C:\B_retro\Ausgabe_66\: Der Sega Saturn
Mit seinen zwei RISC-Prozessoren und diversen weiteren Chips äußerst schwer zu programmieren, hat der im Jahr 1994 vorgestellte Sega Saturn noch heute viele Fans und Freunde. Auch wenn er gegen die kurz zuvor erschienene erste Sony PlayStation chancenlos war, hat der Sega Saturn seinen Platz in der Historie der Spielkonsolen.
Jeden Sonntag wirft diese Serie einen unterhaltsamen Blick zurück auf drei Jahrzehnte voller bewegter Geschichten und interessanten Entwicklungen der Computerszene. Mythen, Meilensteine und Meisterwerke: C:\B_retro\.
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Sega Saturn
Zum Ende der Ära der 16-Bit-Spielkonsolen hatte sich Sega mit dem Sega Mega Drive in Schlagdistanz zum Klassenprimus Nintendo und dessen Super Nintendo als Nummer 2 im umkämpften Geschäft mit Spielkonsolen etabliert.
Durch die mehrfache Verschiebung des Nintendo 64 bot sich für Sega die einmalige Chance, zur Nummer 1 aufzusteigen. Eine Chance, die schlussendlich aber vertan und deutlich verfehlt wurde.
Mit der ersten Sony PlayStation hatte am 3. Dezember 1994 ein neuer Herausforderer das Schlachtfeld betreten und lies mit mehr als 100 Millionen verkauften Exemplaren weder dem kurz zuvor erschienenen Sega Saturn noch dem erst am 23. Juni 1996 vorgestellten Nintendo 64 den Hauch einer Chance.
Platz | Modell | Erschienen | Verkaufte Exemplare |
---|---|---|---|
1 | Sony PlayStation 2 | 2000 | 157 Millionen |
2 | Nintendo DS | 2004 | 154 Millionen |
3 | Nintendo Game Boy | 1989 | 118 Millionen |
4 | Sony PlayStation 4 | 2013 | 113 Millionen |
5 | Sony PlayStation | 1994 | 102 Millionen |
6 | Nintendo Wii | 2006 | 100 Millionen |
7 | Sony PlayStation 3 | 2006 | 88 Millionen |
8 | Microsoft Xbox 360 | 2005 | 86 Millionen |
9 | Nintendo Game Boy Advance | 2001 | 82 Millionen |
10 | Sony PlayStation Portable | 2004 | 81 Millionen |
... | ... | ... | ... |
18 | Nintendo 64 | 1996 | 33 Millionen |
... | ... | ... | ... |
25 | Sega Saturn | 1994 | 12 Millionen |
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Entwicklung
Mit dem Ziel gestartet, Nintendo die Krone bei den Spielkonsolen endlich zu entreißen, wurde die Entwicklung der neuen Konsole von Beginn an von Hideki Sato, Direktor und stellvertretender Generaldirektor für Forschung und Entwicklung bei Sega, überwacht und federführend geleitet.
Mit dem Sega Mega Drive hatte sich das Unternehmen im Windschatten des Super Nintendo Entertainment Systems positionieren können.
Wie Hideki Okamura, seinerseits ebenfalls einer der führenden Entwickler unter Hideki Sato, verriet, begannen die Arbeiten am Sega Saturn in der Mitte des Jahres 1992. Die Bezeichnung „Saturn“ sei dabei seinerzeit eigentlich nur als Codename gedacht gewesen.
Im Jahr 1993 gründeten Sega und Hitachi ein Joint Venture, um den RISC-Prozessor für den Sega Saturn zu entwickeln, was noch im selben Jahr in der Entwicklung der revolutionären SuperH RISC Engine, dem SH-2, resultieren sollte.
Als erster RISC-Prozessor überhaupt konnte der Hitachi SH-2 trotz seiner 32-Bit-Architektur auch 16-Bit-Befehle mit fester Länge verarbeiten. Sega nutzte die RISC-CPU später nicht nur im Sega Saturn, sondern setzte sie auch für das Sega X32, eine Hardwareerweiterung für das Sega Mega Drive, die aus der eigentlich 16-Bit- eine 32-Bit-Spielkonsole machen sollte, ein.
Für den Sega Saturn entschieden sich die Entwickler für eine Dual-Konfiguration aus gleich zwei RISC-Prozessoren vom Typ Hitachi SH-2 sowie nicht weniger als insgesamt sechs Co-Prozessoren.
Obwohl das Design des Saturn bereits vor Ende des Jahres 1993 weitestgehend fertiggestellt war, veranlassten erste Berichte über die technischen Fähigkeiten von Sonys kommender PlayStation-Konsole Sega Anfang 1994 dazu, noch einen weiteren Video-Display-Prozessor (VDP) einzubauen, um die 2D-Leistung und das seinerzeit sehr relevante Texture-Mapping der Spielkonsole weiter zu verbessern.
Noch bis kurz vor der Fertigstellung des Sega Saturn fuhren die Entwickler zweigleisig und hielten sich eine CD-ROM-basierte sowie eine Cartridge-Version der Spielkonsole offen.
Aufgrund der geringeren Qualität und Limitierungen bei der Speichermenge sowie höheren Preisen wurde die Idee einer Cartridge-basierten Variante aber schlussendlich zu Gunsten der CD-ROM-Version doch verworfen.
Als die von 1981 bis 2006 herausgegebene US-amerikanische Computerzeitschrift Computer Gaming World im März 1994 erstmals über Gerüchte berichtete, dass Sega den Saturn in Japan noch vor Ende des Jahres 1994 für 250 bis 300 US-Dollar veröffentlichen würde, ging alles sehr schnell. Die Spielkonsole erschien am 22. November 1994 in Japan im Handel und verkaufte sich innerhalb von 24 Stunden rund 170.000 Mal.
Hardware
Auch wenn es sich später nicht in entsprechenden Verkaufszahlen widerspiegeln sollte, so war der Sega Saturn für viele Beobachter die technisch interessanteste Spielkonsole seiner Generation und sehr komplex aufgebaut.
Inklusive der beiden RISC-Prozessoren vom Typ Hitachi SH-2, die mit je 28,6 MHz nach dem Master-Slave-Prinzip arbeiteten und insgesamt 56 MIPS zur Verfügung stellten, basiert der Sega Saturn auf einem Design mit insgesamt acht Prozessoren.
Als Soundcontroller kam ein Motorola 68EC000 mit 11,3 MHz zum Einsatz, der mit einem speziell für den Sega Saturn angepassten Sound-Prozessor mit 22,6 MHz und integriertem DSP vom Typ Yamaha FH1 mit 32 Kanälen und 16-Bit-PCM-Sampling bei einer maximalen Rate von 44,1 kHz, kombiniert wurde.
Hinzu kamen zwei Video-Display-Prozessoren (VDP) mit unterschiedlichen Aufgaben. Während der VDP I für Sprites, Texturen und Polygonen zuständig war, berechnete der VDP II die Hintergründe. Das Double-Speed-CD-ROM-Laufwerk verfügte über einen eigenen 32-Bit-RISC-Prozessor vom Typ Hitachi SH-1 mit 20 MHz und 20 MIPS.
Flankiert wurde diese Armada an Prozessoren von 2 MB RAM, 1,54 MB Videospeicher, 512 kB Audiospeicher sowie einem 512 kB großen CD-ROM-Cache. Spielstände und Highscores wurden auf einem 32 kB großen Zusatzspeicher abgelegt.
- 2× Hitachi SH-2 32-Bit RISC-Prozessoren auf Basis der MIPS-Architektur
- 2× 28,6 MHz Taktfrequenz
- 56 MIPS Gesamtleistung
- 2× 4 kByte „On-Chip“-Cache
- 6× Co-Prozessoren
- 2.048 kByte Hauptspeicher
- 1.536 kByte Videospeicher
- 512 kByte Audiospeicher
- Double-Speed-CD-ROM-Laufwerk
- 512 kByte CD-ROM-Cache
- 512 kByte große Cartridge für die Spielstandsicherung, optional
- Abmessungen: 260 × 230 × 83 mm (L×B×H)
- Stromverbrauch: 25 Watt
Aufgrund der Dual-Konfiguration, die das Programmieren des Sega Saturn und seiner Spiele sehr komplex und schwierig gestaltete, äußerten führende Entwickler wie Yu Suzuki bereits frühzeitig Bedenken am Konzept der Spielkonsole.
One very fast central processor would be preferable. I don't think all programmers have the ability to program two CPUs—most can only get about one-and-a-half times the speed you can get from one SH-2. I think that only 1 in 100 programmers are good enough to get this kind of speed [nearly double] out of the Saturn.
Yu Suzuki, Sega
Allen Bedenken zum Trotz, kam der Sega Saturn aber schlussendlich am 11. Mai 1995 auch in den USA sowie am 8. Juli 1995 in Europa mit dieser Konfiguration in den Handel.
Zubehör
Neben dem Original-Gamepad, welches sich im Lieferumfang des Sega Saturn befand, bot Sega auch eine zweite Revision des Controllers sowie das 3D-Pad mit seinerzeit revolutionärem Analog-Stick an.
Mit einem Multitap, von dem insgesamt zwei an einem Sega Saturn betrieben werden konnten, konnten insgesamt 12 Spieler gleichzeitig an der Spielkonsole spielen. Der Sega Saturn Arcade Racer sollte Rennspiele realistischer und besser steuerbar machen.
Während die 512 kByte große Sega Saturn Backup Cartridge weiteren Speicherplatz für Spielstände und Highscores zur Verfügung stellte, sorgte das optionale Modem NetLink für Konnektivität mit bis zu 28,8 kbit/s.
Wie Spieler noch heute über eine 4-adrige Telefonleitung gegeneinander spielen können, hat das Community-Mitglied „merlin123“ gerade erst vor Kurzem in seinem Leserartikel „Mit dem Sega Saturn und Sega NetLink online spielen“ demonstriert.
Im Rahmen seines Beitrages beschreibt der ComputerBase-Leser sowohl die Vorbereitungen als auch die Umsetzung, mit der die folgenden Spiele gegeneinander gespielt werden können.
- Duke Nukem 3D
- Saturn Bomberman
- Sega Rally Championship Plus
- Daytona USA CCE NetLink Edition
- Virtual On: Cyber Troopers NetLink Edition
Zeitzeugen und Gleichgesinnte sind herzlich zum Diskutieren und Fachsimpeln eingeladen.
Erwähnenswert ist zudem, dass der Sega Saturn in Japan, den USA und Europa in verschiedenen Revisionen und Farbgebungen auf den Markt kam. Das Modell für die USA und Europa glichen sich dabei aber wie ein Ei dem anderen und wiesen bis auf die Bildausgabe keine großen Unterschiede auf.
Spiele
Für den Sega Saturn erschienen insgesamt rund 600 offizielle Spiele und damit doppelt so viele wie beispielsweise für den Nintendo 64. Inoffiziell – inklusive aller Fanprojekte – sind es sogar mehr als 1.100 Titel, die der YouTube-Kanal „Virtual Gaming Library“ in einem Mammutprojekt zusammengetragen hat.
Die bekanntesten und beliebtesten Titel sind dabei unter anderem Virtua Fighter und Virtua Fighter 2, die heute als 3D-Pioniere gelten, Duke Nukem 3D, NiGHTS into Dreams, Panzer Dragoon und Sega Rally.
In einem direkten Vergleich stellt der YouTube-Kanal „Gaming Palooza Empire“ die 3D-Fähigkeit des Sega Saturn anhand des ersten Teils von Resident Evil der PlayStation gegenüber. Hier wird ersichtlich, dass der Sega Saturn ursprünglich als die „ultimative 2D-Konsole“ geplant wurde und sich dem 3D-Trend beugen musste, auch wenn hier nicht die Stärken der Konsole lagen.
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