C:\B_retro\Ausgabe_58\: Der Apple Macintosh
tl;dr: Der Macintosh von Apple war im Jahr 1984 der erste Computer mit grafischer Benutzeroberfläche, der in großer Stückzahl produziert wurde. Als Nachfolger des nicht minder legendären jedoch erfolglosen Apple Lisa erwarb sich der Macintosh eine große Fangemeinde und genießt noch bis heute den Status eines echten Vorreiters.
Jeden Sonntag wirft diese Serie einen unterhaltsamen Blick zurück auf drei Jahrzehnte voller bewegter Geschichten und interessanten Entwicklungen der Computerszene. Mythen, Meilensteine und Meisterwerke: C:\B_retro\.
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Der Apple Macintosh
Am 24. Januar 1984 waren Legenden unter sich und der legendäre Apple-Mitbegründer Steve Jobs stellte mit dem Macintosh 128k den nicht minder legendären ersten Mac überhaupt vor, der zu einem Preis ab 2.495 US-Dollar als erster Personal Computer eine grafische Benutzeroberfläche für eine breite Masse von Anwendern liefern sollte.
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Nachdem der Apple Lisa im Jahr 1983 der erste Personal Computer überhaupt war, der über eine Maus und ein Betriebssystem mit grafischer Benutzeroberfläche verfügte, Heimanwender aber aufgrund seines hohen Preises von rund 10.000 Euro nicht ansprach und schlussendlich bereits 1984 wieder eingestellt wurde, hatte Apple seine Lektion gelernt und ging mit seinem ersten Mac einen gänzlich anderen Weg.
On January 24th, Apple Computer will introduce Macintosh.
And you’ll see why 1984 won’t be like ‘1984’.
„1984“ – Apple Werbespot
Mit diesen Worten kündigten Apple und die Werbeagentur TBWA den Macintosh 128k während des Super Bowl XVIII am 22. Januar 1984 im ebenfalls mehrfach prämierten und gemeinhin als Meilenstein der Werbebranche angesehenen Werbespot „1984“ an. Hauptverantwortlich für den rund einminütigen Werbefilm war Ridley Scott, der heute als einer der renommiertesten und einflussreichsten Regisseure in Hollywood gilt.
Der Werbespot „1984“ ist an den gleichnamigen Roman von George Orwell angelehnt. Im Werbespot befreit sich eine junge Frau – anders als im Roman „1984“ – von ihrem großen Bruder. Der Werbespot endet mit einem Hinweis auf den Apple Macintosh und darauf, dass das Jahr 1984 nicht wie der Roman „1984“ werden wird.
Macintosh 128k
Der erste Mac, den Apple in Person seines langjährigen CEOs Steve Jobs am 24. Januar 1984 vorstellte und bis Oktober 1985 im Programm behielt, war der Macintosh 128k, der auch unter der Bezeichnung Macintosh 1984 bekannt wurde.
Der Macintosh 128k besaß einen, verglichen mit seinem Vorgänger niedrigen UVP von 2.495 US-Dollar, was nach heutiger Kaufkraft in etwa 4.190 Euro entspricht und führte so erstmals eine grafische Benutzeroberfläche sowie eine durchgehende Mausbedienung für jedermann am Computer ein.
Die technischen Spezifikationen des Macintosh 128k, von dessen offizieller Modellnummer M0001 auch der heutige M1-Prozessor von Apple Silicon abgeleitet ist, sahen wie folgt aus.
Spezifikationen
- CISC-Prozessor vom Typ Motorola 68000 mit 8 MHz
- 128 KB RAM (erweiterbar bis 512 KB) sowie 64 KB ROM
- 9-Zoll-Monochrom-Display mit 512 × 342 Pixeln
- 3,5-Zoll-Diskettenlaufwerk mit 400 KB
- 34,5 × 24,4 × 27,7 cm (H×B×T)
- 7,5 Kilogramm
- Mac OS 0.97
Das Hauptaugenmerk beim Macintosh 128k lag aber vielmehr auf dem Betriebssystem und der Anwendungssoftware als auch der Hardware. Mac OS, später auch als Mac OS Classic oder auch Classic Mac OS bekannt, wurde seit 1982 von Apple entwickelt und war in vielerlei Hinsicht revolutionär.
Um den damals äußerst teuren Fest- und Arbeitsspeicher sowie den knappen Diskettenspeicher zu sparen, waren wesentliche Bestandteile von Mac OS 0.97 in einem Nur-Lese-Speicher, dem sogenannten Read-Only-Memory (ROM), ausgelagert und musste nicht auf einer Festplatte installiert oder von einer Diskette gestartet werden.
Durch dieses damals nicht unübliche Konzept wurden platzsparende und trotzdem leistungsfähige Anwendungen möglich: Das erste Textverarbeitungsprogramm MacWrite war weniger als 30 KB groß und hatte dennoch eine grafische Benutzeroberfläche (GUI) sowie mehrere Fenster und bot bereits WYSIWYG. Auch das ebenfalls schon mit Mac OS 0.97 ausgelieferte Grafikprogramm MacPaint wurde auf diese Art und Weise derart klein gehandelt.
Mit seinem ganz auf die Mauseingabe hin konzipierten Bedienkonzept war das erste Mac OS seiner Zeit weit voraus und bot zahlreiche Features, die andere Betriebssysteme wie Microsoft Windows erst in der Version 3.0 zu Beginn der 1990er bieten sollten.
Die Website WinWorld hat einige Screenshots in Originalauflösung für die Nachwelt archiviert, die zeigen, dass auch der Finder – hier noch in der Version 1.0 – bereits mit an Bord war.
Die offizielle Versionsnummer 0.97 des ersten Mac OS wurde nur intern genutzt und war für den Anwender nicht ersichtlich: Das Betriebssystem wies sich als System 1.0 mit Finder 1.0 aus und wurde auf einer 3,5-Zoll-Diskette mit dem Macintosh 128k ausgeliefert.
Auf einer zweiten 3,5-Zoll-Diskette befanden sich mit MacWrite 1.0 und MacPaint 1.0 sowie dem Font Mover die ersten Anwendungsprogramme von Apple. Bereits im Mai 1984 folgte Mac OS 1.1 mit Finder 1.1, welches auch MacWrite 2.2 und MacPaint 1.3 sowie einen erweiterten Funktionsumfang mitbrachte.
Vergleicht man den Funktionsumfang von MacPaint 1.0 und die sich daraus ergebenden Möglichkeiten beispielsweise mit MS Paint, wird schnell deutlich, wie weit Apples Bedienkonzept und Anwendungsprogramme ihrer Zeit voraus gewesen sind.
Der YouTuber Matthew Pearce demonstriert MacPaint 1.x auf seinem auf Macintosh spezialisierten Kanal matt's macintosh und gibt einen kurzen Überblick über die damals wegweisenden Funktionen.
Die wegweisende Mausbedienung und die Grundzüge der grafischen Oberfläche von Mac OS wurden von Xerox ins Leben gerufen, die dieses Konzept im Jahr 1973 mit dem Xerox Alto, der ersten Workstation mit grafischer Benutzeroberfläche, entwickelten, welches Apple dann per Lizenz für seine Modelle ab 1979 übernahm und für seine Zwecke modifizierte.
Der Macintosh 128k wurde schlussendlich – anders als der Apple Lisa – ein Erfolg und verkaufte sich innerhalb kürzester Zeit über 70.000 mal, was Apple dazu veranlasste, einen baugleichen Macintosh mit 512 KB RAM, den Macintosh 512k („Fat Mac“), nachzureichen.
Macintosh Plus
Nach dem Erfolg des Macintosh 128k und 512k legte Apple mit dem Macintosh Plus eine Variante mit mehr RAM, ROM und Schnittstellen auf und auch SCSI-Festplatten hielten erstmals Einzug in den Macintosh.
Der im Januar 1986 vorgestellte und bis Oktober 1990 produzierte Macintosh Plus besaß die folgenden Spezifikationen.
Spezifikationen
- CISC-Prozessor vom Typ Motorola 68000 mit 8 MHz
- 1 MB RAM (erweiterbar bis 4 MB) sowie 128 KB ROM
- 9-Zoll-Monochrom-Display mit 512 × 342 Pixeln
- 3,5-Zoll-Diskettenlaufwerk mit 800 KB
- Apple SuperDrive mit 1.440 KB
- 34,5 × 24,4 × 27,7 cm (H×B×T)
- 7,5 Kilogramm
- Mac OS 3.0
Der Macintosh Plus wurde bereits mit Mac OS 3.0, dem sogenannten System 3, sowie Finder 5.1 ausgeliefert. Version 3.2 mit Finder 5.3, die bereits im Juni 1986 folgte, war zudem die letzte Version, die offiziell auf dem Ur-Macintosh lief.
Die größte Änderung, die mit Mac OS 3.0 einherging, war der vollständige Umstieg vom ursprünglichen Macintosh File System (MFS) auf das leistungsstärkere und erstmals mit Mac OS 2.1 vorgestellte HFS-Dateisystem.
Zwischen 1987 und 1990 veröffentlichte Apple mit dem Macintosh SE und Macintosh Classic zudem zwei weitere sehr ähnlich aufgebaute Modelle, die auf der selben Basis aufbauten. Spannender wurde es hingegen mit den beiden Urahnen des heutigen MacBooks.
Macintosh Portable
Der Macintosh Portable, auch Mac Portable genannt, war im Jahre 1989 der erste tragbare Macintosh von Apple. Neben einem 3,5-Zoll-Laufwerk mit halber Höhe und einer optionalen Festplatte mit proprietärem SCSI-Anschluss und bis zu 40 MB Speicherplatz konnten Anwender bis zu zwei externe Apple SuperDrives anschließen.
Der Macintosh Portable wurde zu einem UVP von 6.500 US-Dollar angeboten und besaß die folgenden technischen Spezifikationen, die sich vor allem durch eine im Vergleich zum stationären Macintosh verdoppelten Taktfrequenz von 16 MHz und einem doppelt so großen ROM von 256 KB auszeichneten.
Spezifikationen
- CISC-Prozessor vom Typ Motorola 68000 mit 16 MHz
- 1 MB RAM (erweiterbar bis 8 MB) sowie 256 KB ROM
- 9,8-Zoll-Monochrom-Display mit 640 × 400 Pixeln
- 3,5-Zoll-Diskettenlaufwerk mit 800 KB
- 2× Apple SuperDrive mit 1.440 KB
- 40 MB SCSI-Festplatte (optional)
- 7,2 Kilogramm
- Mac OS 6.0
Das vergleichsweise hohe Gewicht von 7,2 Kilogramm und der im Vergleich zum zeitgleich produzierten Macintosh Classic, der als erster Mac überhaupt für weniger als 1.000 US-Dollar angeboten wurde, ließen den Macintosh Portable aber zum Ladenhüter werden und sorgten für ein Umdenken bei Apple.
PowerBook
Als Nachfolger des Macintosh Portable ging Apple ab 1991 mit dem ersten PowerBook neue Wege und brachte das erste tragbare Macintosh-Notebook auf den Markt. Die neue Modellreihe wurde erst im Januar 2006 durch das Nachfolgemodell, das MacBook Pro mit x86-Prozessor von Intel, abgelöst.
Das erste Notebook von Apple hörte auf den Namen PowerBook 100 und besaß die folgenden technischen Spezifikationen, die sich vor allem durch die seinerzeit kompakten Abmessungen und das geringe Gewicht auszeichneten.
Spezifikationen
- CISC-Prozessor vom Typ Motorola 68000 mit 16 MHz
- 2 MB RAM (erweiterbar bis 8 MB) sowie 256 KB ROM
- 9-Zoll-Monochrom-Display mit 640 × 400 Pixeln
- 2× Apple SuperDrive mit 1.440 KB (optional)
- 3,5-Zoll-Diskettenlaufwerk mit 800 KB
- 20 bis 40 MB SCSI-Festplatte
- 2,5 – 3,5 Stunden Laufzeit
- Voice-Modem (optional)
- 22 × 28 × 4,6 cm (B×T×H)
- 2,3 Kilogramm
- Mac OS 6.0.8
Zudem verfügte das PowerBook 100 über AppleTalk, eine Reihe von Netzwerkprotokollen, die den gemeinsamen Zugriff auf Dateien, Drucker und Netzwerkfunktionen für Apple-Computer ermöglichten.
Der YouTube-Kanal ComputerClan stellt das erste Notebook von Apple im Rahmen einer Vintage Tour noch einmal im Detail vor.
Mit dem Wechsel auf die PowerPC-Architektur mit dem Macintosh Performa im Jahr 1994 begann die PowerPC-Ära, der sich C:\B_retro\ in einer der kommenden Ausgaben ausführlich widmen wird.
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