Nvidia Drive Atlan: Ampere-Next und 1.000 TOPS im SoC für autonomes Fahren
Nvidia entwickelt mit Drive Atlan eine neue Plattform für autonomes Fahren, die mit dem Atlan-SoC erstmals 1.000 TOPS mit einem einzigen Chip liefert. Eine neue GPU-Architektur, neue ARM-Kerne und neue Beschleuniger für Deep Learning und Sicht sollen dabei helfen. Auf der GTC zeigt Nvidia noch mehr rund ums autonome Fahren.
Drive Atlan folgt 2025 auf Orin
Atlan ist der nächste Schritt auf einer weit in die Zukunft blickenden Roadmap für das Automotive-Segment von Nvidia. Die nächste Plattform für autonomes Fahren soll 2023 in das Sampling gehen, bevor 2024 mit der Auslieferung und 2025 mit dem Einsatz in ersten Fahrzeugen gerechnet wird. Ein kurzer Rückblick: Der Vorgänger Orin wurde Ende 2019 vorgestellt und soll 2022 in ersten Fahrzeugen zum Einsatz kommen, ab 2024 auch bei Mercedes-Benz. Orin soll nicht nur das automatisierte Fahren ermöglichen, sondern auch Dutzende Steuergeräte ablösen und die Visualisierung der Sensorik im digitalen Kombiinstrument, das Infotainmentsystem oder KI-gestützte Interaktionen mit den Passagieren abwickeln können, wie CEO Jensen Huang heute zur GTC erläuterte.
Mit Orin soll das Zeitalter der per Software definierten Fahrzeuge anbrechen, die ständig aktualisiert werden. Atlan soll mit mehr Leistung den nächsten Schritt in diesem Bereich gehen und den Herstellern mehr Spielraum bei der Auslegung der Software geben.
Ampere-Nachfolger trifft auf Grace-Nachfolger
Während Drive Orin noch Cortex-A78-Kerne von ARM mit einer integrierten Ampere-GPU zu einem SoC mit 254 TOPS Rechenleistung vereinte, nutzt Atlan eine GPU-Architektur der nächsten Generation, die auf Ampere folgen soll. Nvidia spricht in der Ankündigung lediglich von „Next-Ampere“ und nennt keine weiteren Details. Neue ARM-Kerne weist das SoC ebenfalls auf, doch auch hier herrscht noch weitgehend Stillschweigen. „Next-Grace“ nennt sich die CPU bislang, sodass es sich um den Nachfolger der ebenfalls heute zur GTC vorgestellten Grace-CPU handelt. Gemeinsam mit ebenfalls neuen Beschleunigern für Deep Learning und Computer Vision soll die Leistung einer Single-Chip-Lösung auf 1.000 TOPS und damit rund das Vierfache von Orin steigen. Auf wie viel TOPS letztlich ein System kommt, hängt aber stark von der jeweiligen Konfiguration ab, etwa der Anzahl von SoCs und zusätzlichen dGPUs. Bereits Orin lässt sich auch mit zwei SoCs und zwei dGPUs für dann 2.000 TOPS bei 750 Watt konfigurieren. Zum Verbrauch von Atlan liegen noch keine Informationen vor.
Wenn aber schon frühere Plattformen von Nvidia für autonomes Fahren geeignet sein sollen, wofür braucht es dann noch stärkere Systeme wie Atlan? Huang zufolge führen höhere Level der Autonomie, die in mehr Situationen als bisher abgerufen werden können, mehr Sensoren mit höherer Auflösung, immer aufwendigere KI-Modelle sowie mehr Redundanz und Sicherheitsfunktionen zu immer höheren Anforderungen an die Systeme, auch wenn Level 5 prinzipiell bereits mit früheren Drive-Plattformen erreicht wurde. „Wir benötigen all die Rechenleistung, die wir kriegen können“, sagte Huang.
BlueField DPU zieht ins Auto ein
Neben GPU und CPU sowie Beschleunigern und Speicher nimmt eine neue BlueField DPU (Data Processing Unit) erstmals im Automotive-Segment ebenfalls viel Fläche auf dem Die ein. Die DPU hatte Nvidia letztes Jahr als Erweiterung für das Datacenter vorgestellt, wo sie im Prinzip als Netzwerkkarte mit zusätzlichem ARM-Prozessor fungiert. BlueField-2 nennt sich das aktuelle Modell, BlueField-3 wurde jüngst zur GTC vorgestellt und bei Atlan wird vermutlich ein noch neueres Modell zum Einsatz kommen. Die DPU soll die CPU bei kritischen Aufgaben in den Bereichen Netzwerk, Speicherverwaltung und Sicherheit entlasten. Im Bereich Sicherheit ist BlueField zudem für das Root of Trust, die Verschlüsselung und das Key-Management zuständig. Mit BlueField zieht auch ein (noch namenloser) ConnectX-Netzwerkadapter ins Auto ein, sodass die Übernahme von Mellanox jetzt auch in diesem Segment Früchte trägt.
Auch wenn Atlan vollständig neue Hardware mitbringt, bleibt die Plattform im Bereich Software kompatibel zu allen bisherigen Drive-Plattformen, sodass bisher getätigte Investitionen ebenso auf Atlan zutreffen und nicht bei Null angefangen werden muss.
Neue Hyperion-Plattform für Hersteller
Während Atlan die Plattform der Zukunft ist, bleibt Orin das System der Wahl für aktuelle Fahrzeuge. Zum Beispiel will Volvo beim nächsten XC90, der nächstes Jahr vorgestellt werden soll, auf Orin für automatisiertes Fahren setzen, wie beide Unternehmen zur GTC publik machten. Passend dazu hat Nvidia heute die „Hyperion 8 AV Platform“ vorgestellt, eine Art Referenzsystem für Autohersteller, um autonome Fahrzeuge zu entwickeln. Sämtliche von Nvidia angebotene Hardware und Software lässt sich mit dieser Plattform testen und zur Serienreife führen. In der 8. Generation besteht die Referenz-Hardware aus einem Dual-Orin-System für autonomes Fahren, einem weiteren Orin-SoC für Drive IX, also die Überwachung und Auswertung des Innenraums, und zwei weiteren Orin und Mellanox ConnectX-6 für die Aufzeichnung von Ground Truth. Die Sensorik setzt sich aus 8 Kameras mit jeweils 8 MP, 4 Fischaugen mit 3 MP, 9 Radar und einmal Lidar extern sowie 3 Kameras für den Innenraum zusammen. Entwickler erhalten Zugriff auf Nvidias AV- und IX-Software und können das System per OTA-Update aktuell halten. Die neue Generation Hyperion soll noch im Laufe dieses Jahres angeboten werden.
Drive Sim kommt in das Omniverse
Auch Drive Sim macht auf der GTC einen Sprung nach vorne. Drive Sim respektive Drive Constellation ist Nvidias Simulationsplattform für autonome Fahrzeuge. Drive Constellation ist eine Hardware-Plattform bestehend aus zwei Servern, um darauf Drive Sim auszuführen. Der erste Server ist ein GPU-Server mit acht RTX-Turing-Karten, auf dem Drive Sim Sensor- und Umgebungsdaten für die AV-Software im nativen Format des Sensors generiert – einschließlich Kamera, Radar, Lidar, IMU und GNSS. Der zweite Server enthält die KI-Hardware des autonomen Fahrzeugs, auf der die vollständige, binärkompatible AV-Software des Fahrzeugs ausgeführt wird. Sie verarbeitet die simulierten Daten, als kämen sie von den Sensoren eines tatsächlichen Autos im Straßenverkehr. Die Anzahl der Testwagen auf der Straße kann damit reduziert werden respektive lassen sich so spezielle Szenarien testen, die im Alltag zu selten vorkommen.
Diese zwei Server braucht es künftig nicht mehr, weil Nvidia die Drive Sim in das eigene Omniverse holt. Omniverse ist Nvidias Kollaborationsplattform mit Rechenleistung in der Cloud, sodass die zwei bisher benötigten Server zumindest vor Ort beim Entwickler wegfallen. Innerhalb des Omniverse haben Entwickler Zugriff auf unterschiedlichste Umgebungen, Szenarien, Fahrzeuge, Sensoren und Verkehrsgeschehen, um das autonome Fahren zu simulieren, das Verhalten des virtuellen Autos zu protokollieren und die gesamte Anwendung in Schleife laufen zu lassen, um Optimierungen schon während der Simulation einfließen zu lassen. Drive Sim nutzt im Omiverse einen RTX-Renderer, um für eine realistischere Beleuchtung als bisher zu sorgen. Etwa indirektes Licht in einem Tunnel soll sich so besser simulieren lassen. Durch die Verlagerung in die Cloud sollen sich Entwickler verschiedenen Aufgabenbereichen parallel widmen können, etwa nur der Wahrnehmung der Sensorik, nur der Planung der Strecke oder nur der Ausführung von Lenkbefehlen. Je nachdem, wie viel Rechenleistung gebucht wird, können mehrere Projekte ausgeführt werden, ohne neue physische Hardware an den eigenen Standort bestellen zu müssen.
Bisher noch als Open Beta angeboten, startet das Omniverse zum heutigen Start der GTC für Enterprise-Kunden in die allgemeine Verfügbarkeit – Preise fehlen noch. Erste Abnehmer der Lösung sind unter anderem BMW, Ericsson und Foster + Partners.
ComputerBase hat Informationen zu diesem Artikel von Nvidia unter NDA erhalten. Die einzige Vorgabe war der frühest mögliche Veröffentlichungszeitpunkt.
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