Sony WH-CH710N im Test: Günstigerer ANC-Kopfhörer überzeugt als Alltagsbegleiter
tl;dr: Der Sony WH-CH710N bietet gutes ANC und einen angenehmen Klang zu einem günstigeren Preis als der WH-1000XM3, der weiterhin das beste ANC bietet. Bei Lieferumfang und Haptik sind dafür aber Kompromisse erforderlich. Im Angebot für rund 100 Euro ist der WH-CH710N jedoch ein sehr guter Alltagsbegleiter.
Der Sony WH-CH710N ist ein kabelloser Over-Ear-Kopfhörer mit aktiver Geräuschunterdrückung (ANC), der mit einer unverbindlichen Preisempfehlung von 149,90 Euro deutlich günstiger als Sonys Verkaufsschlager WH-1000XM3 (Test) ist. Ob und welche Abstriche für den günstigeren Preis gemacht werden müssen, klärt der Test des neuen ANC-Modells, das in Schwarz, Weiß und Blau erhältlich ist.
Im Lieferumfang des WH-CH710N befinden sich neben dem Kopfhörer ein 1,2 m langes AUX-Kabel, ein kurzes USB-C-auf-USB-A-Ladekabel und eine Bedienungsanleitung. Auf eine Transporttasche wie beim WH-1000XM3 oder einen Beutel muss man als Käufer verzichten.
Die Technik im Sony WH-CH710N
ANC, AAC und SBC
Die ersten Abstriche im Vergleich zum WH-1000XM3 müssen bei den Codecs gemacht werden. Der WH-CH710N unterstützt neben SBC nur AAC, auf aptX, aptX HD und LDAC des großen Bruders muss verzichtet werden. Die Funkverbindung wird über Bluetooth 5.0 hergestellt.
Auch der Frequenzgang ist mit den üblichen 20 bis 20.000 Hz eingeschränkter als die 4 bis 40.000 Hz des WH-1000XM3. Die Impedanz liegt bei einer Verbindung über das Kopfhörerkabel und eingeschaltetem Gerät bei 72 Ohm, bei einer Verbindung über das Kopfhörerkabel und ausgeschaltetem Gerät hingegen bei 33 Ohm. Die dynamischen Treiber haben einen Durchmesser von 30 mm.
38 Stunden Akkulaufzeit mit ANC, danach per Kabel
Bei der Akkulaufzeit mit aktiviertem ANC muss sich der WH-CN710N hingegen nicht vor dem WH-1000XM3 verstecken. Sony beziffert die Laufzeit auf offiziell 35 Stunden bei aktivierter Geräuschunterdrückung. Der große Bruder erreicht offiziell 30 Stunden mit ANC.
Wichtiger ist aber der Praxistest. Erreicht der Sony WH-1000XM3 im Test knapp 28 Stunden mit ANC und aptX, sind es beim WH-CH710N mit AAC und ANC 38,5 Stunden, bis nachgeladen werden muss. Dank der Schnellladefunktion können innerhalb von 10 Minuten weitere 60 Minuten Musikwiedergabe erreicht werden. Hier bietet das teurere Modell mit bis zu 5 Stunden nach 10 Minuten wieder mehr. Das vollständige Aufladen des entladenen Kopfhörers dauert rund 3 Stunden, was vergleichsweise lang ist. Während des Ladens kann er theoretisch über Klinke weiterverwendet werden. Eine Audio-Übertragung via USB-Anschluss ließ sich im Test nicht erzielen.
Eine IP-Zertifizierung, die dem Kopfhörer einen Schutz vor Regen, Schweiß und Staub bescheinigt, trägt der WH-CH710N nicht. Bei starkem Regen sollte er somit vorsichtshalber abgesetzt und verstaut werden. Apropos Verstauen: Der Kopfhörer kann flach gefaltet, aber nicht geknickt werden. So klein wie der WH-1000XM3 lässt er sich deshalb nicht zusammenfalten.
Kein vollständiges Multi-Connect
Auch der WH-CH710N beherrscht kein vollständiges Bluetooth-Multi-Connect, worüber mehrere Endgeräte gleichzeitig über Bluetooth mit dem Kopfhörer verbunden sein können und zwischen diesen nahtlos bei der Wiedergabe gewechselt werden kann. Soll ein anderes, bereits bekanntes Endgerät mit dem Kopfhörer gekoppelt werden, muss zunächst die aktuelle Verbindung unterbrochen werden. Möglich ist nur eine getrennte Verbindung für die Musikwiedergabe und die Telefoniefunktionen, wofür es jedoch nötig ist, die Bluetooth-Verbindung entsprechend zu konfigurieren.
Sony WH-CH710N | iFrogz Airtime Vibe | Sony WH-1000XM3 | Bowers & Wilkins PX5 | Montblanc MB 01 | Sennheiser Momentum 3 Wireless | beyerdynamic Amiron wireless copper | |
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Wandlerprinzip | dynamisch, 30 mm | dynamisch, 40 mm | dynamisch, 35 mm | dynamisch, 40 mm | dynamisch, 42 mm | Tesla, dynamisch | |
Bauform | Geschlossen | ||||||
Frequenzgang | 20–20.000 Hz | 4–40.000 Hz (Kabel), 20–40.000 Hz (Bluetooth, LDAC) | 10–30.000 Hz | 10–20.000 Hz | 6–22.000 Hz | 5–40.000 Hz (Kabelbetrieb) | |
Nennimpedanz | 72 Ohm (aktiv, Kabel), 33 Ohm (passiv, Kabel) | 32 Ohm | 16 Ohm passiv, 47 Ohm aktiv | 20 Ohm | 32 Ohm | 100 Ohm passiv, 470 Ohm aktiv | 32 Ohm |
Kennschalldruck | 94 dB (aktiv, Kabel), 100 dB (passiv, Kabel) | k. A. | 101 dB | k. A. | 100 dB | 99 dB | 100 dB |
Klirrfaktor | k. A. | < 1 % | < 0,3 % (1 kHz, 100 dB SPL) | < 0,05 % bei 500 Hz | |||
Kabel | 3,5-mm-Klinke, 1,2 m | 3,5-mm-Klinke | 3,5-mm-Klinke, 1,2 m | 3,5-mm-Klinke, 1,0 m | 3,5-mm-Klinke auf USB-C | 3,5-mm-Klinke | 3,5-mm-Klinke, 4-polig, 1,2 m |
Bluetooth | 5.0 | 4.2 | 5.0 | 4.2 | |||
Unterstützte Codecs | SBC, AAC | SBC, AAC, aptX, aptX HD, LDAC | SBC, aptX Adaptive, AAC | SBC, aptX, aptX LL, AAC | SBC, aptX, aptX HD, aptX LL, AAC | ||
Akkulaufzeit | 35 Stunden (mit ANC) | 25 Stunden (mit ANC) | 30 Stunden (mit ANC) | 25 Stunden (mit ANC) | 20 Stunden (ohne ANC) | 17 Stunden (mit ANC) | 30 Stunden |
Ladezeit | 3 Stunden | 2 Stunden | 3 Stunden | 2 Stunden | 3 Stunden | 2 Stunden | |
Akkukapazität | k. A. | 450 mAh | k. A. | 730 mAh | 330 mAh | 1.050 mAh | |
Ladebuchse | USB-C | Micro-USB | USB-C | ||||
Gewicht (ohne Kabel) | 223 g | 250 g | 255 g | 241 g | 280 g | 306 g | 400 g |
An/Aus und Kabelanschlüsse links
An der linken Ohrmuschel ist der Ein-/Ausschalter, über den auch der Kopplungsvorgang für Bluetooth gestartet werden kann, indem die Taste lange gedrückt wird. Sie bietet einen guten, klaren Druckpunkt. Zudem sind an der linken Ohrmuschel der Mini-Klinkenanschluss und der USB-C-Anschluss zum Aufladen des Kopfhörers platziert. In der Ohrmuschel befindet sich darüber hinaus NFC, um mit unterstützten Endgeräten schnell eine Verbindung aufzubauen, ohne den Kopfhörer in den Einstellungen suchen zu müssen.
Steuerung über rechte Ohrmuschel
An der rechten Ohrmuschel befinden sich hingegen die Bedienelemente zur Steuerung der Musikwiedergabe über den Kopfhörer. Auf Touch verzichtet Sony beim WH-CH710N dabei vollständig. Alle Funktionen werden über Tasten realisiert. Die vordere, einzeln platzierte Taste steuert die Umgebungsgeräusche. Wahlweise wird über sie ANC oder der Transparenzmodus zum Durchleiten von Umgebungsgeräuschen aktiviert oder aber beides deaktiviert. Über die mittlere Taste des Dreierfeldes werden Wiedergabe und Telefonie gesteuert. Einmaliges Drücken startet oder pausiert die Wiedergabe. Zweimaliges Drücken springt dabei einen Track vor, dreimaliges einen Track zurück. Wird die Taste gedrückt gehalten, wird der Sprachassistent des verbundenen Smartphones aktiviert. Die beiden angrenzenden Tasten dienen zur Anpassung der Lautstärke.
Die mittlere Taste ist sicher mit dem Daumen zu treffen, wenn man die Hand an den Kopfhörer legt. Wenn man sich darauf versteift, sie zunächst sicher ertasten zu wollen, ist dies für die Bedienung eher nachteilig. In 99 Prozent aller Fälle trifft man sie, ohne weiter darüber nachzudenken. Alle Tasten bieten einen eindeutigen Druckpunkt.
Keine App für Anpassungen und Updates
Auf eine Unterstützung der Headphones-Connect-App hat Sony beim WH-CH710N verzichtet. So ist es nicht möglich, den Transparenzmodus und die aktive Geräuschunterdrückung in ihrer Intensität zu steuern – einer der Pluspunkte des ANCs vieler Sony-Modelle. Auch eine automatische Umschaltung zwischen den Modi in Abhängigkeit der Umgebung oder Bewegung ist so auf dem Kopfhörer nicht möglich. Zudem gehen der Equalizer und Firmware-Updates verloren.
Verarbeitung und Tragekomfort
Der Sony WH-CH710N ist gut verarbeitet und angenehm leicht. Durch den hauptsächlichen Einsatz von Kunststoff versprüht er dabei allerdings keinen Premium-Anspruch, was angesichts der niedrigeren Preisklasse aber in Ordnung geht. Beim Bewegen klappern die Scharniere etwas und auch das Geräusch der an die Gelenke anschlagenden Ohrmuscheln erzeugt keinen Eindruck höchster Wertigkeit. Die Funktionalität schränkt dies jedoch nicht ein.
Die Polsterung des Kopfbandes, das metallverstärkt ist, ist deutlich dünner als beim WH-1000XM3, aber dennoch ausreichend. Es passt sich jedoch gut an und übt keinen zu hohen Druck auf den Kopf des Trägers aus. Die Ohrmuscheln sind angenehm groß, so dass sie nirgends anschlagen. An warmen Tagen führt das Kunstleder aber zum Schwitzen. Der Tragekomfort des WH-CH710N ist trotz kleinerer Einschränkungen insgesamt hoch.
Anders als iFrogz bei den Airtime Vibe (Test) hat Sony auch bei der Drehrichtung der Scharniere der Ohrmuscheln mitgedacht. Diese lassen sich nämlich um 90 Grad nach hinten und nur wenige Grad nach vorne drehen statt andersherum. So kann man die Ohrmuscheln mit der Innenseite zum Körper zeigend um den Hals tragen.
Die Rasterung zum Verstellen des Kopfbandes bietet einen festen Halt, so dass sich der Kopfhörer auch beim Tragen in der Hand nicht ungewollt verstellt. Sony hat sämtliche Kabel innenliegend verbaut, so dass sie weder sichtbar sind noch leicht beschädigt werden können. Die passive Isolierung des Kopfhörers ist gut, wobei vor allem tiefe Frequenzen gedämpft werden.
Ohrpolster austauschbar
Die Ohrpolster des WH-CH710N lassen sich austauschen. Hierzu müssen sie nur abgezogen und der Ersatz mit etwas Fingerspitzengefühl über den Rand aufgezogen werden. Auch wenn es keine Halterung gibt, die mit abgenommen werden kann und den Prozess vereinfacht, ist das Auswechseln der Ohrpolster selbst für ungeübte Nutzer innerhalb weniger Minuten erledigt.