Watch Dogs: Legion im Test: Hohe Anforderungen und etwas viel Raytracing
tl;dr: Watch Dogs: Legion fährt schwere technische Geschütze auf: DirectX 12, Raytracing und DLSS sind mit dabei. ComputerBase hat sich die Technik der PC-Version angesehen. Dabei zeigt sich, dass das Spiel sehr hohe Anforderungen an die Hardware stellt und die Next-Gen-Features ihre Stärken und Schwächen haben.
Mit Watch Dogs: Legion geht die etwas ungewöhnliche „Hacker-Spielserie“ in die dritte Runde. Nicht nur spielerisch gibt es Neues, denn es gibt beispielsweise nicht mehr nur einen Protagonisten, sondern der Spieler kann das Kommando über jeglichen NPC übernehmen. Und auch technisch hat sich so einiges getan. Dafür hat Ubisoft unter anderem das Grundgerüst des Spiels umgebaut.
Watch Dogs: Legion kann DirectX 12
Zwar nutzt Watch Dogs: Legion immer noch die Hauseigene Disrupt-Engine, jedoch hat Ubisoft einen DirectX-12-Renderer eingefügt, der alternativ zu DirectX 11 angeboten wird. Grafisch macht das Spiel einen Schritt nach vorne, so richtig überzeugen kann die optische Qualität unabhängig von Raytracing aber nicht.
Gut gelungen ist die Beleuchtungsqualität in der Nacht, die einige Stadtbereiche Londons in wortwörtlich schönem Licht erstrahlen lassen. Andere sehen dagegen schlicht trostlos aus. Auch bei Tageslicht kommt die Grafik nicht über ordentlichen Durchschnitt hinweg, zudem fallen die doch eher einfachen Animationen und auch die recht detailarmen Charaktere an sich negativ auf. Ebenso problematisch ist ein aggressiv arbeitendes LOD, das NPCs und Gegenstände teils auf mittlerer Distanz aus dem Nichts einblenden lässt. Das fällt auch beim Spielen durchaus negativ auf. Im Vergleich zu Watch Dogs: Legion sieht das mittlerweile mehr als anderthalb Jahre alte The Division 2, das ebenfalls von Ubisoft entwickelt worden ist, bei einem ähnlichen Grafik-Stil besser aus. Daran ändern auch die hübschen Texturen nichts, die mittels optional installierbarem Texturpack noch ein Stück hochauflösender werden als eigentlich mit dem Spiel ausgeliefert.
Ein sehr gutes Grafikmenü mit vielen Möglichkeiten
Ubisoft hat bereits in den letzten Spielen der PC-Version ein sehr gutes Grafikmenü spendiert und Watch Dogs: Legion stellt keine Ausnahme dar. So gibt es zahlreiche Grafikoptionen, Grafik-Presets, verschiedene Kantenglättungen, einen von 30 bis 120 FPS konfigurierbaren FPS-Limiter und spieleigenes Upsampling (25-100 Prozent Auflösung). Einzig Downsampling wird bei den Optionen vermisst.
Doch nicht nur die Einstellmöglichkeiten überzeugen, auch das Menü selbst ist gelungen. So wird jeder einzelner Menüpunkt erklärt, es gibt Beispiel-Screenshots für die optischen Auswirkungen und einen Hinweis, ob und wie sehr die Option den Prozessor oder die Grafikkarte belastet. Vorbildlich, Ubisoft!
Das Grafikmenü hat bei Watch Dogs: Legion aber auch eine wichtige Rolle inne, denn es werden vermutlich viele Spieler ansteuern (müssen). Denn so viel sei schon einmal verraten, das Spiel hat sehr hohe Anforderungen an die Hardware. Auf die einzelnen Detailstufen geht die Redaktion an dieser Stelle aber nicht weiter ein, denn es gibt viele weitere technische Details zu klären.
Raytracing für Reflexionen im Übermaß
Watch Dogs: Legion bietet auf dem PC Raytracing für die Reflexionen, das mittels Microsofts DXR über die DirectX-12-API realisiert wird. Damit funktioniert Raytracing derzeit auf den GeForce-RTX-2000- und den GeForce-RTX-3000-Grafikkarten, doch auch AMDs in Kürze erscheinende Radeon-RX-6000-Serie wird damit umgehen können. Raytracing kann im Grafikmenü abgestellt oder in der Detailstufe „Mittel“, „Hoch“ und „Ultra“ aktiviert werden.
Eigentlich sieht Raytracing in Watch Dogs: Legion toll aus. Das Spiel verfügt zwar auch über durchaus schicke Screenspace-Reflexionen, die aber mit den üblichen Nachteilen verbunden sind. Da sehen die Raytracing-Reflexionen deutlich hübscher und auch realistischer aus. Der Effekt ist im gesamten Spiel zu sehen, sowohl bei Tageslicht, vor allem aber Nachts, wenn die spiegelnden Häuserbeleuchtungen und Reklametafeln viel her machen.
Der Effekt wird im Spiel auf zahlreichen Objekten angewendet. Sei es etwa auf Pfützen, dem Marmorboden, Fensterscheiben, Autos, Bussen, generell metallischen Objekten oder der Themse. Das ist aber gleichzeitig auch das eigentliche Problem.
Watch Dogs: Legion nutzt Reflexionen inflationär
Denn die Entwickler haben es wie bei Control gehalten und folgen strickt dem Motto, mehr ist besser. Und viel mehr ist noch besser. So spiegelt gefühlt die halbe Umgebung. So viele Pfützen sieht man wohl selbst in London bei strahlendem Sonnenschein selten, aber im Spiel wird man von Raytracing ununterbrochen erschlagen. Doch nicht nur die schiere Menge wirkt übertrieben, das noch größere Problem ist die Klarheit der Reflexionen.
Denn egal ob es Pfützen, Fenster, Fassaden oder Autos sind, die Reflexionen wirken so, als würde es überhaupt keinen Dreck, keine Unebenheiten sowie keine Lichtbrechungen geben. So viel Putzen können die Stadtbewohner gar nicht, um auch nur halbwegs realistisch solche Reflexionen zu erzeugen. Damit wirkt Raytracing, auch wenn die Reflexionen an sich realistischer sind, schlicht wieder unrealistisch. So ein Effekt funktioniert in einer fünfminütigen Techdemo gut, doch in einem viele Stunden dauernden Spiel wirkt der Effekt völlig übertrieben und man stumpft sofort ab.
Deutlich weniger Raytracing-Reflexionen wären in Watch Dogs: Legion deutlich realistischer, deutlich besser und schlussendlich auch deutlich hübscher. Gerne dann auch ab und zu mit überdrehten Szenarien, damit es einen Wow-Effekt gibt und Raytracing richtig auftrumpfen kann. Bei der aktuellen Umsetzung gelingt dies nicht.
Die Qualitätsstufen unterscheiden sich nur gering
Ob Raytracing auf Mittel, Hoch oder Ultra steht, macht nur einen geringen Unterschied. In manchen Reflexionen lassen sich keinerlei Unterschiede feststellen, andere wirken mit der mittleren Einstellung nicht so detailliert. Der größte Unterschied ist offenbar in einem etwas unterschiedlichem LOD zu finden. Je höher die RT-Einstellung gesetzt ist, desto weiter entfernte Objekte werden noch per Raytracing reflektiert, andernfalls werden die klassischen Reflexionen genutzt. Das passiert aber auch bei der Ultra-Einstellung ab einer gewissen Entfernung. Beim Spielen stört das aber nicht und fällt nur bei genauem Hinsehen auf.
Die Performance von Raytracing
Der große Leistungsverlust kommt mit der bloßen Aktivierung von Raytracing, um welche Detailstufe es sich handelt ist zweitrangig. So kostet die mittlere RT-Einstellung auf der GeForce RTX 3080 24 Prozent der Framerate, auf einer GeForce RTX 2070 Super sind es 27 Prozent. Die Hoch-Einstellung kostet weitere fünf Prozent auf beiden Grafikkarten, Raytracing auf Ultra reduziert die FPS um noch einmal 11 und 8 Prozent. Damit verliert die Ampere-Grafikkarte maximal 36 Prozent der Bilder pro Sekunde, das Turing-Gegenstück 37 Prozent. Damit verhalten sich beide Architekturen gleich, was die RT-Kosten angeht.
Auf die Auflösung kommt es an
Je höher die Auflösung, desto mehr Performance kostet Raytracing – das gilt auch in Watch Dogs: Legion. Während Raytracing auf Ultra in 1.920 × 1.080 auf der GeForce RTX 3080 „nur“ 28 Prozent der Framerate kostet, sind es in 2.560 × 1.440 36 Prozent und in 3.840 × 2.160 47 Prozent.
In Verbindung mit der generell niedrigen Framerate im Spiel sorgt dies dafür, dass Raytracing ohne DLSS kaum nutzbar ist. In Full HD gelingt dies noch mit einer GeForce RTX 3090, 3080 und 3070, wobei die Framerate bei letzterer dann immer mal wieder auf unter 50 FPS fällt. In WQHD muss es dafür schon eine GeForce RTX 3090 sein und die erreicht dann gerade einmal 45 FPS. Entsprechend ist DLSS fast schon ein Must Have für Raytracing in Watch Dogs Legion.
Raytracing belastet zwar primär die Grafikkarte, doch auch der Prozessor hat mit den RT-Strahlen mehr zu schuften. Das ist in so fern etwas problematisch, als dass Watch Dogs: Legion ohnehin eine recht hohe CPU-Auslastung hat und vor allem in niedrigen Auflösungen schnell in ein CPU-Limit gerät.
Zudem belastet Raytracing nicht nur die GPU, sondern auch den Speicher der Grafikkarte – die Speicherauslastung ist entsprechend höher als ohne Raytracing. In Verbindung mit dem Texturpack kann dies schneller zu einer Limitierung führen. Während des Testens hat sich so ein Szenario jedoch noch nicht angedeutet.
DLSS 2.0 funktioniert mit einer wichtigen Ausnahme gut
Watch Dogs: Legion unterstützt Nvidias exklusives KI-Upsampling DLSS 2.0 in den Qualitätsstufen „Qualität“, „Balanced“, „Performance“ und „Ultra Performance“ – letzteres ist für „8K“ gedacht. DLSS 2.0 hinterlässt allgemein einen deutlich besseren Eindruck als die erste Iteration und zeigte sich zuletzt in Death Stranding nicht von einer perfekten, aber einer richtig guten Seite, die eine bessere Optik als die native Auflösung liefert.
DLSS 2.0 funktioniert auch in Watch Dogs: Legion an sich gut. Vor allem die Qualitäts-Einstellung kann in eingestellter Ultra-HD-Auflösung überzeugen, dann rendert die Grafikkarte noch mit WQHD-Auflösung. Die Bildqualität ist abseits von einem Element absolut gleichwertig. Beide Techniken haben dann Vor- und Nachteile. Je nach Sequenz ist die Bildstabilität mal mit dem guten TAA, mal mit DLSS besser. Teilweise gibt es mit DLSS wiederum kleinere Grafikfehler, die aber nur selten auftreten. Auf der Habenseite ist in manchen Szenen die Bildschärfe minimal besser. Die Unterschiede sind aber nur so gering, dass Ultra HD sowie Ultra HD mit DLSS auf „Qualität“ gleichwertig arbeiten.
Die geringeren Qualitätsmodi sehen schlechter aus. DLSS Balanced ist nur in Ultra HD zu empfehlen, hat dann aber teilweise mit einem unruhigeren Bild zu kämpfen. Noch aggressivere Einstellungen sind nicht mehr ratsam. Wer in WQHD spielt, sollte DLSS 2.0 nur in der Einstellung Qualität nutzen. Für WQHD bietet die Balanced-Einstellung zu wenige Informationen, um noch eine ebenbürtige Qualität zu liefern. Bildruhe und Bildschärfe leiden dann deutlich.
Ausgerechnet mit Raytracing hat DLSS ein Problem
DLSS 2.0 wäre damit vor allem beim Einsatz von Raytracing absolut lohnenswert und sinnvoll. Genau in Verbindung mit der Strahlen-Technologie gibt es aber ein störendes Problem. Und zwar ist DLSS in der aktuellen Version nicht dazu in der Lage, Raytracing-Reflexionen optisch aufzuwerten. Dazu benötigt es so genannte Bewegungsvektoren, die es bei Reflexionen aber nicht gibt. Das hat zur Folge, dass die RT-Reflexionen nicht von DLSS rekonstruiert werden können, was sofort auffällt.
Bei manchen Reflexionen macht sich dies kaum bemerkbar, bei anderen hingegen umso mehr. Bereits Ultra HD mit DLSS Qualität erzeugt sichtbar weniger detaillierte Reflexionen als die native Auflösung. Und bei der schieren Anzahl der Reflexionen kommt damit selbst „DLSS Qualität“ nicht an die Qualität der nativen Auflösung in Watch Dogs: Legion heran. Und das wäre aufgrund der sehr hohen RT-Kosten eigentlich notwendig. Noch höhere DLSS-Modi sind damit unabhängig von der Zielauflösung nicht zu empfehlen, die Reflexionen leiden darunter deutlich. Da ist es sinnvoller, die Raytracing-Qualität zu reduzieren oder gleich Abstand von Ultra HD zu nehmen.
Die native Auflösung bietet daher die beste Bildqualität in Watch Dogs: Legion und ist DLSS überlegen. Ohne die Raytracing-Reflexionen würde es einen Gleichstand geben.
Die Performance von DLSS 2.0
Je höher die Ziel-Auflösung, desto größer ist der Nutzen von DLSS. Wer in 3.840 × 2.160 inklusive Raytracing DLSS aktiviert, erhält entsprechend bereits bei der Qualitäts-Einstellung einen großen Leistungsschub. Die GeForce RTX 3080 legt dann um satte 70 Prozent zu, die GeForce RTX 2070 Super kommt gar auf 92 Prozent. Die Balanced-Einstellung bringt weitere 14 und 16 Prozent, die Performance-Einstellung noch einmal 13 und 11 Prozent. Der neue Modus Ultra Performance beschleunigt zum Schluss die Framerate um zusätzliche 26 und 29 Prozent. Die Zahlen sind entsprechend enorm, spätestens DLSS Balanced hat aufgrund der schlechter werdenden Reflexionen qualitativ aber nichts mehr mit „4K“ zu tun.
Ultra HD mit Raytracing und DLSS ist möglich
Raytracing in Ultra HD ist mit dem qualitativ nicht perfekten, aber akzeptablen „DLSS Qualität“ in Watch Dogs: Legion durchaus spielbar. Das gilt jedoch nur für die GeForce RTX 3090 und mit Einschränkungen noch für die GeForce RTX 3080. Alle anderen Grafikkarten sind dafür zu langsam. Da reduzierte Raytracing-Qualität nur geringe Leistungsverbesserungen bringen und aggressivere DLSS-Stufen vor allem die RT-Qualität mindern, ist es ratsamer die Auflösung generell auf 2.560 × 1.440 zu reduzieren.