Patriot P210 SSD im Test: Der günstige Griff ins Ungewisse
SSD-Drittanbieter zeigen sich oft flexibel bei der Komponentenwahl, verlässliche Angaben zur Hardware werden erst gar nicht gemacht. Die günstige SATA-SSD Patriot P210 ist ein gutes Beispiel dafür. Mit 2 TB Kapazität ist sie im Test zügig unterwegs, (dauerhaft) für die Serie sprechen dürfte das Resultat aber nicht.
P210 beerbt P200
Nach nur einem Jahr trat die Patriot P210 im vergangenen Sommer zur Ablösung des Vorgängers P200 an. Gleich geblieben ist die Platzierung im von zahlreichen Drittanbietern hart umkämpften Markt der günstigen SATA-SSDs. Ebenso unverändert ist der klassische Formfaktor im 2,5-Zoll-Gehäuse, der durch den Siegeszug der kompakten M.2-SSDs seltener wird.
Die P210-Serie ist mit Speicherkapazitäten von 128 GB, 256 GB, 512 GB, 1 TB und 2 TB erhältlich und zählt mit Preisen von rund 17 Euro, 26 Euro, 48 Euro, 85 Euro und 185 Euro zu den derzeit günstigsten SSDs im Handel. Die Leistungswerte laut Hersteller liegen mit maximal 520 MB/s lesend, 430 MB/s schreibend und 50.000 IOPS bei wahlfreien 4K-Transfers niedriger als bei der P200, die mit bis zu 530 MB/s lesend, 460 MB/s schreibend und 90K/80K IOPS beim wahlfreien Lesen/Schreiben angegeben wird.
Ein mutmaßliches Muster der P210 mit 2 TB lag ComputerBase schon länger vor, doch nachdem die SSD mit P210-Aufkleber aus der P210-Blisterverpackung den Testparcours bewältigt hatte, fiel auf: Sie gab sich über die Firmware als P200 und nicht als P210 aus. Wie konnte das sein?
Zwei Muster mit Unterschieden
Von dem Fund informiert, erklärte Patriot nach interner Prüfung, der Fehler sei „im Zuge der Umstellung von P200 auf P210 passiert“, und ließ der Redaktion eine weitere verschweißte P210 mit 2 TB zukommen. Worin der Fehler genau lag, dazu äußerte sich Patriot nicht: War eine P200 mit falschem Aufkleber in der falschen Verpackung gelandet, oder hatte eine P210 die falsche oder eine bei der Bezeichnung nicht angepasste Firmware erhalten? Patriot nannte das 1. Muster von nun an „P200“.
Das war nicht nur bereits das dritte Problem mit Mustern des Herstellers (siehe Patriot Viper VPN100 und Patriot Blast (hier hatte ein fehlerhaftes Firmware-Update sogar den Test verhindert)), sondern wirft auch einen Schlagschatten auf die Produktpolitik von Drittanbietern in den untersten Preisregionen.
Das zweite Muster gab sich in der Firmware als P210 zu erkennen und setzte wie das 1. Modell auf den Controller Maxiotek MAS0902, der keinen DRAM-Cache nutzt. Doch die Speicherbestückung fiel anders aus, denn das neuere Muster war auch auf der Rückseite mit nicht näher spezifizierten Speicherchips bestückt, bot also vier statt nur zwei.
Welcher Speichertyp jeweils letztlich verbaut wird, blieb ungeklärt. Der Hersteller äußerte sich nicht und die aufgedruckten Nummern ergaben keinen Hinweis – die Benchmarks lieferten aber immerhin einen.
Muster 1 | Muster 2 („neu“) | |
---|---|---|
Controller | Maxiotek MAS0902 | |
DRAM-Cache | – | |
NAND-Flash | k. A. (QLC?) | k. A. (TLC?) |
Keine konkrete Auskunft über die verbauten Komponenten zu geben, gehört in diesem Marktsegment durchaus zum „guten Ton“. Patriot lässt sich bei der P210 mit der Verschwiegenheit ebenfalls die Komponentenwahl offen, sodass wie beim Vorgänger P200 zum Beispiel auch unterschiedliche Controller eingesetzt werden könnten. Die höhere Anzahl der Speicherchips wie auch die nachfolgenden Tests lassen ferner vermuten, dass das neuere Exemplar über TLC-NAND mit weniger Speicherkapazität, aber höherer Leistung verfügt, während beim älteren Exemplar langsamerer QLC-NAND in Frage kommt. Doch auch die P200 gibt es mit TLC-Speicher, was die wilde Komponentenauswahl bei Patriot einmal mehr unterstreicht.
Warum das erste Muster der P210 intern als P200 daher kam, obwohl es den richtigen Aufkleber in der richtigen Verpackung trug, könnte damit auch an der engen Verwandtschaft der Serien liegen: Die Patriot P200 bediente sich schon wechselnder Komponenten, die P210 tut es auf einem etwas geringeren versprochenen Leistungsniveau genauso – und setzt die alte Serie damit mit hoher Wahrscheinlichkeit einfach unter neuem Namen fort.
ComputerBase hat am Ende beide Laufwerke durch den Parcours gejagt und durchaus wesentliche Unterschiede festgestellt, die die auf dem Papier langsamere P210 sogar vor der sich intern als P200 meldenden Variante sehen.
Benchmarks
Testsystem
Die nachfolgenden Benchmarks wurden auf einem System mit AMD Ryzen 7 3800X (Test) durchgeführt. M.2-SSDs werden im unteren M.2-Slot des Gigabyte Aorus X570 Master betrieben. Für Belüftung sorgt der 140-mm-Lüfter in der Front des Gehäuses Phanteks Eclipse P400S. Windows 10 Version 1909 mit allen aktuellen Updates ist installiert. Der Schreibcache ist aktiviert.
Als Ausnahme von dieser Regel wurde die Samsung Portable X5 SSD an einem Razer Blade 15 2018 mit Intel Core i7-8750H betrieben (Windows 10 1909), das im Gegensatz zum AMD-System über einen Thunderbolt-3-Anschluss verfügt. Der Schreibcache war auch hier aktiviert.
CrystalDiskMark
Um mehr Vergleichswerte zu haben, wurden die Tests sowohl mit dem älteren CrystalDiskMark 6 als auch mit der jüngeren Version 7 durchgeführt. In beiden Tests erreichten die Muster die vom Hersteller versprochene sequenzielle Leistung und liegt mit rund 540 MB/s lesend und über 460 MB/s (im SLC-Cache) sogar etwas darüber. Unterschiede zwischen aktuellen SATA-SSDs lassen sich hier ohnehin kaum ausmachen: Lesend arbeiten sie nahe am Limit der Schnittstelle und schreibend herrschen in solchen Szenarien dank inzwischen weit verbreitetem SLC-Modus ebenfalls kaum Differenzen.
Größer sind die Unterschiede beim wahlfreien Lesen und Schreiben. Eine klare Einordnung fällt aber schwer, zumal die Leistung der beiden Muster teils deutlich auseinanderdriftet. Die Samsung 870 QVO als günstiges Gegenstück mit offiziell verwendetem QLC-Speicher liegt meist in Schlagweite.
Leistungsverlauf über die Zeit
Eine interessante Beobachtung gibt es beim dauerhaften sequenziellen Lesen/Schreiben über einen Zeitraum von fünf Minuten. Dort erweist sich das erste Muster der P210 (potentiell eine P200) als weitaus beständiger und liefert insbesondere beim Lesen eine hohe Konstanz. Das Gegenteil ist beim zweiten Muster der P210 der Fall, dessen Diagramm durch große Leistungsschwankungen im Zickzackkurs verläuft. Solche Unterschiede trotz gleichen Controllers überraschen.
390 GB Schreiben und Lesen
Den fast 400 GB fassenden Spieleordner lesen die SATA-SSDs im Testfeld nahezu gleich schnell – ob dies nun 14 oder 15 Minuten dauert, macht keinen großen Unterschied. Beim Schreiben fällt die zweite Patriot P210 bei nur 38 GB Testgröße deutlich hinter Samsung QVO und Crucial MX500 zurück. Bei 185 GB geht den Samsung-SSDs dann aber der Speicher für den schnellen SLC-Modus aus und die Patriot-SSD kann vorbeiziehen. Werden die vollen 390 GB am Stück geschrieben, setzt sich die Patriot P210 mit starkem Ergebnis direkt hinter die Crucial MX500.
Das gilt aber nur für das zweite Muster, denn die erste Version benötigt fast drei Mal so lange, weil sie nach ca. 200 geschriebenen GB von knapp 400 auf unter 100 MB/s einbricht. Denkbar dabei ist, dass das erste Muster mit langsamem QLC-Speicher bestückt ist und das andere dank (mehr) TLC-Chips jenseits des SLC-Caches weiterhin vergleichsweise schnell schreibt. Ein Leistungsabfall ist hier nicht zu erkennen. Daraus schließen, dass die P210 mit 2 TB immer auf TLC setzt, die P200 hingegen auf QLC, sollte man allerdings nicht – schon allein die Tatsache, dass Patriot nicht damit wirbt, sondern schweigt, deutet darauf hin, dass das dauerhaft nicht gesichert ist.
Leistungsbeständigkeit im PCMark 10
In den Storage-Tests des PCMark 10 kann die Redaktion noch nicht so viele Vergleichswerte bieten. Im Light-Parcours bescheinigt die geringe Distanz zur Crucial MX500 eine durchaus übliche Leistung für eine SATA-SSD. Der stellvertretend für Dauerlast stehende Consistency-Test liegt der Patriot P210 wiederum nicht gut, dort ist die Crucial MX500 mehr als doppelt so schnell.
Temperaturen über die Zeit
Die über den entsprechenden SMART-Parameter ausgelesenen Betriebstemperaturen der P210 liegen zwar höher als bei den SATA-SSDs von Samsung und Crucial, mit unter 60 °C aber fern von hitzigen NVMe-SSDs und stellen kein Problem dar.
Fazit
Ein klares Urteil zur Leistung der Patriot P210 fällt schwer, kein Wunder, ist am Ende doch nicht einmal zu klären gewesen, was genau hinter dem ersten Muster gesteckt hat: Eine P200 mit falschem Aufkleber in falscher Verpackung, oder eine P210 mit falscher (Kennung in der) Firmware. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist die Antwort auf die Frage aber wenig entscheidend, denn weil Patriot für beide Serien keinen Controller- oder NAND-Typ garantiert, dürften die Komponenten mit der Zeit wechseln.
So wechselhaft die Komponenten innerhalb dieser Serie zu sein scheinen, so unterschiedlich fällt auch die Leistung der beiden Testmuster aus. Zwar werden die versprochenen sequentiellen Transferraten in Benchmarks mehr als erreicht, doch zeigt sich unter Dauerlast und insbesondere bei großen Schreibtransfers ein Unterschied wie zwischen Tag und Nacht: Das 2. Muster der P210 kann mit TLC-SSDs mithalten, das erste Muster (potentiell eine P200) fällt hingegen weit auf das Schneckentempo von QLC-SSDs zurück. Das Fehlen des DRAM-Caches ist ein weiterer Negativpunkt, der sich zwar im Alltag nicht negativ bemerkbar machen muss, aber durchaus kann.
Ein generelles Fazit für die Patriot P210 fällt da schon leichter: Wer mit der Ungewissheit ob der verwendeten Komponenten leben kann und keine hohen Ansprüche an Leistung und Qualität stellt, findet mit dem Modell ein sehr günstiges Flash-Speicher-Laufwerk. Wer hingegen sicherstellen will, dass er bei großen Schreibvorgängen nicht mit unter 100 MB/s fortfahren muss, der sollte nach SSDs, die definitiv nicht auf QLC setzen, Ausschau halten.
Zu ähnlichen Preisen gibt es bereits Alternativen namhafter Hersteller, die bei Auswahl, Abstimmung und Beständigkeit der Komponenten besser aufgestellt sind. In der 2-TB-Klasse mit SATA kostet eine ältere Crucial MX500 mit TLC-NAND aktuell keine 180 Euro, SanDisks Ultra 3D mit TLC sind mit rund 190 Euro hingegen ähnlich teuer wie die Patriot P210 für 185 Euro.
Allmählich rücken auch die schnelleren PCIe-SSDs in ähnliche Preisregionen hervor. Die WD Blue SN550 mit 2 TB und bis zu 2.600 MB/s kostet zum Beispiel derzeit nur 200 Euro, erfordert allerdings einen M.2-Steckplatz mit PCIe 3.0 x4 für die volle Leistung.
ComputerBase hat beide Muster der P210 SSD mit 2 TB leihweise von Patriot zum Testen erhalten. Eine Einflussnahme des Herstellers auf den Testbericht fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand nicht. Es gab kein NDA.
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