gewohnte Nutzung erneut nicht zulässt. Zwar sind mit der neuen Version zusätzliche Funktionen wie die Bild-in-Bild-Ansicht, bei der die Wiedergabe von Videos in ein kleines Fenster verschoben werden kann und parallel dazu andere Apps wie ein Browser aufgerufen werden können, eingeführt worden. Das ist aber auch schon das höchste der Gefühle, was der Nutzer vom neuen Unterbau erwarten kann.
An der Oberfläche hat sich dagegen – leider – wie seit dem Erscheinen der ersten Fire-Tablets im Grunde nichts geändert. Weiterhin fungiert die Oberfläche in der Art eines Gemischtwarenladens für Amazons eigene Dienste und Angebote, bei dem Bücher, Filme, Spiele und weitere Apps sowie Audio-Inhalte von Prime Music oder der Amazon-Tochter Audible feilgeboten werden.
Amazon setzt auf den eigenen App-Store als Quelle für weitere Software. Dieser ist aber auch nach all den Jahren nicht so bestückt, wie man es etwa vom Google Play Store gewohnt ist. Viele Apps sind nach wie vor nicht vertreten. Vor allem wird es problematisch, wenn sich bereits ein anderes Android-Gerät im Haushalt befindet und dafür Apps gekauft wurden. Mit ein klein wenig Aufwand können diese Klippen jedoch leicht umschifft werden. Der Play Store und damit das komplette Google-Framework lassen sich mit ein paar Handgriffen nachinstallieren. Anleitungen finden sich dafür zahlreich im Netz.
Keine gewohnte Nutzung
Das ist so weit auch in Ordnung. Jedem Interessierten sollte klar sein, dass Amazon nicht nur seine Tablets, sondern auch E-Book-Reader und weitere Elekronik vor allem so günstig anbieten kann, da sie über den Verkauf der oben genannten Inhalte subventioniert werden. Dennoch hätte der Konzern technisch keine Schwierigkeiten damit haben dürfen, dem Anwender zumindest eine oder zwei Seiten des Homescreens für die eigene Nutzung zu überlassen, die er nach eigenem Gutdünken mit Icons oder Widgets hätte füllen können. Die anderen Seiten wären wiederum Amazons virtuellem Bauchladen vorbehalten geblieben und alle wären zufrieden gewesen. Die einzige wirkliche Einflussnahme besitzen Nutzer aktuell lediglich in der Anordnung der Icons auf der Startseite – alles andere wird von Amazon vorgegeben.
Da darf sich Amazon nicht wundern, dass häufig versucht wird, den Standard-Launcher durch andere Alternativen zu ersetzen, auch wenn der Online-Händler durch diverse Aktionen in der Vergangenheit immer wieder versucht hat, dies zu verhindern. Ein ständiges Katz-und-Maus-Spiel, mit dem niemanden geholfen ist. Das Unternehmen könnte einige Käufer mehr für seine Tablets gewinnen, wenn es die Oberfläche etwas weniger restriktiv handhaben würde.
Alexa darf nicht fehlen
Zum Inventar gehört auch bei den neuen Tablets Amazons eigene digitale Assistentin Alexa, die wie bereits beim Vorgänger komplett ohne Betätigung der Startseiten-Taste und damit nur durch Zuruf eines der beiden Schlüsselwörter „Alexa“ oder „Amazon“ genutzt werden kann. Nach wie vor ist die Assistentin für Amazon ein großer Erfolg, der von Seiten des Unternehmens ständig ausgebaut wird. Auch die Anzahl der sogenannten Skills wächst stetig.
Amazon gibt an, dass zu einer guten Verständigung das Tablet nicht mehr als zwei bis drei Meter entfernt vom Nutzer liegen sollte. Im Test reagierte die Spracherkennung bei normaler Lautstärke aber noch bei einer Entfernung von sechs bis sieben Metern – vorausgesetzt, es sind keine Störquellen vorhanden, welche die Erkennung der Anweisungen erschweren.
Fazit
Die 2020er Version des Fire HD 8 stellt eine schon seit Längerem fällige Aktualisierung dar. Die neue Kompaktheit mit Anleihen des Kindle Paperwhite gefällt. Die Verarbeitung ist wie bereits beim Vorgänger gut, wodurch das Tablet gut in der Hand liegt. Mit Kunststoff als alleiniges Material (vom Display einmal abgesehen) wirkt das HD 8 zwar nicht so edel wie die höherpreisige Konkurrenz, doch die zweckmäßige Wahl macht es sehr robust, womit auch mal der Fall vom Tisch aufgefangen werden kann.
Die innere Aufwertung zieht eine deutlich höhere Leistung nach sich, auch wenn beide Tablets gegen die meist größeren und teureren Vertreter keine Chance haben. Doch das neue SoC mit geringerer Strukturbreite sorgt für einen höheren Takt bei gleichzeitig deutlich geringerem Energieverbrauch. Amazons Angaben hinsichtlich des 30-prozentigen Leistungszuwachs werden in den meisten Benchmarks bestätigt oder liegen nicht selten sogar deutlich höher. Gleichzeitig hat sich die Akkulaufzeit gegenüber dem Vorgänger fast verdoppelt, was das HD 8 (Plus) zu einem Dauerläufer werden lässt.
Das Display ist nach wie vor der Knackpunkt des Tablets. Auch wenn die Helligkeit stimmt und die Farben solide, aber nicht übermäßig knackig dargestellt werden, hätte Amazon hierbei zumindest teilweise mehr abliefern müssen. Dass das Einstiegsgerät einen günstigeren Preis einhalten muss, ist nachvollziehbar, aber gerade beim HD 8 Plus wäre der preisliche Spielraum vorhanden gewesen. Hier wäre Amazon in der Pflicht gewesen, das Gerät mit einem höher auflösenden Bildschirm zu versehen. Kabelloses Laden und der leicht erhöhte Arbeitsspeicher alleine reichen nicht für die Preisdifferenz aus – zumal die RAM-Aufwertung im Alltag keinen echten Mehrwert bietet. Höchstens wenn im Browser einmal viele Tabs geöffnet sind, könnte sich ein Vorteil generieren – die Messwerte zeigen jedenfalls keinen Unterschied an.
Von einer höheren Auflösung hätten auch die Multimedia-Qualitäten profitiert. Aufgrund der geringen Größe kann das HD 8 auf Reisen ein treuer Begleiter werden, gerade in Verbindung mit den guten Laufzeiten. Mit einer höheren Auflösung hätte sich aber schon alleine die reine Textdarstellung verbessert, was unter anderem einen positiven Effekt auf das Lesen von Websites und digitalen Büchern haben würde – obwohl bei Letzterem ein E-Book-Reader oftmals die bessere Wahl darstellt. Aufgrund der Größe eignen sich beide Tablets auch sehr gut für Manga und andere Comics in entsprechenden Formaten.
Bei diesem Szenario hätten am Ende sicherlich mehr Käufer zu der erweiterten Variante gegriffen. Wer auf kabelloses Laden und den damit verbundenen Show-Modus sowie die Nutzung als Smart-Display verzichten kann, kann ruhig zur günstigeren Variante greifen und sich für das gesparte Geld eine Hülle kaufen – der Nutzen dürfte weitaus höher sein als der etwas größere Arbeitsspeicher. So müssen Käufer weiterhin auf eine Neuauflage des vor rund sieben Jahren veröffentlichten Premium-Tablets Fire HDX (8.9) (Test) warten.
- gute Verarbeitung
- helles Display
- lange Laufzeit
- günstiger Preis
- geringe Auflösung
- nur 2 MP-Kamera
- mit Fire OS zu eingeschränkt
- gute Verarbeitung
- helles Display
- kabelloses Laden
- lange Laufzeit
- geringe Auflösung
- nur 2 MP-Kamera
- mit Fire OS zu eingeschränkt
ComputerBase wurden das Fire HD 8 und das Fire HD 8 Plus leihweise von Amazon für den Test zur Verfügung gestellt. Eine Einflussnahme des Herstellers auf den Testbericht fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand nicht. Es gab kein NDA.
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