Mercedes-Benz EQS: Die vollelektrische S‑Klasse mit MBUX Hyperscreen

Nicolas La Rocco
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Mercedes-Benz EQS: Die vollelektrische S‑Klasse mit MBUX Hyperscreen
Bild: Mercedes-Benz

Der neue EQS steht bei Mercedes-Benz für die erste vollelektrische Luxuslimousine und soll mit bis zu 770 Kilometern Reichweite ein neues Kapitel für den Hersteller aufschlagen. Das neue Design mit Fließheck unterwirft sich der Aerodynamik, während der Innenraum der „elektrischen S-Klasse“ vom MBUX Hyperscreen dominiert wird.

Das ist es also, das Serienfahrzeug des Vision EQS, mit dem Mercedes-Benz über die letzten Jahre für stetigen Trommelwirbel sorgte. Parallelen zur Studie finden sich einige, darunter die Auslegung als Fließheck-Limousine und die optionale Zweifarbenlackierung auf Gürtellinie. Augenmerk bei der Entwicklung lag auf der Aerodynamik, denn mit einem cw-Wert ab 0,20 soll der EQS laut Hersteller das aerodynamischste Serienautomobil der Welt sein. Die Front mit Black-Panel-Einheit integriert die Sensorik, darunter auch Lidar, und drei „Light-Dots“, verbunden mit der „Mercedes-Augenbraue“, bilden das Tagfahrlicht – LED-Scheinwerfer sind Serie, das Digital Light mit Projektion von Hinweisen auf die Straße gibt es als Option. Ebenfalls optional ist ein dreidimensionales Stern-Muster.

Von der Seite betrachtet fällt die in einem Bogen zum Heck gespannte Linienführung auf. Die wahlweise vier elektrisch öffnenden Türen kommen wie bei einem Coupé ohne Rahmen aus. Der linke Kotflügel beheimatet die Serviceklappe für das Wischwasser, der Zugang zur Fronthaube besteht nur für die Fachwerkstatt, etwa wenn der neue HEPA-Filter gewartet werden muss. Der EQS ist als Fließheck-Limousine ausgelegt, sodass sich die Heckklappe samt Scheibe öffnet und über den Kofferraum auch der Innenraum erreichbar ist. Wie an der Front ziert ein durchgehendes Leuchtband das Heck. Ein kleiner Heckspoiler bildet eine scharfe Abrisskante und soll eine gewisse Sportlichkeit vermitteln. Dafür sorgen sollen auch die breite Schulterpartie des Autos und Räder von 19 bis 22 Zoll.

EQS 450+ und EQS 580 4MATIC im Detail

Unter seinem Kleid versteckt der EQS an der Hinterachse den neuen elektrischen Antriebsstrang, in den Versionen mit 4MATIC auch an der Vorderachse. Als EQS 450+ und EQS 580 4MATIC stehen zunächst 245 kW oder 385 kW zur Auswahl, zudem ist eine Performance-Version mit bis zu 560 kW in Planung. Abhängig von der Größe der Batterie und der Fahrzeugausstattung sollen sich WLTP-Reichweiten von bis zu 770 Kilometern erreichen lassen. Abhängig von Leistung und Antriebskonzept ist ein Lithium-Ionen-Akku entweder mit 10 oder mit 12 Zellmodulen verbaut und stellt 90 respektive 107,8 kWh nutzbaren Energieinhalt zur Verfügung. Den kombinierten Verbrauch (WLTP) gibt Mercedes-Benz mit 20,4-15,7 (EQS 450+) und 21,8-17,4 kWh/100 km (EQS 580 4MATIC) an. Für die Hochvolt-Batterien gibt Mercedes-Benz Käufern ein „Leistungsversprechen“, das sich auf 10 Jahre Laufzeit oder eine Laufleistung von 250.000 Kilometern bei einer Restkapazität von 70 Prozent beläuft.

Ein Jahr kostenfreies Laden

In Europa und den USA nutzt der EQS das CCS-Ladesystem und ermöglicht mit Gleichstrom das DC-Schnellladen mit bis zu 200 kW, das beim EQS 450+ 300 Kilometer Reichweite in 15 Minuten (280 km beim EQS 580 4MATIC) oder eine vollständige Ladung in 31 Minuten zur Verfügung stellen soll. An Wallboxen oder öffentlichen Ladestationen mit AC-Laden mit nur 11 respektive 22 kW benötigt der Vorgang hingegen 5 oder 10 Stunden. Im ersten Jahr nach dem Kauf können EQS-Kunden über Ionity Unlimited in Verbindung mit Mercedes me Charge das Auto vollständig kostenfrei laden, anschließend wird ein vergünstigtes Schnellladen für 0,29 €/kWh angeboten.

MBUX Hyperscreen dominiert das Interieur

Vom Exterieur und Antrieb jetzt zum Innenraum, der Anleihen bei der aktuellen S-Klasse nimmt, mit dem optionalen MBUX Hyperscreen aber auch einen vollständig neuen Weg geht. Den MBUX Hyperscreen hatte Mercedes-Benz bereits einzeln zur CES im Januar präsentiert und auch der Innenraum des EQS ist seit Ende März kein Geheimnis mehr. Noch einmal zusammengefasst: Die riesige Anzeigeneinheit besteht im Detail aus drei Bildschirmen, die vor dem Fahrer, in der Mittelkonsole und vor dem Beifahrer positioniert sind. Das Zentral-Display misst 17,7 Zoll, die Anzeigen vor Fahrer (dort auch mit 3D-Option) und Beifahrer jeweils 12,3 Zoll. Über die Multifunktionskamera und einen Lichtsensor wird automatisch die Helligkeit in Abhängigkeit zur Umgebung reguliert.

Der gesamte Anzeigen- und Bedienbereich ist leicht gebogen und definiert somit den Aufbau des vorderen Innenraums. Die Bildschirme sitzen hinter gebogenem Glas, die Zwischenräume füllt Mercedes-Benz mit der Farbe „Silver Shadow“, die in drei Schichten lackiert wird. Zwei Beschichtungen sollen Reflexionen verringern und das Reinigen vereinfachen. Im unteren Bereich des MBUX Hyperscreens ist die mehrfarbige LED-Ambientebeleuchtung integriert, die den Effekt einer schwebenden Einheit verstärken soll. Für den Zentral- und den Beifahrer-Bildschirm kommen OLED-Displays zum Einsatz. Diese beiden Bildschirme bieten zudem haptisches Feedback, das über acht Aktuatoren im Zentral- und vier Aktuatoren im Beifahrer-Display ausgelöst wird und zu spürbaren Vibrationen der Deckscheibe führt. Auf diese Art und Weise soll unter anderem der Eindruck eines mechanischen Schalters vermittelt werden. Unterschiedlich starker Druck auf das Glas verändert zudem die vom System ausgelöste Reaktion, ähnlich wie früher bei 3D Touch bis zum iPhone X.

Den altersbedingten Einbrenneffekten der OLED-Anzeigen will Mercedes mit Hilfe unterschiedlicher technischer Lösungen begegnen. Der Alterungsprozess jedes einzelnen Pixels werde permanent überwacht, heißt es in der Ankündigung, und im Hintergrund wird ein automatischer Abgleich zur Kompensation durchgeführt. Die dargestellten Inhalte sollen leicht und angeblich nicht wahrnehmbar gegen den Uhrzeigersinn rotieren, um Dauerbelastungen der Anzeigen zu reduzieren.

Nvidia liefert erneut die Rechenleistung

In puncto Rechenleistung legt Mercedes-Benz noch einmal gegenüber dem MBUX der 2. Generation der aktuellen S-Klasse nach. Wo bei der A-Klasse noch Nvidias „Reilly PX“ und „Parker 128“ als Abwandlungen des Tegra X2 zum Einsatz kamen, nutzt die S-Klasse ein Xavier-SoC mit sechs Carmel-CPU-Kernen, Volta-Grafikeinheit und 16 GB RAM. Der MBUX Hyperscreen im EQS nutzt den Xavier-Vollausbau mit acht Carmel-CPU-Kernen und stärkerer Volta-GPU, die auf 512 statt 384 CUDA-Cores verteilt über vier TPCs kommt. Darüber hinaus hat Mercedes-Benz den Arbeitsspeicher von 16 auf 24 GB erweitert.

Basis entspricht MBUX der S-Klasse

Der MBUX Hyperscreen ist eine Sonderausstattung, das Basismodell kommt mit einem Infotainmentsystem vergleichbar zum MBUX der 2. Generation in der neuen S-Klasse. Betriebssystem und zur Verfügung stehende Funktionen dürften sich aber zum Großteil überschneiden. Der Aufbau der Basisausstattung mit dem Zentral- und Fahrer-Display ohne das rechte Beifahrer-Display führt zu einem etwas anderen Aufbau der Mittelkonsole, die in diesem Fall fließend vom unteren Bereich des zentralen Bildschirms ausgeht. Mit MBUX Hyperscreen schwebt das Zentral-Display über der Mittelkonsole und die unterste Reihe physischer Bedienelemente für Lautstärke, Warnblinker oder Fingerabdrucksensor rückt hinter das Fach der Mittelkonsole vor die Armauflage.

Optionales AR-Head-up-Display

Zusätzlich zum MBUX Hyperscreen stehen zwei Head-up-Displays zur Auswahl, die dem Aufgebot der S-Klasse entsprechen. Mit dem größeren der beiden HUDs wird vor das Fahrzeug eine Anzeige projiziert, die einem Bildschirm mit einer Diagonale von 77 Zoll entsprechen soll und die um Augmented-Reality-Inhalte wie animierte Abbiegepfeile ergänzt wird.

Hochautomatisierter Drive Pilot folgt 2022

Das große Head-up-Display soll den Fahrer damit ebenso unterstützen wie die zahlreichen Assistenzsysteme, an deren Leistungsumfang sich gegenüber der aktuellen S-Klasse aber erst einmal nichts ändert, sodass beim assistierten Fahren nach Level 2 weiterhin nach 15 Sekunden der Griff zurück ans Lenkrad vorausgesetzt wird. Eine Ausnahme bildet der für die erste Jahreshälfte 2022 geplante Drive Pilot für hochautomatisiertes Fahren und Parken. Der Drive Pilot ist schon im zweiten Halbjahr 2021 auch für die S-Klasse geplant und soll bei hohem Verkehrsaufkommen oder Stausituationen auf geeigneten Autobahnabschnitten in Deutschland bis 60 km/h hochautomatisiert fahren können, ohne das Lenkrad bedienen zu müssen. Dabei sind dem Fahrer auch Nebentätigkeiten wie das Surfen im Internet erlaubt. ComputerBase hat das System letzten August im Detail erklärt.

Fahrerloses Parken nach Level 4

Vollautomatisiertes, fahrerloses Parken (Level 4) in geeigneten Parkhäusern wird hingegen mit dem Intelligent Park Pilot möglich sein. Zusammen mit der benötigten Sonderausstattung und dem entsprechenden Connect-Dienst hat der EQS die Technik an Bord, um vollautomatisiert und fahrerlos in mit AVP-Infrastruktur (Automated Valet Parking) ausgerüsteten Parkhäusern ein- und auszuparken, sofern die nationalen Gesetze einen solchen Betrieb erlauben. Die Vision: Der Fahrer stellt das Fahrzeug in einer Drop-off-Area ab und startet per Smartphone-App den Parkvorgang, nachdem alle Insassen ausgestiegen sind. Die Sensorik im Parkhaus überprüft, ob ein entsprechender Platz verfügbar ist. Wenn ja, wird dem Fahrer auf der App die Übernahme des Fahrzeuges durch die AVP-Infrastruktur bestätigt. Dann kann der Fahrer den EQS und das Parkhaus verlassen. Das Fahrzeug wird automatisch gestartet und fährt mit Hilfe der im Parkhaus verbauten Infrastruktur automatisiert zu seinem Parkplatz. Umgekehrt kann der Fahrer den EQS per Smartphone-Befehl zu einer Pick-up-Area vorfahren lassen.

Markteinführung im Spätsommer bis Herbst

Das Feature ist allerdings noch im gleichen Maße (nahe) Zukunftsmusik wie der EQS selbst. Mercedes-Benz will das Fahrzeug im Spätsommer bis Herbst in Europa und den USA auf den Markt bringen. Schon für Juni ist die Verkaufsfreigabe geplant, erst dann sollen, einem Unternehmenssprecher zufolge, die Preise bekannt gegeben werden.

ComputerBase hat Informationen zu diesem Artikel von Mercedes-Benz unter NDA erhalten. Die einzige Vorgabe war der frühest mögliche Veröffentlichungszeitpunkt.

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