C&C Remastered im Test: Command & Conquer wie früher, nur schöner
tl;dr: Auch Command & Conquer hat eine Remaster-Version bekommen, die im Test zu überzeugen weiß. Das Spiel hat sowohl Stärken als auch Schwächen des Originals übernommen, kommt aber mit einer etwas besseren Bedienung und einer deutlich hübscheren Grafik daher.
2020 ist das Jahr der Spiele-Remaster. Im Mai erschien gefühlt kaum etwas anderes. Auf Halo 2: Anniversary folgte erst Mafia II: Definitive Edition, dann Saints Row: The Third Remastered. Und Anfang Juni kam ein Remaster aus dem mittlerweile kläglich bedienten Genre der Echtzeitstrategie. Die Rede ist von einer der bekanntesten Spieleserien aller Zeiten: Command & Conquer. Die Remastered Collection enthält erweiterte Neuauflagen von Der Tiberiumkonflikt (1995) und Alarmstufe Rot (1996). Sämtliche Addons zu beiden Titeln sind ebenfalls an Bord.
Nahe am Original, mit viel weniger sichtbaren Pixeln
C&C Remastered macht nicht alles neu wie zum Beispiel die Age of Empires II: Definitive Edition. Stattdessen haben sich die Entwickler sehr nahe am Original gehalten. So nutzt die Neuauflage immer noch die gleiche Engine, einzig auf DirectX 11 wurde sie portiert. Das hat den Vorteil, dass zwischen der Original-Optik und der verbesserten Grafik auf Knopfdruck hin und her geschaltet werden kann – weil das erste C&C 25 Jahre alt ist, sorgt das jedes Mal für einen Aha-Effekt.
Sämtliche Grafiken wurden neu gestaltet, sie zeigen jetzt viel mehr und teils auch überhaupt zum ersten Mal irgendwelche Details. So ist Wasser nun Wasser mit Wellengang und nicht mehr nur ein blauer Pixelbrei. Tanya ist kein Pixelhaufen mehr, sondern lässt sich sofort von anderen Infanteristen unterscheiden.
Im Stile und mit dem Schwächen des Originals
Zu einem nach heutigen Maßstäben schönen Spiel wird C&C Remastered dadurch nicht. Das will das Spiel aber auch gar nicht sein, der Stil soll lediglich erhalten bleiben. Und das ist am Ende in der Tat neben den Anpassungen die zweite gute Nachricht: Command & Conquer ist immer noch Command & Conquer. Der Grafikstil ist trotz der Änderungen gleich geblieben, das Spiel lässt sich sofort erkennen.
Das hat dann aber auch zur Folge, dass einige Schwächen vom Original geblieben sind. Animationen gibt es nur sehr einfache und um 360 Grad bewegen können sich die Figuren auch nicht. Explosionen werden einfach nur übergeblendet und viele weitere optische Finessen, die man aus heutigen Spielen gewohnt ist, gibt es nicht.
Keine Optionen wie heutzutage gewohnt
Command & Conquer Remastered hat zwar ein Grafikmenü, doch ist das nicht viel mehr als ein Alibi. Denn mehr Möglichkeiten als die Auflösung zu ändern sowie zwischen der alten und der neuen Grafik umzuschalten gibt es nicht.
Niedrige Hardware-Anforderungen
Ein klassischer Technik-Test lohnt sich für Command & Conquer Remastered nicht, dafür sind die Anforderungen viel zu niedrig – sowohl an den Prozessor als auch an die Grafikkarte. Daher beschränken sich die folgenden Benchmarks auf langsame diskrete Grafikkarten sowie auf integrierte GPUs von AMD und Intel.
Als Auflösungen dienen aber wie gewohnt 1.920 × 1.080, 2.560 × 1.440 sowie 3.840 × 2.160. Windows 10 2004 ist installiert, als Treiber kommen der GeForce 446.14, der Adrenalin 20.5.1 und der Intel 27.20.100.8280 zum Einsatz. Die Testsequenz ist eine Szene aus der Kampagne von Alarmstufe Rot – eine große Mehrspielerschlacht kann anspruchsvoller sein. Die diskreten Grafikkarten wurden an einem Ryzen 5 3400G mit DDR4-2933-Speicher betrieben.
Benchmarks in Full HD, WQHD und Ultra HD
In Full HD schafft selbst der Pentium G5400 mit der Intel Graphics UHD 610 beinahe 60 FPS und kann damit Command & Conquer Remastered sehr flüssig wiedergeben. Der Core i3-9100 mit der Graphics UHD 630 knackt dann gleich die 100-FPS-Marke. Damit ist die Intel-GPU aber noch 30 Prozent langsamer als die Nvidia GeForce GT 1030, die den Bestwert einfährt.
AMD-GPUs zeigen dagegen ein etwas merkwürdiges Verhalten. Über 100 FPS kommen diese einfach nicht hinaus, ganz gleich ob es sich um eine integrierte oder eine diskrete GPU handelt. Ryzen 5 3400G und Radeon RX 550 sind damit am Ende nur so schnell wie der Intel Core i3. Ein CPU-Limit liegt dabei nicht vor und die GPU-Auslastung ist auch nicht das Problem. Was genau ursächlich ist, bleibt unklar.
In WQHD ändert sich nur wenig, erst in Ultra HD wird es wieder spannend. Denn dafür ist der Pentium G5400 dann zu langsam und auch der Core i3-9100 erreicht nur noch gerade so rund 40 FPS. In der Auflösung zeigt sich dann ebenfalls, dass AMD-GPUs in C&C eigentlich deutlich schneller als die Intel-Gegenparts sind, denn selbst der Athlon 3000G ist dem schnellsten Intel-Ableger mal eben 54 Prozent voraus. Der Athlon 3000G schafft in UHD dann auch mehr als 60 FPS, die Radeon RX 550 wird immer noch bei 100 FPS limitiert. Damit schrumpft der Abstand zur GeForce GT 1030 auf 11 Prozent, diese bleibt noch bei knapp über 100 Bildern in der Sekunde.
Das Baumenü kostet viel Performance
Man mag es kaum glauben, aber ein richtiger Leistungsfresser ist unabhängig von der eingesetzten GPU das Baumenü auf der rechten Seite, das ein- und ausklappbar ist. Je nach Szene kostet es mal eben 10 bis 25 Prozent FPS. Ja, richtig gelesen: 25 Prozent!
Wie gut ist Command & Conquer Remastered?
Vor Jahren erfolgreiche Spiele aufgehübscht neu herauszubringen, ist noch keine Garantie für einen Erfolg in der Gegenwart. Neben der Technik hat sich, wenn auch in meist geringerem Maße, das Gameplay weiterentwickelt. Je älter ein Spiel ist, desto größer die Chance, dass nicht nur das Erscheinungsbild den Muff wohlverdienter Gruft transportiert. Age of Empires: Definitive Edition (Test) krankte beispielsweise sehr an der vom Original übernommenen, sehr schlechten KI.
Spiele der Jahrgänge 1995 und 1996 sind bereits in der Hochrisikozone, in der Erinnerung und Realität, aber auch einfach die Ansprüche der aktuellen Jahre und Spielkonzepte häufiger keinen gemeinsamen Grund finden. Command & Conquer bietet – erstaunlicherweise – beides: eine liebevolle Grafik-Überarbeitung, die Pixelmatsch in durchaus Spielbares konvertiert, und einen unterhaltsamen Inhalt, der davon profitiert.
Spielerisch bieten weder Der Tiberiumkonflikt noch das ähnliche Alarmstufe Rot die heute übliche Vielzahl an Mechaniken. So fehlen etwa Höhenunterschiede im Terrain, die in der Serie erst mit C&C: Tiberian Sun eingeführt wurden. Vermissen muss man sie nicht. Aus den wenigen Möglichkeiten hat Westwood viel geschöpft: Es gibt Aufgaben mit und ohne Basisbau, unterschiedliche Ziele, Besonderheiten und oft einen Kniff, der Missionen erst lösbar beziehungsweise viel leichter lösbar werden lässt – also „Strategie“ ins Strategiespiel bringt.
Interessant sind die Szenarien unbedingt, wenn die Tutorialmissionen überstanden sind. Dazu trägt bei, dass Command & Conquer sich wie zu seiner Zeit typisch jedwedes Händchenhalten verkneift. Missionsziele und Hinweise stehen in einem Untermenü, Einheiten sterben schnell und nehmen durch Eigenbeschuss Schaden, wenn sie zu dicht an Explosionen stehen – schlicht, aber effektiv, um zum Aufpassen zu erziehen.
Schnell unter der Erde sind Trupps aber auch, weil sie kaum intelligent sind. Es kann sein, dass ein paar Fußsoldaten gemütlich nacheinander die weit überlegene Spieler-Armee verfrühstücken, weil Einheiten nicht wahrnehmen, wenn einen halben Zentimeter weiter ein Mitstreiter unter Beschuss steht oder die kürzeste Route eben an Gegnern vorbeiführt, deren Beschuss bis zum Tod wehrlos erduldet wird.
Himmelschreiende Dämlichkeit
Himmelschreiende Dämlichkeit kann beklagt werden, lässt sich aber auch einfach als Zutat bezeichnen. Schließlich haben Spieler so etwas zu tun, müssen Reaktionsschnelle zeigen und neben der Basis eben auch die Karte permanent im Blick behalten. Sie ärgert gelegentlich, hält aber eben auch auf Zack und schafft Herausforderungen, deren Bewältigung erst Zufriedenheit erzeugt. Eine Mission erfolgreich zu meistern, belohnt im Anschluss mit Rendersequenzen und dem nächsten Intro, das sein Alter nicht ganz verbergen kann, zumal die Hochskalierung nicht immer nur für Verbesserungen sorgt. Trotzdem: Echte Schauspieler, die die Person vor dem Bildschirm ansprechen, haben eine klasse Wirkung, unabhängig von der Auflösung. Folglich macht deshalb eine überzeugende Stimme selbst spät in der Nacht noch wiederholt den Vorschlag, „nur noch diese eine“ Mission in Angriff zu nehmen.
Zum Glänzen wird das Spiel zudem durch sanfte Änderungen im Hintergrund gebracht. Einheiten können gruppiert werden, die Spielgeschwindigkeit lässt sich anpassen und auch das Steuerungsschema bietet eine Variante, bei der der für C&C typische Befehls-Linksklick gegen die Mainstream-Version getauscht wird. Obendrein liefern EA und Petroglyph unter anderem mit Making-of-Material und nachgestellter Installationsroutine jede Menge Service rund um die Geschichte des Oldies, sodass nicht nur mit Grafik-Umschalter direkt in die Vergangenheit geblickt werden kann. Mod- und (verschobene) LAN-Unterstützung sind ebenfalls an Bord.
Richtig remastert
Inhalt gut, Überarbeitung gut, Klassiker bewahrt und behutsam modernisiert, ohne Unarten der Gegenwart einzubauen: Das ist Spitzenniveau und leider nicht selbstverständlich. Und deshalb lohnt der Kauf aus spielerischer Hinsicht durchaus. Zu den Systemanforderungen sollte aber eines gezählt werden: Die Bereitschaft, sich auf ein etwas anderes Konzept einzulassen, das eben nicht das ist, was dem jüngeren Erfahrungshorizont entspricht.
Fazit
Command & Conquer Remastered ist ein absolut gelungenes Remaster. Dabei gibt es durchaus Grund zur Kritik: Die Grafik hätte ein paar mehr Updates erhalten können, die KI ist und bleibt eine kleine Katastrophe und etwas mehr moderner Komfort wäre auch nicht schlecht gewesen. Aber die erweiterte Neuauflage schafft es wie nur wenige andere, den Stil und die Atmosphäre vom Original trotz der Änderungen beizubehalten. Und zugleich gibt es keine Verschlimmbesserungen.
Damit ist Command & Conquer Remastered für alle Spieler des Originals, die standesgemäß in die Vergangenheit reisen wollen, fast schon ein Pflichtkauf. Und für alle RTS-Fans, die mal sehen möchten, wie das Strategie-Genre mitgestaltet wurde, ebenso. Wer keinen Hang zur Nostalgie verspürt, sollte hingegen klar die Finger davon lassen.
ComputerBase hat Command & Conquer Remastered vom Publisher EA zum Testen erhalten. Das Spiel wurde unter NDA zur Verfügung gestellt. Die einzige Vorgabe war der frühstmögliche Veröffentlichungszeitpunkt. Eine Einflussnahme des Herstellers auf den Testbericht fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand nicht.
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