Withings ScanWatch im Test: App, Sensoren, Laufzeit und Fazit

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Jan Wichmann
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App ohne Schnickschnack

Die von Withings bereitgestellte Health-Mate-App ist äußerst übersichtlich und intuitiv aufgebaut. Die Hauptansicht zeigt die täglichen Vitalparameter und die letzten sportlichen Aktivitäten an. Für eine detaillierte Ansicht kann jeder Punkt angewählt werden und gibt dabei außerdem Aufschluss über die Werte vergangener Tage sowie eine Wochen- und Monatsübersicht. Schön ist auch, dass die EKG-Messungen nicht einfach nur als Wert oder Umschreibung gespeichert werden, sondern die vollständige Elektrokardiographie mit Wellen als Video gespeichert wird. Bei der Steel HR Sport noch als separater Menüpunkt vorhanden, sind die Coaching-Programme (geführte Trainingseinheiten) nun Bestandteil des Home-Bildschirms. Aktuell sind mit zwei Programmen und einem Wettstreit (Bestenliste) jedoch noch sehr wenig Coaching-Programme vorhanden.

Das Dashboard führt alle Ist-Parameter in den Kategorien Aktivität, Ernährung, Herz, Körper und Schlaf zusammen. Der Menüpunkt dient neben der aufgliederten Ansicht vor allem als Bindeglied zu anderen Apps und externen Werten. Es können beispielsweise Mahlzeiten externer Apps wie MyFitnessPal oder manuelle Messungen wie beispielsweise des eigenen Gewichts und Blutdrucks getrackt werden. Mit der Health-Mate-App gekoppelte Geräte wie die Blutdruckmanschette Withings BPM Core oder Körperwaagen der Body-Reihe synchronisieren die ermittelten Werte indes automatisch im Dashboard.

Unter der Rubrik „Geräte“ können sämtliche Einstellungen der gekoppelten Withings-Produkte vorgenommen werden. Bei der ScanWatch umfasst das insbesondere die Auswahl der benachrichtigenden Apps, aber auch Einstellungen zu Kurzbefehlen und des Displays. Im Profil können Gesundheitsberichte via PDF verschickt werden. Darüber hinaus ist es möglich, im Profil erhaltene (Erfolgs-)Abzeichen einzusehen und gekoppelte Apps zu verwalten.

Ohne die Health-Mate-App und zugehöriges Konto ist die Withings ScanWatch nicht nutzbar. Den Umgang mit den gesammelten Daten beschreibt der Hersteller in seinen Datenschutzrichtlinien.

Im Withings-Forum mehrfach beschriebene Probleme mit der Bluetooth-Kopplung konnten im Test nicht festgestellt werden. Im Testverlauf wurde die Withings ScanWatch hauptsächlich mit einem Apple iPhone SE (2020) verwendet. Um etwaige Verbindungsprobleme aufzudecken, wurde die Uhr testweise auch mit einem Google Pixel 3a, einem Samsung Galaxy S8, einem Sony Xperia XZ und einem OnePlus Nord verbunden. Zu Problemen kam es dabei jedoch nicht.

Umfangreiche Sensorik und genaue Daten

Hinsichtlich der verbauten Sensoren ist das Aushängeschild der Withings ScanWatch die EKG-Funktion, die noch keine andere hybride Smartwatch vorweisen kann und bislang einzig im Segment der vollwertigen Smartwatches wie beispielsweise der Apple Watch ab Version 4 vertreten ist. Daneben verfügt die ScanWatch über ein Oximeter zur Messung der Sauerstoffsättigung, einen Höhenmesser und einen dreiachsigen Beschleunigungsmesser.

EKG- und SpO2-Messung

Die für das EKG benötigten Elektroden sitzen bei der ScanWatch im Gehäuseboden und entlang der rechten Gehäuseseite. Zum Start einer Messung muss selbige zunächst manuell ausgewählt werden und anschließend die Hand oder ein Finger auf das Gehäuse gelegt werden. Auf dem kleinen Display verläuft die EKG-Welle, die auch am gekoppelten Smartphone verfolgt oder später eingesehen werden kann.

Withings informiert mit ausführlichen Details in der App über die Messmethode des EKGs und über mögliche Störungen bis hin zum Vorhofflimmern. Das ebenfalls verbaute Pulsoximeter dient der arteriellen Ermittlung der Sauerstoffsättigung im Blut. Das Verfahren wurde bei der ScanWatch klinisch validiert und soll vor allem in der Nacht auf Symptome einer Schlafapnoe hinweisen. Zur Validierung der Messmethode führt Withings eine Reihe von Universitäten, Krankenhäusern und Forschungseinrichtungen mit kardiologischem Bezug auf – unter anderem die Ludwig-Maximilians-Universität München, die die ScanWatch im Rahmen einer Studie zur Fernüberwachung von Covid-19-Patienten in häuslicher Quarantäne nutzt.

Trotz keiner eigenen oder im engeren Familienkreis bekannten Herz-Kreislauf-Erkrankungen schafft die ScanWatch ein gewisses Maß an Sicherheit, da mangelhafte Werte sofort aufgezeigt werden und notfalls medizinischer Rat hinzugezogen werden kann.

Schritt- und Herzfrequenzanalyse nahe der Referenz

Bei der Analyse der übrigen Vitalwerte hinterlässt die Withings ScanWatch ein nahezu perfektes Bild.

Zurückgelegte Stockwerke ermittelt die Uhr mittels Barometer nach drei zurückgelegten Höhenmetern. Die Messung reagiert jedoch nur im Zusammenspiel mit einer Vorwärtsbewegung, sodass ein senkrechtes Hinaufklettern oder die Benutzung eines Fahrstuhls nicht gewertet wird. Ebenso werden nur erklommene Stockwerke registriert, nicht jedoch hinabgestiegene. Im Test funktionierte die Ermittlung bei täglich dutzenden zurückgelegten Stockwerken problemlos und über den gesamten Testzeitraum ohne Fehler.

Ebenfalls ohne Messfehler begeistert die Herzfrequenzanalyse, die in allen drei Testmessungen den identischen Pulswert des als Referenz genutzten Brustgurts Polar H7 ausgab.

Herzfrequenzmessungen, in s/min
ScanWatch Referenz Abweichung
79 79 0 %
96 96 0 %
101 101 0 %

Minimale, im Toleranzbereich liegende Abweichungen verzeichnet die Withings ScanWatch bei der Schrittzählung. Die 1.000 gezählten Schritte werden von der Uhr als 998 Schritte gewertet.

Allgemeines zum Tracking

Die ScanWatch verfügt als hybride Smartwatch über kein eigenes GPS-Modul und bedient sich bei Erfordernis der Standorterkennung des gekoppelten Smartphones. Mit der gleichen Vorgehensweise warb der Hersteller bei der Steel HR Sport noch unter dem Slogan „der ersten hybriden Smartwatch mit Standorterkennung“. Zwar ist an dieser Vorgehensweise nichts Verwerfliches, doch ist es eher der App und nicht der Smartwatch zuzuschreiben, was so auch im Test zur Steel HR Sport angekreidet wurde. Im Test klappt die Standorterkennung mit der ScanWatch (und gekoppeltem Smartphone) ohne Beanstandung. Wenige Sekunden nach dem Start einer Trainingseinheit vibriert die Uhr und weist auf die verbundene Standortermittlung hin. Im Nachgang kann die zurückgelegte Strecke in der Trainingseinheit eingesehen und analysiert werden.

Mit insgesamt 40 Sportarten bietet die ScanWatch eine umfangreiche Auswahl. Im Auslieferungszustand stehen direkt auf der Uhr die Sportarten Laufen, Schwimmen, Radfahren und Gehen zur Wahl. Weitere Sportarten wie unter anderem Squash, Fußball oder Eislaufen können entweder direkt über die App gestartet oder zur Schnellauswahl auf der Uhr hinzugefügt werden. Ebenfalls an Bord ist eine automatische Trainingserkennung. Dabei werden auf der Uhr zwar kein Trainingsprogramm und somit auch keine Standorterkennung gestartet, jedoch erkennt der Proband die Bewegung und speichert diese nach Beendung in der App als Trainingseinheit. Bei etwas über 60 Trainingseinheiten während des Testzeitraums, von denen rund 20 manuell gestartet wurden, lag die automatische Erkennung bei den verbleibenden Einheiten zumeist richtig. Einzig zwei Mal erkannte die Uhr eine falsche Sportart. Überaus wünschenswert wäre zudem eine automatische Start-Stopp-Funktion, die beispielsweise das Training an roten Ampeln oder kürzeren Stehzeiten pausiert. Dies dürfte mittels Software-Update leicht umsetzbar sein und würde der Uhr einen Mehrwert spendieren.

Abermals grandiose Laufzeiten

Das Steckenpferd hybrider Smartwatches ist neben dem oftmals klassischen Uhrendesign in erster Linie die Akkulaufzeit. Ohne energiehungrige Extras und großem Display kommen die Uhren zumeist mehrere Wochen mit einer Ladung aus – was nach wie vor ein entscheidendes Kaufkriterium für eine Vielzahl (potenzieller) Nutzer ist.

Withings ScanWatch im Test

Kamen Steel HR und Steel HR Sport rund 30 Tage mit einer Ladung aus, zerren die neuen Funktionen an der ScanWatch. Nach drei erfolgten Ladungen im Testzeitraum beläuft sich die durchschnittliche Laufzeit der ScanWatch auf 23 bis 24 Tage – bei aktivierter Quicklook-Funktion, die das Display beim Anheben des Handgelenks zum Ablesen aktiviert.

Fazit

Bis auf einige kleinere Verbesserungswünsche liefert Withings mit der ScanWatch eine nahezu perfekte (hybride) Smartwatch ab. Äußerlich begeistert die Uhr mit einem zeitlosen Design, das bedenkenlos zu jedem Anlass getragen werden kann. Gleiche Begeisterung trifft im Hinblick auf Saphirglas und Edelstahlgehäuse auch auf die Materialwahl und Verarbeitungsqualität zu. Der Tragekomfort steht einer herkömmlichen Uhr in nichts nach und die Größe sowie das Gewicht passen ebenfalls zum Modell und Design. Wenngleich Withings der ScanWatch „nur“ ein Kautschuk-Armband beilegt, ist es überaus wertig verarbeitet und hinterlässt keinesfalls einen minderwertigen Eindruck. Einziger (äußerlicher) Kritikpunk ist die Armbandlänge, die bei einem Handgelenksumfang von 19 cm beinahe einmal bis zum gegenüberliegenden Bandsteg reicht. Wenn auch lieber zu lang als zu kurz gilt, wäre hier die Zugabe eines zweiten Armbandstücks angebracht.

Doch kann die Withings auch mit weiteren Faktoren punkten. Die Laufzeit von rund 23 Tagen ist grandios. Hinzu gesellen sich akkurate Vitalanalysen und die Möglichkeit, eine EKG- und SpO2-Messung vorzunehmen. Eine intuitive App ohne Schnickschnack rundet das Gesamtpaket ab. Wünschenswert wären dessen ungeachtet eine automatische Start-Stopp-Funktion beim Training und eine Benachrichtigungszentrale, in der die nur temporär bei Erhalt angezeigten Benachrichtigungen noch mal eingesehen werden können. Beides Punkte, die mit Sicherheit via System-Update nachgeliefert werden könnten.

An wen richtet sich die ScanWatch?

Die Withings ScanWatch richtet sich ohne technische Zusatzfunktionen und eigene Standortbestimmung weniger an Sportler oder Träger, die die Smartwatch als Smartphone-Ersatz am Handgelenk nutzen wollen. Hierfür bieten verschiedene Hersteller spezielle Sport-Smartwatches wie die Garmin Instinct Solar (Test) oder vollwertige Smartwatches an.

Aufhorchen dürfen indes all diejenigen, die eine Smartwatch mit langer Laufzeit, gediegenem Design und nützlichen Vitalfunktionen suchen. Das kleine Display informiert darüber, ob sich der Griff in die Hosentasche zum Smartphone lohnt.

Verfügbarkeit und Preis

Die Withings ScanWatch ist bereits erhältlich. Unabhängig von der Farbvariante ruft der Hersteller für das 38-mm-Modell eine Preisempfehlung von rund 280 Euro aus. Die 42 mm große Variante schlägt mit einem Aufpreis von 20 Euro zu Buche. Im Preisvergleich sind die Uhren ab 270 respektive 280 Euro gelistet.

Withings ScanWatch (42 mm)
23.11.2020
  • Sehr gut umgesetztes hybrides Konzept
  • Erstklassige Materialwahl und Verarbeitungsqualität
  • Genaue Vitaldaten
  • EKG- und SpO2-Messung
  • Grandiose Laufzeit
  • Intuitive App
  • Zu langes Armband
  • Benachrichtigungen nur temporär lesbar
  • Fehlende Start/Stopp-Automatik im Trainingsmodus
ComputerBase-Empfehlung für Withings ScanWatch (42 mm)

ComputerBase hat die ScanWatch leihweise von Withings zum Testen erhalten. Eine Einflussnahme des Herstellers auf den Testbericht fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand nicht. Es gab kein NDA.

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