Apple iPhone 12 Pro Max im Test: Exklusive Triple-Kamera
2/3Mehr Display, mehr Akku und jetzt auch noch mehr Kamera passen in das iPhone 12 Pro Max. Wo bei Apple unter den beiden Pro-Smartphones bisher Parität herrschte, schafft die neue Generation erstmals exklusive Ausstattungsmerkmale für das größte Modell. Das ist auf der einen Seite für diejenigen gut, die sich schon immer „noch mehr“ im größten iPhone wünschten, allerdings ärgerlich für alle anderen Pro-Nutzer, die nur wegen einer laut Apple besseren Kamera zum größeren Modell wechseln müssen, obwohl der Formfaktor nicht gefällt. Da über die letzten Wochen alle vier iPhone 12 jeweils mehrere Tage genutzt wurden, ist der Wechsel vom iPhone 12 Pro zum Pro Max durchaus beachtlich, wenn dieser nur wegen der Kamera vollzogen werden muss.
47 Prozent größere Pixel
Das iPhone 12 Pro Max ist das einzige der neuen Apple-Smartphones, das mit einem größeren Sensor für die Hauptkamera ausgerüstet ist. Wo die 12 Megapixel bei allen anderen Varianten auf 1,4 μm große Pixel verteilt sind, kommt der Sensor des iPhone 12 Pro Max auf 1,7 μm. Da bei der Pixelgröße die Kantenlänge gemeint ist, steigt die Fläche jedes Pixels um satte 47 Prozent. Nimmt man die im Vergleich zum iPhone 11 Pro offenere Blende von f/1.6 statt f/1.8 mit in den Vergleich, fängt das neue Modell unter gleichen Konditionen 87 Prozent mehr Licht ein.
Eine neue Bildstabilisierung
Eine weitere Anpassung betrifft die Stabilisierung der Hauptkamera, bei der nun nicht mehr das Objektiv stabilisiert wird, sondern „Sensor Shift“, wie es auch bei DSLR-Kameras seit Jahren genutzt wird, Erschütterungen direkt am Sensor ausgleichen soll. Die Stabilisierung soll vor allem deshalb besser ausfallen, da die Optik schwerer als der Sensor ist und ein höheres Trägheitsmoment mitbringt.
Tele mit 65 statt 52 mm
Die reguläre optische Bildstabilisierung kommt weiterhin für das Teleobjektiv zum Einsatz, das die dritte Veränderung an der Kamera des iPhone 12 Pro Max einführt. Wo mit dem OIS des iPhone 11 Pro Max noch 1.000 Mal pro Sekunde Anpassungen am Objektiv vorgenommen werden konnten, schafft der neue OIS 5.000. Die jedoch relevantere Veränderung betrifft die Brennweite nach 35-mm-Kleinbildäquivalent, die nun bei 65 statt 52 mm liegt und somit einen 2,5-fachen optischen Zoom ausgehend von der Weitwinkelkamera ermöglicht. Apple spricht gerne von einer fünffachen Vergrößerung über alle Objektive, also beginnend mit den 13 mm des Ultraweitwinkelobjektivs.
iPhone 12 Pro Max gegen iPhone 12 Pro bei Tageslicht
Angefangen mit der Hauptkamera des iPhone 12 Pro Max bei Tageslicht müssen sich Besitzer eines normalen iPhone 12 Pro keine Sorgen machen, dass das größere Smartphone plötzlich über das kleinere triumphiert. Der größere Sensor des iPhone 12 Pro Max kann seine Vorteile selbst an bewölkten, diesigen Tagen mit vergleichsweise wenig Licht nur selten ausspielen. Klickt man sich durch die erste Bildstrecke, dürften den meisten Lesern nur selten überhaupt Unterschiede auffallen.
Feine Unterschiede im Detail
Kleinere Unterschiede gibt es aber zugunsten des iPhone 12 Pro Max, die nicht unerwähnt bleiben sollen. Schaut man sich zum Beispiel die Aufnahmen 9 und 10 vor dem Rausch Schokoladenhaus an, punktet das iPhone 12 Pro Max mit einer insgesamt besseren Ausleuchtung und klareren Darstellung der zahlreichen kleinen Leuchten im Geschäft. Auch die Deckenbeleuchtung des Ladens überstrahlt beim iPhone 12 Pro, Details in den Figuren des Schaufensters gehen etwas unter und die Beleuchtung rund um das zentrale Rausch-Logo im Fenster fällt detailärmer aus. In den kleineren Schaukästen links und rechts des Fensters ist dieses Verhalten ebenfalls zu beobachten. Die zwei darauffolgenden Aufnahmen vor dem Quartier 205 Stadtmitte zeigen dasselbe Verhalten mit leichtem Vorteil für das iPhone 12 Pro Max auf.
Sobald sich solche Elemente aber nicht mehr im Bild befinden, zum Beispiel gleich am Anfang der Bildstrecke im Palazzo Ottagonale, bei den rund um den Gendarmenmarkt geschossenen Fotos oder selbst unter den Gastroschirmen mit blauer Fassadenbeleuchtung, wo der größere Sensor in der dunkleren Umgebung vermeintlich einen Vorteil haben müsste, sehen sich iPhone 12 Pro Max und iPhone 12 Pro so ähnlich, dass es keinen Unterschied macht, welches Smartphone man verwendet.
Es gibt aber durchaus weitere Situationen, in denen das iPhone 12 Pro Max die klar bessere Kamera als das iPhone 12 Pro hat. Begibt man sich in das Quartier 205 Stadtmitte, das auch mit der Galeries Lafayette verbunden ist, und dort wiederum in den Bereich der Rolltreppen rund um den Turm von Klythie aus deformierten Autoteilen, erzielt das iPhone 12 Pro Max einen allgemein besseren Weißabgleich sowie eine bessere Farbdarstellung vor allem an den Autoteilen des Turms und nicht zuletzt beim Rewe-Logo, wo tatsächlich Rot anstelle von einem ausgewaschenen Rot-Pink zu sehen ist. Im Foto frontal vor dem Turm lässt sich das Verhalten beider Geräte zugunsten des iPhone 12 Pro Max mit der besseren Farbdarstellung reproduzieren.
Bei Tageslicht und Aufnahmen drinnen gibt es sie also durchaus, die Situationen, in denen das iPhone 12 Pro Max sichtbar dem iPhone 12 Pro überlegen ist. Es sind aber oftmals nur Nuancen oder wenige Einzelfälle, die das größere Smartphone besser abschneiden lassen.
Der größere Sensor triumphiert bei Nacht
Am Abend und in der Nacht spielt der größere Sensor seine Vorteile eher aus. Da schon aufseiten der Hardware mehr Licht eingefangen wird, reduziert sich das Bildrauschen, kann die Belichtung in kürzerer Zeit erfolgen und muss der Nachtmodus später und insgesamt seltener aktiviert werden. Wo das iPhone 12 Pro die Schwelle zum Nachtmodus erreicht und sich je nach Ausrichtung des Smartphones manchmal für oder gegen eine Aktivierung entscheidet, bleibt das iPhone 12 Pro Max in derselben Situationen sicher im normalen Modus ohne Nachtverbesserungen. Verwacklungen schaffen es so seltener in die Aufnahme, was auch der Schärfe dienlich ist.
Nicht jedes Bild am Abend oder bei Nacht sieht mit dem iPhone 12 Pro Max automatisch besser aus. Sofern das Smartphone aber im Vorteil ist, fallen die Unterschiede eher ins Auge als bei Tageslicht, wo es häufig nur kleinere Nuancen sind. Ein paar Beispiele: Die Fotos am Bahnhof Potsdamer Platz sehen sich bei erster kurzer Betrachtung zum Verwechseln ähnlich. Würde man die beiden Aufnahmen etwa beim Betrachten von Urlaubsfotos nur wenige Sekunden vor Augen haben, käme niemand auf die Idee, eine der beiden Aufnahmen vorzuziehen. Schaut man jedoch ganz genau hin, weist das iPhone 12 Pro Max etwas weniger Rauschen am Himmel und eine klarere Darstellung der Quadrate bildenden Beleuchtung auf.
Im Sony Center verbucht das iPhone 12 Pro Max einen deutlicheren Sieg für sich, wenngleich man für eine Eigenschaft des Fotos vor Ort gewesen sein müsste: die Beleuchtung der Kuppel. Das iPhone 12 Pro Max stellt die Farben korrekt dar, so viel Blau wie beim iPhone 12 Pro war vor Ort nicht zu sehen. Deutlich besser fällt beim iPhone 12 Pro Max auch die Darstellung der Geschäfte auf der gegenüberliegenden Seite aus. Das Starbucks-Logo ist klarer erkennbar, die Beleuchtung überstrahlt nicht und sogar die helle LED-Leinwand unten in der Bildmitte lässt sich erkennen. In den oberen Etagen des Gebäudes bringt das iPhone 12 Pro Max ebenfalls mehr Details zum Vorschein. In den Straßenzügen auf dem Weg zum Sony Center, wo Weihnachtschmuck an der Laterne hängt, erreicht das Modell eine bessere Darstellung der Bäume und Büsche links im Bild. Auch im Hintergrund kommen an Fassade und Beleuchtung mehr Details ans Licht. Am Wasserspiel vor dem Marriott Hotel fällt es dann aber schwer, einen Sieger zwischen beiden Aufnahmen zu küren. Das iPhone 12 Pro liefert hier ein ebenso gutes Ergebnis.
Den deutlichsten Sieg im Vergleich bei Nacht fährt das iPhone 12 Pro Max im James-Simon-Park neben der Bahntrasse ein. Wo mit dem größeren Smartphone exakt die vor Ort angetroffenen Lichtverhältnisse und damit auch die richtige Stimmung eingefangen wird, überstrahlt das iPhone 12 Pro erneut und diesmal deutlich die Leuchtstoffröhren und hellt die gesamte Szenerie durch den automatischen Nachtmodus zu stark auf. Zugegeben: So sind zwar mehr Details etwa in den Graffitis und Brückenbogen erkennbar, die realistischere Abbildung liefert aber das iPhone 12 Pro Max.
Nicht einfach hat es das iPhone 12 Pro Max hingegen vor der Alten Nationalgalerie und am Pergamonmuseum. Obwohl das iPhone 12 Pro vor der Alten Nationalgalerie 25 Prozent länger belichten muss und sich beim Foto des Pergamonmuseums sogar doppelt so viel Zeit lässt, liegen die Aufnahmen auf demselben Niveau. Pedantisch könnte man minimale Bildbereiche wie die einzelne große Lampe unten im Bogen des Eingangs der Alten Nationalgalerie herauspicken und diese beim iPhone 12 Pro Max als Pluspunkt verbuchen. An entscheidenden Vorteilen mangelt es aber.
Pluspunkte sammelt das iPhone 12 Pro Max dann allerdings noch einmal beim geparkten Ferrari unter der Straßenlaterne. Interessanterweise weisen die beiden Aufnahmen im Automatikmodus rein zufällig mit ISO 800 und 1/25 Sekunde Belichtung dieselben Eigenschaften auf, sodass bei ebenfalls identischer f/1.6-Blende hier nur die Vorteile des größeren Sensors sichtbar werden. Wo beim iPhone 12 Pro Details vor allem in den Felgen, aber allgemein am gesamten Auto untergehen, zeigt das iPhone 12 Pro mit größerem Sensor, was es aus der Szene herausholen kann.
HDR-Videoaufnahmen ohne Sensor-Shift-Vorteil
Auf den Videomodus lassen sich die Vorteile des iPhone 12 Pro Max nur eingeschränkt übertragen. Zwei Testaufnahmen, einmal am Abend in 4K60 HDR und einmal bei Nacht mit 4K24 HDR, zeigen ein sehr ähnliches Bild, wobei im besten Fall von minimal weniger Bildrauschen beim iPhone 12 Pro Max gesprochen werden kann. Doch auch der größere Sensor hat im Videomodus mit wenig Licht zu kämpfen und neigt zur Blöckchenbildung in dunklen Bereichen. Die neue Bildstabilisierung auf Basis von „Sensor Shift“ merkt man dem iPhone 12 Pro Max zumindest in den gewählten Situationen nicht an.
Für die beste Darstellung der HDR-Aufnahmen sollte ein entsprechender Monitor zum Einsatz kommen. Auch auf iPhones mit HDR-Unterstützung ist ein Vergleich in Originalqualität möglich, nachdem ein zuletzt erfolgtes Update der YouTube-App nun auch hier HDR-Aufnahmen ermöglicht. Zur Veröffentlichung des Tests von iPhone 12 und iPhone 12 Pro war das noch nicht möglich. Auf dem älteren iPhone 11 Pro (Max) funktionierte die HDR-Wiedergabe auf YouTube hingegen schon zuvor.
Obwohl sowohl am Abend als auch bei Nacht beide Kandidaten das Rauschen nicht vollständig unterdrücken können, sehen die HDR-Aufnahmen unter der Berücksichtigung der Aufnahme mit einem Smartphone dennoch hervorragend aus. Wird die gesamte HDR-Kette eingehalten, liefern die aktuellen iPhones derzeit die mit Abstand besten Videoaufnahmen. Wie bereits im Test des iPhone 12 Pro angemerkt, bleiben jedoch die Reflexionen innerhalb des Objektivs ein Kritikpunkt.
Das Tele tauscht Zoom gegen Blende
Bleibt zum Abschluss noch das neue Teleobjektiv zu bewerten. Die jetzt bis zu 2,5-fache optische Vergrößerung mit 65 statt 52 mm Kleinbildäquivalent ist hin und wieder praktisch, wenn man eben genau dieses letzte Stück nicht mit digitalem Zoom überbrücken möchte. Eklatant andere Aufnahmen ermöglicht die angepasste Kamera jedoch nicht, zumal mit der stärkeren optischen Vergrößerung die Blende von f/2.0 auf f/2.2 verschlechtert werden musste. Das iPhone wechselt bei schlechten Lichtverhältnissen automatisch zum digitalen Zoom über die Hauptkamera, wenn es feststellt, dass es über das Teleobjektiv nicht genug Licht einfangen und das Ergebnis dann zu schlecht ausfallen würde, da für das Teleobjektiv weiterhin kein Nachtmodus verfügbar ist. Diesen Wechsel zum digitalen Zoom mit der Hauptkamera vollzieht das iPhone 12 Pro Max durch die schlechtere Blende früher als das iPhone 12 Pro.
Hinweis: Weil das Ultraweitwinkelobjektiv in allen vier Varianten des iPhone 12 das gleiche ist, wurde es in diesem Test nicht erneut angesprochen. Der Test des iPhone 12 und iPhone 12 Pro liefert zahlreiche Vergleichsfotos auch mit weiteren Geräten.