RX 6800 XT Customs im Test: Benchmarks, Lautstärke, sonstige Messungen und Fazit
2/2Als Basis für die folgenden Benchmarks und Messreihen wurden dieselben Methoden angewandt und dieselbe Hardware genutzt wie beim neuen High-End-Parcours für Grafikkarten. Diese wurden um die Ergebnisse der Nvidia GeForce RTX 3070 Founders Edition, der Nvidia GeForce RTX 3080 Founders Edition, der GeForce RTX 3090, der AMD Radeon RX 6800 und Radeon RX 6800 XT im Referenzdesign sowie der Radeon RX 6900 XT (Test) erweitert. Alle Radeon RX 6800 (XT) wurden mit dem Presse-Treiber (20.45.01.12) getestet.
Benchmarks in Ultra HD
Wie zu erwarten war, liegen PowerColor Red Devil, Sapphire Nitro+ und XFX Merc 319 in den Benchmarks dicht beisammen: Vier Prozent trennen die langsamste (Red Devil mit Silent-BIOS) von der schnellsten Konfiguration (XFX Merc 319 mit alternativem „OC-BIOS“). Analog der protokollierten Taktraten liegt die XFX mit beiden BIOS-Varianten vorne.
Das sollte in der Regel nicht kaufentscheidend sein. Ebensowenig sollte die Leistung darüber entscheiden, welches BIOS auf welcher Grafikkarte genutzt wird, den entscheidenden Unterschied machen hier andere Aspekte, namentlich Lautstärke und Stromverbrauch.
Lautstärke & Kühlung
AMD hat für die Radeon RX 6800 XT ein so gutes Referenzdesign entwickelt, dass es Custom-Designs nicht einfach fällt besser abzuschneiden – auch den drei Modellen im Test nicht.
Die PowerColor Radeon RX 6800 XT Red Devil wird mit dem Standard-BIOS 39 Dezibel laut, was zwar immer noch recht leise, aber eben doch lauter als die Referenzkarte ist. Erst mit dem Silent-BIOS ist der Rote Teufel dann leiser als AMDs-Karte, mit 36 Dezibel aber auch nur 1 dB.
Mit gemessenen 35 dB bereits ab Werk noch leiser ist die Merc 319, obwohl sie mehr verbraucht. Mit dem alternativen BIOS mit nochmal um 10 Watt höherem Verbrauch wird dieses Modell dann sogar lauter, die Merc 319 liegt dann gleich auf mit der Red Devil im Silent-Modus, obwohl die GPU auf der Grafikkarte von XFX mehr aufnehmen darf – der Kühler von XFX ist dem von PowerColor offensichtlich überlegen.
Sapphires Standard- und PowerColors Silent-BIOS nehmen sich nichts, die Merc 319 bleibt ab Werk allerdings noch leiser. Wird das Silent-BIOS auf der Nitro+ aktiviert, holt sich die Sapphire Nitro+ hingegen den Spitzenplatz. Ja, wer genau hinhört, der kann die Lüfter aus einem geschlossenen Gehäuse (Phanteks Enthoo Evolv X) ausmachen, beim Spielen gehen sie aber völlig unter. Das gelingt, obwohl die Lüfter mit beiden BIOS-Versionen schneller drehen als bei PowerColor oder der XFX im leisen Standard-BIOS und deutlich weniger Material zum Einsatz kommt.
Das neue High-End-Problem: Spulenrasseln
Vor allem die Sapphire Radeon RX 6800 XT Nitro+ würde sich also hervorragend für einen Silent-PC eignen. Praktisch gilt das aber nur bedingt. Die gute Nachricht ist, dass weder die PowerColor-, noch die Sapphire-, noch die XFX-Grafikkarte großartig mit Spulenfiepen zu kämpfen haben, auch nicht bei hohen Frameraten. Jedoch leiden beide Grafikkarten, wie jede andere aktuelle High-End-Karte, unter einer guten Portion Spulenrasseln, das unabhängig von den FPS unter Last zu hören ist. Das betrifft nicht nur die zwei Custom-Karten und auch nicht nur die Radeon RX 6800 XT allgemein, auch die GeForce RTX 3080 und GeForce RTX 3090 von Nvidia haben das Problem.
Dabei gilt die Devise: Je höher die Leistungsaufnahme, desto ausgeprägter das Spulenrasseln. Ob AMD oder Nvidia, spielt dabei keine Rolle, und auch die verschiedenen Custom-Modelle unterscheiden sich diesbezüglich kaum. Doppelt problematisch ist das Spulenrasseln, weil die neuen Grafikkarten an sich sehr leise sind und das Lüfterrauschen so nicht das Rasseln übertrumpft. So kommt es, dass man von der Radeon RX 6800 XT Nitro+ beim Spielen zwar quasi keine Geräusche von den Lüftern hört, das Spulenrasseln aber schon. Und das fällt auch aus einem geschlossenen Gehäuse beim Spielen auf.
Wer eine neue High-End-Grafikkarte will, muss sich damit offensichtlich vorerst abfinden. Deutlich weniger ausgeprägt ist dieses Phänomen bei einer Radeon RX 6800, GeForce RTX 3070 oder GeForce GTX 360 Ti, die alle wesentlich weniger Strom verbrauchen.
Messungen zur Temperatur
Die Temperaturentwicklung der drei XT-Custom-Designs ist fast schon identisch zur Referenzkarte, alle lassen die GPUs am Maximum agieren. Die Referenz kommt beim Spielen auf eine GPU-Temperatur von 78 Grad, während sowohl die PowerColor Radeon RX 6800 XT Red Devil als auch die Sapphire Radeon RX 6800 XT Nitro+ 77 Grad Celsius und die XFX Merc 319 mit Standard-BIOS 76 Grad Celsius warm werden. Auch die alternativen BIOS-Versionen machen da keinen großen Unterschied.
Das gilt auch für die Junction-Temperatur. Die Referenzkarte kommt bei der Messreihe auf 96 Grad, während die drei Custom-Designs mit dem jeweils höher taktenden BIOS 95 Grad Celsius erreichen und damit genau 15 Grad von der kritischen 110-Grad-Marke entfernt sind. Mit dem Standard-BIOS liegt die XFX Merc 319 mit gemeldeten 92 °C am weitesten von den 95 °C entfernt.
Modell | GPU-Junction |
---|---|
AMD Radeon RX 6800 XT (Referenzkarte) | 96 °C |
PowerColor Radeon RX 6800 XT Red Devil (OC-BIOS) | 95 °C |
PowerColor Radeon RX 6800 XT Red Devil (Silent-BIOS) | 93 °C |
Sapphire Radeon RX 6800 XT Nitro+ (Standard-BIOS) | 95 °C |
Sapphire Radeon RX 6800 XT Nitro+ (Alternativ-BIOS) | 95 °C |
XFX Radeon RX 6800 XT Merc 319 (Standard-BIOS) | 92 °C |
XFX Radeon RX 6800 XT Merc 319 (Alternativ-BIOS) | 95 °C |
AMD Radeon RX 6800 (Referenzkarte) | 89 °C |
PowerColor Radeon RX 6800 Red Dragon (OC-BIOS) | 90 °C |
PowerColor Radeon RX 6800 Red Dragon (Silent-BIOS) | 93 °C |
Sapphire Radeon RX 6800 Nitro+ (Standard-BIOS) | 90 °C |
Sapphire Radeon RX 6800 Nitro+ (Alternativ-BIOS) | 90 °C |
Leistungsaufnahme
Beim Blick auf die gemessene Leistungsaufnahme der gesamten Grafikkarte, also nicht nur der TGP, gibt es eigentlich nur eine wesentliche Erkenntnis: Auch die Nitro+ mit Referenz-Power-Limit im alternativen BIOS kommt nicht an das Referenzdesign von AMD heran. Am wenigsten verbraucht mit 8 Watt am Ende sogar die XFX Merc 319, aber auch sie liegt damit knapp über dem Referenzdesign.
Unter Volllast in Spielen verbrauchen alle Custom-Designs mehr als die Referenz, wobei sich die Red Devil mit Silent-BIOS am genügsamsten zeigt, obwohl die TGP über der der Sapphire Nitro+ liegt – hier macht offensichtlich die restliche Bestückung den Unterschied. Die Nitro+ benötigt auch am meisten Energie, obwohl die TGP im Standard- mit der der XFX im alternativen BIOS gleich auf liegt.
Fazit
AMD ist mit Radeon RX 6800 (XT) und Radeon RX 6900 XT im High-End-Segment erstmals seit langem wieder konkurrenzfähig zu Nvidia und auch die ersten getesteten Custom-Designs halten mit den bisher getesteten Designs der GeForce RTX 3080 locker mit.
Im Schlagabtausch zwischen PowerColor Radeon RX 6800 XT Red Devil, Sapphire Radeon RX 6800 XT Nitro+ und XFX Radeon RX 6800 XT Merc 319 gibt es am Ende keinen klaren Sieger, schlussendlich handelt es sich in allen drei Fällen um richtig gute Grafikkarten.
Wer Lautstärke über alles stellt, bekommt das beste Kühlsystem aber – in Anbetracht des mit Abstand niedrigsten Gewichtes durchaus überraschend – bei Sapphire, die dafür nicht sehr hochwertig wirkt. Das macht XFX bei der ebenfalls sehr leisen Merc 319 besser. Ebenfalls hochwertig verarbeitet, allerdings im sehr auffälligen Design, kommt die PowerColor daher, die bei der Lautstärke nah dran, aber eben nur auf dem 3. Platz liegt. Auch der Blick auf die Grafikkarten-Garantiebedingungen der Hersteller könnte damit zum Zünglein an der Waage werden.
Die Leistung und die Leistungsaufnahme sollten wiederum keinen Unterschied machen. Maximal trennen die Referenz und die Custom-Modelle im Ultra-HD-Parcours vier Prozent FPS und alle verbrauchen sowohl im Leerlauf als unter Last mehr. Ohne Modifikationen fallen auch die OC-Erfolge vergleichbar aus, zumal AMD hier per Treiber allen dieselben Fesseln anlegt.
Die Verfügbarkeit ist weiterhin problematisch
Auch Anfang 2021 ist allerdings nicht die Entscheidung für eines der Modelle, sondern deren Kauf zu vernünftigen Preisen das größte Problem. Mindfactory als großer AMD-Partner kann mittlerweile zwar zahlreiche Custom-Designs und auf Referenzkarten liefern, für unter 950 Euro gibt es aber keine Radeon RX 6800 XT*.
Wer Radeon RX 6800 (XT) sein Eigen nennen will, sollte deshalb weiterhin nicht auch noch beim Modell wählerisch sein. Die gute Nachricht ist immer, dass es sich bei der PowerColor Radeon RX 6800 XT Red Devil, der Sapphire Radeon RX 6800 XT Nitro+, der XFX Radeon RX 6800 XT Merc 319 und auch bei AMDs Referenzdesign um absolut gute Umsetzungen handelt.
ComputerBase hat die Radeon RX 6800 XT Red Devil von PowerColor, die Radeon RX 6800 XT Merc 319 von XFX und die Radeon RX 6800 XT Nitro von Sapphire leihweise zum Testen erhalten. Die Grafikkarten wurden unter NDA zur Verfügung gestellt, die XFX Merc 319 wurde allerdings erst nach Fall des Embargos getestet. Die einzige Vorgabe war der frühestmögliche Veröffentlichungszeitpunkt. Eine Einflussnahme der Hersteller auf den Testbericht fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand nicht.
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