Pixel 5 im Test: Dual-Kamera mit Ultraweitwinkelobjektiv
3/4Was bei früheren Nexus-Smartphones mal eine Schwäche von Google war, hat der Hersteller mit den Pixel-Smartphones vollständig umgedreht und zu einer echten Stärke gemacht: die Kamera. Mit dem Pixel 5 liefert Google erneut sehr gute Ergebnisse ab, wobei die Unterschiede zum letzten Jahr eher bei der zweiten Kamera und neuen Software-Funktionen zu finden sind, als bei einer bahnbrechend verbesserten Bildqualität. Denn wenn es nur um die Fotos der Hauptkamera geht, schneidet das Pixel 5 nicht unbedingt besser als ein Pixel 4 oder sogar das deutlich günstigere Pixel 4a ab. Kleinere Veränderungen im Detail bringt die Hauptkamera des Pixel 5 dennoch mit.
Für das Pixel 5 setzt Google wieder auf zwei Kameras, nachdem das Pixel 4a mit nur einer auskommen musste. Wo beim Pixel 4 aber noch ein Teleobjektiv die zweite Geige spielte, ist es nun ein Ultraweitwinkelobjektiv. Wenn Google in einer Sache konsequent und konsistent ist, dann bei den Ausreden rund um die Kamera, warum Nutzer nun gerade ein Objektiv benötigen oder eben nicht benötigen. Letztes Jahr war es das Teleobjektiv, dem die Entwickler mehr Potenzial zusprachen als dem Ultraweitwinkelobjektiv. Das Jahr davor waren es zwei Kameras auf der Vorderseite, die man vermeintlich unbedingt benötigte.
Jetzt ist Google also bei zwei Kameras für Weitwinkel und Ultraweitwinkel angekommen, wobei die Hauptkamera einen Erfassungswinkel von 77 Grad abdeckt und 27 mm Kleinbildäquivalent entspricht und das Ultraweitwinkelobjektiv mit 107 Grad arbeitet und 16 mm entspricht. Die Hauptkamera setzt erneut auf den Sony IMX 363 als Sensor, der schon beim Pixel 4 (XL) und Pixel 3 (XL) zum Einsatz kam. Auch im Pixel 4a und Pixel 4a 5G wird dieser Sony-Sensor von Google verbaut. Er bietet 12,2 Megapixel bei einer Pixelgröße von 1,4 μm, wickelt den Autofokus mit Dual-Pixel-Phasenerkennung ab, verfügt über eine optische und elektronische Bildstabilisierung und ist mit Blende f/1.7 beim Objektiv ausgerüstet.
Ultraweitwinkelaufnahmen mit 107 Grad
Neu hinzugekommen ist für Ultraweitwinkelaufnahmen ein Sensor mit 16 Megapixeln, der 1,0 μm große Pixel bietet. Die Blende liegt hier bei f/2.2, weitere technische Details zur Hardware sind aktuell nicht bekannt. Mit dem Ultraweitwinkelobjektiv deckt Google einen Erfassungswinkel von 107 Grad ab und landet damit im Mittelfeld aktueller Smartphones. Einen besonders weiten Erfassungswinkel haben das iPhone 11 Pro Max und das Galaxy Note 20 Ultra mit jeweils 120 Grad, noch etwas mehr sind es beim neuen OnePlus 8T mit 123 Grad. Das P40 Pro von Huawei deckt mit 18 mm Brennweite deutlich weniger ab, während das Pixel 5 mit 16 mm und 107 Grad dazwischen landet.
In puncto Software stehen für normale Fotoaufnahmen mit dem Ultraweitwinkelobjektiv mit HDR+ und getrennten Reglern für die Belichtung von dunklen und hellen Bildbereichen dieselben Funktionen wie für die Hauptkamera zur Verfügung. Porträtaufnahmen sind – wenig überraschend – nur mit der Hauptkamera möglich. Anders sieht es wieder beim Modus „Nachtsicht“ aus, der mit beiden Kameras genutzt werden kann.
Fotos bei Tag mit sechs Smartphones im Vergleich
Wenig überraschend gibt es mit der Hauptkamera des Pixel 5 eben gerade keine größeren Überraschungen in puncto Bildqualität. Googles Hauptkamera liefert hervorragende Ergebnisse bei Tag und Nacht und brilliert mit einer sehr neutralen Auslegung, einem guten automatischen Weißabgleich, natürlichen Farben, viel Schärfe und einem exzellenten HDR-Verfahren. Wer letzteres nicht vollautomatisch durchführen möchte, kann durch zwei Regler im Sucher manuell Einfluss auf die Belichtung von dunklen und hellen Bereichen nehmen. Mit den neueren Pixel-Smartphones, aber auch schon mit dem Pixel 4 wird das HDR-Endergebnis zudem direkt im Sucher und nicht erst bei der Betrachtung in der Galerie angezeigt. Im Vergleich zum Pixel 4 fällt der Wegfall des leichten Blaustiches auf, außerdem holt Google etwas mehr Details aus fein strukturierten Bildbereichen heraus.
Mit dem Ultraweitwinkelobjektiv angefertigte Aufnahmen fangen nicht ganz so viel vom Motiv ein wie die Geräte von Apple, Samsung und OnePlus. Doch Google punktet mit einer Qualität, die vor allem dem Galaxy Note 20 Ultra sehr nahe kommt, da trotz des großen Erfassungswinkels noch viele Details bei Schriften und feinen Strukturen etwa des Mauerwerks von Gebäuden erfasst werden. Im Direktvergleich zeigt vor allem das iPhone 11 Pro Max immer wieder, wie schlecht diese Kamera angesichts der High-End-Ansprüche Apples ist. Samsung behält die Nase mit der besten Kombination aus maximalem Erfassungswinkel und guter Qualität im Vergleich aller Geräte vorn.
Der Verzicht auf das Teleobjektiv ist beim Pixel 5 übrigens relativ leicht zu verschmerzen, wie Aufnahmen mit zweifacher Vergrößerung zeigen. Wird beim Pixel 5 im Sucher gezoomt, kommt Googles KI-gestützte Super-Resolution-Technik zum Einsatz, die zumindest bis zur zweifachen Vergrößerung eines Pixel 4 brauchbare Ergebnisse liefert. Klar geschlagen geben muss sich die Kamera dann aber bei höheren Stufen wie der fünffachen Vergrößerung bei den Fotos der Alten Nationalgalerie, wo Galaxy Note 20 Ultra und P40 Pro mit ihren Persikop-Teleobjektiven deutlich die Spitze markieren.
Neue Nachtsicht-Automatik
Wird es dunkel, empfiehlt das Pixel 5 nicht mehr nur den Wechsel zur „Nachtsicht“, sondern aktiviert diesen Modus automatisch, was durch einen mit Mond markierten Auslöser optisch hervorgehoben wird. Wer den Modus nicht nutzen möchte, kann mit einer Schaltfläche im Sucher zur normalen Automatik zurückwechseln. Das Pixel 5 schießt auch bei Nacht sehr gute Aufnahmen, die mit einer klaren Darstellung, wenig Bildrauschen und strahlenden Leuchtelementen punkten. Die Konkurrenz hat über die letzten Jahre aber nicht geschlafen und bietet oftmals eine vergleichbare Qualität.
Ist kaum noch Licht vorhanden, wechselt die Kamera auf Wunsch zur Astrofotografie, die maximal 15 Aufnahmen mit einer Belichtungszeit von jeweils bis zu 16 Sekunden zu einem Foto zusammenführt. Dann lassen sich selbst aus völliger Dunkelheit noch viele Details ziehen oder mit Leuchtspuren von Autos und Zügen interessante Aufnahmen erstellen. Um diesen Modus voll ausreizen zu können, wird jedoch ein Stativ benötigt. In diesem Test kam lediglich der normale Nachtsicht-Modus zum Einsatz. Eindrücke zur Astrofotografie, die auf dem Pixel 5 identisch abläuft, liefert aber der Test des Pixel 4a.
Videoaufnahmen erstmals in 4K60
Für Videoaufnahmen bietet Google erstmals 60 FPS unter Verwendung von 4K/UHD an. Bei allen früheren Pixel-Smartphones war die höchste Auflösung auf 30 FPS beschränkt. Dabei handelt es sich auch nicht um eine spezifische Änderung mit Android 11, wie das Pixel 4 nach dem Update untermauert. Selbst im höchsten Modus ist Googles Videostabilisierung aktiv, die den OIS mit dem EIS kombiniert und so für ein sehr ruhiges Bild sorgt. Googles digitale Stabilisierung sticht durch aalglatte Schwenks ohne Zitterbewegungen hervor, die allerdings schon fast etwas zu digital wirken und zur Einleitung leicht ruckartig ablaufen. Der EIS beschneidet das Bild zudem relativ weit, sodass im Vergleich zum iPhone 11 Pro Max weniger vom sichtbaren Bereich übrig bleibt.
Stabilisierung auf vier verschiedene Arten
Im Videomodus gibt es bei Google neuerdings vier verschiedene Arten der Stabilisierung. Ohne weitere Anpassungen in den Einstellungen kommt die Standardstabilisierung zum Einsatz, wie sie für die meisten Situationen im Alltag genau richtig ist. Zusätzlich neu sind „Gesperrt“, „Aktiv“ und „Kinoeffekt“. Praktischerweise liefert Google gleich für alle vier Modi direkt in der Kamera Erklärungen mit kurzen Videos zur Veranschaulichung. Die Standardstabilisierung ist für kleinere Bewegungen vorgesehen, wie es sie die meiste Zeit über im Alltag auszugleichen gilt. „Fixiert“ oder auch „Gesperrt“ eignet sich besser für Situationen, in denen die Kamera nicht bewegt und in eine Richtung gehalten wird. „Aktiv“ ist hingegen eine aggressive Stabilisierung bei vielen Bewegungen wie etwa beim Sport. In diesem Modus wird durch die digitale Stabilisierung allerdings besonders viel an den Bildrändern weggeschnitten.
Kinoeffekt halbiert die Geschwindigkeit
Der „Kinoeffekt“ ist eine Stabilisierung speziell für Kameraschwenks, die dadurch verlangsamt werden und so den besonders „smoothen“ Effekt des Schwenks einer professionellen Kinokamera mit Steadicam nachempfinden. Das gelingt Google zumindest zum Teil, hat aber den Nachteil, dass man dann in diesem Modus „gefangen“ ist und eine Sekunde der Aufnahme zwei Sekunden im finalen Video entsprechen. Außerdem wird beim Kinoeffekt kein Ton aufgenommen, sodass sich der Modus nur für einzelne Schwenks eignet, die dann im Nachhinein mit externem Ton untermalt in ein anderes Video eingesetzt werden, das mit normaler Abspielgeschwindigkeit läuft.