CheckNow: Schufa für Analyse von Bankkonten in der Kritik
Die Wirtschaftsauskunftei Schufa will künftig im Rahmen von „CheckNow“ eine Bonitätsprüfung durch Kontodatenanalyse durchführen. Das neue Verfahren ist bereits Mitte November angekündigt worden, ruft jetzt aber Datenschützer auf den Plan, nachdem Recherchen von NDR, WDR und SZ neue „Superscores“ erwarten lassen.
Mit CheckNow will die Schufa eine erweiterte Bonitätsprüfung einführen, die es Vertragsnehmern ermöglichen soll, auch dann eine positive Bonität vorzuweisen, wenn nach der herkömmlichen Risikoprüfung kein Vertragsabschluss möglich wäre. Bei CheckNow gewährt der Kunde der Schufa Einblick in das von ihm bei der Bestellung angegebene Konto, also zum Beispiel den Kontostand sowie Ein- und Ausgänge. Der Zugriff auf das Konto erfolgt auf Grundlage der überarbeiteten Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2) durch die finAPI GmbH, ein Tochterunternehmen der Schufa mit BaFin-Lizenz. Die anschließende Analyse der bonitätsrelevanten Daten führt die Schufa selbst durch und übermittelt anschließend das Ergebnis an das Unternehmen, mit dem der Kunde einen Vertrag abschließen möchte.
Erster Test mit Telefónica/O2
Ein erster Test des neuen Systems wurde mit dem Netzbetreiber Telefónica mit der Mobilfunkmarke O2 durchgeführt. Mittlerweile ist das Unternehmen aber aus dem Test ausgestiegen. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, gab es auf der Webseite ein kleines Kästchen, das freiwillig mit einem Haken versehen werden konnte. Entschied sich der Vertragsnehmer dafür, gab der Kunde der Schufa die Erlaubnis, Kontoauszüge zu lesen, diese Daten für zwölf Monate zu speichern und daraus theoretisch auch eigene Produkte zu entwickeln.
Einer ersten Stellungnahme der Schufa zufolge werden in der Testphase keine Daten gespeichert. Über die spätere Ausgestaltung des finalen Produktes könne aber noch keine Auskunft gegeben werden. In einer neuen Stellungnahme der Schufa zur aktuellen Berichterstattung heißt es, im aktuellen Test werde insbesondere die Klickstrecke getestet. „Ferner testen wir die Akzeptanz einer freiwilligen Einwilligung in die weitere Speicherung der Daten für einen Zeitraum von zwölf Monaten.“
Informationen sollen in neuen „Superscore“ fließen
Die Ankündigung von CheckNow erfolgte bereits am 16. November, fand bisher aber wenig Beachtung in der Berichterstattung. Das ändert sich mit Recherchen durch NDR, WDR und SZ, wie unter anderem bei der Tagesschau nachzulesen ist. Demnach plane die Schufa, die sensiblen Daten in Zukunft systematisch auszuwerten und weiterzuverarbeiten. Eine Art „Superscore“ über den Verbraucher wird befürchtet.
Der Score beschreibt die Bonität eines Kunden und kann ausschlaggebend dafür sein, ob ein Vertrag abgeschlossen werden kann oder nicht, sei es zum Beispiel für Mobilfunk, eine Kreditkarte oder die Finanzierung eines Autos. Der Tagesschau zufolge wisse die Schufa derzeit noch weitaus weniger über den Kunden, als häufig vermutet werde. Die Wirtschaftsauskunftei speichert unter anderem, wie viele Konten jemand besitzt, ob Kredite zurückgezahlt werden oder Handyverträge geschlossen wurden. Was allerdings auf dem privaten Bankkonto passiert, wie hoch der Kontostand ist, wie viel Geld wann und an wen ein- und ausgeht, weiß die Schufa bislang nicht.
In der aktuellen Berichterstattung wird aus internen Unterlagen der Schufa zitiert, die umreißen, was in Zukunft mit den neu gewonnenen Informationen angestellt werden soll. So sei schon die Übernahme der finAPI GmbH 2018 unter anderem deshalb erfolgt, weil diese den „gesicherten Zugang zu derzeit 58 Millionen Endkunden-Konten“ ermögliche. In einer Präsentation ist von „aktuellen Produktentwicklungsansätzen“ die Rede, darunter „neue Scores“, etwa solche mit „Ergänzung um zusätzliche Indikatoren“. Auf einer Branchenveranstaltung sollen finAPI-Mitarbeiter erklärt haben, dass man mit den Kontoauszügen 65 Kategorien erkennen könne, darunter Gehalt, staatliche Leistungen, Unterhaltszahlungen, Ausgaben für Heimwerken und Garten. Zudem könne man „Risikofaktoren“ wie Glücksspiel oder Zahlungen an Inkassoinstitute identifizieren.
Dass die Schufa die Daten nicht nur für einmalige Abfragen nutzen möchte, gesteht sie in einer Mitteilung vom 27. November auch offen ein. „Ziel ist es, dass der Verbraucher die Möglichkeit erhält, dass positive Kontoinformationen auch für zukünftige Transaktionen und Bonitätsabfragen genutzt werden können.“ Weitere zukünftige Kontozugriffe durch Dritte könnten so vermieden werden, die Daten würden dennoch „vorteilhaft“ für den Kunden in eine Bonitätsbewertung einfließen. Wesentlicher Vorteil sei, dass die Kontoanalyse nur einmal bei der Schufa stattfinde und für weitere Bonitätsberechnungen die detaillierten Kontodaten nicht weitergegeben werden, sondern nur eine Bonitätsauskunft. Dies bedeute für den Verbraucher einen „deutlich besseren Schutz“ seiner sensiblen Daten.
Datenschützer sind besorgt
Der beste Schutz der sensiblen Daten ist vermutlich aber, wenn erst gar nicht Zugriff darauf gewährt wird. Datenschützer wie der frühere Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar fürchten Nachteile für Kunden. „Ich mache mich da wirklich nackig, wenn ich diesen Einwilligungsbutton bestätige“, sagte Schaar. Über die Kontoauszüge könnte die Schufa auch an Daten Dritter gelangen. Hat man, wie die finAPI GmbH beschreibt, wirklich Zugriff auf 58 Millionen Konten, ließe sich auf Basis der Namen und Beträge der Transaktionen ein umfangreiches Informationsnetz aufbauen. Auch Thilo Weichert, bis 2015 Datenschutzbeauftragter des Landes Schleswig-Holstein, äußert sich kritisch. Die hochsensiblen Daten würden hier ausschließlich im Unternehmensinteresse verwendet, ohne dass der Betroffene das nachvollziehen könne: „Das ist für mich tatsächlich ein Horror.“
CheckNow wird derzeit vom zuständigen Bayerischen Landesamt für Datenschutzaufsicht auf seine Zulässigkeit geprüft. Zum Ausgang der Prüfung wollte sich die Behörde nicht gegenüber der Tagesschau äußern.