Mad Catz R.A.T. Pro X3 Supreme im Test: Interessante Modularität zur absurden Preisvorstellung
tl;dr: Mad Catz' R.A.T. Pro X3 Supreme bietet ein interessantes modulares Konzept mit zahlreichen Möglichkeiten zur Individualisierung, die potentiell echten Mehrwert bringen können. Zahlreiche Eigenarten der Maus sind jedoch zumindest fragwürdig, so nicht zuletzt die abermals zusammengeflickte USB-Abfragerate von 3.000 Hertz.
Im April 2017 wurde bekannt, dass Mad Catz Insolvenz angemeldet hat. Rettung war zunächst nicht in Sicht, doch nicht einmal ein Jahr später wurde im Januar 2018 die Wiederauferstehung verkündet: Mit einem neuen Eigentümer stellte das Unternehmen für die CES 2018 erste neue Produkte in Aussicht. Wirklich „neu“ sehen diese aber zumindest oberflächlich nicht aus, denn die markante Optik der Mad-Catz-Eingabegeräte scheint die kurze Auszeit unbeschadet überstanden zu haben. Im Jahr 2020 wagt das Unternehmen nun einen weiteren Vorstoß, kaum eine Gaming-Maus war bisher so teuer wie die R.A.T. Pro X3 Supreme.
Über der konkurrenzlos hohen unverbindlichen Preisempfehlung von rund 230 Euro findet sich nur noch Platz für die puristische Zaunkoenig M1K, die aber in sehr limitierter Stückzahl und Handarbeit gefertigt wird – der Vergleich hinkt also. Passender ist die Gegenüberstellung mit Razers Viper Ultimate (Test), Basilisk Ultimate (Test) und Naga Pro, die mit UVPs von rund 170 Euro einhergehen – darüber wird die Luft sehr dünn. Die laut Mad Catz dem chinesischen Jahr der Ratte gewidmete R.A.T. Pro X3 Supreme bietet indes nicht einmal kabellose Konnektivität, will aber mit einem modularen Gehäuse, hoher Individualisierbarkeit und 3.000-Hertz-Abfragerate überzeugen. Inwiefern das den absurden Preis rechtfertigen kann – oder eben nicht –, soll dieser Test klären.
Mad Catz R.A.T. Pro X3 Supreme |
Razer Naga Pro |
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Ergonomie: | Rechtshändig | |
Sensor: | PixArt PMW-3389 Optisch |
PixArt PAW-3399 Optisch Lift-Off-Distance: 1,0–3,0 mm |
Auflösung: | 100–16.000 CPI | 100–20.000 CPI 5 Stufen |
Geschwindigkeit: | 10,2 m/s | 16,5 m/s |
Beschleunigung: | 490 m/s² | |
USB-Abfragerate: | 3.000 Hz | 1.000 Hz |
Primärtaster: | Omron, 50 mio. Klicks | Razer Optical, 70 mio. Klicks |
Anzahl Tasten: | 9 Oberseite: 6 Unterseite: 1 Linksseitig: 3 |
20 Oberseite: 7 Unterseite: 1 Linksseitig: 12 |
Sondertasten: | Mausrad cpi-Umschalter, Profil-Umschalter |
4-Wege-Mausrad cpi-Umschalter, Profil-Umschalter |
Software: | 4 Profile teilweise programmierbar Makroaufnahme Interner Speicher: 10 Profile |
5 Profile vollständig programmierbar, Sekundärbelegung Makroaufnahme Interner Speicher: 5 Profile |
Beleuchtung: | Farbe: RGB, 2 adressierbare Zonen Modi: Atmend, Farbschleife Profil-Indikator |
Farbe: RGB, 3 adressierbare Zonen Modi: Atmend, Wellen, Farbschleife Reaktiv, Spiele-Integration |
Gehäuse: | 115 × 87 × 38 mm Hartplastik, Metall, Beschichtung Glanzelemente, Gummielemente Größe variabel |
119 × 75 × 43 mm Hartplastik Glanzelemente, Gummielemente |
Gewicht: | 105 Gramm (o. Kabel) | 117 Gramm (o. Kabel) |
Anschluss: | USB-A-Kabel, 1,80 m, umwickelt | USB-A auf Micro-USB-Kabel, 1,80 m, umwickelt Funk: 2,4 GHz, Bluetooth proprietärer Akku, 100 Stdn. Laufzeit Laden: Kabel, Ladestation |
Preis: | 230 € | ab 145 € |
Modulares Gehäuse aus Magnesium und Kunststoff
Die größte Besonderheit der Maus – und auch der größte Mehrwert, das vorweg – findet sich im äußerst modularen und anpassbaren Chassis der R.A.T. Pro X3 Supreme. Im Lieferumfang enthalten sind das Kerngerüst des Eingabegeräts – der sogenannte „Exo-Frame“ –, das Sensormodul mit PixArts PMW-3389, zwei Paar Gleitfüße mit je zwei Gleitelementen, drei Handballenauflagen, drei rechte Seitenteile, zwei linke Seitenteile und drei Ringe, die auf das Mausrad wie Reifen auf Felgen gezogen werden können. Doch der Reihe nach.
Drei Handballenauflagen mit zwei Formen
Mad Catz' teuerste Maus ist niemals klein, wohl aber nach Belieben mittelgroß bis sehr groß. Dazu tragen nicht nur die verschiedenen Module selbst bei, sondern auch die verstellbare Halterung der Handballenauflage, also der Kunststoffstütze auf dem Mausrücken. Fingertip-Grip-Nutzer können das Element ganz weglassen, Palm-Grip-Nutzer hingegen aus zwei echten Optionen wählen: einer flachen und einer erhöhten Auflage. Bei der dritten mitgelieferten Handballenauflage handelt es sich praktisch um die flache Variante, nur eben mit zwei Schlitzen.
Interessanter ist hier, dass die einzelnen Module in drei Stufen längsseits der Maus verschoben werden und überdies in je zwei Stufen nach rechts oder links geneigt werden können. Im Palm-Grip kann eine leicht nach rechts abfallende Handballenauflage sehr angenehm wirken, weil sie der natürlichen Neigung der Hand entspricht – ein tatsächlicher optionaler Mehrwert also.
Die fünf Seitenteile unterscheiden sich allesamt
Mad Catz legt der X3 Supreme insgesamt fünf Seitenteile bei, von denen zwei an die linke und drei an die rechte Flanke der Maus passen. Der Unterschied zwischen den beiden linken Modulen ist dabei trivial: Das ab Werk montierte Seitenteil ist einige Millimeter schmaler als das alternative, sonst baugleiche Modul, das sich folglich für größere Hände besser eignet. An der linken Flanke grenzt sich das zweite Seitenteil vom Standardmodul durch eine Auflagefläche für den kleinen oder gar den Ringfinger ab, während das dritte Modul über eine Finne im oberen rechten Bereich verfügt.
Unnötig viele Materialien mindern Zweckmäßigkeit
Sämtlichen Modulen und auch dem Grundgerüst der R.A.T. Pro X3 Supreme gemein ist dabei die äußerst heterogene Materialwahl: Das Eingabegerät besteht aus einer Magnesiumlegierung, anderweitigem Metall, hartem Kunststoff, etwas weicherem Kunststoff, glänzendem Kunststoff, stellenweise einer Soft-Touch-Beschichtung und an einer Stelle gar – zumindest dem Anschein nach – aus Kohlenstofffasern. Die verschiedenen Materialien sind dabei aber nicht zwecks einer bestmöglichen Haftung, sondern zwecks eines möglichst futuristischen respektive industriellen Aussehens verteilt, was mitunter stören kann.
So wird die linke Maustaste unnötig rutschig, weil infolge des Designs ein Glanzelement und zahlreiche Einkerbungen implementiert wurden. Und beide linken Seitenteile bieten eine stets rutschige Seitentaste mit glänzender Oberfläche, wohingegen die darüberliegenden Tasten aus matt beschichtetem Kunststoff bestehen. Abseits dessen sind die zahlreichen Kanten, Spalten und Kerben ein ideales Bett für Verschmutzungen oder Ansammlungen von Hautabrieb. Mad Catz ist sich dem aber offenbar bewusst und legt der Maus einen kleinen Pinsel bei, mit dem das Eingabegerät recht einfach gesäubert werden kann – zumindest oberflächlich.
Gute Gleiteigenschaften in zwei Ausführungen
Mit einem Gewicht von frontlastigen 105 g und je nach Modulwahl auch 112 g ist die X3 Supreme nicht leicht, aber ebenso nicht übertrieben schwer. Als Fingertip-Grip-Maus für ambitionierte Shooter-Spieler sollte ein solch modulares Konstrukt aber ohnehin nicht gesehen werden, sodass die Masse nicht weiter ins Gewicht fällt. Potentiell störend ist aber das zu steife Kabel, das den guten PTFE- oder Keramik-Gleitfüßen der Maus nicht gerecht werden kann: Es beeinträchtigt die Mausbewegungen durchaus, sofern es nicht bewusst locker auf dem Tisch ausgebreitet wird.
Und apropos Gleitfüße: Mad Catz selbst bezeichnet das Paar schwarz lackierter PTFE-Elemente mit „low friction“ und das Keramik-Pendant mit „ultra low friction“ – tatsächlich bietet ersteres aber ein geschmeidigeres Gleiten. Das liegt daran, dass die Keramik-Elemente bei zarten Bewegungen aus dem Stillstand mehr Widerstand respektive Bodenhaftung bieten und pixelgenaue Mauszeigerbewegungen erschweren. Mit den ab Werk montierten PTFE-Füßen besteht dieses Problem nicht, aber auch mit ihnen gleitet die X3 Supreme spürbar nicht auf dem Niveau einer Endgame Gear XM1 (Test), die in dieser Hinsicht nach wie vor die Referenz darstellt.
Spartanische RGB-Beleuchtung und zweckmäßiges LC-Display
Die R.A.T. Pro X3 Supreme verfügt über insgesamt zwei klassische RGB-Beleuchtungszonen, die sich wenig auffällig auf ein kleines „X3“ und einen ungleichmäßig ausgeleuchteten Streifen an den linken Seitenteilen gliedern. Interessanter ist der Blick auf die Unterseite: In das Sensormodul integriert ist ein LC-Display, das die Nummer des derzeit gewählten Software-Profils anzeigt. Direkt daneben befindet sich der entsprechende Schalter zum sequentiellen Durchwechseln eben jener Profile, sodass die zunächst seltsam erscheinende Platzierung des Displays durchaus Sinn ergibt.
Gewöhnliche Primär- und inkonsistente Sekundärtasten
Bei den beiden primären Maustasten setzt Mad Catz auf Modelle aus Omrons D2FC-Serie, die auf dem Papier mit einer Lebenszeit von bis zu 50 Millionen Klicks spezifiziert sind. Die Taster sind im Gaming-Maus-Markt alte Bekannte, werden sie doch von fast allen Herstellern verbaut. Dementsprechend bekannt sind auch die Charakteristika: Die Schalter leisten gute Arbeit, solange sie funktionieren; eben das machen sie aber in den seltensten Fällen über 50 Millionen Klicks hinweg. Grund dafür sind die sich durch Korrosion und Verschleiß sukzessiv abnutzenden Kontakte, die irgendwann kein eindeutiges Signal mehr erzeugen können.
Zwar setzen zahlreiche High-End-Mäuse auf diese problembehafteten Schalter, doch einige Hersteller haben das Problem mittlerweile erkannt und versuchen es auf verschiedene Weisen zu beheben, so etwa Razer mit optomechanischen Schaltern oder aber Zaunkoenig mit japanischen Omron-Tastern. Allen Lösungen ist jedoch gemein, dass sie in Entwicklung und Implementierung teurer sind als die angestammten D2FC-Schalter – bei einer unverbindlichen Preisempfehlung von über 200 Euro sollte das aber keine Rolle spielen.
Und auch die übrigen Tasten werden dem hohen Anschaffungspreis der R.A.T. Pro X3 Supreme nicht gerecht: Allesamt verbindet ein in Relation zueinander inkonsistenter Druckpunkt; nie hinterlassen haptische und akustische Rückmeldungen den gleichen Eindruck. Selbst ein und dieselbe Taste antwortet, je nachdem, ob sie vorne, mittig oder hinten gedrückt wird, mit verschiedenen Widerständen und unterschiedlichen akustischen Signalen. Die hintere obere Daumentaste ist sogar teils gar nicht nutzbar, wenn sie an der „falschen“ Stelle gedrückt wird, weil die zu biegsame Tastenabdeckung das mechanische Signal nicht immer an den eigentlichen Schalter weitergibt.
Des Weiteren sind zwei der oberseitigen Tasten nur dann nutzbar, wenn das hinsichtlich des Rasterungswiderstands stufenlos anpassbare Mausrad nach oben herausgeklappt wird. Dann nämlich kann es wie ein Ein-Achsen-Joystick nach links und rechts gekippt werden, um beispielsweise einen Helikopter im Flug zu neigen. Grundsätzlich ist das eine gute Idee, bedingt aber in gegebener Umsetzung, dass die beiden Finger, die eigentlich auf den primären Maustasten aufliegen, angehoben werden müssen – der beispielhaft genannte Helikopter kann also mit der von Mad Catz vorgeschlagenen Steuerung entweder schießen oder nach links respektive rechts geneigt werden, nicht aber beides.
Hinzu kommt, dass das Biegen des Mausrads mit sehr schwammiger Rückmeldung geschieht, die keinesfalls an einen richtigen Tastendruck heranreicht. In der Praxis wird der Großteil der Nutzer das Mausrad der X3 Supreme also in den meisten Situationen schlichtweg eingeklappt lassen, wodurch die Zahl der direkt erreichbaren Zusatztasten auf vier sinkt. Diese sind derweil zumindest allesamt gut erreichbar und sinnvoll platziert.