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C:\B_retro\Ausgabe_70\: Sega Game Gear

Sven Bauduin
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C:\B_retro\Ausgabe_70\: Sega Game Gear
Bild: Ryokai@Deviantart

Als Handheld-Spielkonsole der 4. Generation trat der Sega Game Gear ab 1990 gegen den Nintendo Game Boy und den Atari Lynx an. Obwohl technisch und grafisch dem fast 120 Millionen Mal verkauften Welterfolg von Nintendo überlegen, zog der Game Gear als tragbares Master System in der Gunst der Spieler deutlich den Kürzeren.

C:\B_retro\Ausgabe_70\Sega_Game_Gear

Weitestgehend basierend auf der Technik des stationären Sega Master System veröffentlichte der japanische Hersteller Sega am 6. Oktober 1990 den Sega Game Gear als tragbare Spielkonsole der 4. Generation.

Als direkter Konter auf den Nintendo Game Boy vorgesehen, konnte der Sega Game Gear vor allem durch seine grafischen Fähigkeiten und sein umfangreiches Zubehörprogramm überzeugen.

Die Geschichte

Nachdem Nintendo am 21. April 1989 die tragbare Spielkonsole Game Boy vorgestellt hatte, die in Folge dessen für viele Spieler zum ständigen Begleiter wurde und das mobile Gaming für immer veränderte, reiften auch beim Konkurrenten Sega die Überlegungen, ihre aktuelle Konsolengeneration mobil auszulegen.

So begannen im Sommer des Jahres 1989 unter dem Codenamen „Project Mercury“ die Entwicklungen an einer tragbaren Spielkonsole, die zum Ziel hatten, voraussichtlich ab 1990 ein dem Nintendo Game Boy überlegenes Produkt am Markt anbieten zu können.

Atari Lynx
Atari Lynx (Bild: Evan Amos, gemeinfrei)

Auch der am 26. November 1989 erschienene Atari Lynx wurde dabei als Konkurrenz ins Auge gefasst. Dieser erreichte jedoch aufgrund des zu hoch angesetzten Preises, zu kurzer Batterielaufzeiten, der vergleichsweise voluminösen Abmessungen und nicht zuletzt des schlechten Marketings seitens Atari nicht ansatzweise die späteren Verkaufszahlen der Konkurrenz von Sega und vor allem Nintendo.

Technisch wurde auf Basis des 8-Bit-Prozessors Zilog Z80, welcher in seiner Ur-Form bereits März 1976 veröffentlicht wurde, eine Miniaturisierung des Sega Master Systems realisiert.

Am 6. Oktober 1990 veröffentlichte Sega den Game Gear schlussendlich in Japan, bevor die tragbare Spielkonsole im Januar 1991 in den USA und kurz darauf auch in Europa vorgestellt wurde.

In Deutschland stand der Sega Game Gear zu einem Preis von 299 DM im Handel und war damit rund doppelt so teuer wie der Nintendo Game Boy. Neben dem zu hoch angesetzten Verkaufspreis verprellte die vergleichende Werbung, welche den weit verbreiteten und sehr beliebten Game Boy als technisch simpel und dessen Benutzer als einfältig diffamierte, sehr viele potenzielle Kunden.

Der YouTube-Kanal „RGTV“ hat einige dieser Werbespots freundlicherweise für die Nachwelt archiviert.

Die Hardware

Technisch war der Game Gear dem Game Boy in fast allen Punkten deutlich überlegen, hinsichtlich der Hintergrundbeleuchtung und farbigen Darstellung von Spielen sogar um Jahre voraus. So konnte der Sega Game Gear beispielsweise gleichzeitig 32 aus insgesamt 4.096 Farben auf seinen 3,2 großen Farbdisplay darstellen und verfügte über eine Hintergrundbeleuchtung mittels CCFL.

Die erste tragbare Spielkonsole von Sega basierte dabei auf der folgenden Hardware.

  • Zilog Z80 8-Bit-CMOS-Mikroprozessor mit 3,58 MHz
  • 8 KByte Arbeitsspeicher
  • 3,2 Zoll großen Display mit 160 × 144 Pixeln und 4.096 Farben
  • 16 KByte Videospeicher für maximal 64 Sprites
  • Vierkanal-Audiowiedergabe
  • Stromversorgung: 6 AA-Batterien, Battery Pack oder 9-V-Netzstecker
  • Abmessungen: 200 × 110 × 34 mm (B×L×T)
  • Gewicht: 400 Gramm

Mit seinen 32 gleichzeitig dargestellten Farben und insgesamt 64 Sprites spielte der Game Gear grafisch in einer ganz eigenen Liga und ließ sowohl den Game Boy als auch den Atari Lynx sprichwörtlich alt aussehen.

Das Zubehör

Neben seiner technischen und daraus resultierenden grafischen Vorzüge konnte der Sega Game Gear auch mit seinem reichhaltigen Zubehörprogramm überzeugen, aus dem besonders der TV-Tuner hervorsticht, der das TV-Programm mit vollen 4.096 Farben auf dem 8,1 cm messenden Display der Spielkonsole anzeigen konnte.

Sega Game Gear mit optionalem TV-Tuner
Sega Game Gear mit optionalem TV-Tuner (Bild: Evan Amos, gemeinfrei)

Zudem veröffentlichte Sega einen FM-Tuner für den analogen Radioempfang über den Game Gear, eine Bildschirmlupe, das Gear2Gear-Kabel für gemeinsames Spielen und verschiedene Battery Packs.

Die Spiele

Ausgeliefert wurde der Sega Game Gear im Bundle mit dem Spiel Columns, einem Arcade-Spiel, das nicht zufällig gewisse Ähnlichkeiten mit dem Millionenerfolg Tetris auf dem Game Boy aufweist.

Insgesamt erschienen mehr als 360 Spiele für den Game Gear, eine Vielzahl davon waren Portierungen von anderen Sega-Konsolen wie dem Sega Master System und Sega Mega Drive.

Die bekanntesten Titel und Serien für den Sega Game Gear waren:

  • Castle of Illusion – Starring Micky Mouse
  • Columns
  • Micro Machines
  • NBA Jam
  • Power Strike II
  • Road Rash
  • The GG Shinobi II
  • Sonic the Hedgehog
  • Sonic the Hedgehog 2
  • Sonic the Hedgehog Chaos
  • Sonic the Hedgehog Triple Trouble
  • Sonic Blast
  • Streets of Rage
  • Wonder Boy

Der für seine umfangreichen Spiele-Archive und Retro-Berichte bekannte YouTube-Kanal „Virtual Gaming Library - VGL“ hat alle 365 Titel für den Sega Game Gear in einem Video zusammengefasst.

Der Erbe

Aufgrund des zu hoch angesetzten Verkaufspreises und der wenig sympathischen Werbung, verkaufte sich der Sega Game Gear trotz überlegener Technik und guten Spielen „nur“ rund 11 Millionen Mal, während der Nintendo Game Boy mit fast 120 Millionen verkauften Einheiten zur bis dahin erfolgreichsten Spielkonsole der Geschichte avancierte.

Im Jahr 1995 versuchte sich Sega mit dem Sega Nomad, einem unter dem Codenamen „Venus“ entwickelten mobilen Ableger des Sega Mega Drive, ein letztes Mal an einer tragbaren Spielkonsole, welche aber aufgrund äußerst schlechter Verkaufszahlen ausschließlich in den USA erschien und heute einen gewissen Sammlerwert hat.

Sega Nomad
Sega Nomad (Bild: Evan Amos, gemeinfrei)

Zusätzlich zu seinem Hauptprozessor vom Typ Motorola 68000 mit 7,67 MHz besaß der Sega Nomad auch einen Zilog Z80a als Co-Prozessor, der die Wiedergabe von Spielen für den Sega Game Gear ermöglichte.

C:\B_retro\Ausgabe_68\Spielkonsolen_bei_C:\B_retro\

In der Zwischenzeit hat C:\B_retro\ bereits über viele Retro-Spielkonsolen und Heimcomputer der 1970er, -80er, -90er und frühen 2000er berichtet, höchste Zeit für eine kleine Übersicht:

Bekannte Spielkonsolen und Heimcomputer von 1977 bis heute
Konsole Jahrgang C:\B_retro
Atari 2600 1977 C:\B_retro\Ausgabe_10\
Nintendo Game Boy 1989 C:\B_retro\Ausgabe_11\
Super Nintendo Entertainment System 1990 C:\B_retro\Ausgabe_15\
Nintendo Virtual Boy 1995 C:\B_retro\Ausgabe_18\
Sega Mega Drive 1988 C:\B_retro\Ausgabe_20\
Nintendo 64 1996 C:\B_retro\Ausgabe_24\
Sony PlayStation 2 2000 C:\B_retro\Ausgabe_32\
Sega Dreamcast 1998 C:\B_retro\Ausgabe_39\
Sony PlayStation 1994 C:\B_retro\Ausgabe_41\
Microsoft Xbox 360 2005 C:\B_retro\Ausgabe_53\
Commodore 64 1982 C:\B_retro\Ausgabe_56\
Amiga 500 1987 C:\B_retro\Ausgabe_61\
Sega Saturn 1994 C:\B_retro\Ausgabe_66\
Nintendo Entertainment System 1983 C:\B_retro\Ausgabe_68\

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