RX 6800 (XT) und 6900 XT: Details zur RDNA-2-Architektur und Einschätzung

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Wolfgang Andermahr
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Erste Details zur RDNA-2-Architektur

Alle Details zur RDNA-2-Architektur und der Navi-21-GPU wird AMD voraussichtlich erst zum Marktstart am 18. November nennen, doch schon heute gibt es erste wesentliche Informationen. Sie bestätigen einige bereits lange gehandelten Gerüchte.

Infinity Cache kompensiert 256-Bit-Interface

Zum Beispiel geht AMD in der Tat einen völlig neuen Weg beim Speicherinterface, das zugleich potentiell auch das Highlight der neuen Architektur ist. Navi 21 hat tatsächlich nur ein 256 Bit breites Speicherinterface und setzt auch nur 14 Gbps oder 16 Gbps schnelle Speicherchips ein. Die Speicherbandbreite liegt deshalb nicht oder nur ein Wenig höher als bei einer Radeon RX 5700 XT und deutlich niedriger als zum Beispiel bei der GeForce RTX 3080, die auf ein 320 Bit Interface und 19,0 Gbps schnellen GDDR6X-Speicher setzt.

Grafikkarte Speicherinterface Speichertakt Bandbreite
Radeon RX 6800 (XT)/6900 256 Bit 14,0 Gbps/16,0 Gbps* 448/512 GB/s*
Radeon RX 5700 XT 256 Bit 14,0 Gbps 448 GB/s
GeForce RTX 3070 256 Bit 14,0 Gbps 448 GB/s
GeForce RTX 3080 320 Bit 19,0 Gbps 760 GB/s
GeForce RTX 3090 384 Bit 19,5 Gbps 936 GB/s
* Nicht abschließend bestätigt

Bandbreite benötigen die GPUs trotzdem. AMDs Lösung ist ein riesiger Cache, der auf dem L3-Cache der Zen-3-CPU basiert. AMD nennt ihn „Infinity Cache“, auf allen drei Grafikkarten ist er 128 MB groß. Aktuell macht es den Anschein, dass diese 128 MB zusätzlich zu den ohnehin vorhandenen L0-, L1- und L2-Caches genutzt werden können, ganz gesichert ist dies aber noch nicht.

128 MB als zusätzlicher Cache klingt eindrucksvoll, die von AMD zusätzlich gelieferten Daten sind aber noch viel eindrucksvoller: Im Vergleich zu einem klassischen 384-Bit-Interface soll das 256-Bit-Interface auf der Navi-21-GPU in Verbindung mit dem Infinity Cache im Durchschnitt satte 117 Prozent mehr Bandbreite liefern, weil die benötigten Daten häufig aus dem Cache bezogen werden können. Das käme auch der IPC zugute, weil die ALUs seltener auf Daten warten. Ein weiterer Vorteil der Architektur: Das 256-Bit-Interface inklusive Cache soll bei höherer Leistung nur 90 Prozent der Energie eines 384-Bit-Interfaces verbrauchen.

Infinite Cache für viel mehr Speicherbandbreite
Infinite Cache für viel mehr Speicherbandbreite (Bild: AMD)

Inwiefern der Cache in jedem Anwendungsfall das vergleichsweise schmale Interface zum GDDR6 kompensieren kann, dürfte ein spannender Aspekt in den anstehenden Tests sein.

RDNA 2 arbeitet deutlich effizienter als RDNA

Auch bei der Energieeffizienz soll Navi 21 mit RDNA 2 deutlich gegenüber Navi 10 mit RDNA zugelegt haben und an der Fertigung liegt das nicht. Navi 21 nutzt laut AMD zwar einen Prozess mit optimierten Libraries, schlussendlich aber immer noch denselben wie bei Navi 10. Den genauen Prozess hat AMD nicht genannt, aber demnach könnte es sich erneut um N7P von TSMC handeln.

Nichtsdestoweniger hatte AMD bereits vor Monaten mit einer um 50 Prozent höheren Energieeffizienz bei RDNA 2 geworben, was mit den finalen Produkten sogar noch übertroffen worden sein soll. Für die Radeon RX 6800 XT gibt AMD eine um 54 Prozent bessere Energieeffizienz im Vergleich zur Radeon RX 5700 XT an und die Radeon RX 6900 XT soll im Vergleich zur Radeon RX 5700 XT gar um 65 Prozent effizienter arbeiten. Das führt dazu, dass die Leistungsaufnahme nur unterproportional zur Leistung steigt, obwohl es beim Takt genau in die andere Richtung geht.

RDNA 2 taktet deutlich höher als RDNA

Denn wer sich die Spezifikationen der Radeon-RX-6000-Karten ansieht, stellt fest, dass die Taktraten deutlich höher als bei der alten Generation ausfallen. Die 2.000-MHz-Marke soll selbst die breit aufgestellte Navi-21-GPU der Radeon RX 6900 XT im Schnitt halten können. 2.250 MHz sind in diesem Fall der Maximaltakt und die Custom-Designs werden noch höher takten.

Wie AMD das gemacht hat, darüber verliert der Hersteller noch kein Wort. Fest steht mit Blick auf die Effizienz: Zu Lasten der Leistungsaufnahme ist das nicht passiert. Vielmehr haben allem Anschein nach weitere Optimierungen der Architektur dazu geführt, dass RDNA 2 bei gleichem Fertigungsprozess und gleicher Leistungsaufnahme 30 Prozent höher takten kann als RDNA.

Die Taktraten werden deutlich höher
Die Taktraten werden deutlich höher (Bild: AMD)

DirectX 12 Ultimate mit Raytracing

RDNA 2 unterstützt – wie über die Xbox Series X bereits bekannt – DirectX 12 Ultimate und damit eine ganze Palette an Features, die es auf der Radeon-RX-5000-Serie noch nicht gegeben hat. Das prominenteste ist zweifelsohne Raytracing.

Interessanterweise bleibt AMD in diesem Punkt jedoch noch wortkarg. Mehr als die Information, dass RDNA 2 damit umgehen und die Technik in Hardware beschleunigen kann, gibt es weiterhin nicht. Nicht nur Informationen zur Umsetzung fehlen damit, auch wie schnell RDNA 2 mit Raytracing ist, bleibt noch ein Geheimnis.

Bisherige Spekulationen gehen davon aus, dass RDNA 2 zwar sehr schnell in Rasterizer-Spielen arbeitet, bei Raytracing-Titeln aber hinter Nvidias Ampere-Ableger zurückfällt. Entweder wollte das AMD noch nicht bestätigen, oder noch eine Überraschung für später behalten.

Neben Raytracing wird die Radeon-RX-6000-Serie über Direct X 12 Ultimate auch Variable Rate Shading, Mesh Shader und Sampler Feedback unterstützen.

FidelityFX erhält ein Update für Raytracing

Mit der Vorstellung der Radeon-RX-6000-Serie wird AMD FidelityFX ausbauen. Es wird einen Denoiser für Raytracing geben, der genutzt werden kann, um das Rauschen bei (zu) wenigen RT-Strahlen zu reduzieren. Darüber hinaus gibt es auch eine Erweiterung für Variabel Rate Shading um die Performance bei gewissen Effekten zu verbessern. Mit unter anderem Dirt 5, World of Warcraft: Shadowlands sowie Far Cry 6 wurden neue Spiele mit FidelityFX angekündigt.

Ein DLSS-Konkurrent kündigt sich an

Eine wichtige Frage bei den neuen Grafikkarten ist, ob es eine Konkurrenztechnologie zu Nvidias mittlerweile in Version 2.0 sehr gutem KI-Upsampling DLSS gibt. Darauf wollte AMD zwar noch nicht im Detail eingehen, gab aber bekannt an einem „Super-Resolution“-Feature zu arbeiten, das die Performance beim Einsatz von Raytracing verbessern soll. Die Funktion wird zum Start der Grafikkarten noch nicht fertig sein. Ohne weitere Details kann noch nicht abgeschätzt werden, ob es sich um eine Konkurrenz zu Nvidia DLSS handelt, wenn überhaupt, dann vorerst wohl nur in Bezug auf Raytracing.

Mehr Performance auf Ryzen 5000 und mit RAGE

Eine weitere Neuerung der Radeon RX-6000-Serie kommt nur in Zusammenhang mit AMDs neuesten CPUs zum Zuge. Wer eine Radeon-RX-6000-Grafikkarte auf einer Ryzen-5000-CPU auf Basis von Zen 3 betreibt, soll in Spielen eine bessere Performance erhalten. Nicht nur aufgrund der höheren Rechenleistung von Ryzen 5000 sei das der Fall, sondern weil bei dieser Hardware-Kombination auch der Prozessor Zugriff auf den gesamten GPU-Speicher hat. AMD nennt das „Smart Access Memory“. Weitere Details zu der interessant klingenden Technologie gibt es noch nicht.

Darüber hinaus gibt es mit „Rage“ einen neuen Betriebsmodus im WattMan. Rage wird von AMD als „One Click Overclocking“ bezeichnet. Allerdings gibt es schon heute eine automatische Übertaktungsfunktion im WattMan, die auch nicht wegfallen soll. Da AMD Rage in einem Atemzug mit den bereits bekannten Profilen „Quiet“ und „Balanced“ nennt, handelt es sich dabei vermutlich um einen Modus, der den GPU-Takt und die GPU-Power minimal (und damit verlässlich stabil) anhebt. Es dürfte auf jeder Grafikkarte einer Serie derselbe Offset zum Einsatz kommen, während der zusätzliche automatische Übertaktungsmodus den maximalen GPU-Takt separat bei jeder GPU austestet. Was genau Rage macht, ist noch offen. AMD erwähnt explizit, dass Rage keinen Einfluss auf die Garantie der Grafikkarte hat.

AMD nennt zwar keine separaten Leistungsvorteile für Smart Access Memory und Rage, aber einen kombinierten: Sind beide Features aktiv, soll die Spiele-Leistung je nach Titel auf einer Radeon RX 6800 XT in Ultra HD zwischen zwei und dreizehn Prozent ansteigen, im Schnitt sind es in AMDs Benchmarks sechs Prozent. Welchen Anteil daran Smart Access Memory und welchen Rage hat, wird erst ein Test zeigen können.

Erste Einschätzung

Schon die erste Generation der RDNA-Architektur in Form der Navi-10-GPU auf der Radeon RX 5700 (XT) ist ein riesiger Schritt gegenüber dem Vorgänger GCN gewesen, RDNA 2 auf der Radeon-RX-6000-Serie ist aber noch einmal ein gänzlich anderes Kaliber. Navi 21 mit RDNA 2 ist ohne Frage nicht einfach nur ein doppeltes Navi 10, sondern eine ganz neue Generation der Architektur, die AMD zufolge sehr gut funktioniert. Und dass es so kommt, hat allem Anschein nach auch Nvidia irgendwann geahnt.

Zuletzt ließ sich über die Hintergründe zu Preis und Leistung der GeForce RTX 3080 noch wild diskutieren, mit AMDs Präsentation der Radeon-RX-6000-Serie liegt auf der Hand, warum Nvidia so gehandelt hat; Und am Ende immer noch nicht ganz richtig lag und deshalb (Gerüchten zufolge) mit mehreren weiteren GA102-Derivaten experimentiert.

Sollten sich AMDs Angaben bei Tests der Redaktion in den nächsten Wochen bestätigen, dann hat AMD mit der Radeon-RX-6000-Serie auf Basis der Navi-21-GPU mit RDNA-2-Architektur erstmals seit über 10 Jahren wieder vollends konkurrenzfähige High-End-Grafikkarten im Angebot – bis hinauf zu den absoluten Enthusiasten-Modellen.

Ob AMD schlussendlich die besseren Grafikkarten für Spieler bereitstellt, oder doch immer noch Nvidia, lässt sich noch nicht endgültig abschätzen. Es fehlt an unabhängigen Tests zur allgemeinen Leistung und Aspekten wie Infinity Cache oder auch Raytracing. Doch wie auch immer schlussendlich der Sieger heißen wird, ein großer Gewinner liegt auf der Hand: Der enthusiastische PC-Spieler, der in Zukunft mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr zwangsweise nur zu einem Hersteller greifen kann, sondern eine Auswahl hat.

Das setzt allerdings voraus, dass die Produkte auch im Handel sind. Nvidia hat mit GeForce RTX 3000 zurzeit massiv Probleme. Wie es bei Navi 21 aussehen wird, ist offen.

ComputerBase wird zum Fall des Test-NDAs in ausführlichen Artikeln der Frage nachgehen, welche Grafikkarten sich Spieler kaufen sollten. Vermutlich ist das am 18. November für Radeon RX 6800 und Radeon RX 6800 XT im Referenzdesign sowie am 8. Dezember für die Radeon RX 6900 XT der Fall.

ComputerBase hat die Informationen zu diesem Bericht von AMD unter NDA erhalten. Die einzige Vorgabe war der frühestmögliche Zeitpunkt zur Veröffentlichung. Eine Einflussnahme auf die Berichterstattung fand nicht statt.

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