Apple M1: Was Apple Silicon im Mac kann und was noch nicht
Der Apple M1 als erstes eigens entwickeltes System-on-a-Chip für den Mac läutet bei Apple die Abkehr von Intel ein, die bis Ende 2022 abgeschlossen werden soll. Apple zufolge sind mit dem M1 große Sprünge bei Leistung und Effizienz zu erwarten. Auf der anderen Seite bringt der Chip aber auch Einschränkungen mit. Ein Überblick.
16 Milliarden Transistoren, der „weltweit schnellsten CPU-Kern“ und die „schnellste integrierte Grafik“ – wenn Apple mit einer Sache gestern nicht gegeizt hat, dann waren es die für den M1 genannten Superlative. Wo genau die Leistung des M1 einzusortieren ist, wird sich erst mit unabhängigen Tests nach der Veröffentlichung der ersten entsprechend ausgestatteten Produkte feststellen lassen. Gestern mit M1 vorgestellt hat Apple ein neues MacBook Air, ein neues MacBook Pro 13" und einen neuen Mac mini.
Intel bleibt in Apples Sortiment
Das MacBook Pro und den Mac mini bietet Apple aber weiterhin auch mit Intel-Prozessoren an, den radikalen Kahlschlag hat das Unternehmen somit (noch) nicht durchgeführt. Davon war allerdings auch nie die Rede, sondern einer auf zwei Jahre angesetzten Übergangsphase bis Ende 2022.
Dass Apple weiterhin Macs mit Intel-Prozessoren im Sortiment behält und zudem gestern noch nicht das MacBook Pro 16" oder auch gleich den iMac (Pro) und Mac Pro auf Apple Silicon umgestellt hat, liegt an gewissen Einschränkungen des Chips, die vor allem im Segment der professionellen Anwender einem Wechsel im Weg stehen.
Apple reduziert die Anzahl der Chips
Mit dem M1 ersetzt Apple im ersten Schritt Intel-Prozessoren mit integrierter statt diskreter Grafikeinheit. Die Kombination aus einer eigenen 8-Kern-CPU mit vier Performance- und vier Effizienz-Kernen sowie einer eigenen (bis zu) 8-Kern-GPU scheint für die bisher von diesen CPUs abgedeckten Anwendungsgebiete nicht nur schnell genug, sondern auch schneller als vorherige Modelle mit Intel-CPUs zu sein.
Zu den 16 Milliarden Transistoren des Apple M1 zählt deutlich mehr als CPU und GPU. Als System-on-a-Chip sitzen auch Neural Engine, I/O inklusive Thunderbolt, T2 und der Arbeitsspeicher auf dem Package. Wo bisher drei zusätzliche Chips und aufgelöteter RAM benötigt wurden, gibt es jetzt nur noch einen Chip, was entsprechende Vorteile beim Energiebedarf mitbringt und zu einem gewissen Anteil dafür sorgt, dass MacBook Air und MacBook Pro so viel länger als ihre direkten Vorgänger laufen können.
Mehr als 16 GB RAM gibt es nicht
Dass jetzt alle Komponenten auf einem Package vereint werden, hat aber nicht nur Vorteile. Für professionelle Anwender dürfte die größte Einschränkung der reduzierte Arbeitsspeicher sein, den Apple in der Basis mit nur noch 8 GB und optional mit 16 GB anbietet. Die bis zu 32 GB im kleinen MacBook Pro, 64 GB im großen MacBook Pro und Mac mini, 128 GB im iMac, 256 GB im iMac Pro oder gar bis zu 1,5 TB im Mac Pro sind mit dieser Bauweise noch nicht zu realisieren. Selbst zum Abschluss des Übergangs in zwei Jahren bleibt es äußerst fraglich, ob Apple jemals 1,5 TB direkt auf dem Package anbieten wird.
M1 erreicht weniger als ein Zehntel der GPU-Leistung
Eine weitere Einschränkung betrifft die Grafikeinheiten. Apple bietet den M1 im MacBook Air mit sieben oder acht GPU-Kernen, im MacBook Pro immer mit acht GPU-Kernen an. Mit maximal 128 Execution Units (also 16 pro Kern) erreicht Apple damit bis zu 2,6 TFLOPS an Leistung. Bei welcher Genauigkeit, sagt Apple noch nicht, verspricht bei 10 Watt Leistungsaufnahme aber die doppelte Leistung wie der aktuelle Wettbewerber und bei dessen Spitzenleistung eine um zwei Drittel reduzierte Leistungsaufnahme.
Diskrete Grafiklösungen, wie sie im großen MacBook Pro, dem iMac (Pro) und Mac Pro angeboten werden, kann Apple damit noch nicht ablösen. In diesen Geräten setzt Apple auf AMD-GPUs, zum Beispiel die Radeon Pro 5700 XT mit 16 GB GDDR6 im iMac und bis zur Radeon Pro Vega 64X mit 16 GB HBM2 im iMac Pro. Im Mac Pro lassen sich sogar zwei Radeon Pro Vega II Duo, also insgesamt vier GPUs unterbringen.
Was es innerhalb der nächsten zwei Jahre an Leistung abzulösen gilt, zeigen Apples Leistungsangaben der aktuell angebotenen Grafiklösungen. Im iMac Pro sind es mit der Vega 56 mindestens 9 TFLOPS bei einfacher Präzision und 18 TFLOPS bei halber Präzision. Mit der Vega 64 und Vega 64X steigen diese Angaben auf 11 und 22 TFLOPS respektive 12 und 24 TFLOPS. Beim Mac Pro müsste eine eigene Apple-GPU sogar bis zu 28,3/56,6 TFLOPS ablösen können. Am restlichen Consumer-Markt gemessen nutzt Apple noch vergleichsweise alte GPUs, dort sind RTX 3000 und Radeon RX 6000 der aktuelle Benchmark und über die nächsten zwei Jahre wird sich auch hier noch einmal einiges ändern, das Apple erst einmal mit eigenen Lösungen erreichen muss. Das bedeutet nicht, dass Apples Chip-Team das nicht schaffen kann, es wird dem Unternehmen aber sehr viel abverlangen.
USB 4 ist eigentlich nur USB 3.1 Gen 2
Noch nicht auf Augenhöhe zu den Macs mit Intel ist Apple zudem beim Thema I/O. Der in den M1 integrierte Controller für Thunderbolt und USB ist derzeit auf zwei Ausgänge nach Thunderbolt 3 mit Unterstützung für USB 4 limitiert, während mit Intel viermal Thunderbolt 3 angeboten wird. Dass nun USB 4 vorhanden ist, ist übrigens nicht mehr wert als der neue Name. Zwar gibt es für USB 4 an den verwendeten Marketingnamen gemessen vermeintlich nur noch Anschlüsse mit 20 Gbit/s und 40 Gbit/s, nur auf die Spezifikationen bezogen sind aber weiterhin auch 10 Gbit/s erlaubt. Ein genauer Blick ins Datenblatt zeigt dann auch, dass Apple Thunderbolt 3 und USB 4 anbietet, die verwendete Spezifikation aber nur USB 3.1 Gen 2 mit 10 Gbit/s entspricht – willkommen im allseits bekannten USB-Chaos. Genau genommen müsste Apple die Spezifikation als „USB 4 Gen 2x1“ bezeichnen. Das neue Thunderbolt 4, das mehr Funktionen zur Pflicht als Thunderbolt 3 macht, wird von Apple bisher in keinem aktuellen Mac angeboten.
Marketing | Spezifikation | Dual Lane | Gbit/s |
---|---|---|---|
– | USB 4 Gen 2x1 | × | 10 |
USB 4 Gen 3x1 | 20 | ||
USB4 20Gbps | USB 4 Gen 2x2 | ✓ | |
USB4 40Gbps | USB 4 Gen 3x2 | 40 |
Keine eGPUs und 10 Gbit/s Ethernet mehr
In den Bereich I/O fällt auch der Betrieb von externen Grafikkarten. Wo beim kleinen MacBook Pro oder Mac mini bei Bedarf bisher eine eGPU wie die von Blackmagic mit Radeon Pro 580 angebunden werden konnte, fällt diese Option mit dem Apple M1 weg. Wie sich auf der Produktseite des neuen MacBook Pro 13" im Bereich Zubehör einsehen lässt, entfällt die eGPU-Unterstützung beim Wechsel von Intel zu Apple M1.
Wi-Fi 6 für den M1 ist neu
Die Anbindung ans Netzwerk fällt mit den M1-basierten Macs ebenfalls noch reduziert aus. Am Beispiel des Mac mini wurde die Option auf Ethernet mit 10 Gbit/s von Apple gestrichen. Standardmäßig bewegen sich die Systeme mit Gigabit-Ethernet jedoch auf demselben Niveau. Vorteil für den M1: Im MacBook Pro und Mac mini gibt es nur mit Apples Chip bereits Wi-Fi 6, während die Intel-Modelle bei Wi-Fi 5 verharren.
Der erste Schritt einer zweijährigen Reise
Abschließend und nach den bisher von Apple zur Verfügung gestellten Informationen beurteilt ist der Apple M1 durchaus ein bemerkenswerter Chip und zeigt in gewissen Bereichen schon heute, was mit den eigens entwickelten, auf der ARM-Architektur basierenden Chips insbesondere bei der Leistung pro Watt in den Bereichen CPU und GPU möglich ist. Es ist aber eben nur der erste Schritt einer zweijährigen Reise, für deren Teilnahme man derzeit noch den ein oder anderen Kompromiss eingehen muss.