Huawei FreeBuds Pro im Test: Die günstigeren AirPods Pro für Android überzeugen

Frank Hüber
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Huawei FreeBuds Pro im Test: Die günstigeren AirPods Pro für Android überzeugen

tl;dr: Die Huawei FreeBuds Pro überzeugen im Test mit einem guten Klang und einem effektiven ANC. Viele gut umgesetzte Funktionen wie der Transparenzmodus, das automatische Pausieren und Fortsetzen der Wiedergabe, das Wireless Charging und der automatische Wechsel des ANC-Modus bescheren den FreeBuds Pro eine Empfehlung.

Mit den FreeBuds Pro stellt Huawei neue kabellose In-Ear-Kopfhörer vor, die als direkte Konkurrenz zu den Apple AirPods Pro (Test) auftreten. Neben ANC bieten sie einen Transparenzmodus und können dank Bluetooth-Multi-Connect mit zwei Geräten gleichzeitig verbunden werden.

Eckiges Design und auffällige Farben für 179 Euro

Nach den FreeBuds 3 (Test) und FreeBuds 3i (Test) kombinieren sie eine aktive Geräuschunterdrückung mit Silikon-Ohreinsätzen, die den Gehörgang verschließen sollen, ohne tief darin einzudringen und Druck zu entfalten. Bei der Form gehen die FreeBuds Pro allerdings eigene, kantige Wege. Denn der Stiel der Ohrhörer ist als eckiger Block ausgelegt, der an die Treibereinheit angefügt ist. So wirken die Ohrhörer deutlich wuchtiger, als sie es mit Abmessungen von 26 × 29,6 × 21,7 mm sind. Damit sind sie nämlich nur in etwa so groß wie die Ohrhörer der AirPods Pro.

Die Huawei FreeBuds Pro sind ab 2. Oktober 2020 in den Farben Ceramic White, Carbon Black und Silver Frost erhältlich und setzen auf eine Hochglanz-Optik, die insbesondere die schwarze und silberne Variante sehr auffällig werden lässt. Der Preis des neuen Modells beträgt 179 Euro.

Im Lieferumfang der FreeBuds Pro sind neben der Ohrhörer und dem Ladecase auch ein USB-A-auf-USB-C-Ladekabel, eine Kurzanleitung und insgesamt drei unterschiedlich große Silikon-Passstücke zur individuellen Anpassung enthalten.

Technische Daten der Huawei FreeBuds Pro

Bluetooth 5.2 und Multi-Connect

Die Huawei FreeBuds Pro nutzen bereits Bluetooth 5.2, was kein Konkurrent bislang unterstützt. Qualcomm unterstützt die neue Bluetooth-Version beispielsweise im Snapdragon 865 Plus. Von LE Audio, das mit Bluetooth 5.2 eingeführt wurde, und dem dabei zum Einsatz kommenden Audio-Codec LE3 machen die FreeBuds Pro aber keinen Gebrauch. Huawei möchte hier nur für die Zukunft auf der sicheren Seite sein, in der Praxis wird mit aktuellen Smartphones Bluetooth 5.1 genutzt. Als SoC kommt auch in den FreeBuds Pro der aus der hauseigenen Chipschmiede HiSilicon stammende Kirin A1 zum Einsatz, der schon in den FreeBuds 3 steckt.

Wie bereits erwähnt, unterstützen sie aber Multi-Connect, so dass sie mit zwei Endgeräten gleichzeitig verbunden sein können, zwischen denen die Wiedergabe gewechselt werden kann, ohne zunächst die Bluetooth-Verbindung zu einem Endgerät trennen zu müssen. In der Praxis wird eine aktive Wiedergabe auf den FreeBuds Pro durch das Starten einer Wiedergabe auf einem anderen Gerät nicht unterbrochen, sondern nur dann abgespielt, wenn die Ohrhörer gerade nichts wiedergeben. Huawei hat zur Vorstellung davon gesprochen, dass diese Funktion erst durch ein Firmware-Update Ende des Jahres bereitsteht. Im Test ließ sie sich aber schon problemlos nutzen.

Stabilisierte 11-mm-Treiber und AAC

Der dynamische Treiber in den Ohrhörern hat einen Durchmesser von 11 mm, der eine größere Amplitude bieten soll als bei den bisherigen In-Ear-Kopfhörern von Huawei. Der Treiber ist zudem mechanisch stabilisiert, was ähnlich wie bei einem optischen Bildstabilisator bei einer Kamera gelöst worden sein soll.

Huawei FreeBuds Pro
Huawei FreeBuds Pro (Bild: Huawei)

Neben SBC wird als Audio-Codec auch AAC unterstützt. Der Frequenzgang der In-Ear-Kopfhörer liegt bei den üblichen 20 bis 20.000 Hz.

Drei Mikrofone und Knochensensor für ANC und Telefonie

Für die aktive Geräuschunterdrückung und die Filterung von Umgebungsgeräuschen beim Telefonieren kommen insgesamt drei Mikrofone je Ohrhörer zum Einsatz – zwei außen und ein nach innen gerichtetes. Für die aktive Geräuschunterdrückung dienen zwei dieser Mikrofone – ein nach außen gerichtetes und das nach innen gerichtete. Das ANC soll die Umgebung um bis zu 40 dB dämpfen können. Bei der Telefonie erfasst zudem ein Knochensensor die eigene Stimme, um diese besser von den Umgebungsgeräuschen trennen zu können.

Drei ANC-Modi und ein Transparenzmodus

Die FreeBuds Pro bieten dabei drei unterschiedliche Intensitäten beim ANC, die über die AI-Life-App umgestellt oder aber von den FreeBuds Pro anhand der Umgebungslautstärke selbst gewählt werden können. Die unterschiedlichen Modi unterteilen sich in „Gemütlich“, „Ausgeglichen“ und „Ultra“, wobei ersterer für leise und letzterer für sehr laute Umgebungen genutzt werden soll. Via „Dynamisch“ wählen hingegen die FreeBuds Pro einen dieser drei Modi anhand der Umgebung und stellen auch zwischen diesen um, wenn sich die Umgebungslautstärke verändert. Das funktioniert in der Praxis nicht nur gut, sondern auch vergleichsweise schnell mit sich ändernden Lautstärkebedingungen. Der zuletzt in der App gewählte Modus wird auch beim Aktivieren von ANC über den Ohrhörer genutzt.

Zudem bieten die FreeBuds Pro einen Transparenzmodus, der Umgebungsgeräusche ins Innere der Ohren weiterleitet. Seine Intensität lässt sich jedoch nicht einstellen.

Ladecase mit Wireless Charging

Die Abmessungen des Ladecases betragen 70 × 51,3 × 24,6 mm (B × H × T). Das der Apple AirPods Pro kommt auf 60,6 × 45,2 × 21,7 mm, ist also deutlich kleiner. Das Gewicht eines Ohrhörers beläuft sich auf 6,1 g, die Ladebox allein ohne Ohrhörer wiegt 60 g. Auch hier sind die Apple AirPods Pro mit 5,5 bzw. 46 g leichter. Der Akku in den FreeBuds Pro hat eine Kapazität von 55 mAh, die Ladebox stellt 580 mAh bereit. Geladen werden kann das Ladecase sowohl über USB-C als auch über Wireless Charging nach Qi-Standard. Ein USB-A-auf-USB-C-Ladekabel liegt den FreeBuds Pro bei.

Die FreeBuds Pro halten sicher im Ladecase, sitzen aber minimal zu tief in den Aussparungen, so dass das Herausnehmen nicht ganz so einfach wie bei den meisten Konkurrenten ist, da man mit den Fingern keinen guten Halt findet.

Huawei FreeBuds Pro

Das Koppeln der Ohrhörer über Bluetooth wird automatisch beim Öffnen des Ladecases gestartet. Möchte man ein zweites Endgerät verbinden, kann bei geöffnetem Deckel die Taste an der rechten Seite des Ladecases gedrückt werden.

Huawei FreeBuds Pro Apple AirPods Pro Sennheiser CX 400BT True Wireless Sennheiser Momentum True Wireless 2 Sony WF-1000XM3 Teufel Airy True Wireless Samsung Galaxy Buds+ Jabra Elite 75t
Bluetooth-Standard: 5.2 5.0 5.1 5.0
Audio-Codecs: SBC, AAC SBC, AAC, aptX SBC, AAC SBC, AAC, SSC SBC, AAC
Bedienung: Touch Tasten
Akkulaufzeit der Ohrhörer: 7,0/4,5 (ANC) h 5,0/4,5 (ANC) h 7,0 h 8,0/6,0 (ANC) h 6,0 h 11,0 h 7,5 h
Akkulaufzeit mit Ladecase: 30,0 h 24,0 h 20,0 h 28,0 h 32,0 h 25,0 h 22,0 h 28,0 h
Wireless Charging: Ja Ja
ANC: Ja Ja Ja
Einzelnutzung: Ja
IP-Zertifizierung: ? IPX4 Keine IPX4 Keine IPX5 IPX2 IP55
Gewicht je Ohrhörer / nur Ladecase: 6,1/60,0 g 5,5/46,0 g 6,0/37,0 g 6,0/58,0 g 8,6/77,0 g 5,0/40,0 g 6,3/39,6 g 5,5/35,0 g
USB-Ladeanschluss: USB-C Lightning USB-C Micro-USB USB-C
Abmessungen Ladecase: 51,30 × 70,00 × 24,60 mm 45,20 × 60,60 × 21,70 mm 42,30 × 59,00 × 33,80 mm 34,70 × 76,80 × 43,80 mm 42,60 × 103,00 × 24,50 mm 50,00 × 55,30 × 27,30 mm 70,00 × 38,80 × 26,50 mm 36,60 × 62,40 × 27,00 mm
Preis: 279 € ab 150 € ab 247 € ab 290 € 149,90 € ab 83 € 179,99 €

Bis zu 30 Stunden Akkulaufzeit ohne ANC

Die Akkulaufzeit der FreeBuds Pro beziffert Huawei im Zusammenspiel mit dem Ladecase auf insgesamt 30 Stunden. Die Ohrhörer allein sollen mit einer Akkuladung 4,5 Stunden mit aktiviertem ANC und bis zu 7 Stunden ohne ANC durchhalten.

Im Test erreichten die FreeBuds Pro eine Akkulaufzeit von 4:40 Stunden bei mittlerer Lautstärke und aktiviertem ANC auf der Stufe „Ausgeglichen“. Die Entladung des rechten und linken Ohrhörers geschieht dabei gleichmäßig. Kein Wert, der für Begeisterung sorgt, aber akzeptabel – und ein weiterer Punkt, den die Probanden mit den AirPods Pro gemein haben.

Über eine IP-Zertifizierung der Ohrhörer ist bislang nichts bekannt.

Unterbrechungsfreie Einzelnutzung beider Ohrhörer

Jeder Ohrhörer der FreeBuds Pro kann auch einzeln genutzt werden. Der Wechsel zwischen Stereo- und Mono-Wiedergabe erfolgt dabei unterbrechungsfrei und ohne störenden Signalton, sofern man die Funktion zum automatischen Pausieren deaktiviert hat. Ist diese aktiviert, pausiert die Wiedergabe beim Herausnehmen aus dem Ohr und Zurücklegen eines Ohrhörers in das Ladecase – wie es auch beabsichtigt ist. Die Wiedergabe muss dann manuell wieder gestartet werden.

Bedienung der AirPods Pro, die mehr kann

Bei der Bedienung der Musikwiedergabe über die Ohrhörer setzen die FreeBuds Pro auf das Konzept der AirPods Pro. Der Stift muss gedrückt werden, um Aktionen auszulösen. Die Funktionen auf dem rechten und linken Ohrhörer sind dabei identisch belegt. Zusätzlich zur Steuerung per Druck bieten die FreeBuds Pro aber auch eine Wischgeste nach oben und unten, um die Lautstärke zu erhöhen beziehungsweise zu verringern – in dieser Hinsicht sind sie den AirPods Pro, die eine Steuerung der Lautstärke über die Ohrhörer nicht beherrschen, somit voraus.

Für die Musikwiedergabe wird der Stift zwischen Daumen und Zeigefinger gelegt und ein Mal gedrückt, um die Wiedergabe zu starten oder zu pausieren, zwei Mal gedrückt, um zum nächsten Titel zu springen, und drei Mal gedrückt, um einen Titel zurückzuspringen.

Für Anrufe muss ein Mal gedrückt werden, um sie anzunehmen oder aufzulegen, und zwei Mal, um sie abzulehnen.

Auch ANC und Transparenzmodus lassen sich steuern

Um die aktive Geräuschunterdrückung zu bedienen, werden die Ohrhörer am Stift gedrückt und gehalten. Dies schaltet zwischen den drei Modi „ANC“, „Aus“ und „ Awareness“ (Transparenzmodus) um. Damit man immer weiß, welche Einstellung ausgewählt wurde, wird der jeweilige Modus von einer Stimme angesagt. Zwischen den unterschiedlichen ANC-Modi kann man nur über die Ohrhörer allerdings nicht umherschalten.

Gute Bedienung erfordert etwas Übung

In der Praxis funktioniert die Bedienung gut und zuverlässig. Nur die Steuerung der Lautstärke ist am Anfang sehr und später immer noch ungewöhnlich und mit Fehleingaben verbunden. Versucht man zunächst nur die Vorderseite mit dem Finger entlangzuwischen, verschiebt dies die Ohrhörer immer so sehr im Ohr, dass man sie vor dem Herausfallen bewahren muss. Die bessere Bedienung besteht darin, die Ohrhörer wie beim Drücken zwischen Daumen und Zeigefinger zu fixieren, aber dann mit dem Zeigefinger nicht zu drücken, sondern eine Wischbewegung auszuführen. So lässt sich die Lautstärke zwar nicht vollends zuverlässig, aber besser steuern. Dennoch ist die so umgesetzte Steuerung der Lautstärke problematisch.

Anpassungen über die App

Huawei spricht in der Ankündigung von einer anpassbaren Steuerung. Vorab trifft dies nur auf die Funktion des langen Drückens und somit die Belegung von ANC zu. Alle anderen Funktionen lassen sich – zumindest in der Vorabversion der AI-Life-App – nicht neu belegen. Statt des ANCs, bei Huawei „Geräuschschutz“ genannt, kann auch der Sprachassistent des Smartphones auf langes Drücken gelegt werden. Darüber hinaus ist eine Festlegung möglich, ob durch alle drei Einstellungen – „ANC“, „Aus“, „Transparenzmodus“ – geschaltet werden soll oder man beispielsweise nur zwischen „Aus“ und „ANC“ wechseln können möchte, weil man den Transparenzmodus im Alltag ohnehin nicht nutzt.

Huawei FreeBuds Pro

Auto-Pause und Auto-Play

Über einen Infrarotsensor erkennen die FreeBuds Pro, ob sie im Ohr eingesetzt sind oder nicht. Anhand dieser Trageerkennung hat Huawei die Funktion zum automatischen Pausieren und Fortsetzen der Wiedergabe realisiert, bei der die Wiedergabe pausiert, wenn ein Ohrhörer aus dem Ohr genommen wird, und fortsetzt, wenn er wieder eingesetzt wird. Im Test funktionierte dies zuverlässig und ohne Probleme beim Pausieren und Fortsetzen. In der AI-Life-App kann die Funktion zum automatischen Pausieren auf Wunsch deaktiviert werden.

AI-Life-App für Anpassungen

Die FreeBuds Pro unterstützen wie die anderen kabellosen In-Ear-Kopfhörer von Huawei die hauseigene AI-Life-App, auf die im Verlauf des Tests bereits mehrfach eingegangen wurde.

Neben den bereits beschriebenen Funktionen kann über die App die Firmware der FreeBuds Pro aktualisiert, der Akkuladestand der beiden Ohrhörer und des Ladecases eingesehen und zwischen den Modi „ANC“, „Aus“ und „Transparenz“ gewechselt werden. Einen Equalizer zur Anpassung des Klangs bietet die App allerdings nicht.

Ein Test zur Passform der FreeBuds Pro

An die AirPods Pro von Apple fühlt man sich erneut bei der Funktion „Passtest“ erinnert. Denn hiermit prüft die App anhand einer Musikwiedergabe auf den Ohrhörern, ob diese gut mit dem Ohr abschließen und für guten Klang und effektives ANC solide sitzen.

Keine Huawei-exklusiven Funktionen

Per se haben die FreeBuds Pro somit keinerlei Huawei-exklusive Funktionen abseits des schnellen Koppelns mit einem EMUI-10-Smartphone. Da auf einem iOS-Gerät aber keine AI-Life-App zur Verfügung steht, kann man mit einem iPhone weder die Steuerung anpassen noch die Einstellung des ANC-Modus verändern, den Passtest durchführen oder Firmware-Updates einspielen. Im Test kam die Firmware V1.9.0.102M zum Einsatz.

Für iOS-Nutzer wichtig: Der in der AI-Life-App unter Android zuletzt gewählte ANC-Modus bleibt auch am iPhone aktiv. Sofern man diesen an einem Android-Smartphone auf „Ultra“ stellt, wird auch am iPhone in Zukunft immer „Ultra“ genutzt – man kann es nur nicht mehr verstellen. Gleiches gilt für die anderen Modi „Gemütlich“, „Ausgeglichen“ und „Dynamisch“.

Sehr angenehmes Tragegefühl

Beim Tragegefühl punkten die FreeBuds Pro ebenfalls mit wenig Druck bei einer gleichsam guten passiven Isolierung. Im Ohr ist vom kantigen Äußeren auch nichts mehr zu spüren. Wie die AirPods Pro sitzen sie selbst nach Stunden noch angenehm im Ohr, da die Silikon-Passstücke nicht in den Gehörgang eindringen, sondern davorsitzen. Beim Wechseln dieser Passstücke ist allerdings etwas Vorsicht geboten, damit man sie nicht zerreißt, da sie sehr fest auf den Ohrhörern halten.

Die AirPods Pro haben durch ihre Belüftung, die das Gefühl der Abgeschlossenheit der Ohren deutlich reduziert, allerdings ein insgesamt angenehmeres Tragegefühl.