Epic Games Store: Wachstumsstrategie geht aktuell auf
Im Rechtsstreit zwischen Apple und Epic geht es zwar eigentlich um den Missbrauch einer Monopolstellung. Ganz nebenbei fallen dabei immer wieder interessante Informationen zum Geschäftsmodell von Epic Games ab. Aktuell sind Zahlen zur Kosten-Nutzenbilanz von Exklusivspielen und den Kosten von Gratisspielen ans Licht gelangt.
Grundsätzlich ist der Epic Games Store aktuell und bis auf Weiteres ein gigantisches Verlustgeschäft, das Epic Games querfinanzieren muss. Das hatten Rechtsdokumente schon vor gut einem Monat verraten. Ein weiteres Dokument von Epic, das als Beweismaterial für Aussagen im Prozess genutzt wird und nun durchgesickert ist, verrät, was Exklusivspiele kosten und bringen.
Insgesamt hat Epic für den Borderlands-Deal mit 2K Games 146 Millionen US-Dollar investiert. Die Summe ist allerdings nicht bezahlt worden. Nur für Borderlands 3 hat Epic 115 Millionen US-Dollar veranschlagt, wovon 15 Millionen für Borderlands-Marketing gezahlt wurden. Weitere 20 Millionen US-Dollar wurden als Gebühr für die vorübergehende Exklusivität von 2K berechnet, womit Borderlands 3 rund doppelt so teuer war wie die Exklusivität von Control.
Bei den verbleibenden 80 Millionen US-Dollar handelte es sich lediglich um eine Umsatzgarantie. Diese musste nicht eingelöst werden: 100 Prozent der Summe sei wieder eingenommen worden, heißt es in den Dokumenten von Oktober 2019 – der Gesamtumsatz für den Shooter wird dort mit 100 Millionen US-Dollar angegeben, wovon drei Viertel im Epic Games Store umgesetzt wurden. Das brachte dem Unternehmen einen Umsatz von 9,2 Millionen US-Dollar.
Borderlands hat Wachstum gebracht
Gekostet hat Borderlands 3 unter dem Strich also rund 25 Millionen US-Dollar zuzüglich der Kosten für einen Paketdeal. Für die Handsome-Collection von Borderlands und Civilization wurden noch einmal 31 Millionen US-Dollar gezahlt. Die Aktion hat allerdings 1,56 Millionen Borderlands-Spieler in den Store gezogen, von denen 53 Prozent noch kein Epic-Konto hatten, verraten die Dokumente. Jedes Konto hat Epic damit rund 72 US-Dollar gekostet, wenngleich ohne Berücksichtigung weiterer Zugewinne durch die anderen 2K-Spiele.
Die Zahlen machen überdeutlich, wie sehr Exklusivspiele ein wesentlicher Eckpfeiler des Wachstumsmodells sind. Wird das Programm zurückgefahren, rechnet Epic intern mittelfristig mit einem Rückgang des Wachstums. Geplant wird deshalb, das legen die Statistiken nahe, mit einer weiterhin hohen Anzahl von Exklusivspielen bis mindestens 2024. Sie sollen sich mit steigendem Marktanteil zunehmend selbst tragen, weil vor allem Umsatzgarantien gegeben werden, und bei größerer Marktpräsenz günstiger werden. Bei diesem Wachstumsmodell geht Epic davon aus, dass 2024 etwa 35 Prozent Marktanteil erreicht werden – und zwar wenn Steam auf den Konkurrenten reagiert. 50 Prozent sollen es sein, wenn Valve nichts tut.
Gratisspiele bringen weiteres Wachstum
Kostengünstigeres Wachstum bieten Gratisspiele. In den ersten neun Monaten nach Eröffnung des Shops haben Epic die kostenlosen Angebote insgesamt 12 Millionen US-Dollar gekostet. Selbst Schwergewichte wie die Batman: Arkham Collection haben nur 1,5 Millionen US-Dollar gekostet und sind rund 6,5 Millionen Mal abgerufen worden. Ubisofts quasi-Free-to-Play-Spiel For Honor schrieb eine Rechnung von 63.000 US-Dollar, ältere Indie-Titel blieben ebenfalls fünfstellig. Insgesamt konnten hier neue Konten zum Stückpreis von 2,37 US-Dollar „eingekauft“ werden.
So sehr diese Wachstumsstrategie auch insbesondere nach Einführung des Shops spielerseitig kritisiert wurde, so eindeutig sind damit die Zahlen: Ökonomisch betrachtet funktioniert sie, Epic gewinnt an Gewicht und kauft sich so in den Markt ein. Genügend monetäre Reserven vorausgesetzt, wird sich der Shop dauerhaft als großer Anbieter etablieren können.