Regulierung: Ungarn will Soziale Netzwerke einschränken

Michael Schäfer
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Regulierung: Ungarn will Soziale Netzwerke einschränken
Bild: LoboStudioHamburg | CC0 1.0

Ungarn will Soziale Netzwerke und Online-Plattformen einer strikteren Regulierung unterziehen. Dafür will sich die ungarische Justizministerin Judit Varga einsetzen. Hinter dem Vorhaben könnte jedoch neben anstehenden Wahlen auch ein persönlicher Grund stehen: Die Politikerin sieht sich von Facebook benachteiligt.

Nachdem sich bereits in den letzten Tagen Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) für eine Regulierung der Sozialen Medien ausgesprochen hatte und dafür den „Digital Services Act“ (DSA) als europäische Lösung einbrachte, will die ungarische Regierung eine Regulierung entsprechender Plattformen im eigenen Land nun im Alleingang vorantreiben. Dazu will das von der nationalkonservativen Fidesz-Partei geführte Justizministerium in Absprache mit den Leitern der zuständigen staatlichen Institutionen dem Parlament im Frühjahr einen Gesetzentwurf zur Regulierung größerer Technologieunternehmen vorlegen. Ziel soll es sein, legale, transparente und überprüfbare Abläufe zu erreichen.

Schnelleres Handeln

Für sie können heutzutage „Bäcker, Friseure, Rentner, Lehrer, Klein- und Großunternehmer ebenso wie Regierungsbeamte“ von entsprechenden Plattformen leicht ausgeschlossen werden, schrieb die Politikerin auf ihrer Facebook-Seite. Dies könne ihrer Meinung nach nicht ohne Konsequenzen bleiben. Ungarn wolle zwar weiterhin zusammen mit der Europäischen Union für eine weitreichende Lösung zusammenarbeiten, doch die jüngsten Ereignisse haben ihrer Meinung nach gezeigt, das schneller gehandelt werden muss. Auch wenn Varga es nicht direkt ausspricht, dürfte sie damit die Sperrung von über 70.000 Nutzer-Accounts bei Twitter anspielen, bei denen auch der Account des damaligen US-amerikanischen Präsidenten Donald Trump am Ende schließlich permanent gesperrt wurde.

Justizministerin fühlt sich eingeschränkt, Facebook dementiert

Bereits im Dezember des letzten Jahres wurden erste Vorwürfe seitens der Politikerin laut, dass Facebook absichtlich die Sichtbarkeit ihres Accounts einschränkt. So behauptet Varga gegenüber dem ungarischen Portal „hvg.hu“, dass sich die Zugriffe auf ihr Profil aufgrund eines früheren Posts über die Rolle der sozialen Medien bei den anstehenden Wahlen 2022 dem Artikel zufolge mit 75 bis 80 Prozent auf einen Bruchteil reduziert habe. Die Justizministerin vermutet dahinter politisches Kalkül und beschuldigt Facebook, entsprechende Algorithmen so verändert zu haben, dass ihre Beiträge dadurch bei weniger Nutzern des Dienstes erscheinen würden. Auf eine Anfrage des Portals antwortete Facebook nur knapp: „Wir haben in Bezug auf diese Facebook-Seite keine Maßnahmen ergriffen“.

Darüber hinaus greift Varga die gleiche Argumentation wie zuvor Lambrecht auf, indem sie die Meinung vertritt, dass Twitter, Facebook und andere Netzwerke sowie Portale Nutzer nach eigenen Regeln und Vorgaben sperren können, „ohne dass ein formelles, transparentes, faires Verfahren sowie Rechtsbehelfe erforderlich sind“.

Wahlen im Blick

Mit dem jetzigen Vorgehen stellt Ungarn das erste Land außerhalb der USA dar, welches Online-Portale einer stärkeren Regulierung unterziehen und auch dahingehende Maßnahmen ergreifen will. Überraschend kommt der Vorstoß jedoch nicht: 2022 stehen in Ungarn Parlamentswahlen an und auch wenn die Regierung die Medien im Land weitestgehend unter Kontrolle hat, ist ihr dies bei den Sozialen Netzwerken, welche vor allem die jüngere Bevölkerung ansprechen, bisher nicht gelungen.