650-Watt-Netzteile im Test: Technik im Detail analysiert

 2/5
Nico Schleippmann
100 Kommentare

Nach dem Lösen der Schrauben und dem Öffnen des Netzteils fällt der Blick auf die Elektronik. Wie immer gilt: Nicht nachmachen – Lebensgefahr!

Sowohl Corsair als auch XPG setzen auf dieselbe technische Basis des Auftragsfertigers CWT. In der praktischen Umsetzung haben beide Hersteller aber eigene Prioritäten gesetzt, was sich in der Bauteilauswahl und im Schaltungslayout niederschlägt. Für die Schaltungstopologie kommen ganz herkömmlich eine aktive (Boost-)PFC, ein LLC-Resonanzwandler mit synchroner Gleichrichtung und eine DC-DC-Abwärtswandlung zum Einsatz.

Technische Daten RM650x Core Reactor 650W
Primärseite
EMV-Filter 2 × X-, 4 × Y-Kondensatoren, 2 × CM-Drosseln
Sicherungen Feinsicherung, MOV
Brückengleichrichter 2 × GBU806 1 × ?
Aktive PFC 2 × MOSFETs (Fairchild FCPF190N60E), 1 × Diode 2 × MOSFETs (Infineon IPA60R190P6), 1 × Diode (CREE C3D06060A)
Einschaltstrombegrenzer NTC + Relais
Zwischenkreiskondensator 2 × Nippon Chemi-Con (KMR-Serie) 330 µF, 400 V, 105 °C Nippon Chemi-Con (KMQ-Serie) 470 µF, 420 V, 105 °C
Standby-IC On-Bright OB5282CP + disk. MOSFET
Konvertertopologie LLC-Halbbrücke
Schalter 2 × Fairchild FCPF190N60E 2 × Infineon IPA60R190P6
Sekundärseite
Wandlung Minor-Rails (5 V und 3,3 V) DC-DC
Gleichrichter +12 V 4 × MOSFETs (ON NVMFS5C430NT1G) 4 × MOSFETs (IRF IRFH7004PBF)
DC-DC-Schalter 5 V und 3,3 V je 1 × Ubiq QN3107M6N und 1 × QM3054M6
Filterkondensatoren +12 V 4 × Nippon-Chemi-Con-Elkos 2.200 µF (KZE-Serie), 5 × Feststoff-Elkos 470 µF 2 × Nichicon-Elkos 3.300 µF (HD-Serie), 5 × Feststoff-Elkos 470 µF
Filterkondensatoren 5 V 2 × Feststoff-Elkos 1.500 µF Feststoff-Elkos 1 × 1.500 µF und 1 × 100 µF
Filterkondensatoren 3,3 V 2 × Feststoff-Elkos 1.500 µF Feststoff-Elkos 1 × 1.500 µF und 1 × 100 µF
Filterkondensatoren 5 VSB Nippon-Chemi-Con-Elkos 1 × 2.200 µF (KZE-Serie) und 1 × 1.000 µF (KY-Serie)
Supervisor-IC Weltrend WT7502 + Microchip PIC16F1503 (Mikrocontroller) „IN1S3131DAG“
Lüfter
Modellbezeichnung Corsair NR140ML Hong Hua HA1225H12F-Z
Technische Daten 140 mm, Magnetschwebelager 120 mm, FD-Gleitlager, 2.200 UPM

Bezüglich der elektromagnetischen Schirmung fallen Unterschiede zwischen den Netzteilen bereits bei der Eingangsfilterung auf. Während XPG mit dem Einfügen einer Kupferfolie um das EMV-Filter des Core Reactor 650W Einkopplungen in das Spannungsnetz vermeiden will, finden sich Kupferfolien beim Corsair RM650x nur auf der Sekundärseite vor und sollen für störungsfreie Ausgangsspannungen sorgen. In der Anzahl der Filterkomponenten gibt es zwischen beiden Modellen keine Unterschiede. Ein MOV als passiver Überspannungsschutz ist jeweils vorhanden, der Netzteilkomponenten vor transienten Überspannungen schützen soll.

Fairchild und Infineon als Zulieferer der Leistungshalbleiter

Dadurch, dass zwei Brückengleichrichter im RM650x verbaut wurden, können insbesondere bei einer Netzspannung von 115 V elektrische Verluste verkleinert werden. Bei der aktiven PFC werden Leistungshalbleiter mit vergleichbaren Leiteigenschaften eingesetzt. In den Schalteigenschaften sind Infineons CoolMOS den Derivaten von Fairchild auf dem Papier geringfügig überlegen, was einen verlustärmeren Schaltvorgang bezwecken kann. Für den LLC-Resonanzwandler werden die gleichen Halbleiter eingesetzt, wobei die CoolMOS-Schalter im Normalbetrieb nun keine Vorteile mehr ausspielen können. Hohe Wirkungsgrade bei Schwachlast können jedoch nur durch intelligente Controller erreicht werden. Daher werden mit einem Champion CM6500UNX als PFC-Controller und einem Champion CU6901VAC als LLC-Controller ICs verwendet, die einen gesonderten Schwachlast-Modus implementiert haben.

Eine höhere Packdichte erzielt XPG, indem nur ein einzelner Elektrolytkondensator auf der Primärseite als 50-Hertz-Filter eingesetzt wird. In der Kapazität ist dieser allerdings unterlegen, auch wenn XPG dies über das höhere Spannungs-Rating prinzipiell geringfügig kompensieren könnte. Ein in Serie geschalteter NTC-Widerstand soll den Einschaltstrom verringern. Gleichzeitig sollen aber keine Verluste an diesem Bauelement anfallen, weshalb es im Normalbetrieb von einem Relais kurzgeschlossen wird.

Corsair mit größeren Kondensatoren – Gleichstand bei den Induktivitäten

Als Haupt-Transformator beziehen beide Hersteller vermutlich die gleiche induktive Komponente. Diese besteht aus einem Ferritkern im PQ-Format, was gegenüber einem Standard-E-Kern Vorteile in der Packdichte bringen kann. Indem die sekundäre Ausgangsleitung direkt auf die vertikale Synchrongleichrichter-Platine auf kürzestmöglichem Weg geführt wird, können Leitwiderstände verringert werden. Diese gilt es auch bei den Synchrongleichrichter-Halbleitern so klein wie möglich zu bekommen, wobei erneut XPG die auf dem Papier verlustärmeren Bauteile einsetzt. Gekühlt werden diese lediglich über den vorbeiziehenden Luftstrom und die breiten Leiterbahnen. Mit ON als Tochterunternehmen von Fairchild und IRF als Tochter von Infineon werden alle kritischen Leistungshalbleiter jeweils aus einem einzigen Haus bezogen. Die DC-DC-Abwärtswandler sind identisch aufgebaut. Unterschiede können nur für das kapazitive Filter festgestellt werden, das beim RM650x sowohl auf der 12-Volt-Schiene als auch auf den Minor-Rails größer ausgelegt ist.

Die Lüftersteuerung setzt Corsair über einen Mikrocontroller von Microchip um. Dies birgt den Vorteil, dass der Lüfter eine fest definierte Hysterese für das Starten beziehungsweise Stoppen besitzt und dass dieser über PWM gesteuert werden kann. XPG verzichtet auf einen Semipassiv-Modus und vertraut daher einer herkömmlichen Analogsteuerung. Als Lüfter kommt beim RM650x der NR140ML zum Einsatz – ein 140-mm-Modell mit einem Magnetschwebelager. Aufgrund der kleineren Gehäusemaße setzt XPG (zwangsläufig) auf einen kleineren 120-mm-Ventilator aus dem Hause Hong Hua. Die NTCs zur Bestimmung der Netzteiltemperatur befinden sich in der Nähe der Synchrongleichrichter. XPG hat den NTC direkt neben einen der Gleichrichter-MOSFETs gesetzt. Corsair platziert ihn hingegen auf der Platinenunterseite und verbindet ihn direkt mit der Masseleitung, wodurch auch eine hohe thermische Kopplung erzielt werden kann.

Corsair mit beidseitiger Bauteile-Bestückung trotz der höheren Gehäusetiefe

Leiterbahnen verlaufen bei beiden Netzteilen sowohl auf der Ober- als auch Unterseite des PCBs. Obwohl das RM650x über ein 20 mm tieferes Gehäuse verfügt, hat sich Corsair für eine teurere beidseitige Bestückung der Platine entschieden. In der Lötqualität gibt es nur marginale Unterschiede. Diese haben beide Hersteller unter Kontrolle. Auch kommen beide Netzteile fast ohne Kabel aus, da mit Kupferwinkeln PCBs direkt miteinander verbunden werden – so auch die Kabelmanagement-Platine mit dem Haupt-PCB, wodurch Produktionstoleranzen verringert werden können.

Du hast rund um den Black Friday einen tollen Technik-Deal gefunden? Teile ihn mit der Community!