Razer Opus im Test: Klang, ANC, Telefonie, Latenz und Fazit

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Frank Hüber
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Klang des Razer Opus

Schon bei den ersten Tönen überrascht der Razer Opus positiv. Denn statt auf dumpfes, aber möglichst lautes und ausgeprägtes Basswummern zu setzen, zeigt das Modell ein klares und sehr differenziertes Klangbild. Vor allem die Mitten sind sehr gut differenziert, was nicht nur Gesang und Sprache sehr gut verständlich macht, wie sich etwa in Fast Car von Tracy Chapman zeigt, sondern auch dafür sorgt, dass viele Instrumente einzeln herauszuhören sind.

Beim Bass setzt sich diese Klarheit (Vossi Bop von Stormzy) fort, wobei der Bass auch druckvoll (Bad Guy von Billie Eilish, Too Good At Goodbyes von Sam Smith) agiert. Sehr tiefe Frequenzen gehen bei niedriger Lautstärke aber verloren (St. Jude von Florence + The Machine). Hier haben die meisten, oft auch teureren Konkurrenten aber ebenfalls Probleme. Auch wenn der Opus durchaus bassbetont aufspielt, kann je nach Musikrichtung und persönlicher Vorliebe sogar das Equalizer-Preset „Verstärkt“ zum Zuge kommen.

Die Höhen sind klar und an der Grenze zu scharf gezeichnet, gerade ohne dabei unangenehm zu sein. Sie zischen nicht und sind auch nicht zu hart. One Way Or Another von Blondie lässt sich so selbst bei maximaler Lautstärke ohne Schmerzen hören, woran schon mancher Testkandidat gescheitert ist.

Beim Streichtrio c-Moll, op. 9,3 von Ludwig van Beethoven fehlt dem Razer Opus hingegen die große Bühne, die dieser Musik genug Raum gibt. Hier ist etwa ein beyerdynamic amiron wireless copper, der weniger den Eindruck einer Isolierung erzeugt, deutlich überlegen. Diese Enge, die der Klang des Opus erweckt, ist je nach Titel seine Schwäche.

Gutes ANC mit leichtem Rauschen

Der Razer Opus profitiert auch abseits einer aktiven Geräuschunterdrückung schon von seiner sehr guten passiven Dämpfung der Außengeräusche. Wenn man ihn aufsetzt, wird es ruhig. Einen Luftreiniger hört man auch ohne ANC so schon nicht mehr. Die Isolierung ist dabei übrigens in beide Richtungen sehr gut gelungen, denn umgebende Mitmenschen werden durch die Musikwiedergabe auf dem Opus kaum gestört.

Durch das Aktivieren des ANCs tritt auch beim Razer Opus ein leichtes Grundrauschen auf. Es ist bei Stille hörbar. Der Klang verändert sich nur im Bassbereich minimal, der mit ANC nicht mehr ganz so druckvoll auftritt – da durch ANC vor allem tiefe Frequenzen eliminiert werden, kann sich dies auch auf den Klang auswirken. Wird der Razer Opus per Kabel betrieben, ist dieses Verhalten übrigens nicht zu spüren. Die Bässe werden dann durch ANC eher noch verstärkt. Eine Anpassung der Intensität des ANCs ist beim Razer Opus nicht möglich.

Das ANC selbst sorgt für eine gute Eliminierung monotoner Geräusche und ist erneut ein Zugewinn in lauten Umgebungen. Stimmen und Vogelgezwitscher werden aber kaum zusätzlich gedämpft. Weißes Rauschen wird durch das Aktivieren von ANC nur minimal heller, die sehr gute passive Isolierung des Razer Opus reicht häufig aus. Mit der sehr guten aktiven Geräuschunterdrückung der Sony WH-1000XM4 (Test) oder von Bose kann Razer aber nicht mithalten.

Transparenzmodus zu zurückhaltend

Der Transparenzmodus des Razer Opus geht zu zurückhaltend vor. Wird Musik wiedergegeben, kann auch im Transparenzmodus kein Gespräch geführt werden. Dies ist nur ohne Musikwiedergabe möglich. Je nach Musikrichtung und Lautstärke nimmt man seine Umgebung selbst im Transparenzmodus somit nur eingeschränkt wahr. Eine Option, die Verstärkung der Umgebung selbst einzustellen, fehlt dem Opus. So ist in der Praxis das Abnehmen des Kopfhörers meist die bessere Wahl.

Gute Verständlichkeit bei der Telefonie

Als Kopfhörer mit nur einem in der Ohrmuschel integrierten Mikrofon waren die Erwartungen im Bereich der Telefonie nicht besonders hoch gesteckt, doch der Razer Opus überrascht mit einer verständlichen und lauten Stimmübertragung. Die Filterung, die Hintergrundgeräusche fast vollständig zu eliminieren versucht – vom Straßenlärm und Vogelgezwitscher ist fast nichts zu hören –, ist dabei zwar deutlich zu hören und die Stimme klingt mitunter etwas mechanisch, dennoch sind Telefonate über den Razer Opus in der Praxis möglich.

Razer Opus – Mikrofonqualität
Marshall Major IV – Mikrofonqualität
Anker Soundcore Life Q30 – Mikrofonqualität
Skullcandy Crusher Evo – Mikrofonqualität
JBL Club One – Mikrofonqualität
JBL Club 950NC – Mikrofonqualität
Jabra Evolve2 85 – Mikrofonqualität
Jabra Elite 45h – Mikrofonqualität
Sony WH-1000XM4 – Mikrofonqualität
Sony WH-1000XM3 – Mikrofonqualität
Sony WH-CH710N – Mikrofonqualität
iFrogz Airtime Vibe – Mikrofonqualität
Bowers & Wilkins PX5 – Mikrofonqualität
Montblanc MB 01 – Mikrofonqualität
Beyerdynamic Amiron wireless copper – Mikrofonqualität
Marshall Monitor II A.N.C. – Mikrofonqualität

Latenz im Vergleich

Mit dem Audio-Codec AAC ist die Latenz des Razer Opus Codec-üblich bei 160 bis 180 ms und somit im Alltag bei der Videowiedergabe unauffällig. Für Spiele hat Razer aber auch beim Opus einen Gaming-Modus integriert, der die Latenz reduzieren soll. Er wird durch ein langes Drücken, rund 5 bis 6 Sekunden, der Multifunktionstaste aktiviert, was auch durch eine Ansage bestätigt wird. Hierdurch reduziert sich der Versatz zwischen Bild und Ton im Test auf 80 bis 100 ms. Probleme mit der Verbindung gab es dabei nicht. Razer weist jedoch ausdrücklich darauf hin, dass der Abstand zwischen Wiedergabegerät und Kopfhörer möglichst gering sein soll.

Latenz zwischen Bild und Ton im Vergleich
Kopfhörer Latenz
Razer Opus 160–180 ms (Android/iOS, AAC) / 80–100 ms (Gaming-Mode)
Marshall Major IV 160–180 ms (Android/iOS, SBC)
Anker Soundcore Life Q30 160–180 ms (Android/iOS, AAC)
Skullcandy Crusher Evo 160–180 ms (Android/iOS, AAC)
JBL Club One 160–180 ms (Android/iOS, AAC)
Jabra Evolve2 85 160–180 ms (Android/iOS, AAC)
Jabra Elite 45h 160–180 ms (Android/iOS, SBC)
Sony WH-1000XM4 160–180 ms (Android, LDAC) / 160–180 ms (iOS/Android, AAC)
JBL Club 950NC 160–180 ms (Android/iOS, AAC)
Sony WH-CH710N 160–180 ms (Android/iOS, AAC)
iFrogz Airtime Vibe 160–180 ms (Android/iOS, AAC)
Sony WH-1000XM3 160–180 ms (Android, LDAC) / 160–180 ms (iOS, AAC)
Bowers & Wilkins PX5 160–180 ms (Android, aptX HD) / 160–180 ms (iOS, AAC)
Montblanc MB 01 160–180 ms (Android, aptX HD) / 160–180 ms (iOS, AAC)
Sennheiser Momentum 3 Wireless 80 ms (Android, aptX LL) / 160–180 ms (iOS, AAC)
Marshall Monitor II A.N.C. 160–180 ms (Android/iOS, SBC)
beyerdynamic amiron wireless copper 160–180 ms (Android, aptX HD) / 160–180 (iOS, AAC)

Fazit

Wenn man nach einem flexibel einsetzbaren Alltags-Kopfhörer sucht, stand Razer bisher nicht auf der Liste der Hersteller, die dabei berücksichtigt werden sollten. Mit dem Razer Opus beweist das Unternehmen nach den guten In-Ear-Kopfhörern erneut, dass man damit falsch liegt. Das Modell bietet einen guten, klaren Klang, der mit sehr gut differenzierten Bässe, Mitten und Höhen aufwartet. Der Bass spielt sich dabei gerne etwas in den Vordergrund und der Klang ist warm abgestimmt. Musikstücken, die eine breite Bühne und viel Dynamik benötigen, wird der Opus nicht ganz gerecht, denn sein Klang ist eher eng.

Die aktive Geräuschunterdrückung ist gut, kommt aber nicht an Sony oder Bose heran. In ruhiger Umgebung sollte man das ANC für die beste Klangqualität zudem deaktivieren, da es leicht rauscht. Der Transparenzmodus ist in den meisten Situationen zu leise, als dass man den Kopfhörer aufgesetzt lassen könnte. Eine Anpassung der Intensität fehlt beiden Modi in der App. Die App bietet bisher zwar gute Ansätze, aber wenige Funktionen und kaum Anpassungsmöglichkeiten. Der Equalizer ist auf die vorgegebenen Presets limitiert. Es fehlt die Möglichkeit, eigene Presets erstellen und vorhandene anpassen zu können.

Der Gaming-Mode reduziert die Latenz spürbar. Klanglich spricht auch nichts gegen seine Nutzung. Verbindungsabbrüche können aber früher auftreten, wenn man sich vom Abspielgerät entfernt.

Bei der Telefonie zeigt der Opus eine sehr gute Verständlichkeit und laute Stimmübertragung. Die Stimme klingt aufgrund der starken Filterung aber etwas mechanisch blechern. Die Verarbeitung ist tadellos und das Design für Razer überraschend schlicht.

Die unverbindliche Preisempfehlung des Razer Opus liegt bei 209,99 Euro. Im Handel ist er bisher nur vereinzelt für knapp 240 Euro gelistet.

Nach einer Verzögerung von einem halben Jahr kommt der Over-Ear-Kopfhörer nun langsam in den deutschen Handel. Bei Razer selbst ist das Modell derzeit ausverkauft. Für rund 200 Euro ist der Opus durchaus ein ANC-Kopfhörer, der in die engere Wahl genommen werden sollte. Der Sony WH-1000XM4 ist ihm überlegen, kostet aber weiterhin rund 350 Euro. Nach wie vor verfügbar ist aber auch der Sony WH-1000XM3 (Test), der mit 240 Euro derzeit eine Alternative ist, die mehr Optionen bietet und beim ANC überlegen ist. Rein optisch ist eine Ähnlichkeit des Razer Opus mit dem WH-1000XM3 nicht von der Hand zu weisen.

ComputerBase hat den Opus von Razer zum Testen erhalten. Eine Einflussnahme des Herstellers auf den Testbericht fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand nicht. Es gab kein NDA.

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