C:\B_retro\Ausgabe_54\: Intels erste und einzige GPU für dedizierte Grafikkarten
tl;dr: Der 1998 erschienene Intel i740 ist bis heute der erste und einzige diskrete Grafikprozessor für dedizierte Grafikkarten des 1968 gegründeten Unternehmens aus Santa Clara. Als Allround-GPU für den Massenmarkt konzipiert, sollte die günstige Grafiklösung 2D-, 3D- sowie Videobeschleunigung für jedermann bieten.
Jeden Sonntag wirft diese Serie einen unterhaltsamen Blick zurück auf drei Jahrzehnte voller bewegter Geschichten und interessanten Entwicklungen der Computerszene. Mythen, Meilensteine und Meisterwerke: C:\B_retro\.
C:\B_retro\Ausgabe_54\
Intel i740
Der i740 ist der bisher einzige Grafikprozessor von Intel, der als diskrete Grafiklösung für dedizierte Grafikkarten konzipiert und eingesetzt wurde. In den Jahren 1996 bis 1997 entwickelt und 1998 erschienen, wurde die GPU bereits 1999 wieder eingestellt.
Der Nachfolger des i740 („Auburn“), der i752 („Portola“) wurde ausschließlich auf den für den im Februar 1999 erschienenen Intel Pentium III vorgesehenen Mainboards mit i810-Chipsatz eingesetzt und fand seinen Weg nicht auf dedizierte Grafikkarten.
Damit sollte die i740 AGP von 1998 bis heute die einzige dedizierte Grafikkarte aus dem Hause Intel bleiben.
C:\B_retro\Ausgabe_54\Intel_i740\
Entwicklung
Der Grafikprozessor i740 wurde ab 1996 von dem im Januar des selben Jahres gegründeten Tochterunternehmen Real3D des US-amerikanischen Rüstungskonzerns Lockheed Martin im Auftrag von Intel entwickelt und anschließend in einem seinerzeit modernen Herstellungsverfahren in 350 nm (0,35 μm) von Intel selbst gefertigt.
Ziel der Entwicklung war es, den damals stark wachsenden Markt der preiswerten Allround-Grafikkarten, der seinerzeit von 3dfx, ATi sowie Nvidia dominiert wurde, zu bedienen. Der hauseigenen CPU vom Typ Pentium II sollte eine entsprechende dedizierte AGP-Grafikkarte oder ein diskreter Grafikprozessor über das Mainboard zur Seite gestellt werden. Zudem sollten die Grafikkarten auf Basis des Intel i740 der AGP-Schnittstelle zu einer höheren Verbreitung verhelfen, da führende Produkte wie die 3dfx Voodoo² und Nvidia Riva noch vom PCI-Standard Gebrauch machten.
Obwohl sich der i740 auch für den Bau von PCI-Grafikkarten eignete, betonte Intel stets, dass der Grafikprozessor auf Pentium-II-Systeme mit einer Schnittstelle vom Typ AGP und die eigenen Chipsätze, wie den Intel BX440, abgestimmt sei. Dennoch brachten Boardpartner einige weniger PCI-Versionen mit i740-Grafikchip auf den Markt.
Spezifikationen
Im Februar 1998 schlussendlich stellte Intel seine erste eigene Grafikkarte unter dem Namen „Intel Real3D i740 Starfighter“ vor. Der Name des 3D-Grafikbeschleunigers sollte sowohl eine Hommage an das für die Produktentwicklung verantwortliche Unternehmen Real3D, wie auch dessen Mutterkonzern Lockheed Martin sein. Zudem stellte Intel ein baugleiches Modell unter dem Namen Intel Express 3D vor, welches sich besser an professionelle Anwender und Unternehmen vermarkten lassen sollte.
Die beiden offiziellen Pressemitteilungen zur Intel Real3D i740 Starfighter sowie der Intel Express 3D können noch heute über die offizielle Website von Intel abgerufen werden.
Zu einem vergleichsweise günstigen Preis von 34,75 US-Dollar (bei Abnahme von 10.000 Stück), welche heute inflationsbereinigt rund 60 US-Dollar oder 50 Euro entsprechen, bot Intel seine dedizierte Grafikkarte ab dem 12. Februar 1998 mit den folgenden Spezifikationen am Markt an:
- Intel i740 Grafikprozessor
- mit einer Chiptakt von 66 MHz
- 2 bis 8 MB SDRAM oder SGRAM
- mit einem Speichertakt von 100 MHz
- an einem 64-Bit Speicherinterface mit 800 MB/s Speicherbandbreite
- 220 MHz RAMDAC
- 66 MPixel/s (Pixelfüllrate)
- 66 MTexel/s (Texelfüllrate)
- 3,5 Millionen Transistoren
- 350 nm Fertigung
- 6 Watt TDP
- AGP 2×
Weitere Informationen können dem offiziellen Datenblatt (PDF) entnommen werden, welches freundlicherweise von der Website VGA Museum für die Nachwelt archiviert wurde.
Je nach Modell, Speicherausstattung und Hersteller wurden Grafikkarten mit einem Grafikprozessor vom Typ Intel i740 zu Preisen von rund 80 bis 120 US-Dollar an den Endverbraucher verkauft. Die professionellen Ableger von Intel besaßen eine UVP von 124 US-Dollar (2 MB) respektive 149 US-Dollar (4 MB).
Benchmarks
Dass die erste dedizierte Grafikkarte von Intel 1998 ein vielbeachteter Schritt sein sollte, zeigen die vergleichsweise häufig zu findenden Benchmarks im Netz.
Die auf Retro-Hardware spezialisierte Website Vintage3D hat sich die Intel Real3D i740 Starfighter, die neben der Palit i740 Daytona, der Diamond Stealth II G460 sowie der Hercules Terminator 2X/i eines der am häufigsten anzutreffenden „Custom Designs“ mit i740-Chip war, einmal näher angesehen.
Die Redaktion von Vintage3D hatte sowohl eine 8 MB AGP-Version als auch eine 12 MB PCI-Version im Test und hat diese mit der seinerzeit weitverbreiteten Riva 128, einem der Vorgänger der ersten Nvidia GeForce verglichen und dabei folgende Ergebnisse ermitteln können.
Wie sich der Intel i740-Grafikchip in Spielen wie Need for Speed III schlug, zeigt ein Video des YouTube-Kanals „swaaye“, der eine Intel Real3D i740 Starfighter 8 MB mit einem Intel Pentium III-S mit 1.050 MHz und 256 MB RAM unter Windows 98SE auf das beliebte Rennspiel los lies.
Obwohl sich der Intel i740-Grafikprozessor respektabel schlagen konnte, war die Konkurrenz in Form von 3dfx, ATi und Nvidia schlussendlich doch zu groß und Intel sattelte mit dem i752 wieder auf diskrete Chips auf dem Mainboard um. Bis heute folgte keine weitere dedizierte Grafikkarte mehr von Intel.
Zukunft
Mit dem DG1 auf der Iris Xe Max mit 96 EUs und 4 GByte LPDDR4X bei 25 Watt hat Intel gerade seinen ersten diskreten Grafikchip seit vielen Jahren veröffentlicht, der im nächsten Schritt als echte Add-in-Karte auch für Desktop-Systeme Intels erste dedizierte Grafikkarte seit der i740 darstellen wird.
Eine DG2 für professionelle Anwender hat das Unternehmen ebenso in Aussicht gestellt wie eine Intel Xe HPG, die echte Gaming-Lösung, die 2021 erscheinen wird. Die ersten echten Nachfolger der Intel Real3D i740 Starfighter stehen somit bereits in den Startlöchern.
C:\B_retro\Geburtstag\
Mit der 54. Ausgabe von C:\B_retro\ feiert das Retro-Format von ComputerBase nachträglich seinen ersten Geburtstag. Mit C:\B_retro\Ausgabe_1\ startete das Wochenendformat am 27. Oktober 2019 seinen Blick zurück.
Die Redaktion dankt allen Lesern und Community-Mitgliedern für ihre rege Beteiligung und dem großen Interesse an dieser Serie.
C:\B_retro\Feedback\
Feedback ist jederzeit willkommen
Die Redaktion freut sich über konstruktive Kritik, Lob, aber auch Vorschläge, um die Serie zukünftig noch stärker an den Wünschen der Leserschaft ausrichten zu können. Mit diesem Lesestoff im Gepäck wünscht die Redaktion einen erholsamen Sonntag.
C:\B_retro\Review\
Die letzten fünf Ausgaben in der Übersicht
An dieser Stelle finden sich die letzten fünf Themen der vorangegangenen Ausgaben von C:\B_retro\:
- C:\B_retro\Ausgabe_53\: Microsoft Xbox 360
- C:\B_retro\Ausgabe_52\: The Elder Scrolls 2: Daggerfall war Skyrim in Hardcore
- C:\B_retro\Ausgabe_51\: Das erste IBM ThinkPad
- C:\B_retro\Ausgabe_50\: Die ATi Radeon HD 5870 mit der ersten DirectX-11-GPU
- C:\B_retro\Ausgabe_49\: Die ersten ATi Radeon
- C:\B_retro\Ausgabe_48\: Der Apple II. Der erste echte Personal Computer.
Noch mehr Inhalte dieser Art und viele weitere Berichte und Anekdoten finden sich in der Retro-Ecke im Forum von ComputerBase als auch in den Themenbereichen C:\B_retro\ und Retro.
Dieser Artikel war interessant, hilfreich oder beides? Die Redaktion freut sich über jede Unterstützung durch ComputerBase Pro und deaktivierte Werbeblocker. Mehr zum Thema Anzeigen auf ComputerBase.