PocketBook Color im Test: Farbiger E-Book-Reader mit Luft nach oben
tl;dr: PocketBook bietet mit dem Color seinen zweiten E-Book-Reader mit Farb-Display an. Die Technik ist vielversprechend, besitzt aber noch Kinderkrankheiten. Auch aufgrund der geringeren Bildschirmgröße kann das Lesegerät eher als interessanter Zwischenschritt zu größeren Vertretern angesehen werden.
Design und Verarbeitung
Mit dem rund 200 Euro teuren PocketBook Color geht der Schweizer Spezialist für E-Book-Reader keine Design-Experimente ein und greift auf die bereits bewährte Gestaltung des Touch HD 3 (Test) zurück, mit dem er sich auch die äußeren Maße von 108 × 161,3 × 8 mm teilt. Beim Gewicht hat der Reader mit 160 g dagegen etwas zugelegt. Während bei PocketBook über die Generationen hinweg bereits verschiedene Farben das Äußere der Lesegeräte zierten, setzt der Hersteller beim neuen Farb-Reader auf ein wirkungsvolles Silber. Die Gestaltung lässt diesen zwar edel wirken, macht die Rückseite aber auch rutschig.
Vertraute Gestaltung, gute Verarbeitung
In Front kommt die bekannt raue, schon fast gummiartige Beschichtung zum Einsatz, die dem Reader auch auf der Rückseite mehr Griff gegeben hätte. Mit ihrer anthrazitgrauen Erscheinung bietet diese einen eleganten Kontrast zum restlichen Gehäuse.
Die auch dieses Mal unter dem sechs Zoll großen Display liegenden bekannten und mit verschiedenen Funktionen belegbaren Tasten lassen sich erneut gut bedienen und besitzen darüber hinaus gute Druckpunkte. Darunter befindet sich wie gewohnt der USB-Anschluss, bei dem der Hersteller nach einem kurzen Ausflug zur C-Variante beim InkPad X (Test) wieder zur gewohnten Micro-Größe zurückkehrt. Neben dem Power-Button verbaut PocketBook dieses Mal wieder einen Slot für SD-Speicherkarten, dafür muss auf den Wasserschutz verzichtet werden.
Die restliche Verarbeitung ist wie von PocketBook gewohnt sehr gut, beim neuen Reader knarzt nichts und das Gehäuse ist zudem sehr verwindungssteif.
Display mit Farbdarstellung
Der neue E-Book-Reader besitzt wie bereits erwähnt ein sechs Zoll großes Display, das generell mit 1.072 × 1.448 Bildpunkten auflöst. Zu den bekannten 16 Graustufen gesellt sich beim neuen Vertreter der PocketBook-Familie zudem die Möglichkeit zur Darstellung von 4.096 Farben. Hinzu kommt die vertraute Beleuchtung, bei der Nutzer jedoch entgegen ersten Ankündigungen auf den Blaulichtfilter verzichten müssen.
Beim ersten Einschalten fällt direkt der deutlich dunklere Hintergrund ins Auge: Während die letzten Reader-Generationen von PocketBook ihre Benutzer mit fast elfenbeinfarbenen Hintergründen begrüßten, wirkt dieser beim neuen Color eher gräulich. Auch werden beim genauen Hinsehen gerade an hellen Stellen einzelne Pixel schemenhaft sichtbar, die dem Display eine deutlich gröbere Struktur verleihen als bei den bisherigen Lesegeräten, die mit einem wesentlich gleichmäßigeren und glatt anmutenden Hintergrund aufwarteten.
Kaleido-Technologie doch mit zusätzlicher Farbschicht
Dieser Umstand ist der neuen Konstruktion des Displays geschuldet. Bei diesem werden nicht, wie wie zuerst angenommen haben, die Farben aus einzelnen Farbpigmenten innerhalb der Pixel zusammengemischt, womit die Kaleido-Technologie von E-Ink doch nicht direkt auf dessen Advanced Color ePaper (ACeP) aufbaut. Bei der neuen Technik setzt der Spezialist für elektronische Tinte auf zwei Komponenten: Zur bereits bekannten Carta-Einheit legt sich mit dem „Color Filter Array“ (CFA) noch eine halb transparente Schicht darüber. Diese beiden Einheiten sorgen zusammen in einem etwas umständlichen Verfahren für die Darstellung der 16 Grautöne und 4.096 Farben. Damit ist die neue Kaleido-Technologie technisch eher der vor Jahren beim Color Lux zum Einsatz gekommenen Triton-2-Technik zuzurechnen – wenn auch auf einem qualitativ deutlich höheren Niveau. So setzt E-Ink bei dieser nun auf eine Kunststoffschicht, die dünner gefertigt ist und zudem näher am eigentlichen Panel liegt. Dadurch soll sich auch die Blickwinkelstabilität erhöht haben.
Die Anzahl der möglichen darzustellenden Farben mag auf den ersten Blick, gerade im Vergleich zu Tablets und Monitoren, gering erscheinen, reicht aber für die Darstellung von Grafiken mehr als aus, bei denen selten feinere Farbverläufe vorhanden sind. Anders sieht es bei Fotografien aus, bei denen es bei feinen Verläufen aufgrund der geringen Farbtöne schnell zu Wolkenbildungen kommen kann.
Bekanntes Verfahren
Die Umsetzung zur Farbdarstellung erinnert an die normaler LCD-Bildschirme: Über eine RGB-Matrix werden rote, grüne und blaue Subpixel in ihrer Intensität so ausgerichtet, dass für den Nutzer die „Illusion“ eines farbigen Bildpunktes entsteht. Während jedoch bei herkömmlichen Displays die Matrix im Normalfall in Streifen aufgeführt ist, wird diese beim Kaleido-Display diagonal angeordnet. Darüber hinaus schließen die Subpixel in den meisten Fällen nicht bündig zueinander ab, sondern lassen einen Spalt zum nächsten Subpixel. Durch diesen scheint die herkömmliche E-Ink-Schicht durch, die wiederum für die schwarzen, weißen und grauen Anteile der Darstellung verantwortlich ist, aber auch die Subpixel abdunkeln kann.
Dies wirkt sich auf die Darstellung aus: So ist der Hintergrund durch die zusätzliche Schicht deutlich dunkler, womit, im Gegensatz zu herkömmlichen E-Book-Readern, die meisten Nutzer selbst bei ausreichendem Umgebungslicht für ein bequemes Lesen auf die Display-Beleuchtung zurückgreifen dürften. Darüber hinaus könnte der leicht „melierte“ Hintergrund manchen Nutzer zumindest am Anfang etwas irritieren.
Geringere Auflösung bei Farbdarstellung
Es tritt aber noch ein anderes, vielleicht auffallenderes Phänomen auf: Während die grundlegende E-Ink-Einheit wie gewohnt mit einer Pixeldichte von 300 ppi aufwartet, besitzt die Farbschicht aufgrund der Subpixel-Lösung eine deutlich geringere Anzahl von Bildpunkten auf gleicher Fläche. Auch wenn aufgrund der Anordnung der einzelnen Farbpunkte in der Darstellung der Effekt einer Kantenglättung aufkommt, werden rein farbige Texte in einer geringeren Auflösung dargestellt als herkömmliche Inhalte in Schwarz – was auch sofort durch Ausfransungen und eine eckigere Darstellung erkennbar ist. Darüber hinaus ist eine Rasterung erkennbar, die besonders bei großflächigen Farben auffällt und für den Effekt eines leicht silbrigen Glanzes sorgt.
Im Gegensatz zu anderen E-Book-Readern mit normalem E-Ink-Display aus selbem Haus fühlt sich der neue Touchscreen zudem deutlich rauer an. Auch zeigt er sich wesentlich anfälliger für Fingerabdrücke – wird in einem spitzen Winkel von oben auf den Bildschirm geschaut, werden die letzten Wischgesten deutlich sichtbar.
Kräftige, aber matte Farben
Die kraftvollen Farben überraschen dagegen positiv. Alleine der Technik geschuldet darf natürlich nicht die Darstellung eines Tablets mit Hintergrundbeleuchtung erwartet werden, im Vergleich dazu wirken die Farben somit deutlich matter. Den Vergleich zu gedrucktem Papier braucht die Darstellung jedoch nicht zu scheuen, denn auch hier ist sie nur bei Verwendung von speziellem Papier glänzend. Dies wird bei der reinen Textdarstellung nicht direkt deutlich, beim Lesen von Comics kann die neue Farbtechnik jedoch ihre Vorteile ausspielen. Bei Texten haben gewöhnliche E-Book-Reader allerdings nach wie vor die Nase vorne: Aufgrund des helleren Hintergrunds fallen der Kontrast und damit auch die Lesbarkeit deutlich höher aus, was wiederum die Augen schont.
Ghosting bei Farbdarstellung (noch) ein Problem
Weniger optimal verhält es sich beim Thema Ghosting: Bei der normalen Textdarstellung agiert der E-Book-Reader, wie es der Nutzer von anderen Readern von PocketBook gewohnt ist – das Problem taucht so gut wie nie auf. Anders jedoch bei der Farbdarstellung: Hier bleiben trotz des in den Einstellungen gewählten Refreshs bei jedem Seitenwechsel nicht selten sichtbare Fragmente der vorangegangenen Darstellung übrig, was den Lesekomfort natürlich schmälert. Da PocketBook in der Vergangenheit das Problem in Bezug auf die normale Textdarstellung schnell beseitigen konnte, ist auch hier davon auszugehen, dass der Effekt mit den nächsten Firmware-Updates zumindest gemindert wird.
Ausgewogene Beleuchtung, aber ohne Blaufilter
Die integrierte Vordergrundbeleuchtung verrichtet auch dieses Mal zuverlässig ihre Dienste und erreicht mit einer durchschnittlichen maximalen Helligkeit von 97 cd/m² einen guten Wert. Die Abweichung beträgt dabei von oben nach unten im Maximum lediglich 15 cd/m², was sich nicht einmal auf höchster Leuchtstufe bemerkbar macht. Aufgrund des dunkleren Hintergrundes dürften Nutzer diese jedoch generell höher einstellen, als es bei gewöhnlichen Graustufen-Readern der Fall ist. Mit knapp 6.940 Kelvin neigt die Farbtemperatur eher in die bläuliche und damit kältere Darstellung.
Helligkeitsverteilung des PocketBook Color in cd/m² | ||
---|---|---|
103 | 105 | 105 |
96 | 92 | 97 |
91 | 98 | 90 |
Durchschnittshelligkeit: 97 cd/m² Farbtemperatur: 6.940 Kelvin |